Holistic Pulsing – Die heilsame Kraft der Berührung

Page 16

Special In ihrem Leben hat sich ein „Konsummuster“ ausgewirkt, das besagt: „Wenn etwas Essbares vorhanden ist, muss es gegessen werden.“ Außerdem bestimmten die Eltern Mathildes Leben bis ins kleinste Detail. Mathildes tiefster Glaubenssatz war: „Ich habe ideale Eltern und ich bin eine Mustertochter.“ Diese Art zu leben wurde als „Familienglück“ definiert. Nach dem Abitur studierte Mathilde anfangs Jura. Da sie aber noch Zeit übrig hatte, entschloss sie sich, auch noch Ökonomie zu studieren. Ihr Leben veränderte sich nicht wesentlich: studieren, Vorlesungen hören, essen, schlafen. Sie hatte Glück, dass sie sehr intelligent war und ausgezeichnete Prüfungen ablegte. Ihre Eltern riefen jeden Tag an und besuchten sie oft. Der Mythos war: „Alles ist perfekt.“ Mathilde schloss nach vier Jahren beide Studien erfolgreich ab. Die Eltern organisierten ein Fest und dabei kündigten sich die ersten „Lebensschmerzen“ an. Verschiedene Gäste erlaubten sich Bemerkungen über Mathildes Korpulenz. Sie hörte ihre Mutter sagen: „Macht euch keine Sorgen, das kriegen Wir schon hin.“ Mathilde wurde auf Kur geschickt, um abzunehmen. Der Arzt, der sie untersuchte und ihre Lebensgeschichte anhörte, überwies sie zu einem Psychiater. Ihr Esszwang war so stark, dass sie das Kurprogramm nicht mitmachen konnte. Unverrichteter Dinge kehrte sie zu ihren Eltern zurück. Sie sollte sich zunächst aus der Symbiose mit ihren Eltern befreien, war sich dieser Symbiose aber nicht bewusst. Sie ließ alles beim Alten und arbeitete als Geschäftsführerin im väterlichen landwirtschaftlichen Großbetrieb, so wie es geplant war. Sie isolierte sich, aß dauernd und nahm weiter zu, bis ein guter Freund zu ihr sagte: „Mathilde, so geht es nicht weiter, du brauchst Hilfe.“ Sie begann ihre Therapie zunächst mit einer bioenergetischen Psychoanalyse. Die Gruppe wurde von einem bekannten Psychiater geleitet. Nach der dritten Sitzung brach sie völlig zusammen, als in der Gruppe anlässlich ihres Essmusters heftig gelacht wurde. Die Konfrontationen, Meinungen, Urteile, Diagnosen und Ratschläge der Gruppenmitglieder waren ihr zu viel. Sie schaltete ab. Der Hausarzt gab ihr Beruhigungsmittel und Antidepressiva und Mathilde funktionierte im Betrieb ihres Vaters zur vollen Zufriedenheit weiter. Später versuchte sie es mit Gestalttherapie und Hypnose. Sie kam aber keinen Schritt weiter. Als sie sich bei mir meldete, war sie verzweifelt, äußerst skeptisch und misstrauisch. Zusammenfassend sagte sie über sich selbst: „Ich bin ein hoffnungsloser Fall, ich kann mich nur bei meinen Eltern wohl fühlen.“ Ein weiteres Schlagwort aus der psychoanalytischen Gruppe verfolgte sie unentwegt: „Mathilde, mit deinem Übergewicht bist du schwer krank, du folterst dich mit Messer und Gabel, du musst Hilfe suchen.“

18


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.