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Ambulant begleitetes Wohnen im Alter
Beratung, Anleitung, Motivation, Befähigung – Wenn nebst gesundheitlichen auch die sozialen Faktoren den Wunsch nach einer eigenständigen Lebensführung erschweren, könnte das ambulant begleitete Wohnen das Richtige sein.
Das Angebot richtet sich an Personen ab 60 Jahren, die möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben möchten, deren Selbständigkeit aber durch unterschiedlichste Einflüsse bedroht scheint.
Der Verlust des Partners oder der Partnerin, ein Heimeintritt der Ehefrau oder des Ehemannes, physische und/oder psychische Beschwerden können Lebenskrisen auslösen, die ohne stützendes Netz kaum bewältigt werden können und in manchen Fällen zu frühzeitigen Heimeintritten führen. Soweit muss es nicht kommen, wenn ein stützendes Angebot wie das ambulant begleitete Wohnen genutzt werden kann.
Begleitpersonen von Pro Senectute Thurgau beraten und unterstützen vor Ort. Gemeinsam wird nach individuellen Lösungen gesucht mit dem Ziel, dass die Betroffenen weiterhin oder wieder möglichst viele Aufgaben selbständig durchführen können.
Die Anleitungsbereiche sind sehr vielfältig – mögliche Themen können sein: • Selbstorganisation • Soziale Vernetzung • Administration/Finanzen • Behördenkontakte Personen mit Ergänzungsleistungen oder Prämienverbilligung bezahlen einen Eigenanteil von CHF 10.00 pro Begleitstunde. Auch anderen Personen steht das Angebot zur Verfügung.
Falls Sie als betroffene Person oder Angehörige weitere Fragen zu unserem Angebot haben, zögern Sie nicht, uns anzurufen.
Nachfolgend möchten wir Ihnen mit einem Interview Einblick in eine Begleitung gewähren. Es zeigt ein Beispiel von vielen und wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich bei der Begleitperson Franziska Ackermann für ihre Bereitschaft, etwas über sich und ihre Tätigkeit als Begleitperson bei Pro Senectute zu erzählen.
Pro Senectute Thurgau «Ambulant begleitetes Wohnen im Alter»
Cornelia Menayo
Bankplatz 5, 8500 Frauenfeld Telefon 071 626 55 48 cornelia.menayo@tg.prosenectute.ch www.tg.prosenectute.ch/abwia
Interview mit Begleitperson
Franziska Franziska, das ambulant begleitete Wohnen im Alter und somit wir befinden uns immer noch in der Projektphase. Gemeinsam durften wir schon viele Erfahrungen sammeln, welche teilweise auch zu Anpassungen geführt haben. Du und alle anderen Begleitpersonen (bisher ausschliesslich Begleitfrauen) sind uns wertvolle Partnerinnen, die zum Gelingen dieses Projekts sehr viel Herzblut und Engagement einbringen.
Du hattest im Januar 2021 dein einjähriges Jubiläum bei Pro Senectute und betreust momentan zwei Klientinnen und einen Klienten. Ich freue mich sehr, dass du für uns als Begleitperson im ambulant begleiteten Wohnen tätig bist. Die Anforderungen an unsere Begleitpersonen können, je nach Situation und Zielvereinbarungen mit dem Klientel, recht anspruchsvoll und vielseitig sein. Ich weiss, dass du nach Rücksprache mit einer Klientin heute auch etwas «aus dem Nähkästchen» plaudern darfst.
Pro Senectute Thurgau (PS TG): Magst du uns vorab etwas zu deiner Person verraten?
Franziska: Mit meinen 46 Jahren zähle ich wohl zu den jüngeren (oder bin ich gar die jüngste?) Begleitpersonen beim Projekt abWiA. Mit meinem Mann und unseren drei Söhnen (17, 21 +23) lebe ich auf einem Bauernhof im idyllischen Dörfchen Hefenhausen. In meiner Freizeit bewege ich mich sehr gerne in der freien Natur, sei es zu Fuss, mit dem Velo oder schwimmend in irgendwelchen Gewässern. Da meine Mutter, seit ich mich erinnern kann, als Ortsvertreterin in Roggwil tätig ist, bin ich sozusagen mit der Pro Senectute gross geworden.
PS TG: Welchen beruflichen Background bringst du mit und gibt es Parallelen zu deiner Tätigkeit als Begleitperson? Worin unterscheiden sich die Tätigkeiten?
F: Als gelernte Pflegefachfrau habe ich nebst meiner Hauptaufgabe als Mutter und Hausfrau bis vor Kurzem stets in einem Teilzeitpensum in der Pflege gearbeitet. Bei beiden Tätigkeiten steht der Mensch als Individuum im Mittelpunkt und es geht meiner Meinung nach schliesslich auch bei den Begleitungen um die Gesundheit des Menschen. Denn Gesundheit bedeutet ja nicht nur, körperlich wohlbehalten zu sein, sondern auch soziales und geistiges Wohlbefinden. Insofern steht beim abWiA sicher vermehrt der soziale Aspekt im Fokus und im Pflegeberuf der physische.
Wie schon bei meiner Arbeit bei der Spitex besuche ich die Klienten zu Hause und biete ihnen Hilfe zur Selbsthilfe, damit sie möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden bleiben können. Natürlich kommt mir auch mein medizinisches Fachwissen zugute, da doch die meisten Klienten von diversen Krankheiten und Gebrechen betroffen sind.
PS TG: Was gefällt dir an deiner Tätigkeit als Begleitperson?
F: Ich schätze den persönlichen Kontakt zu den Klienten sehr. Meine Arbeit kann ich weitgehendst selbständig einteilen und so lassen sich die Begleitungen gut in meinen bestehenden Alltag einplanen. Auch habe ich das Gefühl, etwas bewirken zu können, auch wenn es oftmals viel Geduld und Zeit braucht, um ans Ziel zu kommen. Die zu begleitenden Personen sind äusserst dankbar. Auch habe ich viel Neues dazugelernt, vor allem im Bereich Sozialversicherungen.
PS TG: Du und eine deiner Klientinnen sind in diesem Jahr zu einem Team zusammengewachsen, welches viel erreicht hat. Welches sind aus deiner Sicht die Hauptkriterien für das Gelingen einer Zusammenarbeit mit dem Klientel generell?
F: Eine solide Vertrauensbasis scheint mir das Wichtigste zu sein. Auf Seiten der Klientin muss sicher die Bereitschaft vorhanden sein, Hilfe anzunehmen und etwas ändern zu wollen an der Situation. Seitens der Begleitperson sollte ein empathischer Umgang gepflegt werden und Verständnis für die jeweilige Situation soll entgegengebracht werden. Man sollte sich nicht zu sehr an eigene Normvorstellungen klammern.
PS TG: Ernstes gibt es momentan schon genug. Gibt es abschliessend eine lustige Anekdote aus der Zusammenarbeit mit deiner Klientin die du uns erzählen magst und darfst?
F: Ja, Frau H. hat mich eines Tages als eine gute Geldeintreiberin betitelt. Dies nachdem wir im Keller die Zügelkisten nach allfälligen Rückerstattungsbelegen durchwühlt und doch einiges gefunden hatten zum Einschicken.
Und es ist tatsächlich so, dass ich mich jedes Mal freue, wenn wieder ein Paar Franken auf das Konto der Klientin fliessen. Im Übrigen gibt es bei Frau H. mit ihrer humorvollen Art immer wieder einmal etwas zum Schmunzeln.
Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass es im vergangenen Jahr einige tolle Veränderungen in Frau H.’s Leben gegeben hat: • Der Bezug der neuen Wohnung, welche genau den Wunschvorstellungen der Klientin entspricht und wo sich nicht nur Frau H., sondern auch Hündchen Nano pudelwohl fühlen. • Die medizinische Behandlung bei einem Hausarzt, der sich sehr für seine neue Patientin einsetzt und massgeblich zur Verbesserung des
Gesundheitszustandes beigetragen hat. • Die tatkräftige Unterstützung von Frau v.A. im Haushalt, welche bereits zu einer wichtigen Bezugsperson für Frau H. geworden ist.