Steuer newsletter 3/2015

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3/2015

Themenübersicht Editorial

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Internationales Steuerrecht

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Zur Anerkennung von Teilwertabschreibungen auf grenzüberschreitende Gesellschafterdarlehen 3 Pauschale Besteuerung intransparenter Fonds im Drittland europarechtskonform?

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Ertragsteuern

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Gewerbesteuer: steuerfreie Dividenden bei Organschaften

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Neuigkeiten zum Rangrücktritt aus steuerlicher und insolvenzrechtlicher Sicht

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BFH: keine Gewerbesteuer auf Hinzurechnungsbeträge nach dem AStG

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Umsatzsteuer

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Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Immobilienfonds (Rs. C-595/13 EuGH, Fiscale Eenheid), Schlussanträge der Generalanwältin vom 20.05.2015

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EuGH-Urteil vom 16.07.2015 (C-108/14 und C-109/14), Larentia und Minerva: EuGH weicht Regelung zur Organschaft auf

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Mietnebenleistungen als eigenständige Hauptleistung

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Sonstiges

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BVerfG: Ersatzbemessungsgrundlage für Zwecke der Grunderwerbsteuer verfassungswidrig und was daraus folgt

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Geplante ertragsteuerliche Änderungen im Konzernsteuerrecht

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Regierungsentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer

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FATCA und OECD-CRS: Der automatische Austausch von Steuerdaten startet

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Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen, BMF-Schreiben vom 29.06.2015 sowie Stellungnahme vom IDW und vom Deutschen Steuerberaterverband

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Veräußerungsgewinnbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG; Behandlung von Veräußerungskosten und nachträglichen Kaufpreisänderungen

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Kurz notiert

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Anteilsvereinigung bei Erwerb eigener Anteile, § 1 Abs. 3 GrEStG

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Veranstaltungshinweis

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Editorial Liebe Leser, zwei Artikel dieser Ausgabe und die Mandanteninformation, die wir unserem Newsletter beigelegt haben, befassen sich mit der Fondsbesteuerung. Die Beiträge und die Mandanteninformation behandeln ganz unterschiedliche Aspekte. Und doch sind diese Themen eng miteinander verbunden: In unserer beigelegten Mandanteninformation geben unsere Fondsspezialisten einen Überblick über den vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Gesetzentwurf für eine Investmentsteuerreform. Einer der Auslöser für das Reformvorhaben ist der EuGH, der die deutsche Pauschalbesteuerung von intransparenten EU-Fonds als europarechtswidrig eingestuft hat. Ein Beitrag in dieser Ausgabe erläutert eine neue Entscheidung des EuGH zur pauschalen Besteuerung von Drittfonds. Um die Investmentbesteuerung europarechtskonform auszugestalten, möchte der Gesetzgeber gerade die Besteuerung von Publikumsfonds tief greifend ändern. Der Reformeifer im Bundesfinanzministerium ist allerdings nicht unbegrenzt. Der Gesetzentwurf sieht zwar eine erhebliche Ausweitung des Anwendungsbereichs der Investmentbesteuerung vor. Die umsatzsteuerfreie Verwaltung von Fonds soll aber weiterhin auf solche Fonds beschränkt sein, die auch bisher schon der Investmentbesteuerung unterliegen. Allerdings könnte auch hier der EuGH den deutschen Gesetzgeber zum Handeln zwingen. Aktuell ist ein Verfahren beim EuGH anhängig, in dem es auch um die Frage geht, bei welchen Fonds die Verwaltung umsatzsteuerfrei möglich sein muss. Den Schlussantrag des Generalanwalts haben wir in unserem Beitrag näher dargestellt. Wenn der EuGH der Argumentation des Generalanwalts folgt, müsste der Gesetzgeber seine restriktive Haltung in dieser Frage aufgeben. Die Bundesregierung hat kürzlich – also schon vor dem Urteil des EuGH – erste Signale ausgesendet, die in diese Richtung deuten. Am 16. September hat die Bundesregierung das Eckpunktepapier Wagniskapital beschlossen. Danach möchte die Bundesregierung Deutschland als wettbewerbsfähigen Standort für Wagniskapitalfonds weiterentwickeln. In diesem Zusammenhang wird in dem Papier in Aussicht gestellt, dass man die EuGH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Fondsverwaltungsleistungen in den nächsten Monaten beobachtet und prüft, ob sich darauf Handlungsoptionen ergeben. Bei dieser Ankündigung darf man natürlich gespannt sein, ob nur das umgesetzt wird, was der EuGH unabweislich vorgibt oder ob man tatsächlich die bestehenden Möglichkeiten ausschöpfen wird. Wir möchten Sie gern auf unsere Herbsttagungen hinweisen, auf denen wir Sie über aktuelle Entwicklungen im Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht informieren werden. Die Termine und Orte finden Sie auf Seite 23. Ihre Partner von Roever Broenner Susat Mazars

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Internationales Steuerrecht Zur Anerkennung von Teilwertabschreibungen auf grenzüberschreitende Gesellschafterdarlehen Die Entscheidung des BFH vom 17.12.2014 (I R 23/13) ist in mehrfacher Hinsicht für Unternehmen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen innerhalb eines Konzerns von Bedeutung. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine deutsche Muttergesellschaft stellte ihrer US-Tochter in den Jahren 2004 bis 2007 unbesicherte verzinsliche Darlehen zur Verfügung. Bereits zum Zeitpunkt der Darlehensgewährungen war die US-Tochter bilanziell überschuldet und litt zudem an Liquiditätsengpässen. Die Forderungen wurden jeweils bereits im ersten Jahresabschluss nach Hingabe vollständig wertberichtigt. Das Finanzamt erkannte die Wertberichtigungen dem Grunde nach an, rechnete Sie aber nach § 1 Abs. 1 AStG und unter Verweis auf das einschlägige BMF-Schreiben vom 29.3.2011 zu Teilwertabschreibungen auf Darlehen an verbundene ausländische Unternehmen wieder hinzu. In seiner Urteilsbegründung führt das Gericht insbesondere das Folgende aus: Der BFH bestätigt ausdrücklich Rz. 13 des BMF-Schreibens, wonach der sogenannte Konzernrückhalt die ansonsten unter fremden Dritten üblicherweise vereinbarten Sicherheiten ersetzen kann. Ein Konzernrückhalt liegt vor, solange der beherrschende Gesellschafter die Zahlungsfähigkeit der Tochtergesellschaft sicherstellt, solange diese also ihren Außenverpflichtungen nachkommt (vgl. BFH-Urteil Rz. 23, BMF-Schreiben, Rz. 11). Wenn also im vorliegenden Fall davon auszugehen war, dass die deutsche Muttergesellschaft die Zahlungsfähigkeit ihrer US-Tochter gewährleistet, lag ein Konzernrückhalt vor und es bestand bereits auf bilanzsteuerrechtlicher Ebene kein Raum für eine Teilwertabschreibung. Dieser Fragestellung ist das vorinstanzliche FG jedoch gar nicht nachgegangen, sondern hat die Teilwertabschreibung als zutreffend erachtet und den Fall auf der dieser Prüfung nachgelagerten Ebene des §1 Abs. 1 AStG entschieden. Aus diesem Grund hat der BFH den Fall wieder an das FG zur Sachverhaltsklärung zurückverwiesen. Dabei gibt er dem FG auf, den Sachverhalt daraufhin zu prüfen, ob Darlehens- und Zinsforderungen überhaupt aktiviert werden durften. Dabei ist neben der Berechtigung der Teilwertabschreibung trotz möglicherweise bestehendem Konzernrückhalt auch die Frage zu klären, ob der vereinbarte Zins angemessen war.

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Das Gericht stellt insbesondere auch klar, dass im Fall einer bilanzsteuerrechtlich zutreffenden Teilwertabschreibung eine anschließende Hinzurechnung nach § 1 Abs. 1 AStG nur unter Berücksichtigung der Sperrwirkung des jeweiligen DBA in Frage kommt. Die Anwendung nationaler Einkünftekorrekturvorschriften wie § 1 Abs. 1 AStG ist unter Berücksichtigung der Sperrwirkung des in Art. 9 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens verankerten Prinzips „dealing at arm’s length“ nur zulässig, wenn ein nicht fremdvergleichskonformer Preis vereinbart ist. Nationale Korrekturen, die neben der Preiskomponente auch auf den Fremdvergleich dem Grunde nach abstellen, werden gesperrt. Die fremdunübliche Hingabe oder Abschreibung eines unbesicherten Darlehens kann also keine Korrektur begründen. Lediglich die Korrektur der Preiskomponente, hier die Höhe der Zinsen, liegt innerhalb des durch das DBA eingeschränkten Anpassungsrahmens. Für die Ermittlung der Höhe des fremdvergleichskonformen Zinssatzes bezieht der BFH einen ggf. bestehenden Konzernrückhalt mit ein. Fehlende Sicherheiten können durch den Konzernrückhalt ersetzt werden, sodass ein Risikozuschlag beim Zins nicht gerechtfertigt ist. Aus dem Urteil lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:

Dirk Schulz Tel: +49 30 208 88-1956 dirk.schulz@mazars.de

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Der BFH bestätigt die Finanzverwaltung bei ihrer Auffassung zum Konzernrückhalt, wonach die fehlende Besicherung eines grenzüberschreitenden Gesellschafterdarlehens durch den Rückhalt im Konzern ersetzt werden kann. Die unterbliebene Besicherung eines grenzüberschreitenden Konzerndarlehens rechtfertigt deshalb ggf. weder einen erhöhten Zins noch eine Teilwertabschreibung, wenn ein Konzernrückhalt greift. Art. 9 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens kann gegenüber dem deutschen nationalen Steuerrecht eine Sperrwirkung entfalten.

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Pauschale Besteuerung intransparenter Fonds im Drittland europarechtskonform? Nachdem der EuGH im Urteil C-326/12 (van Caster und van Caster) entschieden hat, dass eine pauschale Besteuerung von Erträgen aus intransparenten Investmentfonds innerhalb der EU ohne die Möglichkeit des Nachweises der tatsächlich erzielten Erträge gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt (vgl. Newsletter 1/2015), ging es in dem Verfahren C-560/13 (Wagner-Raith) um die Zulässigkeit einer pauschalen Besteuerung von Erträgen aus intransparenten Drittlandsfonds. Grundsätzlich ist auch bei Drittstaaten die Kapitalverkehrsfreiheit einzuhalten. Nach der Stillhalteklausel (Art. 64 AEUV – Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) können EU-Mitgliedstaaten Beschränkungen gegen Drittstaaten jedoch beibehalten, wenn diese bereits zum 31.12.1993 bestanden haben. Die im Urteilsfall strittige Regelung des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG bestand bereits im Wesentlichen unverändert seit dem 31.12.1993 und kann damit grundsätzlich unter Art. 64 AEUV fallen. Weitere Voraussetzung ist, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Kapitalbewegung und der Erbringung der Finanzdienstleistung besteht. Der EuGH bejaht dies, da dem Anleger dank der Dienstleistung des Fonds u. a. eine größere Diversifikation der Vermögenswerte ermöglicht wird und er von einer besseren Risikoverteilung profitieren kann. Für Anleger, die in intransparente Drittlandsfonds investieren, bedeutet dieses neue EuGH-Urteil einen Nachteil, soweit sie in der Lage gewesen wären, die tatsächlichen Einkünfte nachzuweisen. Durch das Urteil sah sich das Bundesfinanzministerium veranlasst, das BMF-Schreiben vom 04.02.2015 (in dem unter anderem eine ausführliche Liste der beizubringenden Unterlagen zum Nachweis der Einkünfte enthalten ist) dahingehend einzuschränken, dass es nur noch für Erträge aus EU-/EWR-Investmentfonds Anwendung findet (BMF-Schreiben vom 28.07.2015). Einen Nachweis der tatsächlich erzielten Einkünfte lässt die Finanzverwaltung folglich für Investitionen in Drittlandsfonds nicht mehr zu. Bescheide können derzeit dennoch durch Einsprüche offengehalten werden, da weiterhin ein Verfahren zu intransparenten Drittlandsfonds vor dem BFH anhängig ist (BFH VIII R 27/12). Fraglich könnte nach Ansicht von Kommentatoren sein, ob § 6 InvStG dem § 18 AuslInvestmG vergleichbar ist und damit die Norm im Wesentlichen unverändert bestanden hat (dann käme auch ab 2004 die Stillhalteklausel zum Ansatz). Ein weiteres Verfahren (VIII R 2/09) ist bis zur Entscheidung in der Rechtssache C-560/13 zurückgestellt, da es ebenfalls die Pauschalierung nach § 18 AuslInvestmG beinhaltet. Strittig ist in dem Verfahren zudem der Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens. Ein drittes vor dem BFH anhängiges Verfahren (VIII R 36/12) ist zwischenzeitlich in der Hauptsache erledigt (der BFH hatte nur über die Kosten zu entscheiden), sodass es nicht mehr für Einsprüche herangezogen werden kann.

Beate Tesch Tel: +49 221 28 20-2581 beate.tesch@mazars.de

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Ertragsteuern Gewerbesteuer: steuerfreie Dividenden bei Organschaften Im Newsletter 4/2014 hatten wir auf den Seiten 12 und 13 über ein Urteil des FG Münster vom 14.05.2014 (10 K 1007/13 G) berichtet, nach dem ausländische Beteiligungserträge einer inländischen Organgesellschaft gewerbesteuerfrei sind, wenn die Organgesellschaft zu mindestens 15 % an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist (10 % bei Beteiligung an einer ausländischen EU-Kapitalgesellschaft). Über die gegen dieses Urteil von der Finanzverwaltung eingelegte Revision hat der BFH nicht nur erfreulich schnell entschieden, sondern (noch erfreulicher) sie auch zurückgewiesen und die Rechtsauffassung des FG Münster bestätigt (Urteil vom 17.12.2014 – I R 39/14). In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte die Organgesellschaft eine Dividende von einer italienischen Tochtergesellschaft erhalten. Die Organgesellschaft darf die Dividende vollständig gewerbesteuerfrei vereinnahmen und muss nicht 5 % der Dividende als nicht abziehbare Betriebsausgabe (§ 8b Abs. 5 KStG) versteuern. Auch der Organträger muss nach der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft nicht 5 % der darin enthaltenen italienischen Dividende als nicht abziehbare Betriebsausgaben versteuern. Damit bleibt die Dividende insgesamt gewerbesteuerfrei. Der BFH sieht dieses auf den ersten Blick überraschende Ergebnis als zwingende Konsequenz aus der vom Gesetzgeber geregelten Bruttomethode für die Ergebniszurechnung bei Organschaften. Für eine andere Besteuerung müsste das Gesetz geändert werden.

Bernd Schult Tel: +49 30 208 88-1342 bernd.schult@mazars.de

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Für die Praxis ergibt sich aus diesem Urteil, dass ausländische Beteiligungen in Unternehmensgruppen/Konzernen zumindest bei rein gewerbesteuerlicher Betrachtung nicht von der Konzernobergesellschaft gehalten werden sollten. Denn dort müssten 5 % der Dividende versteuert werden. In der Fachliteratur wird vertreten, dass der gleiche Mechanismus auch für Dividenden inländischer Beteiligungen anzuwenden sei. In allen noch offenen Veranlagungszeiträumen sollte gegen eine Gewerbesteuer auf Dividenden, die eine Organgesellschaft bezogen hat, Einspruch eingelegt werden bzw. ein entsprechender Änderungsantrag gestellt werden. Zu beachten ist dabei, dass die Steuerfreiheit der Dividenden nur bei der Gewerbesteuer und nicht bei der Körperschaftsteuer gilt. Finanzverwaltung und Gesetzgeber haben auf dieses aktuelle Urteil noch nicht reagiert. Es ist aber zu befürchten, dass die Finanzverwaltung den Gesetzgeber veranlassen wird, zukünftig eine Besteuerung der Dividenden zu regeln. Aber noch ist eine Gesetzesänderung nicht in Sicht.

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Neuigkeiten zum Rangrücktritt aus steuerlicher und insolvenzrechtlicher Sicht Der Rangrücktritt ist das in der Praxis wohl am häufigsten eingesetzte Instrument zur Vermeidung einer Insolvenz. BGH und BFH haben hierzu erneut ihre zivil- und steuerrechtlichen Anforderungen präzisiert und ergänzt. Bereits in der Vergangenheit hatte der BFH entschieden, dass bei einem Rangrücktritt die Verbindlichkeit lediglich dann weiter passiviert werden kann, wenn diese nicht nur aus laufenden Gewinnen und einem Liquidationsüberschuss, sondern auch aus sonstigem freien Vermögen bedient werden kann. Dies ist begründet durch die Regelung in § 5 Abs. 2a EStG, wonach Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, wenn künftige Einnahmen anfallen, erst anzusetzen sind, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Auch im Urteil vom 15.04.2015 (I R 44/14) hat der BFH dies wieder bestätigt und eine Passivierung abgelehnt. Im Urteilsfall lag ein „spezifizierter“ Rangrücktritt vor, nach dem die Gläubiger die Tilgung nur aus einem künftigen Bilanzgewinn oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss verlangen konnten. Die mögliche Tilgung aus dem künftigen Bilanzgewinn kann nach dem BFH zwar grundsätzlich mit einer aktuellen wirtschaftlichen Belastung der Vermögenslage verbunden sein, wenn die Verpflichtung aus dem sich aufgrund einer Auflösung der Kapitalrücklage ergebenden Bilanzgewinn getilgt wird. Dies war im Entscheidungsfall aufgrund eines Jahresfehlbetrags und hoher Verlustvorträge bei lediglich geringer Kapitalrücklage jedoch nicht der Fall, sodass eine gewinnerhöhende Auflösung der Verbindlichkeit vorzunehmen war. Der BFH hat am 21.07.2015 (I R 25/15) ein weiteres Verfahren – mit erheblicher Kapitalrücklage – angenommen, sodass zur „Tilgung aus einem künftigen Bilanzgewinn“ noch eine Konkretisierung zu erwarten ist. Zur Vermeidung eines steuerlichen Gewinns aus der Ausbuchung der mit Rangrücktritt versehenen Verbindlichkeit ist gemäß BFH (wie bisher) erforderlich, dass eine Erfüllung nicht nur aus Gewinnen und einem Liquidationsüberschuss, sondern auch aus „sonstigem freien Vermögen“ erfolgt. Trotz Gewinnerhöhung kann eine Versteuerung bei der Ausbuchung der mit Rangrücktritt versehenen Verbindlichkeit im Falle des unzureichenden Rangrücktritts ggf. vermieden werden. In Abkehr zur früheren Rechtsprechung führt der BFH aus, dass der Gewinn aus dem Wegfall der Verbindlichkeit durch den Ansatz einer Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der betroffenen Forderung zu neutralisieren ist, wenn der Auflösungsgewinn auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht. Anders als bisher sieht der BFH den steuerlichen Einlagebegriff auch durch die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Ausbuchung erfüllt und überträgt damit die Handhabung bei einem Forderungsverzicht mit Besserungsschein auf den Rangrücktritt.

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Insolvenzrechtlich ist seit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) eine Vereinfachung dergestalt eingetreten, dass lediglich der Rücktritt im Rang nach den in § 39 Abs. 1 Nr. 1–5 InsO geregelten Forderungen verlangt wird (obiter dictum des BGH im Urteil vom 05.03.2015 – IX ZR 133/14). Die Regelung der Gleichstellung mit den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter ist nach MoMiG nicht (mehr) erforderlich. Im Übrigen hat der BGH die schon bisher als allgemein für wirksam erachtete Zulässigkeit einer Rangrücktrittserklärung auch durch Nichtgesellschafter ausdrücklich bestätigt. In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass eine erst auf den Zeitpunkt der Insolvenz wirkende Rangrücktrittsvereinbarung nach BGH nicht ausreicht, die Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz unberücksichtigt zu lassen. Der Regelungsbereich der Vereinbarung hat sich vielmehr auf den Zeitraum vor und nach Insolvenzeröffnung zu beziehen, solange und soweit Insolvenzreife besteht oder ohne den Rangrücktritt eintreten würde. Ferner hat der BGH betont, dass es sich beim Rangrücktritt um einen Vertrag zugunsten Dritter, nämlich zugunsten der anderen Gläubiger, handelt. Solange und soweit Insolvenzreife besteht oder ohne den Rangrücktritt eintreten würde, kann der Rangrücktritt daher nur mit Zustimmung der anderen Gläubiger beendet werden. Beate Tesch Tel: +49 221 28 20-2581 beate.tesch@mazars.de

Diese Anforderungen sollten Geschäftsführer/Vorstände zur Vermeidung von Haftungsansprüchen und Gläubiger zur Vermeidung von Rückzahlungsansprüchen stets gewissenhaft beachten und für die Anpassung von Rangrücktritten an die Änderungen Sorge tragen.

BFH: keine Gewerbesteuer auf Hinzurechnungsbeträge nach dem AStG Ausländische Aktivitäten einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland unterliegen im Normalfall nicht der deutschen Besteuerung, auch wenn die Gesellschafter in Deutschland steueransässig sind. Die getrennte Betrachtung einer Kapitalgesellschaft einerseits und ihrer Gesellschafter andererseits haben Steuerpflichtige in der Vergangenheit oft für Gestaltungen zur Vermeidung der deutschen Besteuerung genutzt. Denn es ist bei bestimmten „passiven“ Einkunftsarten wie etwa Zinsen oder Lizenzgebühren für einen inländischen Steuerpflichtigen leicht, die Einkünfte auf eine niedrig besteuerte ausländische Gesellschaft zu verlagern und somit der deutschen Besteuerung zu entziehen.

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Um eine solche Verlagerung von Einkünften zu verhindern, hat der deutsche Gesetzgeber die Hinzurechnungsbesteuerung eingeführt (§§ 7 ff. des Außensteuergesetzes – AStG). Als Grundsatz der Hinzurechnungsbesteuerung gilt: Passive Einkünfte, die durch eine von Inländern beherrschte Kapitalgesellschaft in einem Niedrigsteuerland erzielt werden, können den deutschen Gesellschaftern direkt zugerechnet werden. Als Folge müssen diese Einkünfte dann in Deutschland versteuert werden, obwohl sie von einer im Ausland ansässigen Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit erzielt werden. Was „passive“ Einkünfte sind, legt das Außensteuergesetz in einem Katalog genau fest. Als Niedrigsteuerland gilt ein Land mit einem Steuersatz von weniger als 25 %. Bislang ist die Finanzverwaltung immer davon ausgegangen, dass die hinzugerechneten Einkünfte auch gewerbesteuerpflichtig sind. Dieser Auffassung ist der I. Senat des BFH mit einem neuen Urteil vom 11.03.2015 (I R 10/14) entgegengetreten: Die Einkünfte fallen nach dem Urteil des BFH zwar grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Gewerbesteuer. Sie seien aber durch § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG wieder von der Besteuerung ausgenommen. Nach dieser Vorschrift wird der Gewerbeertrag gekürzt um den Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine ausländische Betriebsstätte entfällt. Der BFH sah – anders als die Vorinstanz – die Voraussetzungen dieser Gewerbesteuerbefreiung als gegeben an. Dass die hinzugerechneten Einkünfte nicht in der eigenen Betriebsstätte des inländischen Steuerpflichtigen, sondern in der Betriebsstätte der ausländischen Tochtergesellschaft entstanden sind, war nach der Auffassung des BFH nicht entscheidend. Nach dem Wortlaut reiche es aus, wenn die Einkünfte aus „einer“ ausländischen Betriebsstätte stammen. Auch in der Gesetzessystematik sah der BFH keinen Grund, von diesem Ergebnis abzurücken. Für Steuerpflichtige, bei denen die Hinzurechnungsbesteuerung zur Anwendung kommt, ist das BFH-Urteil eine gute Nachricht. Die negativen Folgen der Hinzurechnungsbesteuerung haben sich durch dieses Urteil erheblich verringert. Bei Kapitalgesellschaften macht die Gewerbesteuer inzwischen – je nach lokalem Hebesatz – ca. die Hälfte der gesamten Ertragsteuerbelastung aus. Noch offene Steuerbescheide, in denen der Hinzurechnungsbetrag – wie in der Vergangenheit üblich – der Gewerbesteuer unterworfen wurde, sollten mit Hinweis auf dieses Urteil angefochten werden. Es ist allerdings möglich, dass der Gesetzgeber schon sehr bald durch ein „Nichtanwendungsgesetz“ den Zustand vor der BFHEntscheidung wiederherstellt. Bis zu einer Gesetzesänderung eröffnet das BFHUrteil Möglichkeiten zur Vermeidung von Gewerbesteuer bei passiven Einkünften.

Dr. Ragnar Könemann Tel: +49 30 20 07 74-36 ragnar.koenemann@mazars.de

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Umsatzsteuer Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Immobilienfonds (Rs. C-595/13 EuGH, Fiscale Eenheid), Schlussanträge der Generalanwältin vom 20.05.2015 Die Verwaltung von „durch die Mitgliedstaaten als solche definierten“ Sondervermögen ist unter bestimmten weiteren Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit (Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL; § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG). Mit einem Vorabentscheidungsersuchen aus den Niederlanden wurde dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) aktuell die Frage vorgelegt, in welchem Umfang Immobilienfonds als Sondervermögen von dieser Befreiung profitieren. Von Bedeutung ist diese Frage im Wesentlichen für die umsatzsteuerliche Behandlung der Objektverwaltungstätigkeit (Bewirtschaftung der Immobilien) durch außenstehende Dritte bzw. der Kapitalverwaltungsgesellschaften. In ihrem Schlussantrag vom 20.05.2015 hat die Generalanwältin zu den Vorlagefragen Stellung genommen: Sachverhalt und Vorlagefrage: Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Immobilienverwaltungsgesellschaft, die gegenüber mehreren Immobilienfonds Verwaltungsdienstleistungen (An- und Verkauf von Immobilien, Objektverwaltung etc.) erbrachte. Die Klägerin ist der Auffassung, dass sämtliche Verwaltungsleistungen unter die Umsatzsteuerbefreiung fallen. Die niederländische Finanzverwaltung hält dagegen nur den An- und Verkauf der Immobilien sowie die Akquisition neuer Anteilseigner für steuerbefreit. Die Objektverwaltung wäre danach steuerpflichtig. Der mit dem Rechtsstreit befasste Hooge Raad der Nederlanden hat dem EuGH folgende Fragen vorgelegt: 1. Sind Immobilienfonds, die nach nationalem Recht einer besonderen staatlichen Aufsicht unterliegen, begrifflich „durch die Mitgliedstaaten als solche definierten“ (s. o.) Sondervermögen im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL zuzuordnen? 2. Falls die Frage 1 zu bejahen ist: Fällt unter den Begriff der „Verwaltung“ auch die tatsächliche Bewirtschaftung der Immobilien durch Dritte? Rechtliche Würdigung durch die Generalanwältin: Zur ersten Vorlagefrage, die die begriffliche Auslegung des „Sondervermögens“ betrifft, führt die Generalanwältin aus, dass die Mitgliedstaaten trotz der Definitionsbefugnis, die ihnen der Wortlaut der MwStSystRL verleiht, den Begriff „Sondervermögen“ nicht eigenständig bestimmen können. Hier besteht nur ein eingeschränkter Spielraum (so bereits EuGH-Urteil vom 13.03.2014, Rs. C-464/12 „ATP PensionsService“). Dies erklärt sich daraus, dass das Mehrwertsteuerrecht vor dem Aufsichtsrecht harmonisiert wurde. Soweit das Aufsichtsrecht auf Unionsebene gemeinsame Vermögensanlagen nach der OGAW-Richtlinie bzw. der AIFMRichtlinie (Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds) reguliert, müssen die Mitgliedstaaten derartige Vermögen als „Sondervermögen“ behandeln. Die Definitionsbefugnis der Mitgliedstaaten für „Sondervermögen“ wurde somit durch die Harmonisierung des Aufsichtsrechts überlagert. Für das Ausgangsverfahren, in dem die AIFM-Richtlinie noch nicht zur Anwendung kam, ist somit – so die Generalanwältin – zu klären, ob der Sachverhalt seinerzeit nach nationalem Recht unter eine besondere staatliche Aufsicht fiel.

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Zur zweiten Vorlagefrage, die den Begriff der „Verwaltung“ betrifft, wird ausgeführt, dass dieser bisher nicht abschließend definiert ist. Klar sei nur, dass die Umsätze, für die diese Befreiung gilt, für die Tätigkeit des Sondervermögens „spezifisch“ sein müssen. Die Beurteilung, was „spezifisch“ für die Verwaltung von Sondervermögen ist, hängt vom Gegenstand des Sondervermögens ab. Entsprechend dem Sinn und Zweck eines solchen Sondervermögens kommt die Generalanwältin zu dem Ergebnis, dass es für die Erhaltung und Vermehrung des Vermögens bei Immobilien auch auf deren tatsächliche Bewirtschaftung ankommt und diese Tätigkeit daher im vorstehenden Sinne als „spezifisch“ zu qualifizieren ist (unter Hinweis auf Anhang I Nr. 2 Buchst. c der AIFM-RL, der ausdrücklich „administrative Tätigkeiten“, „Facility Management“, „Immobilienverwaltung“ als „spezifische“ Tätigkeiten aufführt). Im Ergebnis wird die Frage 2 durch die Generalanwältin daher bejaht. Hinweis: Der EuGH ist an den Vorschlag des Generalanwalts zwar nicht gebunden, folgt diesem jedoch in der Regel. Insofern ist die abschließende Entscheidung durch den EuGH abzuwarten. Gleichwohl empfiehlt es sich, entsprechende Strukturen zu prüfen, um rechtzeitig umsatzsteuerliche Optimierungen vorzubereiten. Das deutsche Umsatzsteuerrecht knüpft die in Rede stehende Befreiung an den Begriff des „Sondervermögens nach deutschem Investmentsteuergesetz“. Soweit es dadurch zu einer Einschränkung der Steuerbefreiung auf nationaler Ebene kommt, dürfte dies nach dem oben Gesagten die Europarechtswidrigkeit der deutschen Rechtslage bestätigen. Dies betrifft insbesondere die Nichtbegünstigung von geschlossenen Fonds (UStAE 4.8.13 Abs. 9). Soweit das deutsche Recht für die Befreiung auf die jährliche Rückgabe oder Kündigung der Anteile abstellt (§ 1 Abs. 1b Nr. 2 InvStG) und diese gerade bei geschlossenen Fonds in der Regel nicht in Betracht kommt, dürfte dies mit der Rechtsprechung des EuGH nicht vereinbar sein (u. a. EuGH vom 28.06.2007, Rs. C-363/05 J. P. Morgan).

Michael Will Tel: +49 40 288 01-3177 michael.will@mazars.de

EuGH-Urteil vom 16.07.2015 (C-108/14 und C-109/14), Larentia und Minerva: EuGH weicht Regelung zur Organschaft auf Der EuGH hat mit seiner Entscheidung vom 16.07.2015 festgestellt, dass die nationale (deutsche) Gesetzesregelung nicht dem Unionsrecht für die Bildung von Mehrwertsteuergruppen (Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL) entspricht. Fraglich ist, welche (weitreichenden) Folgen für die Unternehmer hieraus erwachsen und ob diese von dem neuen Verständnis einer Organschaft profitieren können. Grundsätzlich können nach der bisherigen Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG durch den BFH nur juristische Personen als Organgesellschaften fungieren. Zudem muss die Organgesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein (Über- u. Unterordnungsprinzip). Hiervon abweichend regelt das Unionsrecht gemäß Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL, dass Personen, die bereits finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eng miteinander verbunden sind, eine Organschaft begründen (können). Diese Vorschrift ist wesentlich weiter gefasst als die deutsche Vorschrift, die ferner durch die Rechtsprechung des BFH eher eng auszulegen ist.

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Zu dieser Prämisse entscheidet der EuGH, dass Art. 11 MwStSystRL dahingehend auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, eine Gruppe von Personen zu bilden, die als ein Mehrwertsteuerpflichtiger behandelt werden kann, allein den Einheiten vorbehält, die juristische Personen sind und mit dem Organträger dieser Gruppe durch ein Unterordnungsverhältnis verbunden sind. Das Erfordernis eines Unterordnungsverhältnisses könne zwar auf eine enge Verbindung zwischen Organgesellschaft und Organträger hindeuten, doch es könne nicht grundsätzlich als eine notwendige Voraussetzung für die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe angesehen werden. Einschränkende Voraussetzungen seien allenfalls damit begründbar, dass diese der Vermeidung von Steuerhinterziehung dienten – vgl. Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL. Ob der Ausschluss einer Personengesellschaft oder das Über- und Unterordnungsverhältnis für die Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich seien, sei aber vom nationalen Gericht, also dem BFH, zu prüfen. Auf die zweite Vorlagefrage äußert sich der EuGH dahingehend, dass Art. 11 MwStSystRL keine unmittelbare Wirkung entfalte, da die Regelung in der MwStSystRL nicht inhaltlich unbedingt und nicht hinreichend genau sei. Der Steuerpflichtige könne sich insoweit nicht unmittelbar auf Unionsrecht berufen.

Thomas Pelzer Tel: +49 30 208 88-1040 thomas.pelzer@mazars.de

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Die Vorgaben des EuGH dürften wohl nur im Rahmen einer gesetzlichen Neufassung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in Verbindung mit einer Überarbeitung des betreffenden Abschnitts des Umsatzsteueranwendungserlasses möglich sein: Beispielsweise sind nun die Eingliederungen von Personengesellschaften als Organgesellschaften, die Einbeziehung von Schwestergesellschaften oder die organisatorische Eingliederung bei Fremdgeschäftsführern in der Organgesellschaft denkbar. Es ist fraglich, ob der generelle Ausschluss von Personengesellschaften und ggf. auch das gesetzlich formulierte Über- und Unterordnungsverhältnis allein auf die Vermeidung von Steuerhinterziehung gestützt werden kann. Des Weiteren dürften sich erweiterte Möglichkeiten des Vorsteuerabzugs für sog. Führungsholdings ergeben. Denn Eingriffe einer Holdinggesellschaft in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie Beteiligungen hält, stellen nach Ansicht des EuGH grundsätzlich eine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Deshalb sollten ggfs. alle Fälle diesbezüglich offengehalten werden. Das EuGH-Urteil gibt nicht nur Hoffnung für die Konzerne, welche durch ihre gewählte Rechtsform oder aufgrund der restriktiven Auslegung der Rechtsprechung des BFH aus anderen Gründen benachteiligt sind. Es ist möglich, dass bereits bei „engen Verbindungen“ von einer umsatzsteuerlichen Organschaft auszugehen sein wird. Abzuwarten bleibt, wie der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung sowie der BFH auf die Rechtsprechung des EuGH reagieren.

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Mietnebenleistungen als eigenständige Hauptleistung Mit Urteil vom 16.04.2015 (C-42/14) hat der EuGH entschieden, dass die Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 sowie Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL dahingehend auszulegen sind, dass hinsichtlich der Lieferung von Wärme, Wasser, Elektrizität oder der Abfallensorgung im Rahmen der Vermietung einer Immobilie von Dritten zugunsten der Mieter als vom Vermieter erbracht anzusehen sind, soweit die Mieter die Dienstleistungen unmittelbar nutzen und der Vermieter als Vertragspartner diese dem Mieter weiterberechnet. Hierbei handele es sich neben der Vermietung um weitere selbstständige Leistungen, die getrennt zu beurteilen sind. Die Finanzverwaltung sieht bislang in Abschn. 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE die Lieferung von Strom, Wärme und Wasser sowie die Reinigung von Gemeinschaftsräumen „in der Regel“ als Nebenleistung zur Vermietung an, mit der Folge, dass diese Leistungen grundsätzlich unter die steuerfreie Grundstücksvermietung des § 4 Nr. 12 UStG fallen (vgl. Abschnitt 4.12.1 Abs. 5 und 6 UStAE). Auf Basis der EuGH-Entscheidung können die Mietnebenkosten eigenständige Leistungen zur Hauptleistung Vermietung sein. Für die Annahme einer eigenständigen Leistung soll es laut EuGH darauf ankommen, ob der Mieter die Möglichkeit hat, die Modalitäten der Nutzung auszuwählen; d. h. unter anderem die Abrechnung der Leistung nach Verbrauch z. B. durch Zähler. Durch die verbrauchsabhängige Nutzung liegt keine untrennbare Verbindung zur Vermietung mehr vor. Es handelt sich um eine unabhängige und eigenständige Leistung, für die es keine Umsatzsteuerbefreiung gibt. Eine einheitliche (steuerfreie) Vermietungsleistung erkennt der EuGH bei einer Vermietung von schlüsselfertigen Büroimmobilien oder für kurzfristige Zeiträume (Hotel) an. Hinweis: Somit dürften danach alle Leistungen, die nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet werden, als eigene separate Leistung zu beurteilen sein. Pauschal umgelegte Kosten sind weiterhin als Nebenleistungen zur Hauptleistung anzusehen. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung bei einer entsprechenden Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses eine Übergangsregelung für die offenen Veranlagungszeiträume vorsieht.

Sebastian Andreae Tel: +49 30 208 88-1887 sebastian.andreae@mazars.de

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Sonstiges BVerfG: Ersatzbemessungsgrundlage für Zwecke der Grunderwerbsteuer verfassungswidrig und was daraus folgt Am 23.06.2015 erging der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), in dem die Ersatzbemessungsgrundlage des § 8 Abs. 2 GrEStG für verfassungswidrig erklärt wurde. Diese auf die §§ 138 ff. BewG (sog. Bedarfsbewertung) verweisende Ersatzbemessungsgrundlage ist für Fälle vorgesehen, in denen keine spezielle Gegenleistung für eine mitübertragene Immobilie als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zwischen den Beteiligten bestimmt ist (z. B. bei Umwandlungen und Anteilsübertragungen). Die im Wege der Bedarfsbewertung ermittelte Ersatzbemessungsgrundlage führt zu niedrigen Werten und verstößt mangels sachlicher Rechtfertigung gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, bis zum 30.6.2016 eine Neuregelung zu schaffen, die auf den 01.01.2009 (!) zurückwirken soll. Für alle grunderwerbsteuerlichen Vorgänge vor dem 01.01.2009 ist dieses Urteil ebenso irrelevant wie für jene Vorgänge mit Stichtag nach dem 31.12.2008, deren Grunderwerbsteuer-Festsetzungsverfahren bereits bestandskräftig abgeschlossen ist. Auch für Fälle ab dem 01.01.2009, in denen aufgrund der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Bundesländer vom 01.04.2010 und 17.06.2011 die Bescheide zur Feststellung von Grundbesitzwerten (§ 138 BewG) nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AO nur vorläufig erlassen wurden, bzw. nach § 164 Abs. 2 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, kann zum Nachteil der Steuerpflichtigen aus Vertrauensschutzgründen (§ 176 AO) keine Änderung (von alter Rechtslage auf die neue Rechtslage) erfolgen. Betroffen sind daher im wesentlichen Sachverhalte ab dem 01.01.2009, in denen der Erstbescheid aussteht. Auch Grunderwerbsteuersachverhalte ab 01.01.2009, für die noch ein Einspruchs- oder Klageverfahren läuft, könnten problematisch werden. Angefochtene Verwaltungsakte können auch zum Nachteil des Rechtsbehelfsführers geändert werden (sog. Verböserung), im Einspruchsverfahren dann, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Daraufhin kann der Steuerpflichtige den Rechtsbehelf noch bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung schriftlich (§ 362 Abs. 1 Satz 1 AO) bzw. die Klage vor Schluss der mündlichen Verhandlung zurücknehmen (§ 72 FGO). Sollte in den Einspruchsfällen eine Verböserung angedroht werden, kann (und sollte) der Steuerpflichtige den Einspruch rechtzeitig zurücknehmen. Da das BVerfG die aktuelle Regelung jedoch als für die Steuerpflichtigen zu günstig beurteilt hat, muss der Gesetzgeber nachteilige Regelungen mit höheren Bewertungen erlassen. Mit dem Steueränderungsgesetz 2015 wurde am 24.09.2015 durch den Bundestag beschlossen (Bundestag-Drucksache 18/6094), als Ersatzbemessungsgrundlage – wie vom Bundesverfassungs-

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gericht gefordert – nicht mehr die Altregelung (§ 138 Abs. 2 bis 4 BewG) anzuwenden, sondern ab dem Stichtag 01.01.2009 die Grundbesitzwerte heranzuziehen, die auch im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht angewendet werden (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 157 Abs. 1–3 BewG). Es wird durch die damit einhergehende Erhöhung der Grundbesitzwerte zu weiteren Erhöhungen der Grunderwerbsteuer kommen, nachdem die einzelnen Bundesländer in letzter Zeit schon die Steuersätze (auf bis zu 6,5 %) deutlich erhöht haben. Es bleibt aber immerhin dabei, dass die neu geregelte Ersatzbemessungsgrundlage (wie bisher) durch den (durch Verkehrswertgutachten zu belegenden) gemeinen Wert nach oben gedeckelt sein wird (§ 198 BewG i. V. m. § 199 Abs. 1 BauGB).

Patrick Wolff Tel: +49 30 208 88-1344 patrick.wolff@mazars.de

Geplante ertragsteuerliche Änderungen im Konzernsteuerrecht Die Bundesregierung hat im März 2015 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der einige ertragsteuerliche Anpassungen für Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen enthält. Einerseits werden bisherige Steuervergünstigungen erweitert, anderseits werden aber auch angebliche Steuerschlupflöcher geschlossen. Mit der Verabschiedung des Gesetzes ist ab Mitte Oktober 2015 zu rechnen. Der Gesetzentwurf enthält im Wesentlichen folgende Änderungen: Erweiterung der Konzernsteuerklausel Die Möglichkeit, bestehende Verlustvorträge innerhalb einer konzerninternen Umstrukturierung zu erhalten, soll durch eine Ergänzung der sogenannten „Konzernklausel“ im Rahmen der Vorschrift zum Untergang der Verluste bei Anteilsübertragungen (§ 8c KStG) erweitert werden. Diese zum Jahre 2010 erstmals eingeführte „Konzernklausel“ ist bei konzerninternen Umstrukturierungen in vielen Fällen von zentraler Bedeutung. Mit ihr hat der Gesetzgeber eine „Konzernbetrachtung“ hinsichtlich der Frage, ob Verluste bestehen bleiben können, eingeführt. Grundidee dieser Konzernbetrachtung ist, dass nur die Veräußerung von Anteilen an „Verlustgesellschaften“ an nicht konzernzugehörige fremde Dritte zum (ggf. partiellen) Verlustuntergang führt; demgegenüber sollen Verlustvorträge erhalten bleiben, wenn als Folge der Anteilsveräußerung auf Ebene der Konzernmutter die Beteiligungsquote (mittelbar) gleich bleibt bzw. lediglich die Beteiligungskette verkürzt oder verlängert wird. Bisher setzte diese Klausel aber gedanklich einen zweistufigen Konzern voraus, in dem nur Veräußerungen von Verlustgesellschaften auf der untersten Ebene begünstigt wurden. Für diese Einschränkung besteht jedoch kein sachlicher Grund. Die Konzernklausel soll nun entsprechend erweitert werden (durch Einfügung einer neuen Nr. 1 und Nr. 2 in § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG). Nach dem Gesetzentwurf sollen Verluste nunmehr auch in folgenden Konstellationen verschont werden: Übertragungen an und durch die Konzernspitze. Beispiel: Eine Muttergesellschaft (Konzernspitze) veräußert ihre Beteiligung an ihrer Verlust-Tochtergesellschaft an eine andere Tochtergesellschaft. Bisher war dies kein begünstigter Fall der Konzernklausel, da nach deren bisherigen Wortlaut die beteiligten (im Beispiel der veräußernde) Rechtsträger nicht mit der Konzernspitze identisch sein dürfen. Als weiteres Beispiel, das zukünftig von der Konzernklausel umfasst sein soll, ist der Fall zu nennen, dass eine Verlust-Tochtergesellschaft unmittelbar auf die Muttergesellschaft (Konzernspitze) verschmolzen wird. Die Konzernmutter ist eine Personengesellschaft. Aufnehmender Rechtsträger ist eine natürliche oder juristische Person des öffentlichen Rechts, obwohl diese streng genommen nicht Teil eines „Konzerns“ sein können.

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Damit werden bisherige Einschränkungen des Wortlauts der Vorschrift korrigiert, die nach dem Zweck der Regelung nicht gerechtfertigt sind. Hinweis: Beachtlich ist, dass dieser gesetzgeberische „Geburtsfehler“ rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung der Konzernklausel korrigiert werden soll; d. h., die Erweiterung der Konzernklausel ist dann rückwirkend auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 anwendbar. Bei entsprechenden Konstellationen könnten somit Steuerrückerstattungsanträge gestellt werden. Einschränkung von teilentgeltlichen steuerneutralen Umwandlungen Nach dem Gesetzentwurf soll die Möglichkeit, im Rahmen von Einbringungen und anderen Umwandlungsvorgängen einen Ausgleich zu zahlen, eingeschränkt werden. Kritiker bemängeln, dass unter dem geltenden Regime steuerneutrale Umwandlungen erfolgen könnten, obwohl die stillen Reserven mittelbar über das Entgelt abgegolten werden. Bisher sind Ausgleichszahlungen (neben Barabfindungen fallen hierunter auch die Einräumung von Darlehensforderungen, die Gewährung einer stillen Beteiligung oder von Genussscheinen und die Hingabe von Sachwerten) bis zur Höhe des Buchwerts der eingebrachten Wirtschaftsgüter ohne Gefährdung der Steuerneutralität des Umwandlungsvorgangs zulässig. Diese Rechtslage hatte vor einiger Zeit in den Medien im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung bei VW/Porsche für Aufsehen gesorgt (im Fall der Porsche-Eingliederung sollen die Gesellschaftsrechte lediglich in einer Aktie bestanden haben, während die sonstigen Gegenleistungen ca. 4,4 Mrd. Euro betrugen). Nach dem Gesetzentwurf wird diese Grenze der zulässigen Ausgleichszahlung erheblich enger gezogen: Ausgleichszahlungen sollen in Zukunft nur noch bis zu einer Grenze von 25 % des Buchwerts des übertragenen Vermögens steuerneutral sein. Ausgleichszahlungen, die diese Grenze überschreiten, gelten dann fortan als eine anteilige Abgeltung der stillen Reserven und sind somit (anteilig) steuerpflichtig. Für Umwandlungsfälle kleineren bis mittleren Umfangs ist allerdings geregelt, dass Ausgleichszahlungen bis zu einer Höhe von 300.000 Euro in jedem Fall die Steuerneutralität der Umwandlung vollumfänglich nicht gefährden. Diese Verschärfung der Regelungen zur Teilentgeltlichkeit soll rückwirkend zum 31.12.2014 Anwendung finden, sodass auch Umwandlungen mit zeitlich rückbezogenem Umwandlungs-Stichtag (eine Rückbeziehung ist nur bis zu acht Monaten möglich) von nun an in jedem Fall unter die Neuregelung fallen sollten.

Marcel Ruhlmann Tel: +49 30 208 88-1328 marcel.ruhlmann@mazars.de

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Hinweis: Soweit, wie in der Praxis häufig (z. B. bei Joint Ventures), ein wirtschaftliches Bedürfnis nach Ausgleichszahlungen besteht, wird man bei Überschreiten der 300.000-Euro-Grenze alternative gesellschaftsrechtliche Gestaltungsoptionen, mit denen steuerneutral Liquidität bewegt werden kann (z. B. über das Institut der Einlagenrückgewähr oder eine Kapitalherabsetzung), in Betracht ziehen müssen. Diese sollten aber mit der Finanzverwaltung im Vorhinein im Wege einer verbindlichen Auskunft abgesprochen werden, um nicht den Vorwurf des steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs befürchten zu müssen.

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Regierungsentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer Auf dem Weg zur Reform der erbschaftsteuerlichen Behandlung von Betriebsvermögen hat die Bundesregierung am 08.07.2015 einen Regierungsentwurf verabschiedet. Der Gesetzentwurf soll bereits im September im Bundesrat beraten werden. Ziel des Gesetzgebers ist, dass die Neuregelungen zum 01.01.2016 in Kraft treten. Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 muss der Gesetzgeber das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz spätestens bis zum 30.06.2016 ändern. Im Fokus der Anpassungen der Erbschaftsteuer steht die Übertragung von Betriebsvermögen. Dabei soll das bisherige System der erbschaftsteuerlichen Verschonungen von Betriebsvermögen in seinen Grundzügen erhalten bleiben und an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden. Der Regierungsentwurf übernimmt grundsätzlich das Konzept des am 01.06.2015 veröffentlichten Referentenentwurfs. Über die dort diskutierten Reformvorschläge haben wir Sie im Newsletter Steuern 2/2015 informiert. Es soll demnach bei der Verschonungsbedarfsprüfung für Erwerber großer Vermögen bleiben, die in Zukunft zwischen der Inanspruchnahme eines mit zunehmenden Vermögen abschmelzenden Verschonungsabschlages und einem Steuererlass nach teilweisem Einsatz des Privatvermögens für die Steuerzahlung wählen können. Allerdings wurde die Freigrenze, ab der die Regelungen für Großunternehmen anzuwenden sind, von 20 auf 26 Mio. Euro angehoben. Die Freigrenze für Familienunternehmen, die bestimmte Stimmrechts-, Ausschüttungs- und Veräußerungsbeschränkungen erfüllen, wurde ebenfalls angehoben, von bisher 40 auf 52 Mio. Euro. Anpassungen gibt es auch bei der geplanten Lohnsummenregel, die nur noch für Unternehmen mit bis zu 3 Beschäftigen entfällt. Der Regierungsentwurf enthält zahlreiche weitere Änderungen im Detail, die teilweise zu Vorteilen und teilweise zu Nachteilen für Übertragungen von Betriebsvermögen führen können. Hier ist im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens mit weiteren Anpassungen zu rechnen. Die geplanten Regelungen stellen insgesamt nach wie vor eine weitere Verkomplizierung für die Übertragung von Betriebsvermögen dar, sodass für anstehende Übertragungen zu prüfen wäre, ob anstehende Nachfolgen noch in diesem Jahr in Angriff genommen werden sollten. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Neuregelung zu jährlichen Steuermehreinnahmen von 200 Mio. Euro führen wird. Über die weiteren Schritte der Neugestaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer werden wir Sie informieren.

Bernd Schult Tel: +49 30 208 88-1342 bernd.schult@mazars.de Christina Vosseler Tel: +49 30 208 88-1208 christina.vosseler@mazars.de

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FATCA und OECD-CRS: Der automatische Austausch von Steuerdaten startet Ende des Monats wird – nahezu unbemerkt – mit dem grenzüberschreitenden automatisierten Austausch von Steuerdaten begonnen. Auf Grundlage des neu in die Abgabenordnung eingefügten § 117c hat das BMF die FATCA-Umsetzungsverordnung (FATCA-USA-UmsV) erlassen. Es ist der Anfang des weltweiten FATCAReporting (Foreign Account Tax Compliance Act). Für die Finanzbranche stellt es eine große Herausforderung dar, während es für betroffene Steuerpflichtige den Anfang vom Ende des Bankgeheimnisses bedeutet. Bei FATCA handelt es sich um gesetzliche Vorgaben, die als neues Chapter 4 in das US-amerikanische Steuergesetz eingefügt worden sind. FATCA wurde bereits am 18.03.2010 als Teil des sog. „HIRE-Act“ auf den Weg gebracht, um der Steuerflucht insbesondere von US-Amerikanern zu begegnen. FATCA verpflichtet weltweit Finanzinstitute, von steuerpflichtigen Zahlungen eine Quellensteuer in Höhe von 30 % einzubehalten, sofern das die jeweilige Zahlung empfangende Finanzinstitut nicht offenlegt, ob die Zahlung mittelbar oder unmittelbar einer in den USA steuerpflichtigen Person zufließt. In Deutschland sind nach § 7 FATCA-USA-UmsV sog. „meldende deutsche Finanzinstitute“ verpflichtet, sich bei der US-Bundessteuerbehörde zu registrieren und eine internationale Identifikationsnummer zu beantragen. Betroffen sind Einlageninstitute, Verwahrinstitute, Investmentunternehmen oder spezifizierte Versicherungsgesellschaften, die gewisse US-amerikanische meldepflichtige Konten oder Konten von nicht an FATCA teilnehmenden Finanzinstituten führen. Bestehende Konten (Stichtag: vor dem 01.07.2014) müssen von Finanzinstituten bis zum 31.12.2015 daraufhin überprüft werden, ob ein US-Indiz vorliegt, und sind gegebenenfalls meldepflichtig. Der Due-Diligence-Prozess für die Identifizierung von meldepflichtigen Konten ist in den §§ 5 f. FATCA-USA-UmsV geregelt. Ausnahmen bestehen für bereits bestehende Konten unterhalb eines Kontostands von 50.000 Euro.

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Je nach Art des Kontos haben meldende deutsche Finanzinstitute Name, Anschrift und US-Steueridentifikationsnummer, Kontonummer, Kontostand und Gesamtbruttoertrag der Zinsen an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Das Bundeszentralamt für Steuern speichert die erhaltenen Daten und übermittelt diese bis zum 30.09. des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, für das die Daten ermittelt wurden, an die Bundessteuerbehörde der USA. Obwohl das mit den USA geschlossene Abkommen auf Gegenseitigkeit beruht und entsprechende Meldungen von Deutschland in die USA erfolgen werden, müssen US-Banken bei Konten von Rechtsträgern keine Informationen über die wirtschaftlich berechtigten Personen nach Deutschland melden. Verstöße gegen die Datenübermittlung können als Ordnungswidrigkeit nach § 379 Abs. 2 Nr. 1b AO geahndet werden und außerdem mittelbar den Einbehalt von 30 % auf bestimmte Einkünfte aus US-Quellen nach sich ziehen. Diese Steuer nach Sec. 1471 des US-Bundessteuergesetzes entfaltet keine abgeltende Wirkung und ist steuerlich auch nicht anrechenbar. Am 17.07.2015 hat das BMF den nach § 8 Abs. 3 FATCA-USA-UmsV amtlich vorgeschriebenen Datensatz veröffentlicht. Zusätzlich zu FATCA sollen Anfang kommenden Jahres die aus der FATCADiskussion hervorgegangenen Common Reporting Standards (CRS) der OECD in Kraft treten. Bislang haben sich etwa 100 Länder dazu verpflichtet, dem neuen Standard zu folgen. Mehr als 50 Länder wollen ihn bereits ab dem Jahreswechsel anwenden. Selbst die Schweiz hat am 14.05.2014 die Erklärung der OECD-Minister zum automatischen Informationsaustausch unterzeichnet. Steuerpflichtige von Ländern, die CRS einführen, müssen sich damit abfinden, dass ihre Steuerdaten zwischen unterschiedlichen Jurisdiktionen ausgetauscht werden und sollten sicherstellen, dass sie ihren steuerlichen Deklarationspflichten nachkommen. Nähere Informationen zu FATCA können unserer Mandanteninformation vom Juli 2015 entnommen werden, die auf unserer Website zum kostenlosen Download zur Verfügung steht.

Oliver Quentin Tel: +49 30 208 88-2084 oliver.quentin@mazars.de Dr. Andreas Merk Tel: +49 30 208 88-1044 andreas.merk@mazars.de

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Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen, BMF-Schreiben vom 29.06.2015 sowie Stellungnahme vom IDW und vom Deutschen Steuerberaterverband Mit Urteil vom 14.05.2014 hat der BFH entschieden, dass Gewinne aus erhaltenen Anzahlungen für einzelne Leistungsphasen der HOAI a. F. zur sofortigen Gewinnrealisierung führen (vgl. Steuer-Newsletter 1/2015). Nun hat das BMF mit Schreiben vom 13.05. sowie 29.06.2015 (IV C 6 – S 2130/15/10001) die Auffassung des BFH bestätigt und sogar auf Abschlagszahlungen nach § 632a BGB und § 15 Abs. 2 HOAI n. F. ausgeweitet. Weiter wurde eine Übergangsregelung eingeführt. Somit sind die Grundsätze aus dem oben genannten BFH-Urteil erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 23.12.2014 beginnen. Als Härtefallregelung wurde außerdem eingeführt, dass der aus der erstmaligen Anwendung der Grundsätze resultierende Gewinn auf zwei oder drei Wirtschaftsjahre verteilt werden kann. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat mit Schreiben vom 08.04.2015 zu dem oben genannten BFH-Urteil Stellung genommen. Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB sind Gewinne erst dann zu berücksichtigen, wenn sie realisiert sind (sogenanntes Realisationsprinzip). Somit kommt eine Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nur in Betracht, wenn (Teil-)Leistungen bereits abgenommen wurden. Auch ein Auseinanderfallen von Handels- und Steuerbilanz sieht das IDW durch dieses Urteil nicht gegeben, da die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (u. a. eben auch das Realisationsprinzip) auch für die Steuerbilanz gelten. Mit Schreiben vom 01.07.2015 (S 07/15) hat sich nun auch der Deutsche Steuerberaterverband der Meinung des IDW angeschlossen. Neben den Ausführungen des IDW wird ergänzend angemerkt, dass das Urteil für die HOAI a. F. gilt (HOAI 1996) und das Urteil des BFH nicht über die HOAI hinaus gelten soll. In der neuen Fassung der HOAI fehlen außerdem die Ausführungen über die Ansprüche auf Abschlagszahlungen. Auch wird angemerkt, dass im Urteil auf die Gewinnrealisierung nach handelsrechtlichen Grundsätzen verwiesen wird. Sebastian Andreae Tel: +49 30 208 88-1887 sebastian.andreae@mazars.de

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Praxistipp: Auch wenn sich IDW und DStV einig sind, wird dringend davon abgeraten, die Abschlagszahlungen unkommentiert weiter wie bisher zu behandeln. Eine dem BMF abweichende Behandlung muss klar im Rahmen der Steuerbilanz vermerkt werden und dem Finanzamt klar und deutlich kommuniziert werden.

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Veräußerungsgewinnbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG; Behandlung von Veräußerungskosten und nachträglichen Kaufpreisänderungen Mit Schreiben vom 24.07.2015 hat das BMF zur Behandlung von nachträglichen Kaufpreisänderungen und Veräußerungskosten von Anteilen an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, die vor oder nach dem Wirtschaftsjahr der Anteilsveräußerung entstanden sind, Stellung genommen. Demnach sind nachträgliche Änderungen des Veräußerungspreises (z. B. Ausfall einer Kaufpreisforderung) oder Veräußerungskosten nach den Grundsätzen des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG im Veranlagungszeitraum der Veräußerung zu berücksichtigen. Entsprechend ist in dem Entstehungsjahr der Veräußerungskosten oder der nachträglichen Veränderungen des Kaufpreises eine außerbilanzielle Einkommenskorrektur nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG vorzunehmen. Vor dem Wirtschaftsjahr der Anteilsveräußerung entstandene Veräußerungskosten mindern zunächst im Wirtschaftsjahr ihrer Entstehung das Einkommen. Im Wirtschaftsjahr der Veräußerung werden sie in die Berechnung nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG des steuerfreien Veräußerungsgewinns und die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Betriebsausgaben einbezogen. Sie sind zudem im Wirtschaftsjahr der Veräußerung außerbilanziell (gewinnmindernd) zu erfassen. Korrespondierend erfolgt rückwirkend ein außerbilanzieller (gewinnerhöhender) Ausgleich der Veräußerungskosten im Entstehungsjahr. Die Änderungen der entsprechenden Steuerveranlagungen sind nach Maßgabe der Korrekturvorschriften (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO; § 173 Abs. 1 AO) vorzunehmen. Auf einen Aufwand aus einer Auf- und Abzinsung der Kaufpreisforderung ist § 8b KStG nicht anzuwenden. Mit dem Schreiben hat sich die Finanzverwaltung der Auffassung des BFH angeschlossen, der die Veräußerung als von der laufenden Besteuerung abgegrenzten Vorgang betrachtet. Diese isolierte Betrachtungsweise ist sachgerecht, kann aber im Einzelfall bei einem sich ändernden Steuersatz oder bei einer sog. Mindestbesteuerung eine höhere Körperschaftsteuerbelastung bedeuten.

Carolin Dieckmann Tel: +49 40 288 01-3164 carolin.dieckmann@mazars.de

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Kurz notiert Anteilsvereinigung bei Erwerb eigener Anteile, § 1 Abs. 3 GrEStG Mit Urteil vom 20.01.2015 (II R 8/13,0 BFH/NV 2015, 756) hat der BFH entschieden, dass ein einzig verbliebener Gesellschafter einer grundbesitzenden GmbH auch dann den Tatbestand der Anteilsvereinigung i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG verwirklicht (mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft werden in einer Hand vereinigt), wenn die GmbH, und nicht der verbliebene Gesellschafter, die Geschäftsanteile eines anderen Gesellschafters erwirbt. Der Ausgang des Verfahrens ist wenig überraschend und war so zu erwarten, da unmittelbare und mittelbare Anteile bei der Anteilsvereinigung zusammengerechnet werden. Im Übrigen haben die Beteiligten versucht, vor Ablauf von 2 Jahren den Kaufvertrag über die Geschäftsanteile rückgängig zu machen. Dieser Rettungsversuch missglückte. Hier verwehrte der BFH die Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG, da der Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt wurde (§ 19 Abs. 1 Nr. 4, 5 GrEStG i. V. m. § 16 Abs. 5 GrEStG). Die Anzeige hätte dabei durch einen Anzeigepflichtigen genügt (Notar oder Erwerber). Diese muss einen klaren grunderwerbsteuerlichen Bezug haben. Die Übersendung von Urkunden durch die Notare i. S. d. § 54 EStDV für Einkommensteuerzwecke genügt laut BFH dagegen nicht. Sebastian Andreae Tel: +49 30 208 88-1887 sebastian.andreae@mazars.de

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Hinweis: Eine Anzeige durch den Erwerber nach §§ 19, 20 GrEStG muss innerhalb von 2 Wochen ab Kenntnis des Erwerbs erfolgen. Im oben genannten Fall unterblieb diese, da die Beteiligten von einem nicht steuerbaren Erwerb ausgingen.

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Veranstaltungshinweis Treffen Sie unsere Partner und Mitarbeiter auf folgenden Veranstaltungen:

Titel der Veranstaltung

Ort

Datum

8. Hamburger Bankenaufsicht-Tagung

Hamburg

02.11.2015

Herbsttagungen 2015 – Aktuelles zu Steuern, Recht und Wirtschaftsprüfung

Berlin Frankfurt am Main München Nürnberg Hamburg

12.11.2015 17.11.2015 18.11.2015 26.11.2015 30.11.2015

Umsatzsteuerforum 2015

Potsdam

24.11.2015

Netzwerk-Tag Cham

Cham

26.11.2015

Weitere Veranstaltungen und Informationen finden Sie unter www.rbs-partner.de/veranstaltungen.

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Impressum Die Beiträge in dem Steuer-Newsletter sind nach bestem Wissen und nach derzeitigem Kenntnisstand erstellt worden. Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen werden nur auszugsweise wiedergegeben. Wir bitten deshalb, die Beiträge im Einzelfall mit den ungekürzten Veröffentlichungen zu vergleichen, um Informationsfehler zu vermeiden. Die Komplexität und der ständige Wechsel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr für die Richtigkeit der in diesem Newsletter enthaltenen Informationen auszuschließen. Herausgeber Roever Broenner Susat Mazars GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Domstraße 15 20095 Hamburg www.mazars.de Verantwortliche Redaktion RA/StB Gerhard Schmitt Rankestraße 21 10789 Berlin Tel: +49 30 208 88-2020 gerhard.schmitt@mazars.de Druckerei Max Siemen KG Oldenfelder Bogen 6 22143 Hamburg


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