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Fehler bei der Betriebsrats anhörung . Seite
Fehler bei der Betriebsratsanhörung
KÜNDIGUNG Die Betriebsratsanhörung ist ein gesetzlich geregeltes Verfahren zur Mitwirkung bei Kündigungen. Dadurch soll der Betriebsrat genau über eine geplante Kündigung informiert werden und dazu Stellung beziehen. Der Arbeitgeber muss einen Mindestzeitraum zwischen der Unterrichtung des Betriebsrates und dem geplanten Ausspruch der Kündigung wahren.
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Die Stellungnahmefrist des Betriebsrates ergibt sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Sie beträgt bei einer außerordentlichen Kündigung drei Tage, bei einer ordentlichen Kündigung eine Woche. Auch bei einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist beträgt diese Frist eine Woche. Will ein Arbeitgeber mehrere Kündigungen aussprechen, z.B. außerordentlich und hilfsweise ordentlich, so muss er den Betriebsrat zu beiden Kündigungen anhören. Eine Vorratsanhörung ist nicht zulässig.
Die Voraussetzungen für eine wirksame Anhörung kennt offensichtlich nicht jeder Arbeitgeber.
Ein Klinikum in Hamburg hörte den Betriebsrat am 3.12.2020 zu einer „beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 30.6.2021, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt“ an. Der Betriebsrat äußerte am
Kündigungen sind nicht immer wirksam. 7.12.2020 Bedenken gegen die beabsichtigte außerordentliche Kündigung. Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer sodann am 9.12.2020.
Der betroffene Arbeitnehmer war jedoch schwerbehindert und die Zustimmung des Integrationsamtes fehlte. Dieses hatte der Arbeitgeber bei der Anhörung auch nicht mitgeteilt. Vorsorglich hörte der Arbeitgeber am selben Tag (9.12.2020) den Betriebsrat noch einmal zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist an.
Nachdem einige Zeit später die Zustimmung des Integrationsamtes erfolgte, kündigte das Klinikum schließlich am 28.6.2021 erneut außerordentlich, diesmal mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2021. Eine Anhörung des Betriebsrates dazu erfolgte nicht mehr.
Soweit der nicht ganz unkomplizierte Sachverhalt. Das DGB Rechtsschutzbüro Hamburg übernahm die Vertretung des Klägers. Die Jurist*innen legten bei Gericht dar, dass beide Kündigungen unwirksam waren.
Fehlerhafte Betriebsratsanhörung
Das erste Schreiben der Beklagten vom 3.12.2020 stellte keine ordnungsgemäße Anhörung dar, da dem Betriebsrat die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht mitgeteilt wurde. Diesen Fehler versuchte das Klinikum mit der erneuten zweiten Anhörung am 9.12.2020 zu beseitigen, sprach aber die Kündigung noch am gleichen Tag aus. Damit hatte der Arbeitgeber die Stellungnahmefrist des Betriebsrates von einer Woche nicht abgewartet.
Auch die Kündigung vom 28.6.2021 war wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam. Der Arbeitgeber war offensichtlich der Ansicht, dass nach der erneuten Anhörung am 9.12.2020 keine weitere Anhörung des Betriebsrates erfolgen musste. Dieses ist jedoch unzutreffend. Der Zusatz, wonach die Kündigung hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt stattfinden sollte, stellt keine Anhörung des Betriebsrates zu später erneut beabsichtigten Kündigungen dar.
Das Arbeitsgericht gab dem Kläger in vollem Umfang recht. Beide Kündigungen waren unwirksam.
Dank der Unterstützung der Jurist*innen des Büros Hamburg hat der Kläger seinen Arbeitsplatz behalten. v

TATJANA DETTE vom DGB Rechtsschutz, Büro Ludwigshafen
Tatjana Dette, Teamleiterin der AE Ludwigshafen ist langjährige Redakteurin der „Recht So!“. Sie hat dieses Urteil aus unserem Büro in Hamburg für uns besprochen.
Tatjana Dette, Ass. jur., Teamleiterin, DGB Rechtsschutz GmbH, Büro Ludwigshafen
Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 25.5.2022 – 17 Ca 529/20