Publikation FundReseach 03/16

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„Das Urteil hat enorme Auswirkungen“ Anleger in Deutschland, die in ausländische Investmentfonds investieren, kĂśnnen k Ăź n f t i g e i n e p a u s c h a l e E r m i t t l u n g d e r s t e u e r p f l i c h t i g e n Ka p i t a l e r t r ä g e v e r m e i d e n . F u n d Re s e a r c h s p r i c h t m i t d e n A n w ä l t e n , d i e g e g e n d i e Pa u s c h a l b e s t e u e r u n g v o r g e gangen sind. Der Gesetzgeber fordert von Investmentfonds die BekanntJDEH YRQ 3Ă€LFKWDQJDEHQ .DPHQ VLH GHU 9HU|IIHQWOLFKXQJ GHU $QJDEHQ LP %XQGHVDQ]HLJHU QLFKW QDFK ZXUGH EHL $QOHJHUQ ELVKHU HLQH SDXVFKDOH (UPLWWOXQJ GHU VWHXHUSĂ€LFKWLJHQ .DSLWDOHUWUlJH YRUJHQRPPHQ 'U &KULVWRSK 5HJLHUHU %HUQG 6FKXOW XQG 'U 0RULW] - 0 KOLQJ // 0 OHJWHQ GDJHJHQ 5HYLVLRQ HLQ FundResearch: Im Sommer 2012 haben Sie fĂźr eine Anlegerin Revision gegen die sogenannte Pauschalbesteuerung bei intransparenten Fonds eingelegt. Was hat es damit auf sich und wieso sind Sie dagegen vorgegangen? Christoph Regierer: Die Anlegerin war 2004 in US-amerikanische Investmentfonds investiert. Nach dem Investmentsteuergesetz (InvStG) mĂźssen Investmentfonds in erheblichem Umfang bestimmte Steuerdaten im Bundesanzeiger verĂśffentlichen. ErfĂźllen Investmentfonds diese VerĂśffentOLFKXQJVSĂ€LFKWHQ HQWZHGHU JDU QLFKW QLFKW YROOVWlQGLJ RGHU nicht zeitgerecht, fallen sie unter den Begriff intransparente Fonds und es kommt die regelmäĂ&#x;ig nachteilige Pauschalbesteuerung gemäĂ&#x; § 6 InvStG zum Tragen. ) U GLH $QOHJHULQ KDEHQ ZLU 5HYLVLRQ YRU GHP %XQGHVÂżnanzhof eingelegt, weil wir in Anbetracht der europäischen Kapitalverkehrsfreiheit und verfassungsrechtlicher Grundrechte erhebliche Bedenken an der Wirksamkeit der Pauschalbesteuerung des § 6 InvStG hatten. Zudem bestand fĂźr die Anlegerin die missliche Lage, dass der Fiskus ihre Besteuerung allein vom Verhalten des Fonds abhängig gePDFKW XQG LKU NHLQH (LQĂ€XVVP|JOLFKNHLW JHZlKUW KDW

FundResearch: Wie funktionieren die investmentsteuerliche Regelbesteuerung und die pauschale Besteuerung nach § 6 InvStG im Detail? Christoph Regierer: Erfßllen Investmentfonds die vorgeschriebenen VerÜffentlichungsanforderungen vollständig und fristgerecht (sog. transparente Fonds), weist die Besteuerung ihrer Anleger keine Besonderheit auf: In der Regel versteuern Anleger die tatsächlichen Ausschßttungen, ausschßttungsgleiche Erträge und Zwischengewinne. Bei intransparenten Fonds dagegen gelten als steuerliche Bemessungsgrundlage die Ausschßttungen auf die Investmentanteile, der Zwischengewinn sowie 70 Prozent des Mehrbetrags, der sich zwischen dem ersten und dem letzten im jeweiligen Kalenderjahr festgesetzten Rßcknahmepreis fßr einen Investmentanteil ergibt. Mindestens sind aber sechs Prozent des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rßcknahmepreises als Erträge anzusetzen. Diese Rechtsfolge galt bisher pauschal. Das bedeutet, dass Anleger keine MÜglichkeit hatten, dieser Besteuerung zu entgehen und ggf. geringere Erträge nachzuweisen. Der Fiskus hat den Anleger von jeglicher HandlungsmÜglichkeit ausgeschlossen, obwohl ihn die Steuerfolgen treffen. FundResearch: Sie sind in Revision gegangen, welche Vorgeschichte hat der Streitfall? Christoph Regierer: Das Verfahren der Anlegerin vor dem Finanzgericht war damals von einem Berufskollegen gefßhrt worden. Wir haben nach der erfolglosen Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg das RevisionsverIDKUHQ YRU GHP %XQGHV¿QDQ]KRI  EHUQRPPHQ FundResearch: Wie ist das Urteil ausgefallen? Und wie wurde es begrßndet?

&KULVWRSK 5HJLHUHU Ă„'HU LQGLYLGXHOOH 1DFKZHLV GHV 6WHXHUSĂ€LFKWLJHQ LVW QXQ mĂśglich.“

Christoph Regierer: Das BFH-Urteil ist zu Gunsten unserer Mandantin ausgefallen. Das Urteil der Vorinstanz, des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg, wurde damit aufgehoEHQ 'HU %XQGHVÂżQDQ]KRI KDW GLH (X*+ (QWVFKHLGXQJ LQ Sachen van Caster und van Caster (Urteil C-326/12 vom 9. Oktober 2014) aufgegriffen und die Pauschalbesteuerung des § 6 InvStG aufgeweicht. Der Europäische Gerichtshof urteilte bereits im Oktober 2014, dass die Pauschalbesteuerung der Erträge ohne die MĂśglichkeit, die tatsächliche HĂśhe der EinkĂźnfte mit Unterlagen oder Informationen nachzuweisen, gegen die Kapitalverkehrsfreiheit im Sinne des Art. 56 EG (heute: Art. 63 AEUV) verstĂśĂ&#x;t. Die Pau-


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schalbesteuerung gemäĂ&#x; § 6 InvStG sei dazu geeignet, deutsche Anleger von Investitionen in ausländische Fonds abzuhalten. hEHUGLHV HQWVFKLHG GHU %XQGHVÂżQDQ]KRI GDVV GLH 6WDQG Still-Klausel Art. 57 Abs. 1 EG (heute Art. 64 Abs. 1 AEUV) keine Anwendung auf den § 6 InvStG hat. Die Stand-StillKlausel ist eine Bestandsschutzklausel, nach der Regelungen, die zum 31. Dezember 1993 bestanden haben, fĂźr Drittstaatenfälle fortbestehen dĂźrfen. Auch wenn ihre Anwendung einen VerstoĂ&#x; gegen die Kapitalverkehrsfreiheit mit sich bringt. FĂźr die Vorgängerregelung des § 6 InvStG, dem § 18 Abs. 3 AuslInvestmG, hatte der EuGH am 21. Mai 2015 in seiner Entscheidung Wagner-Raith (Urteil C-560/13) die Anwendbarkeit der Stand-Still-Klausel beMDKW 'HU %XQGHVÂżQDQ]KRI EHJU QGHWH GLH 1LFKWDQZHQGXQJ damit, dass das Investmentsteuergesetz sich konzeptionell vom Auslandsinvestmentgesetz unterscheide. FundResearch: Welche Auswirkungen hat das Urteil und was bedeutet es konkret fĂźr Ihre Klägerin und in Deutschland lebende Anleger, die in ausländische Fonds investieren? Christoph Regierer: Das Urteil hat enorme Auswirkungen auf die Pauschalbesteuerung nach § 6 InvStG, weil nun der LQGLYLGXHOOH 1DFKZHLV GHV 6WHXHUSĂ€LFKWLJHQ P|JOLFK LVW 'LH Finanzverwaltung hat zwar bereits mit ihrem BMF-Schreiben vom 5. Februar 2015 auf das EuGH-Urteil van CasWHU XQG YDQ &DVWHU UHDJLHUW XQG GHP 6WHXHUSĂ€LFKWLJHQ GLH MĂśglichkeit eingeräumt, selbst - anstelle des Fonds - erforderliche Nachweise zu erbringen, damit eine Besteuerung entsprechend der eines Anlegers eines transparenten Fonds erfolgen kann. *OHLFK]HLWLJ KDW GDV %XQGHVÂżQDQ]PLQLVWHULXP LQ $QEHtracht der EuGH-Entscheidung Wagner-Raith den Anwendungsbereich dieser Lockerung stark eingeschränkt, indem es die individuelle NachweismĂśglichkeit nur bei Investitionen von Anlegern in intransparente Fonds mit Sitz in der EU und dem EWR zulieĂ&#x;. FĂźr unsere Klägerin bedeutete diese Einschränkung weiterhin eine Pauschalbesteuerung. 'LHVH KDW GHU %XQGHVÂżQDQ]KRI QXQ JHNLSSW (QWJHJHQ GHP BMF-Schreiben kĂśnnen nun auch Anleger, die in intransparente US-Fonds investieren, durch individuellen Nachweis eine Pauschalbesteuerung vermeiden. FundResearch: Was muss ich als ein solcher Anleger jetzt beachten? Wie kann ich das Urteil umsetzen? Christoph Regierer: Nach MaĂ&#x;gabe des BMF-Schreibens vom 5. Februar 2015 kann der Anleger nun den individuellen Nachweis zur Besteuerungsgrundlage aus intransparenten Investmentfonds erbringen. Dieser Nachweis wird im Einzelfall leider mit erheblichen Kosten verbunden sein, da die Informationsgrundlagen, die das BMF-Schreiben voUDXVVHW]W I U GHQ HLQ]HOQHQ 6WHXHUSĂ€LFKWLJHQ QLFKW RKQH weiteres erschlossen werden kann. So wird der Anleger sich an seinen Fonds wenden mĂźssen, um bestimmte Angaben in Erfahrung zu bringen. Es hängt sicherlich vom

Einzelfall ab, mit welcher Bereitwilligkeit ein intransparenter ausländischer Fonds darauf reagieren wird. FundResearch: Wie konnte man Fonds bisher ßberhaupt erkennen?

intransparente

Christoph Regierer: Intransparente Fonds erfĂźllen die PuEOL]LWlWVSĂ€LFKWHQ GHV ,QYHVWPHQWVWHXHUJHVHW]HV QLFKW (LQ Anleger kann bei der Investition in einen Fonds nicht per se erkennen, ob der Fonds Ăźber die Fondslaufzeit den investmentsteuerlichen VerĂśffentlichungsvorschriften stets nachkommen wird oder nicht. In der Praxis werden Fonds, die Anleger in Deutschland adressieren, regelmäĂ&#x;ig die investmentsteuerlichen VerĂśffentlichungsvorschriften erfĂźllen. Hingegen werden ausländische Fonds, die nur „zufällig“ von deutschen Anlegern gezeichnet werden, den notwendigen investmentsteuerlichen Compliance-Aufwand scheuen. FĂźr den Anleger wird in der Regel der Steuerteil des Prospekts oder des Private Placement Memorandums – wenn vorhanden – Aufschluss Ăźber die steuerliche Behandlung und die Ausrichtung des Fonds geben. Teresa LaukĂśtter Anzeige


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