Steuer&recht hector

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Management & Recht 11 DVZ • NR. 93 • FREITAG, 21. NOVEMBER 2014

Nachgefragt

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Probelauf kann unkalkulierbare Risiken vermeiden

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Gertrud R. ­Bergmann, Partnerin RBS Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Berlin

Welche Unternehmen sind vom OECD-Aktionsplan betroffen? Alle Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen zu Tochtergesellschaften und nahestehenden Unternehmen im Ausland. Welche Belastung bringt der ­Aktionsplan für Unternehmen? Mit der Umsetzung ist ein signifikant höherer Dokumentationsaufwand verbunden. Viele Unternehmen ­werden ihre gegenwärtigen Steuerstrukturen neu überdenken müssen.

FOTOS: DPA; PRIVAT

Was ist jetzt zu raten? Unternehmen sollten sich so schnell wie möglich einen Überblick in Form eines Probelaufs, beispielsweise für das Geschäftsjahr 2014, verschaffen, um mögliche Schwächen aufzudecken und Konsequenzen zu ziehen. Dadurch können noch Maßnahmen ergriffen werden, den Inhalt und die Zielrichtung der offenzulegenden Informationen zu steuern, um unkalkulierbare Steuerrisiken zu vermeiden.

OECD geht gegen Steuerflucht vor D ie Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat einen Aktionsplan gegen die Aushöhlung der Steuerbasis durch Gewinnverlagerung (Beps) verabschiedet. Mit diesem Aktionsplan beabsichtigt die OECD, geeignete Gegenmaßnahmen gegen die Niedrig- und Nichtbesteue­ rung zu ergreifen. Hintergrund für diesen aktuellen Aktionsplan sind unter anderem die Bankenkrise sowie das Bekanntwerden von legalen Steuertricks weltweit agierender Großunternehmen, die im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr ihre Steuerlast erheblich senken konnten. Von dem OECD-Aktionsplan ist insbesondere der Bereich der Verrechnungspreise betroffen. Sobald die vorgeschlagenen OECD-Maßnahmen in gültige nationale ­Gesetze umgesetzt sind, werden sich die Dokumentationspflichten für weltweit agierende Unternehmen und Unternehmensgruppen deutlich verschärfen. Das könnte in Deutschland innerhalb von zwei Jahren Realität werden. In drei Stufen zu mehr Transparenz „Gerade die sehr international geprägte maritime Wirtschaft wird von den geplanten Verschärfungen umfangreich betroffen und wird die neuen Vorgaben in vollem Umfang umsetzen müssen“, erklärt Dirk Jessen, Schifffahrtsexperte und Partner

Die internationale maritime Wirtschaft ist bei Verrechnungspreisen von den geplanten Verschärfungen des Aktionsplans besonders betroffen

bei RBS RoeverBroennerSusat, dem deutschen Partner im internationalen Moore-Stephens-Netzwerk. Die OECD möchte durch einen dreistufigen Ansatz die Transparenz von Verrechnungspreisen in der grenzüberschreitenden Wirtschaft deutlich erhöhen. Künftig muss den jeweiligen Steuerbehörden eine Reihe unterschiedlichster Dokumentationen vorgelegt werden. Dazu gehören die sogenannten Master and Local Files sowie der Country-byCountry-Report. Der Master File beinhaltet einen Überblick über die weltweite Geschäftstätigkeit eines Konzerns sowie wesentliche Kennzahlen dazu. Angaben und Erläuterungen zu Organisationsstruktur, Geschäftstätigkeit, immateriellen Vermögensgegenständen, Finanzierungstätigkeiten inner-

halb der Unternehmensgruppe sowie zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie Steuerinformationen sollen den Steuerbehörden schnell ein Gesamtbild von der Unternehmensgruppe ermöglichen. Die Local Files enthalten weitere länderspezifische Angaben in Ergänzung zum Master File, insbesondere Informationen zur jeweiligen Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes in den Ländern, in denen Konzernunternehmen tätig sind.

Kennzahlen für Steuerbehörden Der Country-by-Country-Report enthält schließlich in tabellenartiger Form Angaben zu Kennzahlen wie Umsatzerlösen, Gewinn, gezahlten Steuern, Eigenkapital oder Mitarbeiterzahl auf Länderebene. Darüber hinaus ist anzugeben, in welchen Bereichen die jeweiligen Gesellschaften hauptsächlich tätig sind. Folgende Bereiche stehen dabei zur Auswahl: Forschung und Entwicklung; Halten und Verwaltung von geistigem Eigentum; Einkauf oder Beschaffung; Herstellung oder Produktion, Verkauf, Marketing oder Vertrieb; Verwaltung, Leitung oder Service-Dienstleistungen; Erbringung von Dienstleistungen an Dritte; interne Konzernfifremde ­ nanzierung; reglementierte Finanzdienstleistungen; Versicherungen; Ruhend sowie andere. Zur Übermittlung dieser Informationen hat

die OECD standardisierte Vorlagen entwickelt. „Insbesondere der Country-byCountry-Report ist in der Verrechnungspreiswelt als Meilenstein anzusehen. Dadurch können die Steuerbehörden künftig ohne großen Aufwand eine Risikoeinschätzung auf globaler Ebene vornehmen“, betont Gertrud R. Bergmann, Partnerin und Leiterin der Praxisgruppe Verrechnungspreise bei RBS RoeverBroennerSusat. „Bislang schwer zugängliche Daten werden den Finanzämtern künftig auf dem Silbertablett präsentiert. Es ist davon auszugehen, dass es zu intensiven Rückfragen seitens der Steuerprüfer kommen wird, wenn beispielsweise eine Gesellschaft in Irland mit zwei Arbeitnehmern einen Gewinn von 9 Mio. EUR erzielt und eine Tochter- oder Schwestergesellschaft in Deutschland mit 100 Mitarbeitern lediglich einen Gewinn von 1 Mio. EUR erwirtschaftet. Die Steuerbehörden erkennen damit auf einen Blick, wo bei den traditionellen Schifffahrtsstrukturen Gewinne entstehen“, stellt Jessen die Folgen der geplanten OECD-Maßnahme dar. Die geplanten Dokumentationspflichten werden in der gesamten Wirtschaft, insbesondere aber im international geprägten maritimen Sektor, zu erheblich mehr Transparenz führen. Zugleich ist mit der Umsetzung des von der OECD vorgeschlagenen Reportingkonzepts für die internationalen Marktteilnehmer

Homepageveröffentlichung unbefristet genehmigt für http://www.rbs-partner.de/

Wann werden die Regeln ­international umgesetzt? Es wird erwartet, dass sich alle OECDMitgliedsstaaten kurzfristig anschließen. Großbritannien hat beispielsweise die Umsetzung bereits für 2015 beschlossen.  (hec)

ein signifikant höherer Dokumenta­ tionsaufwand verbunden. Vorlagefristen werden verkürzt Ferner sieht der Vorschlag im Vergleich zu den derzeitigen Vorlagefristen von Verrechnungspreisdokumentationen nach deutschem Steuerrecht wesentlich kürzere Fristen vor. So soll beispielsweise der länderspezifische Local File bereits gleichzeitig mit der Steuererklärung eingereicht werden – und nicht erst auf Aufforderung im Rahmen einer Betriebsprüfung. Zu befürchten ist auch, dass der OECD-Vorschlag, die Dokumentation der Verrechnungspreise bereits zusammen mit der Steuererklärung einzureichen, kurzfristig in deutsches Recht umgesetzt wird. Schon heute greifen ­beispielsweise in Frankreich solche Deklarationspflichten bei Überschreiten bestimmter Größenkriterien – der deutsche Gesetzgeber wird sich vo­raussichtlich sowohl zeitlich als auch in der Ausrichtung an bereits bestehenden Beispielen innerhalb Europas orientieren. Die Aktionspläne und die dazugehörigen Umsetzungskonzepte der OECD entfalten allerdings keine eigene Rechtskraft, solange sie nicht von den einzelnen Staaten in nationale Gesetze umgesetzt wurden. Derzeit geht das deutsche Bundesfinanzministerium davon aus, dass die Maßnahmen innerhalb von zwei Jahren in die nationale Gesetzgebung einfließen­. (hec)


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