ROCKSTARS
Hurts
W
as tun, wenn man, wie Hurts eine so verdammt erfolgreiche, erste Platte vorgelegt hat? Genau so weitermachen? Das musikalische Rad neu erfinden? „So viel Zeit, darüber nachzudenken, hatten wir gar nicht“, erzählt Sänger Theo Hutchcraft, „wir sind so ausgiebig getourt, dass wir praktisch aus dem Tourbus direkt ins Studio gegangen sind.“ Da liegt es nahe, den Faden dort aufzunehmen, wo man ihn ablegte, als man in den Tourbus stieg. „Wir wollten das weiterführen, auch deshalb, weil da noch so viel ungesagt liegengeblieben ist“, fährt er fort.
Pomade, Pomp & Pop
Pomade in den Haaren muss sein. Zumindest, wenn es sich um Hurts handelt. Nun, immer noch besser, die Pomade tobt sich in den Haaren aus, als wenn das Duo pomadige Musik machen würde. Und das hat sie weder auf dem Erstling „Happiness“ getan noch fängt sie auf dem Folgewerk „Exile“ damit an. von Franz X.A. Zipperer
Der Mann im Hintergrund Doch ganz so einfach liegen die Dinge nicht; so eindimensional wie die 1980er Jahre sind die neuen Hurts-Klänge nämlich nicht. Ja, natürlich steht die Tradition der New Romantics oder Blitz Kids Pate (Duran Duran! Spandau Ballet!), wenn Hurts die Notenpresse anwerfen. „Doch diesmal haben wir auch die andere Seite der Medaille betrachtet“, führt Theo aus, „wir sind etwas wilder geworden, so sind beispielsweise intensive, verzerrte Gitarren zu hören.“ Die Gitarre ist übrigens echt und wird von der zweiten Hurts-Hälfte Adam Anderson höchstselbst gespielt. „Adam ist dabei weit mehr indie-orientiert, als man denkt“, klärt Theo auf, „er mag The Courteeners oder Glasvegas. Und das Gitarrespielen hat er sich bei Matthew Bellamy von Muse abgeguckt.“ Der Mann im Vordergrund Theo Hutchcraft fühlt sich mit seinem Schmachtorgan auch im neuen, zwar immer noch pompösen, aber ein klein wenig kantiger daherkommenden Klangkosmos überaus wohl. Dabei zieht er alle Register seines Könnens: Er stöhnt, croont, provoziert, schmeichelt – und all das sehr überzeugend mit den wenigen Nuancen seiner Stimme, die dennoch deutlich an Reife zugelegt hat. Doom-Pop ist die wohl passendste Bezeichnung für das, was Hurts auf dem neuen Album „Exile“ zum Besten geben; beispielhaft dafür ist das Stück „The Road“. „Dabei haben wir versucht, das düsterste Lied zu schreiben, das uns in den Sinn kam“, plaudert Theo aus dem Nähkästchen. Doch wo Schatten ist, da muss auch irgendwo Licht sein. So ist „Sandman“ geradezu als leuchtender Antipode zu „The Road“ zu sehen. Massiv mit Pop aufgerüstet, ist das Stück nicht zu klebrig, aber luftig, leicht und locker. „Das muss auch so sein“, sagt Theo, „unser Pop-Herz schlägt halt am stärksten und am lautesten. Ganz gleich, welche Lied-Monde wir kreieren, sie kreisen immer um den Pop-Planeten.“ Dabei ist der Produzent Jonas Quandt nicht ganz unschuldig. „Er hegt und pflegt unseren Pop-Bombast“, lacht Theo, „weil er ihn eben versteht. Wir machen immer alles lauter und grösser. Er ist es dann, der uns auf den Pop-Boden zurückholt.“ Doch egal, ob Licht oder Schatten, der bekannt epische Breitwandklang bemächtigt sich jeden Stückes und passt den Liedern wie massgeschneidert. Darum kommt auch nach mehrmaligem Durchhören von „Exile“ keine Angst auf, Hurts könnten in Zukunft die Schnittmuster ausgehen.
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► Neues Album „Exile“ (Columbia/Sony) ab 8.3. erhältlich ► Live: 23.3. Kaufleuten (Zürich)
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99 Die nicht ganz hundert-Ausgabe.
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