Swiss Medical Informatics - SMI 49

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Swiss Medical Informatics eHealthcare

eHealthcare im Kontext einer modernen Bildungspolitik Ronny Kaufmann

Die Ausgangslage Der Mensch möchte gesund sein. Das Schweizer Gesundheitswesen sieht sich mit der Aufgabe konfrontiert, eine qualitativ hochstehende Gesundheitsversorgung bei gleichzeitiger Finanzierbarkeit dauerhaft zu gewährleisten. Eine innere Dynamik des Gesundheitswesens fällt dabei besonders ins Gewicht; medizinischer Fortschritt und die ständige Spezialisierung führen zur Fragmentierung der Versorgungsabläufe. Durch diese Zersplitterung und das daraus resultierende Expertenwissen benötigen aufgeklärte Bürgerinnen und Bürger zur Orientierung eine Reintegrationsmöglichkeit ihres medizinischen Wissens, eine Vernetzung der einzelnen Versorgungsschritte sowie eine mögliche Erweiterung ihres Informationshorizontes, um dieser inneren Dynamik des Gesundheitswesens adäquat zu begegnen. Die Konsequenz ist, dass man bei der Suche nach Gesundheitsinformationen im Internet immer häufiger auf eHealth1-Angebote stösst, die auf lösungsorientierte Verknüpfungen von Informations- und Kommunikationstechnologien und der medizinischen Informatik mit Managed Care Ansätzen zielen. Ohne Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz der Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit den dafür notwendigen Instrumenten der multimedialen Welt ist jedoch der Versuch, eHealth-Angebote technisch zu realisieren, durch den Mangel an Verinnerlichung eines angemessenen und zweckorientierten Umgangs mit der digitalen Welt (Medienkompetenz) dekompensiert. Ohne die Integration der «technischen» Perspek-

Korrespondenz: Ronny Kaufmann, lic.rer.publ. MEDIASCHULE Zürcherstrasse 204 CH-9014 St. Gallen E-Mail: Ronny.Kaufmann@mediaschule.ch

SMI 2002; No 49

tive in eine «gesellschaftlich-prozessuale» Sichtweise wird eHealth-Care einen weiteren Baustein zur Spezialisierung des Gesundheitswesens beitragen, anstatt ihr inhärentes Ziel der Reintegration von Teilbereichen der Medizin zu verfolgen. Sinnvolle eHealth-Strategien suchen die Einbettung in die Gesellschaft.

Die Zielsetzung Der hohe Informations- und Kommunikationsbedarf muss durch ein leistungsfähiges Netz von eHealth-Angeboten gedeckt werden, um einen nachhaltigen Beitrag zur Gesundheitsförderung zu leisten.2 Der durch geeignete Kommunikationskanäle aktivierte, «mündige Klient» verändert dadurch das Arzt-Patient-Verhältnis vom traditionell-paternalistischen Modell hinzu einer deliberativen Interaktion von Arzt und Patient.3 eHealth soll letztlich einen kostenreduzierenden Effekt für das Gesundheitswesen auslösen und dadurch einen wertvollen Beitrag zur Finanzierung einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung leisten. Die bereits existierenden und stark boomenden Angebote im Internet im eHealth-CareBereich4 deuten auf den starken Bedarf nach Information seitens der Nachfrager hin. Das Individuum soll darüber entscheiden können, wie viel es über seine eigene Gesundheit wissen muss und wie stark die Abhängigkeit von einem spezialisierten Expertenwissen sein muss. Dieser Freiheitsgrad in der Entscheidungslogik der Bürgerinnen und Bürger wird mit eHealth-Care-Angeboten stark unterstützt.5

1 Darunter sei ein Oberbegriff verstanden, der eine Vielzahl von Anwendungsbereichen der Informations- und Kommunikationstechnologie im Gesundheitsbereich miteinschliesst. Im weiteren Sinne fällt damit die semantische Bedeutung von eHealth ins Auge, nach der sämtliche Gesundheitsdaten in elektronischer Form gemeint sind. 2 Die These steht unter der Prämisse, dass Information und Aufklärung die Schlüsselqualität besitzen, einen wertvollen Beitrag zur Gesundheitsförderung zu leisten. So hat ein drogensüchtiger Patient die Möglichkeit, sich über salutogenetische Verhaltensmuster zu informieren, sich durch etablierte Beziehungsnetze mit Experten an die Verhaltensmuster zu gewöhnen und dadurch schliesslich neue Verhaltensmuster einzuverleiben. 3 Speziell auf der Beziehungs- und Verhaltensebene zwischen Arzt und Patient sind grosse Defizite aufzuarbeiten. Durch die Non-Compliance-Rate von rund 50% ist eine alleinige Informationsvermittlung von Arzt zu Patient unbefriedigend. 4 www.drschueler.com , www.fonemed.com , www.lifeline.ch , www.medi-24.ch , www.netdoctor.at , etc. Weitere Möglichkeiten ergeben sich durch die SMS-Technik sowie durch Intranetze. 5 Durch ein gezieltes «Empowerment» anhand von eHealth-Strategien entwickeln Patientinnen und Patienten zunehmend den Anspruch, medizinische Versorgungsabläufe mitzugestalten.

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