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Editorial der Präsidentin
Präsidentin Rechtsanwältin Ulrike Paul
- Licht und Schatten -
Sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen,
auf der Zielgeraden für diese Ausgabe des Kammerreports erreichte uns die erfreuliche Nachricht, dass sich der Einsatz der anwaltlichen Selbstverwaltung, insbesondere der RAK Stuttgart, im Interesse aller Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gelohnt hat. Gemeinsam mit der Bundesrechtsanwaltskammer und den regionalen Rechtsanwaltskammern hatte sich die Rechtsanwaltskammer Stuttgart in schriftlichen Stellungnahmen und intensiven Gesprächen in den Justizministerien dafür eingesetzt, dass die - offensichtlich verfassungswidrige - Regelung nicht Gesetz wird. Konkret ging es um die geplante und potentiell existenzbedrohende Erweiterung des Verbots der Vertretung widerstreitender Interessen, das nach der geplanten Neuregelung als Gefährdungsdelikt ausgestaltet war. Hätte der Rechtsanwalt vertrauliche Informationen erhalten, die für die Rechtssache von Bedeutung hätten sein können und deren Verwendung im Widerspruch zu den Interessen des Mandanten des vorhergehenden Mandats hätten stehen können, hätte nach der Neuregelung ein Fall der Vertretung widerstreitender Interessen vorgelegen. Diese unspezifische und völlig ausufernde Regelung ist vom Tisch.
Ebenfalls durchgesetzt hat sich die Bundesrechtsanwaltskammer mit ihrer Forderung, dass zum Schutz der Grundwerte der anwaltlichen Berufsausübung durch die Anwaltschaft keine Prozessfinanzierung erfolgen darf.
Wo Licht ist, gibt es jedoch auch Schatten und so konnte sich die Bundesrechtsanwaltskammer in den Gesetzgebungsverfahren zur BRAOReform und zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt nicht mit all ihren Forderungen durchsetzen. Insbesondere die Erweiterung der Sozietätsfähigkeit auf alle, und zwar auch auf die nichtverkammerten freien Berufe, konnte nicht verhindert werden. Ebenso wenig konnte der Gesetzgeber davon überzeugt werden, dass die - wenn auch eingeschränkte - Freigabe des Erfolgshonorars im Ergebnis zu Lasten des Verbrauchers gehen wird.
Auch die Stimmgewichtung der Rechtsanwaltskammern, die ohne jede Veranlassung durch die BRAK im Gesetzentwurf „aufgetaucht“ ist, kommt mit geringen Modifikationen.
Einen Überblick über die wesentlichen Inhalte der beiden Gesetze werden wir Ihnen in einem unserer nächsten Newsletter geben.
Seit dem 18. März dieses Jahres gelten die Regelungen des Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche. Kernpunkt dieses Gesetzes ist der sogenannte All-Crimes-Ansatz. Dieser besagt nichts anderes, als das zur Erfüllung des objektiven Tatbestands der Geldwäsche als Vortaten alle rechtswidrigen Taten nach dem Strafgesetzbuch in Betracht kommen. Eine Beschränkung auf spezielle, in einem Katalog von Vortaten zusammengefasste Delikte gibt es nicht mehr. Der Gesetzgeber ist damit über die Vorgaben der EU-Richtlinie 2018/1673, deren Umsetzung das Gesetz dient, weit hinausgegangen. Eine Ausweitung des bisher selektiven Vortatenkatalogs hätte danach vollkommen ausgereicht und wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit wesentlich effektiver gewesen. Mit Blick auf die ohnehin personell unterbesetzten Staatsanwaltschaften ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl der dann eingeleiteten Verfahren vor allem im Bereich der Bagatellkriminalität in einer Einstellung enden wird. Zeitliche und personelle Kapazitäten werden hierdurch in Anspruch genommen, die bei der Verfolgung der gewerbs- und bandenmäßigen Kriminalität fehlen werden. Für den Rechtsstaat ist dies ein Pyrrhussieg. Immerhin erweitert das Gesetz das Privileg des Strafverteidigers, der Rechtsprechung des BVerfG folgend, dahingehend, dass Vorsatz bei der Entgegennahme inkriminierten Honorars nur dann vorliegen soll, wenn er zum Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatte. Eine Ausdehnung dieses Privilegs auf alle Angehörigen der in § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO, ebenso wie auf Insolvenzverwalter, wenn diese entsprechendes Geld als Honorar oder sonstiges Entgelt für ihren rechtlichen Beistand entgegennehmen, wäre nicht nur wünschenswert, sondern auch erforderlich gewesen, insbesondere in Korrelation mit der uneingeschränkten Ausdehnung der Vortaten.
Auch die Rechtsanwaltskammer Stuttgart, als Aufsichtsbehörde im Sinne des Geldwäschegesetzes hat im vergangenen ihre Aufgaben nach dem GwG effektiv wahrgenommen. Der im vergangenen Jahr neu zusammengesetzte Gesamtvorstand hat die Aufgaben des Vorstands nach dem GwG auf zwei Abteilungen übertragen. Eine Abteilung ist dabei zuständig für die Aufsichtsmaßnahmen nach dem GwG, die andere Abteilung für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten. Den Bericht der Abteilungen finden Sie auf Seite 9 dieses Kammerreports.