LGBTQ Rechte und Jugendarbeit: Der Kampf gegen homophobie und gewalt under Jugendlichen

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Verlag: Regionales Info-Zentrum Belgrad, Serbien E-mail: gayecho@gmail.com Web: www.gayecho.com

Partner: Outreach Hannover e.V. (OH) – Germany Youth Power (YP) – Bosnia and Herzegovina Association for improvement of modern living skills “Realization” – Croatia

Der Kampf gegen Homophobie und Gewalt unter Jugendlichen LGBT-Rechte und Jugendarbeit Herausgeber: Predrag Azdejković Grafische Gestaltung: Centar za jačanje civilnog društva Fotografie: Sanketh Rao Übersetzung: Jelena Pržulj

Diese Broschüre enthält interaktive Workshops angepasst an die Arbeit mit Erwachsenen und befasst sich mit den Problemen der LGBT+-Bevölkerung. Die Grundlage für die Zusammenstellung dieser Broschüre war das Handbuch für gewaltfreie Konfliktlösung in der Arbeit mit Erwachsenen „Gewaltfrei?“ des Zentrums für gewaltfreie Aktion aus Sarajewo.


Inhalt

Einführung.......................................................................................................................................................05 Die LGBT-statistik in Serbien.....................................................................................................................11 Die LGBT-statistik in Kroatien....................................................................................................................13 Die LGBT-statistik in Bosnien und Herzegowina...............................................................................15 Gewalt under gleichaltrigen aufgrund von sexueller orientierung..........................................17 Stereotype und vorurteile.........................................................................................................................19 LGBTTIQ grundbegriffe...............................................................................................................................26 WORKSHOPS...................................................................................................................................................29 Konfliktverständnis................................................................................................................................31 Gewalt..........................................................................................................................................................33 Vorurteile....................................................................................................................................................36 Macht...........................................................................................................................................................40 Geschlechterrollen.................................................................................................................................43 Identität.......................................................................................................................................................45 Kreative Bearbeitung von Konflikten..............................................................................................47 Umgang mit der Angst.........................................................................................................................50 Strategien für wirksame hilfe..............................................................................................................51 Die Aktionsfolge......................................................................................................................................53



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Einführung ach einer in Serbien und im Rahmen der weltweiten UNO-Kampagne für die LGBT-Gleichstellung erfolgten Ausforschung, toleriert ein großer Prozentsatz der MittelschülerInnen Gewalt gegenüber Gleichaltrigen mit anderer sexueller Orientierung und sieht diese als weniger schlimm als Gewalt gegenüber anderen Menschen. Laut besagter Studien sind 47 Prozent der SchülerInnen der Meinung, ihre LGBTMitschülerInnen seien Gewalt ausgesetzt, 20 Prozent sind der Ansicht, LGBT-SchülerInnen sollten von den Schulen verwiesen werden, während 60 Prozent Gewalt gegenüber LGBT-Personen rechtfertigen. Eine zuvor von der UNICEF durchgeführte Umfrage zeigte, dass 66 Prozent der Jungen Gewalt gegenüber homosexuellen Jungen entschuldigen, und 17 Prozent würde auch selbst Gewalt gegen sie ausüben. All das trägt zur Entstehung einer für LGBT-Jugendliche feindlichen Umgebung an Schulen bei, und Ausforschungen aus anderen Ländern, die hier ebenfalls Anwendung finden, weisen stark darauf hin, dass solch eine Feindseligkeit Auswirkungen auf die LGBT-SchülerInnen und ihre Leistungen hat und einige von ihnen die Schule verlassen. LGBT-Jugendliche leiden im Laufe ihrer schulischen Bildung unter Homophobie, Gewalt und ausbleibender Solidarität von ihren MitschülerInnen oder LehrerInnen. Die Versuche der LGBT-Organisationen und Menschenrechtsorganisation in Serbien, sich mit diesem Thema zu befassen, waren erfolglos, denn jegliche Aktivitäten an Schulen bedürfen einer Sondergenehmigung des Bildungsministeriums, das aber zu einer Zusammenarbeit in diesem Bereich nicht gewillt war. Angesichts all dessen, des Bedarfs der jungen LGBT-Bevölkerung nach gewaltfreier Bildung sowie der EU-Jugendstrategie, die die Chancengleichheit für junge Menschen beim Zugang zu hochwertiger Ausbildung und Befähigung betont, müssen für diese Probleme alternative Lösungen gefunden werden. Gemäß Artikel 8 und 10 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 21 und 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, unterstreicht auch Erasmus Plus unter anderem die Gleichberechtigung von Männern und Frauen sowie Maßnahmen im Kampf gegen Diskriminierung wegen Geschlecht, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Anschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung. Ähnliche Zustände um Homophobie, Schikanierung und Gewalt an Schulen gelten auch in Bosnien und Herzegowina und zum Teil auch in Kroatien. Mit unseren Partnereinrichtungen aus Deutschland waren wir um Erfahrungs- und Wissensaustausch sowie um alternative Lösungen für diese Angelegenheiten bemüht. Das Ziel dieses Projekts ist der Kampf gegen Diskriminierung, Vorurteile und Homophobie in unseren lokalen Gemeinden, mit besonderem Augenmerk auf der Erziehung Jugendlicher und dem Abbau von Vorurteilen und auf Homophobie basierender Gewalt und Gewalttätigkeit unter Jugendlichen an Schulen. Obwohl es Mechanismen zum Schutz der Einzelperson vor Diskriminierung gibt (auf verschiedenen Ebenen in unseren Ländern sowie allgemein in ganz Europa), sollten

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mehr Aktivitäten auf die Unterstützung für Einzelpersonen, denen Diskriminierung und Gewalt droht, aber auch auf die Mehrheit der Jugendlichen gerichtet sein, um ihr Verständnis und ihren Toleranzpegel zu fördern. Es wird eine alternative Lösung dieses Problems durch ein Netzwerk von Jugendorganisation und Organisationen, die mit Jugendlichen arbeiten, vorgeschlagen. Im Rahmen eines Studienbesuchs wurden Beispiele der guten Praxis und umgesetzte Methoden und Strategien ausgeforscht, angewandt und für die Ausarbeitung neuer Instrumente und Methoden in Form des Handbuchs für lokale Workshops für Jugendlichen über Homophobie und LGBT-Rechte eingesetzt. Durch die Zusammenstellung dieses Handbuchs für Workshops über LGBT-Rechte, Homophobie, Gewaltfreiheit sowie Akzeptanz und Respekt gegenüber Unterschieden werden innovative Instrumente für die Lösung des Problems um Homophobie unter Jugendlichen und Schikanierung an Schulen geboten. Ebenfalls berücksichtigt wurden Beispiele der guten Praxis aus der Region und der EU sowie unterschiedliche Herangehendweisen in der Jugendarbeit. Die Broschüre beinhaltet Workshops über gewaltfreie Kommunikation, Perzeption, Konflikte, Gewalt, Vorurteile und Stereotype, Identität, Gewaltfreiheit, Begegnung mit Ängsten und Vermittlung. Der wichtigste Aspekt hierbei ist die Dezentralisierung, die Beteiligung aus kleineren Städten und Gemeinden, welche bereits Interesse an der Förderung von LGBT-Rechten gezeigt haben, wie auch die Schulung von AusbilderInnen vor Ort, die dann die Arbeit in ihren jeweiligen Gemeinden fortsetzen würden. Als wesentliches mobiles Element des Projekts richtet sich der zehntägige Kurs an die praktische Umsetzung des Handbuchs und eine gemeinsame Hinterfragung mit den PartnerInnen und TeilnehmerInnen, zugleich aber auch an das Vermitteln von Wissen, Instrumenten und Methoden, Materialien und Ressourcen für die Weiterbildung von all jenen, die mit Jugendlichen arbeiten und somit Einfluss auf sie ausüben, sowie auf die Rezeption von Rückmeldungen über die Instrumente und Methoden, welche letzten Endes bei der abschließenden Auswertung und Vorbereitung der Broschüre Anwendung finden sollen.

Die Ziele dieses Projekts sind: • Beispiele der guten Praxis bei der Umsetzung lokal angelegter Aktivitäten zum Thema Homophobie und LGBT-Rechte zu teilen; • eine Studienreise nach Deutschland und Zusammentreffen mit erfahrenen LGBT-Organisationen, die sich mit Jugendlichen und der Homophobie beschäftigen, umzusetzen; • das Bild aus unseren Ländern über die derzeitigen Zustände in Sachen Homophobie und LGBT-Rechte, sowie die Praxis unserer und anderer Nichtregierungsorganisationen,


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die an diesen Fragen arbeiten, zu teilen; • ein Handbuch für Ausbau und Leitung lokal angelegter Workshops für Jugendliche über Homophobie und LGBT-Rechte zusammenzustellen; • Menschen, die mit Jugendlichen arbeiten, dazu auszubilden, die Broschüren anzuwenden, wie auch hochwertige lokale Aktivitäten für Jugendliche zu leiten; • Empfehlungen für die Einbeziehung und Arbeit mit lokalen TeilnehmerInnen zusammenzustellen; • das Handbuch auch bei anderen Menschen, die mit Jugendlichen arbeiten, bei Nichtregierungsorganisationen sowie anderen Instanzen, die sich mit dem Thema Homophobie und LGBT-Rechte beschäftigen, zu präsentieren; • die Aktivitäten und Projektergebnisse in breiten sowie LGBT-Medien zu teilen; • wirksame Instrumente für den Kampf gegen Homophobie bei Jugendlichen und Gewalt an Schulen zu schaffen; • die Zusammenarbeit zwischen nationalen und regionalen Jugendorganisationen (direkte und indirekte NutzerInnen) zu fördern und zu stärken; • das jugendbezogene Programm Erasmus + KA2 sowie Projekte für den Kapazitätenausbau zu Gunsten von Jugendlichen und jenen, die mit Jugendlichen arbeiten, im Detail einzuführen; • die Verfahren und Formulare für die Erasmus + YiA KA2 Anmeldung einzuführen.

Das Projektkonsortium besteht aus: Regionales Info-Zentrum (RIZ) – Serbien Das Regionale Informationszentrum (RIZ) wurde im März 2009 gegründet mit dem Ziel, die LGBT-Bevölkerung durch Informationen und Kultur zu stärken. Es ist sehr wichtig, die LGBT-Bevölkerung hinreichend zu stärken, damit sie ihre sexuelle Identität akzeptiert und sie positiv betrachtet, damit sich immer weniger LGBT-Menschen verstecken und in Selbstverleugnung leben müssen. Im RIZ versammeln sich homosexuelle Männer, lesbische Frauen, bisexuelle, transsexuelle, queer und heterosexuelle Menschen, die durch ihren Einsatz zu einer besseren


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Weiterentwicklung des Bewusstseins über LGBT-Angelegenheiten, Rechte und Kultur beitragen. Das RIZ veranstaltet zwei große und regelmäßige Programme, die nachhaltig ausgebaut und erweitert werden: Diese sind die Stärkung der LGBT-Bevölkerung durch Information und Bildung sowie Stärkung der LGBT-Bevölkerung durch Kunst und Kultur. Die wesentliche Tätigkeit dieser Organisation ist die Umsetzung von LGBT-Veranstaltungen das ganze Jahr über, darunter die Internationalen queer Filmfestspeile „Merlinka“, sowie die Herausgabe von mehreren online und gedruckten LGBT-Medien, wie etwa dem homosexuell geprägten Magazin „Optimist“ und dem Nachrichtenportal „GayEcho“. Das RIZ machen drei Vollbeschäftige, fünfzehn MitarbeiterInnen und 40 VolontärInnen aus.

Outreach Hannover e.V. (OH) – Deutschland Outreach Hannover ist eine gemeinnützige Nichtregierungsorganisation von Menschen aus unterschiedlichen Ländern und unterschiedlicher nationaler Zugehörigkeit, sowohl Männern als auch Frauen, die in der Gründung des Vereins ein gemeinsames Ziel gefunden haben. Die Hauptprioritäten des Vereins sind die Förderung von Menschenrechten und bürgerlicher Beteiligung, sowie Bürgeraktivismus, Bildung Jugendlicher und Jugendarbeit wie auch eine Stärkung des Bewusstseins über Umwelt und alternative Energie. Outreach Hannover hat seinen Schwerpunkt als Verein auf der Förderung der Jugendfürsorge und der Stärkung all jener, die mit Jugendlichen im Bereich interkultureller Dialog, Akzeptanzkultur und soziale Inklusion sowie Umweltbewusstsein und Trends im Umweltschutz durch informelle Bildung arbeiten. Die GründerInnen und aktiven Mitglieder haben unterschiedliche und ausführliche Erfahrungen in ihren jeweiligen Herkunftsländern und europaweit gemacht, was auch für die an der Jugendarbeit engagierten Personen sowie die TeilnehmerInnen und VolontärInnen gilt, während sie später an zahlreichen Projekten als TrainerInnen und ExpertInnen in den Bereichen Jugendarbeit und informelle Bildung, Volontariat, interkultureller Dialog, interkonfessioneller Dialog, Grundlagen und Werte der EU, aktive Büger- und Kommunikationsfertigkeiten, gewaltfreie Kommunikation beteiligt waren.

Youth Power (YP) – Bosnien und Herzegowina Die NGO „Youth Power“ aus Mostar wurde im Januar 2013 von einer Gruppe Jugendlicher gegründet, die zuvor für mehrere andere Organisationen gearbeitet hatten und beschlossen, einen eigenen Verein mit Schwerpunkt auf Förderung einer gesunden Lebensweise, gewaltfreiem Umgang, Geschlechtergleichstellung, Vernetzung unter Jugendlichen, aktiver Beteiligung am Sozialleben und an Entscheidungsverfahren,


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Volontariat, Förderung von Kultur, Demokratie und Menschenrechten einzurichten. Die Organisation besteht aus einem starken Team von sieben Vollbeschäftigten und mehr als 30 VolontärInnen und setzt derzeit drei Programme um. YP möchte eine Gesellschaft mit positiven Werten erschaffen, in welcher junge Menschen ihren Beitrag zur Toleranz und zu einem interpersonalen Dialog, zur Förderung eines gesunden Lebensstils, der Geschlechtergleichstellung, Gewaltfreiheit sowie zur aktiven Beteiligung an Sozialleben und Politik leisten. Die Haupttätigkeit von YP machen das Umsetzen von Workshops, Kursen, Austausch unter Jugendlichen, Beratung, Bildung unter Gleichaltrigen sowie die Organisierung von Konferenzen und unterschiedlichen Veranstaltungen aus. Die NGO YP arbeitet an diversen Programmen auf lokaler Ebene und landesweit. Wir arbeiten an der Weiterbildung im Rahmen des Programms CARE International NWB zum Thema Verbesserung der Lage von Frauen in der Gesellschaft, Vorbeugung von geschlechtsorientierter Gewalt sowie Förderung gesunder Lebensstile. Wir arbeiten an der landesweiten Bildung von jungen Menschen zum Thema Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen, wir bringen MittelschülerInnen bei, Lebensläufe und Bewerbungen zu verfassen, Beschäftigungsmöglichkeiten zu nutzen und bereiten sie (durch Simulation) auf Vorstellungsgespräche vor. Ebenfalls arbeiten wir an der Stärkung von Frauen in den Bereichen Geschlechtergleichberechtigung, Vorbeugung von Gewalt gegen Frauen, Beschäftigung, Schulung für neue Berufsfelder, Förderung eines Lebens ohne Stigmatisierung und Diskriminierung.

Verein zur Förderung moderner Lebenskünste „Realization“ – Kroatien Der Verein zur Förderung moderner Lebenskünste „Realization“ hat folgende Ziele und Wirkungsbereiche: • Förderung der persönlichen Weiterentwicklung; • Stärkung der Jugendinitiativen; • Förderung der informellen Bildung und des lebenslangen Lernens in allen Gesellschaftsschichten; • Förderung eines europäischen Bewusstseins und europäischen Bürgertums basierend auf Interkulturalität, Demokratie, Wissen und Dialog. Der Verein „Realization“ setzt als Partner oder Koordinationsstelle regelmäßig Workshops und Schulungen vorwiegend für Arbeitslose und Jugendliche auf lokaler und europäischer Ebene um. Bislang war der Verein an verschiedenen Projekten im Bereich informelle Bildung mit Themen betreffend die Arbeit mit Jugendlichen im Sportwesen, globale Bildung, Volontariate, soziale Inklusion, interkulturelles Lernen und Dialog sowie betreffend Arbeitslosigkeit (der Jugendlichen) und Wirtschaft beteiligt.


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Der Verein „Realization“ ist Mitglied im informellen europäischen Netzwerk der sozialen Volontariate als Instrument der Beteiligung. Bislang hat der Verein „Realization“ als Projektkoordinator, Antragsteller und Veranstalter mehr als 25 Youth-in-Aktion-Kurse (Erasmus +) über Jugendarbeit und Jugendaustausch umgesetzt, in den Themenbereichen Sportarbeit unter Jugendlichen, globale Bildung, Schulung von VolontärInnen in der Jugendarbeit, Ausbildung der AusbilderInnen, europäisches Bürgertum, interkulturelles Lernen und Dialog, Beschäftigung von Jugendlichen und Wirtschaft. „Realization“ hat ebenfalls an zahlreichen Seminaren auf europäischer Ebene in unterschiedlichen Ländern teilgenommen, während sie bei den meisten dieser Veranstaltung mindestens eine/n Ausbilder/in und/oder Moderator/in aus den eigenen Reihen entsenden konnten. Das Konsortium wurde aufgrund der gemeinsamen Problem- und Fragenerkennung sowie der gemeinsamen Vorstellungen über entsprechende Lösungen geschlossen. Alle vier Partner haben zuvor an unterschiedlichen Projekten zusammengearbeitet. Die Partner aus Deutschland, Bosnien und Herzegowina und Kroatien waren bereits an internationalen von Erasmus + finanzierten Jugendprojekten beteiligt. Diese drei Partner waren mit dem Partner aus Serbien um den Austausch von Beispielen guter Praxis bei der Arbeit mit marginalisierten Jugendlichen, Diskriminierung und Hassrede bemüht. Sie unterstützten sich gegenseitig in ihren lokalen Gemeinden durch Austausch von Materialien, Methoden und Finanzierungsmöglichkeiten. Die Mitglieder aller Organisation sowie die VolontärInnen einiger Vereine sind in ständigem Kontakt und sind sich der lokalen und internationalen Projekte der Organisationen, vor allem auch der positiven Ergebnisse und erzielten Resultate, bewusst. Dieses Handbuch ist als umfangreiches Instrument konzipiert, das von Nutzen sein kann für Jugendorganisationen und Menschen, die mit Jugendlichen (mit besonderem Fokus auf Kinder an Mittelschulen) zum Thema Homophobie und LGBT-Rechte arbeiten oder arbeiten möchten, im Ziele, der Diskriminierung und Gewalt an Schulen vorzubeugen.


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DIE LGBT-STATISTIK IN SERBIEN

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n Serbien ist der Irrtum verbreitet, die LGBT-Gemeinschaft genieße dieselben Rechte wie der Rest der Bevölkerung, was jedoch nicht stimmt. Unser Land verfügt über ein Antidiskriminierungsgesetz sowie über andere Gesetze zum Schutz der Rechte von LGBT-Personen, die durchaus gut formuliert sind. Jedoch ist in jeder Gesellschaft die Umsetzung der Gesetze von ausschlaggebender Bedeutung, damit sie ihren Zweck auch erfüllen können. Es bedarf also eines Gesellschaftsklimas, das die Umsetzung der Gesetze begünstigt und somit jedem/r Einzelnen Vertrauen in die Institutionen vermittelt. Im Zeitraum zwischen 2012 und 2015 wurden in Serbien 40 körperliche und 30 verbale Angriffe auf LGBT-Personen bei der Polizei gemeldet. Diese nicht geringe Anzahl von Gewaltfällen gegen LGBT-Personen ist mit Vorsicht aufzunehmen, denn ForscherInnen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, warnen davor, dass LGBT-Personen lediglich 10% derartiger Fälle anzeigen, und zwar aus Angst vor der polizeilichen Reaktion oder wegen der Befürchtung, dass eine Anzeige zur Bekanntgabe ihrer sexuellen Orientierung führen würde. Erwähntes Gesellschaftsklima in unserem Land weist auf einen sehr hohen Grad an Stigmatisierung von LGBT-Personen hin. Die jüngste Umfrage der öffentlichen Meinung an einer repräsentativen Stichprobe


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der Bevölkerung auf Ebene der Republik Serbien, durchgeführt von der Gay Straight Alliance (GSA) und dem Zentrum für freie Wahlen und Demokratie (CESID) (2010), hat gezeigt, dass 67% der EinwohnerInnen Serbiens Homosexualität als Krankheit sehen, sowie dass sich 50% der BürgerInnen Serbiens niemals damit abfinden könnten, dass jemand von ihren Nächsten der LGBT-Gruppe angehört. Im Laufe des Jahres 2014 wurde eine Ausforschung zum Thema „Wahrnehmung der Öffentlichkeit in Serbien über die Menschenrechte der LGBTTIQ-BürgerInnen“ durchgeführt, die zeigte, dass lediglich 10% der Befragten eine LGBT-Person kennen und lediglich 6% der Befragten der Meinung ist, LGBT-Personen seien in Serbien der größten Diskriminierung ausgesetzt. Aus dem regulären Jahresbericht des Gleichstellungsbeauftragten für 2016 ist zu erfahren, dass die soziale Distanz in Serbien gegenüber Angehörigen der LGBT-Bevölkerung am stärksten ausgeprägt ist. Ein Viertel der Befragten (27%) wollen keine Angehörigen der LGBT-Bevölkerung als ArbeitskollegInnen haben, ein Drittel (34%) möchte mit ihnen nicht befreundet sein, die Hälfte (47%) möchte keine LGBT-Personen als ErzieherInnen ihrer Kinder, während 63% der Befragten etwas dagegen hätten, wenn sie selbst oder ihre Kinder mit einer LBGT-Person verheiratet wären. Die Diskriminierung und Gewalt gegen LGBT-Personen belaufen sich nicht nur auf physische Angriffe, nach welchen die LGBT-Personen wegen Körperverletzung krankenhausreif sind. Diskriminierung und Gewalt gegen LGBT-Personen sind auch dann zu erkennen, wenn LGBT-Personen aus Angst, von Menschen aus ihrer nächsten sozialen Umgebung verstoßen zu werden, über ihre sexuelle Orientierung schweigen, oder wenn sich LGBT-Personen fürchten, das Haus zu verlassen, oder wenn sie sich mehrere Male umschauen, bevor sie ihre/n Partner/in küssen oder überhaupt daran denken, sie/ihn bei der Hand zu nehmen, weil jemand das vielleicht für schlecht befinden würde, oder wenn LGBT-Personen Kommentare hören oder lesen wie etwa „Ich habe nichts gegen die LGBT-Bevölkerung, aber wieso müssen sei sich in der Öffentlichkeit so aufführen“ oder „Die sollten an alle in die Luft jagen, auslöschen, einsperren, behandeln lassen usw.“.


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DIE LGBT-STATISTIK IN KROATIEN ie bislang größte Ausforschung unter LGBTIQ-Personen in Kroatien wurde im Frühjahr und Sommer 2013 in Zusammenarbeit der Zagreb Pride mit dem Lesbenverband aus Rijeka LORI und Queer Sport Split durchgeführt. Die Umfrage wurde in drei kroatischen Städten, Zagreb, Split und Rijeka, und unter Teilnahme von insgesamt 690 Menschen umgesetzt. Das Hauptziel der Ausforschung war es, ein Licht auf die Erfahrungen der Befragten mit Diskriminierung und Hassverbrechen aufgrund von ihrer sexuellen Orientierung, ihrer biologischen oder sozialen Geschlechtsidentität und/oder Geschlechtsbekenntnis zu werfen und zu erläutern, wie offen die Befragten in ihrem Umfeld mit ihrer Identität umgehen, wie gut sie über ihre Rechte informiert und wie sie grundsätzlich mit den Aktivitäten der LGBTIQ-Gemeinschaft zufrieden und an ihnen beteiligt sind, sowie ihre Erfahrungen und Bedürfnisse betreffend ihr Familienleben zu hören. Die Ergebnisse der Ausforschung zeigen, dass seit dem Jahr 2006 sogar 73,6% der Befragten eine Form von Gewalt wegen ihrer sexuellen Orientierung, ihrer biologischen oder sozialen Geschlechtsidentität und/oder Geschlechtsbekenntnis erlebt haben. Dabei berichteten die Befragten am häufigsten über unterschiedliche Arten der erlebten psychischen Gewalt, es folgt sexuelle Gewalt und anschließend körperliche. Eine besorgniserregend niedrige Anzahl dieser Personen (n=53) hat die erlebte Gewalt bei der Polizei angezeigt, während eine annähernd gleiche Zahl von Menschen (n=58) die Gewalt bei einem der Verbände zum Schutz der Rechte von LGBTIQ-Personen gemeldet haben. Wenn von Diskriminierung die Rede ist, so haben die meisten Befragten (29%)

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ein oder mehrere Male Diskriminierung in der Familie erlebt, der Häufigkeit nach folgt Diskriminierung „im Bereich Gastgewerbe und sonstige Dienstleistungen“ (26,5%). Zugleich lässt sich aus den erhaltenen Ergebnissen schließen, dass die LGBTIQ-Personen in Kroatien heutzutage offener zu ihrer Identität stehen. Sogar 64,1% der Befragten geben an, ihre Mütter wüssten von ihrer sexuellen Orientierung, bei 47,2% weiß der Vater davon, während einer sehr wertvollen Angaben nach bei 43,6% der Befragten die ArbeitskollegInnen oder MItschülerInnen/KommilitonInnen um ihre sexuelle Orientierung Bescheid wüssten. Die Prozentsätze betreffend die Offenheit über Geschlechtsbekenntnis und biologische und sozialen Geschlechtsidentität liegen noch höher. Ebenfalls passen sich 70% der Befragten nie oder selten in ihrem Verhalten Orten an, die gegenüber LGBTIQ-Personen nicht offen sind. Die Antworten auf Fragen über das Familienleben zeigen, dass sogar 53,43% der Befragten ihre Beziehung als Lebenspartnerschaft standesamtlich eintragen lassen möchte, 35,15% beabsichtigen, Kinder zu haben, während 5,09% beziehungsweise 35 Personen bereits eigene Kinder haben. Bislang haben 50,81% der Befragten an einer der veranstalteten Pride Parades teilgenommen, während auf die Frage „Unterstützen Sie die Veranstaltung der Pride Parade in Kroatien?“ die Mehrheit der Befragten für die Pride Parade war, sodass auf der eingesetzten Skala von 1 bis 7 ein Mittelwert von M=6,03 das Ergebnis war. Die Mehrheit der Befragten besucht Orte in Kroatien mit LGBTIQ-Wiedererkennungswert, beziehungsweise lediglich 39 Personen gaben an, dies nie zu tun. Von unterschiedlichen Dienstleistungen erfolgt die Nutzung von Web-Inhalten als häufigste, da diese von 74,7% der Befragten häufig oder gelegentlich in Anspruch genommen werden, gefolgt von Orten des Beisammenseins, die von 72,6% der Personen gelegentlich oder häufig aufgesucht werden. Die Kenntnisse über die relevanten Gesetze sind auf besorgniserregend schlechtem Niveau, wonach 19,71% der Befragten angaben, gar nicht mit den Bestimmungen des Gesetzes über Diskriminierungsbekämpfung vertraut zu sein, während 29,39% die Bestimmungen des Strafgesetzes betreffend LGBTIQ-Personen überhaupt nicht kannten. Die Ergebnisse dieser Ausforschung sind bei der Planung künftiger Arbeit an der Verbesserung der Lage von LGBTIQ-Personen in Kroatien und der Minderung von Gewalt und Diskriminierung zu berücksichtigen, und zwar vorwiegend durch die Gewährleistung einer zufriedenstellenden Anwendung der vorhandenen Gesetze, wie auch bei der Stärkung der Vertrauens der LGBTIQ-Personen in die Polizei und/oder die Justiz, damit Gewalt und Diskriminierung auch häufiger zur Anzeige gebracht werden.


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DIE LGBT-STATISTIK IN BOSNIEN UND HERZEGOWINA ine Umfrage der öffentlichen Meinung in BuH zum Thema Homophobie wurde im Mai 2013 an einer repräsentativen Stichprobe von 1010 Befragten durchgeführt, mit dem Vorsatz, das Ausmaß an Homophobie in der Gesellschaft in BuH auszuforschen. Die Ziele der Ausforschung sind erfahrungstechnischer und pragmatischer Natur, denn neben der Einsicht in die Allgemeinstruktur der untersuchten Erscheinung und ihrer Erörterung biete sich auch die Möglichkeit für unterschiedliche Aktivitäten zu Zwecken der Minderung der Homophobie in der Gesellschaft. Die Hauptergebnisse der Ausforschung weisen grundsätzlich darauf hin, dass die Allgemeinbevölkerung nur sehr wenig gegenüber LGBT-Personensensibilisiert ist – nur eine geringe Anzahl ist sich der Probleme, denen sich diese Bevölkerungsgruppe gegenübergestellt sieht, bewusst oder mit der gesetzlichen Regelung dieses Bereichs vertraut. Jedoch sind auch Ansätze einer Toleranz zu erkennen, denn mehr als 90% der befragten würden keine körperliche oder verbale Gewalt gegenüber dieser Gruppe anwenden, währen 60% nicht passiv zusehen, beziehungsweise dem Gewaltopfer helfen

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würden. Was die soziale Distanz betrifft, so sind die Ergebnisse in gewisser Weise im Zweispalt, jedoch ist der Grad an Ablehnung sozialer Umgangsformen – nachbarschaftlicher, geschäftlicher und freundschaftlicher Beziehungen – doch höher als ihre Akzeptanz. Die Ausforschung hat gezeigt, dass LGBT-Personen im Freundeskreis am wenigsten akzeptiert/akzeptabel sind, danach als Vorgesetzte am Arbeitsplatz, gefolgt von ArbeitskollegInnen und letzten Endes als Nachbarn. Obwohl auf der Skala der sozialen Distanz nachbarschaftliche Beziehungen als sozial enger gesehen werden als Beziehungen am Arbeitsplatz, sodass bei einer in der Gesellschaft verstoßenen Gruppe da auch ein größeres Maß an sozialer Distanz herrscht, war das bei unserer Umfrage nicht der Fall. Das ist wahrscheinlich eine Folge dessen, dass sich nachbarschaftliche Beziehungen teils vermeiden lassen, während Beziehungen am Arbeitsplatz einen täglichen Austausch unter der Arbeitswoche und eine eigene Kollegialitätsethik voraussetzen. Freundschaftliche Beziehungen, in welche man die ganze Persönlichkeit investiert, sind unter unseren Befragten am wenigstens akzeptiert/akzeptabel. Familienverhältnisse unter Einbezug des Themas sexuelle Identität wurden aus Sicht der Wechselwirkung zwischen Eltern und Kindern als einer nachhaltigen, emotionalen, inhaltsträchtigen und lebenslangen Beziehung, untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Eltern versuchen würden, durch unterschiedliche Methoden den Verstoß von LGBTThemen aus ihrem Familienumfeld ins Gleichgewicht zu bringen und zugleich den Kontakt mit ihrem sexuell anders orientierten Kind zu wahren – am häufigsten durch Überzeugungskünste, danach durch Akzeptanz und Unterstützung und letztlich auch mit Schlägen. Wenn von Coming-out, d.i. von dem öffentlichen Ausleben einer anderen sexuellen Orientierung, die Rede ist, weisen über die Hälfte der erhaltenen Antworten auf Ablehnung hin. Das bezieht sich vor allem auf das Küssen in der Öffentlichkeit, was für die Mehrheit der Befragten inakzeptabel ist, während etwa eine Geschlechtsumwandlung weniger inakzeptabel ist (für insgesamt 59,5% der Befragten), wahrscheinlich weil es sich um etwas handelt, das „zwischen vier Wänden“ bleibt (in diesem Fall zwischen den vier Wänden eines Operationssaals). Betreffend die Pride Parade kam man jedoch zu hochinteressanten Ergebnissen. Obwohl in der Gesellschaft ein falsches Bild geschaffen wurde, dass faktisch alle BürgerInnen von BuH gegen diese Veranstaltung seien und sie als Provokation sähen, waren unsere Befragten geteilter Meinung, was wohl auch die ideologischen und anderen Polarisierungsfaktoren in der Gesellschaft widerspiegelt. Ermutigend ist die Tatsache dass 65,7% der Befragten der Ansicht sind, homosexuelle Menschen sollten genauso wie alle anderen BürgerInnen behandelt werden, jedoch mit Vermerk, dass es sich hierbei um eine Toleranz auf abstrakter Ebene handelt und nicht im Kontext eines etwaigen konkreten sozialen Kontakts, wie es der Fall war, als der Grad der sozialen Distanz untersucht wurde.


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GEWALT UNTER GLEICHALTRIGEN AUFGRUND VON SEXUELLER ORIENTIERUNG tatistische Daten über das Problem der Gewalt unter Gleichaltrigen aufgrund von sexueller Orientierung und/oder Geschlechtsidentität in Serbien Die Ergebnisse der in unserem Land durchgeführten Ausforschungen weisen darauf hin, dass eines der ausschlaggebenden Probleme, welches weiterer Arbeit bedarf, der Schutz von LGBT-Jugendlichen im Mittelschulalter vor Gewalt und Diskriminierung seitens Gleichaltriger ist. Die zwischen 2006 und 2016 in unserem Land, vorwiegend an Belgrader Mittelschulen, durchgeführten Untersuchungen ergaben Folgendes:

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- jede/r fünfte Befragte bestreitet das Lebensrecht von Homosexuellen und meint, sie sollten asugerottet werden;


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- 47% der Mittelschulkinder sind der Meinung, dass ihre gleichaltrigen LGBT-SchülerInnen Gewalt ausgesetzt sind; - 80% der MittelschülerInnen unterstützen Diskriminierung gegen LGBT-Personen, die Hälfte möchte keine enge Freundschaft zu LGBT-Personen, während 35% keine LGBT- Person in ihrer Nachbarschaft wollen; - 2/3 aller Jungen sind der Meinung, dass homosexuell orientierten Menschen körperliche Gewalt gebührt. Andere Ausforschungen weisen auf ähnliche Resultate hin; - 75‒85% der jungen Männer sind der Ansicht, es ein „in Ordnung, einen Homosexuellen, der mich anflirtet, zu schlagen“. Es ist offensichtlich, dass ein großer Prozentsatz der MittelschülerInnen in Serbien über viele Jahre hinweg Gewalt gegenüber LGBT-SchülerInnen auch weiterhin toleriert und diese als weniger schlimm sieht als Gewalt gegenüber anderen Menschen.


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STEREOTYPE UND VORURTEILE

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ie Wurzel der Gewalt und Diskriminierung liegt in den STEREOTYPEN UND VORURTEILEN über LGBT-Personen. Zunächst gilt es, die Begrifft STEREOTYP und VORURTEIL zu klären.

STEREOTYPE sind vereinfachte Voraussetzungen, Urteile, Überzeugungen und Meinungen, dass alle Angehörigen einer bestimmten Gruppe ähnliche Eigenschaften ohne Unterschied aufweisen, sodass etwa alle Deutschen penibel, alle Juden geizig, alle Frauen sanftmütig, alle Männer die besseren Köche als Frauen seien… WIE ENTSTEHEN SIE? Stereotype entstehen aus mangelndem Wissen und Informationen über die Person, welcher aufgrund von ihrer Zugehörigkeit zu einer gewissen Gruppe bestimmte Eigenschaften zugewiesen werden. Wenn sie einmal da sind, lassen sich Stereotype nur schwer ändern. Wir übernehmen unsere Einstellungen gegenüber anderen Menschen oft unbewusst. Sie sind von frühester Jugend an beeinflusst von den Haltungen unserer nächsten Angehörigen, danach auch von denen aus unserem Umfeld. Negative Stereotype führen letzten Endes zu Vorurteilen.


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VORURTEILE sind negative Überzeugungen und Einstellungen gegenüber Menschen, Gruppen oder Erscheinungen. Sie entstehe häufig bereits vor dem unmittelbaren Kontakt mit der jeweiligen Person, Gruppe oder Erscheinung. Charakteristik für Vorurteile ist ein starker emotionaler Aspekt, meistens negativ geprägt (Abneigung, Intoleranz, Hass). ÜBUNG Alles, was ich jemals gehört habe über… Lesbische Frauen Homosexuelle Bisexuelle Menschen Transgender/Transsexuelle (geschrieben wird auf Flip-Chart-Tafeln) DIE HÄUFIGSTEN STEREOTYPE ÜBER LGBT-MENSCHEN 1. Homosexualität ist eine Krankheit. FALSCH. Um es zu widerholen, LGBT zu sein ist weder eine Geisteskrankheit noch bedarf es medizinischer Behandlung. Das ist eine wissenschaftliche Tatsache und die Haltung der größten Autoritäten im Bereich Gesundheitswesen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat diese Haltung 1990 beschlossen, und der Serbische Ärztebund 2008 aufgenommen. Nach jahrzehntelangen Ausforschungen, umgesetzt von den offiziellen Gesundheitsverbänden weltweit, kamen PsychologInnen, PsychiaterInnen, KinderärztInnen und andere ExpertInnen im Bereich geistige Gesundheit zum Schluss, dass sowohl die heterosexuelle als auch die homosexuelle Orientierung normale Aspekte der menschlichen Sexualität sind. Die einzige „Behandlung“ beim Erkennen der Homosexualität ist laut PsychiaterInnen die Vorbereitung sowohl der homosexuellen Person selbst als auch ihrer näheren und weiteren Umgebung darauf, diese Tatsache zu akzeptieren. 2. Homosexualität ist bei Menschen sehr selten vertreten oder Homosexualität ist nun häufiger als früher. FALSCH. Zahlreiche Ausforschungen weisen darauf hin, dass der Prozentsatz von LGBT-Personen durch die Geschichte hindurch konstant ist und LGBT-Personen 5-10% der Gesamtbevölkerung ausmachen, und zwar in allen Teilen der Welt, ungeachtet von Kultur, Religion, Rasse oder gesellschaftlichem oder wirtschaftlichem Hintergrund. Heutzutage sind LGBT-Menschen lediglich wegen ihres Kampfes um ihre Menschenrechte sichtbar. LGBT-Personen sind unsere LehrerInnen, Gleichaltrigen, Bekannten und NachbarInnen. Wir alle kennen zahlreiche LGBT-Menschen, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. 3. Homosexualität wird wie eine ansteckende Krankheit übertragen. FALSCH.


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Homosexualität kann nicht, genauso wenig wie Heterosexualität, von einer Person auf die andere übertragen werden. 4. Homosexualität ist unnatürlich. FALSCH. Homosexualität ist sowohl aus der Tierwelt bekannt, wo sie bei 1.500 Tierarten vermerkt und bei 500 wissenschaftliche bestätigt ist, wie auch aus jeder bekannten menschlichen Kultur und aus jeder historischen Zeitspanne. 5. Die Homosexualität ist aus dem Westen gekommen, um Serben zu vernichten, das gibt es bei uns nicht. FALSCH. Die Homosexualität ist eine Varietät der menschlichen Sexualität und es gab sie und gibt sie auch heute in allen Teilen der Welt. Wie ebenfalls bereits gesagt wurde, machen LGBT-Personen 5% bis 10% der Gesamtbevölkerung aus, und dieser Prozentsatz ist in allen Kulturen konstant, unabhängig von den unterschiedlichen moralischen Werten, der Tradition und der Normen und Standards der jeweiligen Kultur. Es gibt keinen Grund, wieso sich Serbien in dieser Angelegenheit vom Rest der Welt unterscheiden würde. Es wird davon ausgegangen, dass die sexuelle Orientierung durch ein komplexes Zwischenspiel der Faktoren Genetik, Hormone und Umgebung bestimmt wird. Keiner dieser Faktoren ist allein verantwortlich für die Ausprägung der sexuellen Orientierung. Psychologische und soziale Einflüsse allein können keine Homosexualität verursachen. Einfacher gesagt heißt das, dass die Wissenschaft immer noch keine endgültige Antwort auf die Frage, wieso jemand LGBT oder hetero ist, zu geben weiß, aber es ist sehr klar zu betonen, dass weder die Eltern noch die Gesellschaft oder die Medien einen Einfluss darauf haben, ob jemand LGBT oder hetero wird. 6. Homosexualität ist eine Sache der Wahl. FALSCH. Es wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt und viele Theorien darüber präsentiert, ob man lesbisch, homosexuell, bisexuell oder transsexuell geboren wird oder sich das durch die persönlichen Erfahrungen eines Menschen, durch Erziehung oder unter jemandes Einfluss entwickelt. Die Ergebnisse all dieser Ausforschungen weisen eindeutig auf lediglich zwei Dinge hin: die sexuelle Orientierung ist nicht eine Sache der Wahl und sie kann sich nicht ändern. Wir alle werden uns unserer sexuellen Orientierung im Laufe des Entwicklungsprozesses bewusst, das ist nicht etwas, was man plötzlich von sich erkennt. Was man wählen kann, ist ob man sich in Einklang mit der einen sexuellen Orientierung, beziehungsweise mit den eigenen Gefühlen, verhalten will oder nicht. Letzten Endes, wenn man heterosexuell ist und meint, die gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierung sei eine Sache der Wahl, ist man dann ebenfalls der Meinung, dass auch die Heterosexualität eine Sache der Wahl ist? Wann habt Ihr also die eigene sexuelle Orientierung gewählt?


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7. Homosexualität ist dasselbe wie Pädophilie. FALSCH. Laut der internationalen Klassifikation der Krankheiten (F65.4) ist die Pädophilie als sexuelle Neigung zu männlichen, weiblichen oder Kindern beider Geschlechter im präpubertären Alter oder in der frühen Pubertät definiert. Die statistischen Daten der Kriminalbehörden weltweit wie auch in unserem Land weisen darauf hin, dass es sich bei Kinderschändern meist um erwachsene heterosexuelle Männer handelt. 8. An meiner Schule/Uni, in meiner Nachbarschaft/Stadt gibt es keine lesbischen, homosexuellen, bisexuellen oder transsexuellen SchülerInnen oder ich habe niemals eine/n LGBT-Schüler/in kennen gelernt. FALSCH. Wenn man weiß, dass LGBT-Personen 5% bis 10% der Gesamtbevölkerung ausmachen, und eine einfache Rechenaufgabe löst, ist das Ergebnis, dass jede zehnte oder zwanzigste Person an Eurer Schule lesbisch, homosexuell, bisexuell oder transsexuell ist. Man braucht sich nicht im Detail auf Mathematik einzulassen, um behaupten zu können, dass Ihr sicherlich eine Vielzahl von LGBT-Personen kennt, ohne das eigentlich zu wissen, da LGBT-Personen ihre sexuelle Orientierung meistens nicht offen mitteilen, denn sie leben in Angst vor negativen Reaktionen aus ihrer nächsten sozialen Umgebung und sind täglich Vorurteilen, Diskriminierung und Gewalt aus der Gesellschaft ausgesetzt, bloß weil sie LGBT sind. 9. Verbände für LGBT-Menschenrechte wollen ihre Propaganda auch an Schule verbreiten und so die SchülerInnen bekehren, damit sie lesbisch, homosexuell, bisexuell oder transsexuell werden. FALSCH. Es gab und wird Versuche der AktivistInnen für LGBT-Menschenrechte geben, SchülerInnen an Schulen zum Thema Lage und Lebensumstände von LGBT-Personen zu bilden. Diese Broschüre ist ebenfalls solch ein Versuch. An dieser Stelle gilt es, zwei Dinge zu unterstreichen. Das Ziel der Arbeit mit Jugendlichen im Mittelschulalter ist, dass sie lernen, nicht gegen ihre LGBT-Gleichaltrigen zu diskriminieren oder gewalttätig zu sein, wie auch dass sie verstehen lernen, dass ihre LGBT-Gleichaltrigen auch außerhalb der Schule täglich verbaler und körperlicher Gewalt ausgesetzt sind, sich einsam und eingeschüchtert fühlen und viele von ihnen selbstmordgefährdet sind. Das Ziel der Arbeit mit Jugendlichen im Mittelschulalter ist nicht, irgendjemanden zu einer gleichgeschlechtlichen sexuellen Orientierung zu bekehren, genauso wie es auch nicht möglich ist, jemanden lesbisch, homosexuell, bisexuell oder transsexuell zu machen, selbst wenn man oder sie/er wollte. 10. Wenn man im Rahmen des Unterrichtkurrikulums über Homosexualität spricht, steigert das die Wahrscheinlichkeit, dass eine/r von den SchülerInnen LGBT wird. FALSCH. Ein offenes Gespräch über Homosexualität im Laufe des Unterrichtkurrikulums zu diesem Thema ist von ausschlaggebender Bedeutung für LGBT-SchülerInnen im Sinne


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einer Anerkennung derer Existenz und der Schaffung eines Umfelds an der Schule, das als weniger gefährlich wahrgenommen wird sofern diese Frage thematisiert werden. Neben dem kann das Thematisieren der Homosexualität zur Hinterfragung der Richtigkeit von Stereotypen und Vorurteilen über die LGBT-Bevölkerung und ihre Abtrünnigkeit führen, wie auch dazu, dass die SchülerInnen mit diesem Bereich besser vertrauet werden und Differenzen zu respektieren lernen. Mehr Kenntnis über LGBTPersonen hat mit Sicherheit keinen Einfluss auf die sexuelle Orientierung von Heterosexuellen unabhängig von ihrem Alter. 11. Wenn ich mich mit einer lesbischen, homosexuellen, bisexuellen oder transsexuellen Person anfreunde, kann das für mich gefährlich werden. FALSCH. Es soll nochmals gesagt sein, dass sich keine sexuelle Orientierung von einer Person auf die andere übertragen lässt und dass sich niemand dazu bekehren lässt, lesbisch, homosexuell, bisexuell oder transsexuell zu werden, selbst wenn man oder er/sie wollte. Zudem ist auch anzumerken, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass Ihr Eurem neuen Freund oder Eurer neuen Freundin gefallen oder sie mit Euch flirten würden. Gemeinsam schafft und pflegt ihr ein positives freundschaftliches Verhältnis. Sicher knüpft Ihr selbst auch nicht mit all Euren Freunden und Freundinne diese Freundschaften aufgrund von Gefallen und Anbaggern. Und sollte das letzten Endes doch geschehen, ist es mehr als in Ordnung, jemanden, der Euch nicht gefällt, abzuweisen. RICHTIG. Ausforschungen haben gezeigt, dass auch SchülerInnen mit lesbischen, homosexuellen, bisexuellen oder transsexuellen Geschwistern zu Opfern von Gewalt unter Gleichaltrigen wegen sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität werden können. Trotzdem gilt es nicht zu vergessen, dass man hierbei Angehörige/r der mehrheitlichen Gruppe an der Schule ist und aus dieser Lage auf Augenhöhe mit den heterosexuellen MitschülerInnen sprechen kann, beziehungsweise gleich stark wie sie ist. 12. Alle LGBT-Personen sind daran, wie sie sich verhalten oder kleiden, auf den ersten Blick zu erkennen oder alle LGBT-Personen sehen so aus, dass die homosexuellen Männer sich wie Frauen verhalten und lesbische Frauen maskulin sind und kurze Haare haben. FALSCH. Wer solche stereotypen Voraussetzungen hegt, wird wohl falsch liegen. Nur ein geringer Prozentsatz der LGBT-Personen legt solche stereotypen Eigenschaften betreffend ihr Verhalten oder Kleidung an den Tag. Ähnlich wie bei der heterosexuellen Bevölkerung sind die individuellen Unterschiede zahlreich. LGBT-Personen sehen meist aus wie alle anderen auch und die meisten Leute würde aufgrund vom äußeren Erscheinungsbild wie etwa Verhalten, Kleidung oder Aussehen niemals darauf kommen, dass jemand lesbisch, homosexuell, bisexuell oder transsexuell ist. Hier ist es wichtig, zwei Tatsachen zu betonen. LGBT-Personen versuchen sehr häufig aus Angst davor, von ihrem nächsten sozialen Umfeld verstoßen zu werden, oder aus Angst vor Gewalt, ihre sexuelle Orientierung, beziehungsweise ihre Geschlechtsiden-


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tität zu verstecken, indem sie sich den heteronormativen Erwartungen anpassen und versuchen, sich „normal“ zu verhalten und auszusehen. Der einzig sichere Weg, um jemandes sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität zu kennen, ist dass diese Person sie uns direkt mitteilt. 13. LGBT-Personen sind promiskuitiv oder LGBT-Personen denken bloß an Sex. FALSCH. Die Promiskuität ist eine Art des sexuellen Verhaltes, welche dadurch charakterisiert ist, dass es unmöglich ist, die eigenen sexuellen Bedürfnisse in der Beziehung mit einem/r festen Partner/in zu befriedigen. Dieses Verhalten steht nicht mit der sexuellen Orientierung in Verbindung, sondern mit Wertnormen und Einstellungen. LGBT-Personen sind nicht promiskuitiver als heterosexuelle Menschen. 14. In gleichgeschlechtlichen Beziehungen ist ein/e Partner/in immer „der Mann“ und der/die andere „die Frau“. FALSCH. Obwohl das traditionelle Modell der heterosexuellen Beziehung das einzige Modell ist, aufgrund von welchem junge LGBT-Menschen ihre Beziehungen einrichten könnten, übernehmen die PartnerInnen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen meistens keine männlichen und weiblichen Geschlechterrollen. Es gibt Ausforschungen, die auf eine größere Gleichstellung und symmetrischere Aufgabenverteilung zwischen den PartnerInnen in LGBT-Beziehungen im Vergleich zu heterosexuellen Beziehungen hinweisen, wo die Frauen etwa immer noch wesentlich mehr Hausarbeit machen. 15. Wenn jemand bisexuell ist, hat er/sie mehrere PartnerInnen gleichzeitig. FALSCH. Zur Erinnerung, jemand ist bisexuell, falls er/sie sich emotional, körperlich und romantisch zu Personen des gleichen und des anderen Geschlechts hingezogen fühlt. Diese Definition setzt nicht voraus, dass bisexuelle Menschen die Fähigkeit haben, sich von mehreren Menschen gleichzeitig angezogen zu fühlen. Dass sich Bisexuelle von beiden Geschlechtern angezogen fühlen, erhöht lediglich die Zahl der potenziellen PartnerInnen, nicht jedoch die Wahrscheinlichkeit einer physischen oder emotionalen Verbindung zu jemandem. 16. LGBT-Personen wollen keine Partnerschaften oder die Beziehungen von LGBT-Personen sind weder glücklich noch stabil oder funktionell. FALSCH. Ausforschungen zeigen, dass die meisten LGBT-Personen in Beziehungen treten und dass viele dieser Partnerschaften langfristig sind, wie auch dass die Faktoren, welche die Gefühle von Zufriedenheit, Hingabe und Stabilität in einer Beziehung ausmachen bei homosexuellen und heterosexuellen Paaren sehr ähnlich sind. Es kann gesagt werden, dass im emotionalen und psychologischen Sinn lesbische und schwule Beziehungen genau gleich sind wie heterosexuelle. Was hier als ausschlaggebend zu betonen ist, ist dass die Sichtbarkeit der heterosexuellen Beziehungen stets vorausgesetzt wird, während die Sichtbarkeit der LGBT-


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Beziehungen das Privileg nur weniger Paare ist. Die starke soziale Stigmatisierung von LGBT-Personen führt dazu, dass LGBT-Beziehungen in der Öffentlichkeit nicht sichtbar sind. Ebenfalls hat eine große Anzahl von LGBT-Personen ihre sexuelle Orientierung ihren Familien und Freunden nicht offenbart, weswegen auch ihre Beziehungen in ihrem nahen sozialen Umfeld unsichtbar und nicht präsent bleiben. In LGBT-Beziehungen fehlen häufig ein gemeinsamer Freundeskreis und soziale Unterstützung, die zur Pflege und langzeitigem Erhalt der Beziehung beitragen könnten. 17. LGBT-Paaren sollte es nicht möglich sein, Kinder zu adoptieren, oder Kinder, die von LGBT-Eltern großgezogen wären, würden auch selbst homosexuell werden, oder Kinder, die von LGBT-Eltern großgezogen wären, hätten später Entwicklungsstörungen. FALSCH. In Serbien und weltweit sind sozusagen alle LGBT-Menschen in heterosexuellen Familien aufgewachsen. International umgesetzte Studien aus Ländern, von LGBT-Ehen oder -Partnerschaften gesetzlich anerkannt sind, zeigen, dass es in Familien, wo die Kinder von LGBT-Eltern großgezogen wurden, nicht mehr LGBT-Kinder gibt als in Familien, wo die Kinder von heterosexuellen Eltern erzogen wurden. Die Ausforschungen haben ebenfalls gezeigt, dass sich die von LGBT-Eltern großgezogen Kinder nicht von Kindern mit heterosexuellen Eltern unterscheiden, sowie dass ihre Entwicklung in den maßgebenden Bereichen – Intelligenz, sozio-psychologische Anpassungsfähigkeit und Popularität unter Gleichaltrigen – gleich ist. Wichtiger als alle Forschungsergebnisse ist es zu betonen, dass das einzige, was Kindern us Familien mit LGBT-Eltern schaden könnte, die Vorurteile gegenüber LGBT-Eltern sind. VORURTEILE GEGENÜBER LGBT-PERSONEN IM KERN DER HOMOPHOBIE, IRRATIONALER ANGST ODER DES HASSES, DIE AUF EINER ANDEREN SEXUELLEN ORIENTIERUNG ALS DER HETEROSEXUELLEN UND/ODER ANDERER GESCHLECHTSIDENTITÄT ALS DER HETERONORMATIVEN BASIEREN Einer der Gründe, wieso Stereotype entstehen ist der Mangel an persönlichen Bekanntschaften mit Menschen aus der Gruppe, über die eine stereotype Meinung vorherrscht. Heterosexuelle Menschen, die wenigstens eine offen deklarierte LGBT-Person kennen, hegen weitaus weniger negative Stereotype über die LGBT-Bevölkerung.


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Photo by Sharon McCutcheon

LGBTTIQ – GRUNDBEGRIFFE

U

m LGBTTIQ-Menschen besser kennen zu lernen, ist es vielleicht am besten, zunächst die grundlegenden Begriffe im Zusammenhang mit dieser Gruppe zu klären.

BIOLOGISCHES GESCHLECHT ‒ die soziale, gesetzliche und medizinische Klassifizierung von biologischen Merkmalen aufgrund von Reproduktiven Organen und Genitalien. Hier unterscheiden sich bei Menschen nur zwei Kategorien: Männer und Frauen. SOZIALES GESCHLECHT/GENDER ‒ das subjektive Zugehörigkeitsgefühl zu einem Geschlecht. Dieses umfasst das in einer bestimmen Kultur und historischen Periode geformten Verhalten, Einstellungen, Charakterzüge (Kleidung, Betragen, Tätigkeiten, Berufswahl), die in der Öffentlichkeit den Satus einer Person als männlich oder weiblich bestimmen. BIOLOGISCHE GESCHLECHTSIDENTITÄT – das innere, persönliche Gefühl, zu einem bestimmten Geschlecht zu gehören, was sich nicht unbedingt mit dem biologischen Geschlecht der Person zu decken hat.


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SOZIALE GESCHLECHTSIDENTITÄT – das individuelle Gefühl für die Akzeptanz von Geschlechterrollen, das nicht vom Geschlecht bei der Geburt abhängt. Dies umfasst ein persönliches Konstrukt, dass der gesellschaftlich festgelegten Definition des biologischen und sozialen Geschlechts entsprechen, oder diese negieren, hinterfragen oder ändern kann. SEXUELLE ORIENTIERUNG – die Frage der emotionalen, romantischen und/oder sexuellen Anziehung zu einer anderen Person LESBE ‒ eine Frau, die sich emotional und/oder physisch vorwiegend von anderen Frauen angezogen fühlt SCHWULER – ein Mann, der sich emotional und/oder physisch vorwiegend von anderen Männern angezogen fühlt BISEXUELLE/R – Menschen, die sich emotional und erotisch von Personen desselben oder des anderen Geschlechts angezogen fühlen TRANSGENDER – eine Person, deren soziale Geschlechtsidentität und/oder ihr sozialer Geschlechtsausdruck nicht in Einklang mit den traditionellen Geschlechterrollen und Normen steht. Transsexuelle Menschen sind Menschen, deren soziale Geschlechtsidentität nicht in Einklang mit ihrem biologischen Geschlecht ist, beziehungsweise sie haben ein starkes Gefühl der psychologischen Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht. Transgender-Personen wollen ihr Geschlecht meist nicht operativ umwandeln. Transgender bezieht sich nicht auf die sexuelle Anziehungskraft sondern auf die soziale Geschlechtsidentität. TRANSSEXUALITÄT – ist eine Form des Transgender gekennzeichnet durch eine extreme Kluft zwischen der sozialen Geschlechtsidentität und dem biologischen (genetischen, gonadotropen, anatomischen) Geschlecht. Einfacher gesagt fühlen sich transsexuelle Personen des männlichen Geschlechts als Frauen, die in einem männlichen Körper gefangen sind, und die des weiblichen Geschlechts als Männer gefangen im Körper einer Frau. Bei transsexuellen Menschen besteht der kontinuierliche Bedarf nach einer hormonalen und chirurgischen Abwandlung des Körpers, wobei meisten zwei Varianten unterscheiden werden: Trans-Männer (aus dem Weiblichen ins Männliche) und Trans-Frauen (aus dem Männlichen ins Weibliche). INTERSEXUELLE/R ‒ eine Person, die mit Geschlechtsorganen und reproduktiven Organen zur Welt kommt, die nicht als eindeutig weiblich oder männlich zu definieren sind. Im Durchschnitt kommt eines von 2000 Babys mit einem intersexuellen Zustand auf die Welt.


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QUEER KVIːɐ̯ ‒ Queer wurde früher im englischen Sprachgebrauch als herabwerte Bezeichnung für Nicht-Heterosexuelle verwendet. Danach wurde der Terminus von LGBTTIQ-Personen als Selbstbezeichnung übernommen. Einigen schätzen diesen Ausdruck besonders, weil er von Trotz zeugt, Unterschiede erfasst und sich nicht nur auf Lesben und Schwule bezieht, sondern auch bisexuelle, transsexuelle und intersexuelle wie auch heterosexuelle Personen umfasst, die sich nicht in heteropatriarchalen Normen wiedererkennen oder ihr Leben außerhalb dieser Normen leben. HOMOPHOBIE ‒ Angst, Intoleranz oder Hass gegenüber sexuellen Minderheiten verinnerlichte Homophobie ‒ die Angst vor der eigenen Sexualität und/oder der Hass gegen sich selbst wegen der einen sexuellen Andersartigkeit. Sie entsteht als Folge von negativen Stereotypen aus einer beklemmenden Gemeinschaft. COMINGOUT, DAS OUTEN, SICH OUTEN ‒ die eigene andersartige (nicht heterosexuelle) sexuelle Orientierung den Freunden, Eltern oder sonst jemandem mitteilen Wieso ist das Coming-out FÜR VIELE LESBEN UND SCHWULE SO SCHWIERIG? Wegen der zahlreichen Stereotypen und Vorurteile gegenüber lesbischen und homosexuellen Menschen ist das Coming-out für sie eine große Herausforderung und kann zu seelischem Leid führen. Wenn sie sich erstmals dessen bewusst werden, dass sie sich von gleichgeschlechtlichen Personen angezogen fühlen, können sich Lesben und Schwule einsam und „anders“ fühlen. Ebenfalls können sie befürchten, von der Familie, ihren Freunden, KollegInnen oder der Glaubensgemeinschaft verstoßen zu werden. Zudem sind Lesben und Schwule auch sehr häufig Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt. Wenn man immer noch mit Schuldgefühlen im Zusammenhang mit der einen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität zu kämpfen hat, ist es besser, mit dem Coming-out noch etwas abzuwarten. Das Coming-out fordert viel Kraft und Mut, weswegen es notwendig ist, sich mit der eigenen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität gut zu fühlen. FRAGEN AN UNS ALLE • Welche Sprache und Ausdrücke gebrauchen wir im Alltag – bei der Arbeit, in der Schule, an der Uni? • Ist die Frage des Rechts auf sexuelle Orientierung in unsere Arbeit eingeschlossen, und falls ja, wie? • Kennen wir homosexuelle oder lesbische Menschen? Wie machen diese einen Teil unseres Lebens aus? • WAS FÜR EIN BEISPIEL GEBEN WIR UNSEREN KINDERN?


Workshops



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Konfliktverständnis Die Ziele des Workshops sind: - den Unterschied zwischen Konflikt und Gewalt verstehen lernen - Konfliktanalyse - die Möglichkeit eröffnen, Konflikte als Signal und Chance für Veränderungen zu sehen - Unverständnis von wichtigen Faktoren, die zur Konfliktentfaltung beitragen Die Hauptfragen - Was für Arten des Konfliktverständnisses gibt es? - Wie ist die Verbindung zwischen Konflikt und Gewalt? - Welche Verhaltensmodelle sind in Konflikten zu erkennen? - Was trägt alles zu einem Konflikt bei, weshalb entsteht er? - Welche gewohnten Rollen der Konfliktparteien sind zu erkennen? - Was gefällt mir an meinem eigenen Verhalten bei Konflikten nicht und wie kann ich das ändern? Brainstorming: Konflikte (Assoziationen)

Barometer Die TeilnehmerInnen verteilen sich nach gelesenen Aussagen auf dem Barometer mit den Polen „einverstanden“ und „nicht einverstanden“ mit der Aussage. Nach der Aufstellung haben alle die Gelegenheit, zu begründen, wieso sie sich dorthin gestellt haben, ohne aber die Haltungen und Aussagen der anderen zu kommentieren. Aussagen: Konflikte sind schlecht. Bei entgegengesetzten Interessen kann der Konflikt nicht gelöst werden. Die Lösung eines Konflikts hängt von der Macht ab. Auch das Opfer ist für den Konflikt mitverantwortlich. Brainstorming: Konflikte entstehen wegen… Brainstorming: Welche Arten von Verhalten gibt es bei Konflikten?

Das Leben auf der Insel Die TeilnehmerInnen werden in kleine Gruppen aufgeteilt. Es wird ihnen erklärt, sie be-


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fänden sich auf einer einsamen Insel ohne Möglichkeit, diese zu verlassen. Um ihr Zusammenleben einzurichten, müssen sie sich über ein gemeinsames System von Regeln einigen und dieses einführen. Jeder Gruppe hat 10 Minuten, um sich über ihre Regeln zu einigen, danach werden diese allen im Plenum vorgestellt. Im nächsten Schritt wird um eine/n Freiwilligen aus jeder Gruppe gebeten. Die Freiwilligen werden aus dem Raum geführt und informiert, dass jede/r von ihnen auf eine andere Insel geschickt werden wird, mit der Anweisung, sich gleich nach Ankunft entgegen den auf dieser Insel geltenden Lebensregeln zu verhalten und zu versuchen, sie zu ändern oder zu boykottieren. Nachdem die „Neuankömmlinge“ 10 Minuten auf ihren neuen Inseln verbracht haben, wird die Übung beenden und ausgewertet. Auswertungsfragen: Wie ging die Gruppe mit dem entstandenen Konflikt um? Wie fühlten sich die „Neuankömmlinge“ in ihrer Rolle als diejenige, die die Regeln brechen, und wie die „Einheimischen“ als es zur Missachtung ihrer Regeln kam? Wer fand sich in der Rolle des Opfers und wer in der Rolle des Gewalttäters? Wie ist das mit dem wahren Leben in Verbindung zu bringen?


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Gewalt Die Ziele des Workshops sind: - den Begriff der Gewalt in der Gesellschaft zu erörtern - das Bewusstsein über die unterschiedlichen Verständnisse von Gewalt zu bilden - Fragen über die Verantwortung für die Gewalt in der Gesellschaft zu öffnen Die Hauptfragen: - Welche Arten von Gewalt gibt es? - Wer ist für die Gewalt in der Gesellschaft verantwortlich? - Welche Rollen gibt es in Gewaltsituationen? - Wie reagieren wir auf Gewalt in der Gesellschaft? Brainstorming: Gewalt (Assoziationen) Die TeilnehmerInnen tragen zunächst ihre Assoziationen zu Gewalt ein.

Barometer: Gewalt Auf dem Boden sind Blätter Papier mit den unten angeführten Aussagen ausgelegt. Jede/r Teilnehmer/in nimmt sich je zwei Aussagen und verteilt sie auf des Barometer mit den Polen „ist Gewalt“ und „ist keine Gewalt“. Nachdem alle Aussagen verteilt sind, wird eine Diskussion darüber eröffnet, ob jemand eine bestimmte Aussage irgendwo anders platzieren würde, wieso und wie die anderen das sehen… Die Aussagen: - Schwuchtel - Transe - Tunte - Wer ist bei euch der Mann und wer die Frau? - keine Luschen - Ana Brnabić sollte nicht von Bevölkerungspolitik sprechen. - Schwule Männer sind für die HIV-Epidemie verantwortlich. - Trans-Frauen sind keine echten Frauen. - Ich habe das Recht, meinem/r Partner/in nicht zu sagen, dass ich Trans bin. - Prostitution sollte nicht legalisiert werden. - Ich habe homosexuelle Freunde und sie sind gegen die Pride Parade. - Ich bin gegen Homo-Ehen, weil die Ehe überholt und eine patriarchale Institution ist. - Ich möchte meinen PartnerInnen meinen HIV-Status nicht mitteilen. - Wieso müsste ich überhaupt jemandem sagen, dass ich homosexuell bin? - nur echte Männer


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- Meine Eltern haben akzeptiert, dass ich lesbisch bin, aber wir sprechen nicht über mein Liebesleben. - Du hast nur noch nicht den richtigen Mann gefunden. - Die Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren würden in der Schule ausgelacht und schikaniert werden, deshalb bin ich gegen Adoption bei Homosexuellen. - Schwule Männer sind gutaussehend, gebildet, haben Manieren und haben Sinn für die Mode. - Im Frauentennis dominieren Lesben. - Schwule Männer sollten nicht Lehrer sein. - Absichtliche Ansteckung mit HIV sollte kriminalisiert werden. - Wer in den letzten sechs Monaten Analsex hatte, kann nicht Blut spenden. - In Kanada wurden die Ausdrücke „Mutter“ und „Vater“ zu „Elternteil 1“ und „Elternteil 2“ geändert. - Leihmütter und Eizellenspenderinnen haben keinen Anspruch darauf, das Kind zu sehen und sich an seiner Erziehung zu beteiligen. - Ein Samenspender ist kein Vater. - Ist es nicht besser, Kinder schwulen Paaren zur Adoption zu geben, als dass sie im Waisenhaus aufwachsen? - Schwule Männer sind promiskuitiv. - Du könntest auch ein bisschen weiblicher sein. - Men Only Party


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- Wenn sie keine Männer mögen, wieso versuchen Lesben dann, sich wie Männer zu verhalten und zu kleiden? - Zum Workshop sind nur Frauen zugelassen. - Von allen Ausgaben für LGBT-Projekte kommen nur 20% Projekten für lesbische Frauen zu: Die Mehrheit der Mittel geht an Projekte für homosexuelle Männer. - Ich kann gläubige LGBT-Personen nicht nachvollziehen. - Schwule Männer sind in Filmen überwiegend stereotyp und feminin dargestellt. - Dragqueens sind eine Verhöhnung und Erniedrigung der Frauen. - Cis-Männer und Cis-Frauen - Trans-Frauen und Frauen können keine Dragkunst ausüben. - LGBT-AktivistInnen sind nur auf Geld aus und je schlechter die Zustände umso besser für sie. - Einige der größten Denker und Intellektuellen in der Geschichte waren homosexuell. - Homosexualität ist auch in der Natur bei über tausend Tierarten anzutreffen.

Brainstorming: Arten der Gewalt Welche Arten der Gewalt sind zu erkennen?


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Vorurteile Die Ziele des Workshops sind: - sich den eigenen sowie den Stereotypen und Vorurteilen anderer zu stellen - sich der Rolle von Vorurteilen bei der Bildung der eigenen Meinung bewusst werden Die Hauptfragen: - Woher stammen Vorurteile und Stereotype? - Wie kann man mit den eigenen Vorurteilen und denen anderer Leute umgehen? - In welcher Verbindung stehen Vorurteile mit Diskriminierung? Assoziationen Jede/r Teilnehmer/in hat 30 Sekunden Zeit, um die ersten paar Assoziationen zu den vorgegebenen Themen aufzuschreiben. Nach jedem Thema werden die mit Assoziationen beschriebenen Blätter an die Wandtafel befestigt… Nach der Übung gehen alle zur Wand und lesen in Stille das Geschriebene. Die Themen: Anhänger von Fußballklubs, LGBT-AktivistInnen, Bisexuelle, Transvestiten, Lesben, Balletttänzer Gewalt die Wilden Vučić Arkan Jugendliche arbeitslos falscher Patriotismus Psychos Horden des Bösen

Hooligans Ausschreitungen Gewalt homophob Dealer Lärm Nationalismus böse Faschisten Bier

Werbung Frischfleisch Leidenschaft Nostalgie Verbundenheit Masse Sport Kreativität Privilegien Grobheit

LGBT-AktivistInnen überholt geschlossener Kreis grundlegendes Unverständnis KämpferInnen für Menschenrechte Rechte Freiheit NGO Minderheit offener Weltblick

jung aktiv Verständnislosigkeit die Welt verändern Mitgefühl Versuch Schwule Feminismus Mut Bereitschaft Kreativität Glaube

Einigkeit Konflikte Eigeninteressen Kampf Werte Rechte laut

Anhänger von Fußballklubs

gegenseitiger Antagonismus

Geschäft alles derselbe Mist


LGBTRECHTE UND JUGENDARBEIT Der Kampf gegen Homophobie und Gewalt unter Jugendlichen Bisexuelle Offenheit Lüge natürlich genießen das Leben aus vollen Zügen Menschen sexuell

gibt es nicht ja oder nein diskriminiert unsichtbar sexy Zukunft von der Gesellschaft angeprangert

Menschenrechte nur wenige sind echt Unentschiedenheit aus Angst beide Geschlechter gibt es nicht unsichtbar offener Weltblick

Transvestiten schwer Gefühle Prostitution gutes Gespür für Mode farbenfroh M-W W-M

Sonderlinge Make-up Kleider hohe Absätze Perücken Hoover FBI Angst vor Gewalt Unsichtbarkeit

traurig komisch düster unglücklich hoch Lady-Boys Maske Netzstrümpfe

Lesben Gefahr süß lieb aufmüpfig bessere Lage als schwule Männer Freundinnen Liebe zwei Mamas

Freiheit echt starke Frauen militant schwul verrückt Feministinnen Lkw-Fahrerinnen sexy Brüste

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Balletttänzer chöne Beine sichtbare, betonte Schrittpartie schwul Leggins Beule Strumpfhose Adel schön

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Barometer Ein Ende des Raumes steht für „einverstanden“, der anderen für „nicht einverstanden“. Die TeilnhemerInnen verteilen sich so, indem sie sich den Aussagen entsprechen aufstellen. Die Aussagen: - Ich habe Vorurteile. - Ich habe das Recht auf meine Vorurteile. - Ich glaube, es gibt auch nützliche Vorurteile. - Vorurteile führen immer zu Diskriminierung.

Arbeit in kleinen Gruppen zum Thema Vorurteile Die TeilnehmerInnen teilen sich in kleine Gruppen auf und jeder beschreibt oder erzählt von einer Erfahrung, als jemand ihnen gegenüber Vorurteile gezeigt hat. Jede/r hat 5 Minuten, um seine/ihre Geschichte zu erzählen. Jede/r Teilnehmer/in beschreibt und erzählt in der kleine Gruppe von einer Situation, als er/sie selbst jemandem gegenüber Vorurteile gezeigt hat. Diskussion im Plenum: Was von den zwei Situation war schwieriger zu erzählen und zu erleben? Wieso?


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Brainstorming: Woher stammen Vorurteile? Unwissen Verschlossenheit Angst von den Eltern Mangel an Erfahrung Religion Mangel an Mitgefühl

aus der Geschichte aus der Umgebung aus der Schule Mangel an Akzeptanz Tradition kulturelle Identität Bildung

Faulheit Medien von Kulturfaschisten von Disney aus der epischen Volksdichtung

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Macht Die Ziele des Workshops sind: - den Begriff der Macht zu definieren - die Verbindungen zwischen Macht und Gewalt zu analysieren - die institutionelle Macht zu analysieren - die eigenen Potenziale/ die eigene Macht zu erkennen Die Hauptfragen: - Was kann alles Macht ausmachen? - Wer verfügt über Macht? - Auf welche Weise beeinflusst Macht den Prozess der Konfliktverarbeitung? - Wie ist mit der Angst davor, Macht zu haben, umzugehen? Brainstorming: Macht

Im Flieger Gruppenwahl/Rettungwesten Den TeilnehmerInnen wird angeboten, jeweils eine Rettungsweste/Gruppe zu wählen (auf den Westen waren die Gruppen ausgeschrieben):


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- Jugendliche - Polizei - Senioren - LGBT-AktivistInnen - Menschen mit Behinderungen - Feministinnen - Medien - multinationale Unternehmen - Regierung - Friedensstifter - Spender Die TeilnehmerInnen sitzen im Kreis mit ihren Rettungswesten. Es wird ihnen Folgendes erklärt: Die TeilnehmerInnen, die dieselbe Gruppe vertreten, machen ein Paar aus. Jedes Paar hat eine Stimme. Die Paare können sich nicht trennen. Alle fliegen gemeinsam zu einer internationalen Konferenz zum Thema „Gewalt in der Welt und Möglichkeiten des Handelns“. Jede/r würde bei dieser Konferenz die zuvor gewählte Gruppe vertreten. Plötzlich warnt der Pilot, dass aufgrund von technischen Problemen alle das Flugzeug in unter einer Stunde verlassen müssen. Jedoch gibt es nicht genügend Fallschirme für alle – drei Paare bekommen keinen Fallschirm. Der Pilot hat seinen eigenen Fallschirm, den er keinem überlassen will.


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Bedenkzeit Jedes Paar soll die Gründe aufschreiben, wieso sie meinen, dass gerade ihnen ein Fallschirm und folglich die Teilnahme an der Konferenz und die Weiterarbeit an der Bewältigung der Gewalt in der Welt gebührt. danach wählt jedes Paar seine/n Sprecher/in. Dafür stehen 5 Minuten zur Verfügung. Gruppenpräsentation Nachdem die Gruppen die vorherige Aufgabe erledigt haben, werden sie gebeten, sich der Reihe nach allen vorzustellen und die Gründe zu erklären, wieso es wichtig ist, dass gerade sie gerettet werden. Für die Präsentation stehen 3 Minuten zur Verfügung. Entscheidung im Paar Nach der Präsentation haben die Paare 5 Minuten, um darüber zu diskutieren, wer einen Fallschirm bekommen sollte, und um sich für 5 Gruppen zu entscheiden, denen sie ihre Stimme geben, jedoch darf man nicht sich selbst wählen. Die Abstimmung ist geheim – die Paare machen auf einem Blatt Papier eine Liste mit 5 Gruppen. Abstimmung Auf einem großen Blatt Papier sind alle Gruppen aus dem Flieger aufgelistet. De ModeratorInnen tragen die Stimmen neben jeder der Gruppen ein. Die drei Paare mit den wenigsten Stimmen bekommen keine Fallschirme und müssen ihre Rettungswesten abnehmen. Bei Stimmengleichheit teilt der Pilot mit, er würde nicht auf eine zu späte Entscheidung warten, und alle hätten 5 Minuten, um einen Beschluss zu fassen, sonst würde er sich aus dem Flieger katapultieren, um sein eigenes Leben zu retten, und alle anderen gemeinsam mit dem Flugzeug abstürzen lassen. Also muss nochmals abgestimmt werden. Diskussion Wie habt Ihr gewählt, welche Gruppe Ihr vertreten würdet? Wie zufrieden seid Ihr mit der Gruppe, die Ihr vertreten habt? Wie schwierig war es, das eigene Überleben zu argumentieren? Wie war Euch bei der Entscheidung zumute, wem Ihr Eure Stimme geben wollt? Wie habt Ihr beschlossen, wem Ihr Eure Stimme geben wollt? Wie fühlen sich die VertreterInnen derjenigen Gruppen, die nicht gewählt wurden? Was konntet Ihr aus dieser Übung lernen?


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Geschlechterrollen Die Ziele des Workshops sind: - die Quellen der eigenen männlichen, weiblichen und anderen Identität zu hinterfragen - die gesellschaftlich vorbestimmten Geschlechterrollen zu hinterfragen - die Verbindungen zwischen Gewalt und der gesellschaftlich aufgedrängten Rollen zu hinterfragen - persönliche Verantwortung für die Geschlechterrollen in der Gesellschaft zu erkennen und zu übernehmen - eine aktivere Haltung zu den Ursachen der Geschlechterdiskriminierung Die Hauptfragen: - Welche Vorstellung von den unterschiedlichen Rollen der Männer und Frauen gibt es in der Gesellschaft? - Woher stammen die traditionellen Rollenverteilungen für die Geschlechter in der Gesellschaft? - Welche Verbindungen bestehen zwischen diesen Rollen? - Wer trägt die Verantwortung für die Schaffung dieser Geschlechterrollen in der Gesellschaft und wann?

Brainstorming: Wie sind die Männer? – Wie sind die Frauen? Die TeilnhemerInnen teilen sich in drei Gruppen auf: weiblich, männlich und sonstig. Alle TeilnehmerInnen bekommen ein Blatt Papier und die Aufgabe, in 30 Sekunden die erste Assoziation zu einem bestimmten Thema aufzuschreiben, um so zu den ersten Assoziationen zu kommen und damit alles anonym bleibt. Danach werden die Zettel eingesammelt und alle Assoziation an die Wandtafel angeschrieben. Die TeilnhemerInnen bekommen die Möglichkeit noch etwas hinzuzufügen, falls sie möchten. Weibliche Gruppe: Wie sind die Frauen? Männliche Gruppe: Wie sind die Frauen? Non-binäre Gruppe: Wie sind die Frauen? Weibliche Gruppe: Wie sind die Männer? Männliche Gruppe: Wie sind die Männer? Non-binäre Gruppe: Wie sind die Männer? Weibliche Gruppe: Wie sind non-binäre Personen? Männliche Gruppe: Wie sind non-binäre Personen? Non-binäre Gruppe: Wie sind non-binäre Personen? Die non-binäre Gruppe wird hinzugefügt, falls auch non-binäre Menschen am Seminar teilnehmen.


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Die Zeitschriften Aufteilung in drei Gruppen, von denen eine weiblich, eine männliche und eine gemischt ist. Aufgabenerklärung: Ihr habt 45 Minuten, um aus den zur Verfügung gestellten Zeitungen und Zeitschriften Dinge herauszusuchen, die Ihr mit dem heutigen Thema, den Geschlechterrollen in der Gesellschaft, in Verbindung bringt, und um, nachdem jede/r wenigsten 2-3 Dinge gefunden hat, im Rahmen der kleinen Gruppe darüber zu diskutieren und zu entscheiden, was Ihr davon im Plenum innerhalb von 10 Minuten präsentieren werdet, sowie um eine Person zu delegieren, die die Präsentation macht. Angeboten sind Tageszeitungen, Zeitschriften, ausländische Magazine, Frauenzeitschriften, Männerzeitschriften… Eine Person aus jeder Gruppe präsentiert den anderen die Angelpunkte aus dem Gespräch, das bis zu 10 Minuten geführt wurde. Alle drei Gruppen haben ihre Präsentationen, eine nach der anderen, und eventuelle Kommentare und Frage folgen erst, nachdem alle Gruppen ihre Ecksteine präsentiert haben. Diskussion, Kommentare im Plenum

Wie bin ich zum Mann/zur Frau geworden? Wodurch wurde das beeinflusst? Nach freier Wahl sind vier kleine Gruppen zu bilden, in denen die Themen „Wie bin ich zum Mann/zur Frau geworden?“, beziehungsweise „Wie bin ich nicht zum Mann/zur Frau geworden?“ zu besprechen sind. Ihr habt 20 Minuten. Die Gespräche in kleinen Gruppen bleiben unter Euch – es gibt keinen Bericht im Plenum über den Inhalt Eurer Gespräche. Weiterführende Fragen für die kleine Gruppen: Mit wem und womit habe ich als Kind gespielt? Was für Kleidung habe ich getragen? Was war mein Lieblingsberuf in der Kindheit? Wer waren meine Vorbilder? Wie waren meine Eltern? Was für Erwartungen hatte die Umgebung von mir als Junge/Mädchen und später?

Brainstorming: Geschlechterrollen in der Gesellschaft Was ist die Rolle der Frau in der Gesellschaft? Was ist die Rolle des Mannes in der Gesellschaft? Diskussion im Plenum: Was ist mir bei diesen Assoziationen wichtig oder interessant? Welche Verbindungen sehr Ihr zwischen den Geschlechterrollen in der Gesellschaft?


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Identität Die Ziele des Workshops sind: - die TeilnehmerInnen zu stärken - sich den Verschiedenheiten zu stellen - die Angst vor der Verschiedenheit abzubauen Die Hauptfragen: - Was beeinflusst die Entstehung der persönlichen Identität? - Was beeinflusst die Entstehung der nationalen Identität? - Welche Bedeutung hat die nationale Identität und warum? - Was ist die Verbindung zwischen den unterschiedlichen Identitäten im Sinne dessen, wie sie sich gegenseitig definieren? - Wie ist mit Unterschieden umzugehen? - Was führt zum Gefühl einer Gefährdung des Rechts auf die eigene Identität?

Meine fünf Identitäten Jede/r schreibt für sich seine/ihre fünf Identitäten auf. Danach werden die Identitäten der Reihe nach, eine/r nach dem/der anderen, vorgelesen und alle, die sich in der jeweiligen Identität wiedererkennen, sollen kurz aufstehen.

Brainstorming: Was beeinflusst alles die Entstehung der Identität? Gesellschaft Gewissen Familie Selbstrespekt Genetik Fernsehen Medien Tradition

Jelena Karleuša Erziehung Privilegien Wirtschaft Bildung Reisen Finanzielle Umstände Geburtsort

Diskurs Workshops Sex Drogen Talente und Neigungen Zugänglichkeit

Barometer Ich verstehe mich besser mit Menschen, die meine Sprache sprechen. Ich verstehe mich besser mit Menschen derselben sexuellen Orientierung. Ich bin patriotisch.


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Bunte Augen Die TeilnhemerInnen teilen sich mehrere Male in Gruppen auf, indem sie sich zu einem der auf dem Boden ausgelegten Blatt Papier stellen, mit den folgenden Aussagen: Ich habe einen Bruder und eine Schwester; Ich habe einen Bruder; Ich habe eine Schwester; Sonstiges Ich habe traurige Augen; Ich habe grüne Augen; Ich habe blaue Augen; Ich habe bunte Augen; Ich habe lachende Augen; Sonstiges Ich lese gern; Ich mag Kunst; Ich mag Sport; Ich mag Börek; Sonstiges Ich komme aus dem ehemaligen Jugoslawien; Ich komme aus Europa; Ich komme vom Planeten Erde; Ich komme aus dem Balkan; Sonstiges Ich habe in mehreren Orten gelebt; Ich habe in einem Staat gelebt; Ich habe im Sozialismus gelebt; Sonstiges Ich bin homosexuell; Ich bin schwul; Ich bin bisexuell, Ich bin trans; Ich bin lesbisch; Ich bin queer; Sonstiges

Der Identitäten-Fluss Jede/r schreibt für sich auf fünf Blatt Papier jeweils etwas auf, die ihm/ihr im Leben viel bedeutet. Alle Blätter werden eingesammelt und in der Raummitte in Form eines breiten Flusses verteilt. Die TeilnehmerInnen überqueren den Fluss eine/r nach dem/der anderen, indem sie von Stein zu Stein hüpfen (das sind die Zettel mit den Identitäten) und dabei begründen, wieso sie sich gerade für den Stein entscheiden haben (dabei kann es sich auch um den Zettel von jemand anderem handeln, mit dem sich die Person identifizieren kann).


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Kreative Bearbeitung von Konflikten Die Ziele des Workshops sind: - die Analyse und das Ausprobieren des Erlernten in Konfliktsituationen - Abbau der Angst vor Konflikten Die Hautfragen: - Wie ist mit Gefahrsituationen umzugehen? - Welche Verantwortung trägt die Rolle des Betrachters bei einem Konflikt? - Welche Stärken und Schwächen tragen die Rollen von Opfer, Gewalttäter und Betrachter in sich? - Welche möglichen Handlungen gibt es als Antwort auf eine Konfliktsituation? - Welche möglichen Handlungen gibt es als Antwort auf strukturelle Gewalt?

Gewalttäter, Opfer, Betrachter Die TeilnehmerInnen sind in drei Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe hat je eine Rolle:„Gewalttäter“,„Opfer“ oder„Betrachter“. Die Gruppen bereiten Wandtafeln zu folgenden Themen vor: Wie sehen Betrachter/Opfer/Gewalttäter aus? Welche Eigenschaft haben sie? Welche Gefühle wecken sie in mir? Was sind die Stärken dieser Rollen?


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Gewalttäter Eigenschaften: gelerntes Verhalten Unwissen Beschränktheit Aggressivität psychisch instabil Wutgefühl Absicht Menschenhass

Gefühle: Mitleid Abscheu Wut Verständnis Angst Machtlosigkeit Hilflosigkeit

Stärken: Macht Gesetzeslöcher Gutheißung Schweigen Manipulation Patriarchat Relativierung Normalisierung

Gefühle: Mitgefühl Abscheu Identifizierung Gleichgültigkeit Verständnislosigkeit

Stärken: Kraft Ausbau des Selbstrespekts flexibel freundlich Selbstständigkeit reifer

eingeschüchtert nicht meine Angelegenheit kein Bewusstsein gestärkt Teil der Gruppenpsychologie indirekte Unterstützung Toleranz gegenüber Gewalt

Gefühle: Ärger Verständnis Apathie

Opfer Eigenschaften: introvertiert Schwäche anders aggressiv eingeschüchtert rachsüchtig beschränkt Komplexe pessimistisch unzufrieden

Betrachter Eigenschaften: haben Mitgefühl sind mutig gestärkt informiert verzögerte Reaktion unterstützen Gewalt passiv kein Mitgefühl Interesselosigkeit

Stärken: Kraft Macht zur Veränderung

Nach Fertigstellung der Wandtafeln haben die Gruppen die Aufgabe, eine Statue vorzubereiten, die ihre Sicht der jeweiligen Rolle darstellen würde.


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Szenenvorbereitung: Es wird eine Szene gestaltet, die strukturelle oder kulturelle Gewalt zu beinhalten hat. Die Gruppe teilt sich in zwei Subgruppen auf und beide arbeiten in separaten Räumen an der gleichen Aufgabe. Die Aufgabe der Gruppen ist es, zunächst die Themen für die Szene zusammenzufassen, und dann an der Vorbereitung einer von ihnen zu arbeiten. Darstellung und Analyse der Szene Möglichkeiten der Veränderung und des Einflusses auf strukturelle oder kulturelle Gewalt.


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Umgang mit der Angst Die Ziele des Workshops sind: - sich den Gefühlen in Stresssituationen zu stellen - neue Arten des Umgangs mit der Angst auszuprobieren Die Hauptfragen: - Was sind die gewohnten Reaktionen in Stresssituationen und weshalb? - Welche möglichen Reaktionen gibt es, wenn man Angst hat?

Eine Situation, in der ich Angst hatte Aufteilung in kleine Gruppen und Gespräch zum Thema „Eine Situation, in der ich Angst hatte“. Danach ist im Plenum eine Wandtafel zu verfassen zum Thema: Was für Gefühle gab es während des Gesprächs? Wie auch zum Thema: Beim Zuhören fühlte ich (mich)…

Meine Ängste – Woher stammen sie? Jede/r überlegt sich für sich und schreibt für sich zum Thema „meine Ängste“ und „Woher stammen sie?“. Die Zeit ist 20 Minuten. Danach werden die Zettel eingesammelt, an die Wandtafel befestigt und vorgelesen.


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STRATEGIEN FÜR WIRKSAME HILFE Einleitende Aktionsschritte: 1. Vorurteile erkennen 2. Aufgrund der Quelle der Vorurteile ein Ziel festsetzen: - die negativen Überzeugungen ändern - die negativen Haltungen ändern - das diskriminierende Verhalten ändern 3. Die sicherste und wirksamste Art der Lösung für die Vorurteile festlegen. 4. Sich für eine anzuwendende Strategie entscheiden.

Strategien 1. die Spannung mindern a. die Person aufsuchen, positiv von sich zu sprechen b. ein Geschichte erzählen b. die Person loben oder über eine Gemeinsamkeit sprechen 2. danach die Strategie wählen Die Individualisierung als Herangehensweise Der Versuch, jemanden dazu zu bringen, die anderen als Individuen anstatt als Angehörige einer unerwünschten Gruppe zu sehen. • Dinge über das Mitglied der Gruppe hervorheben, die sich von der Wahrnehmung unterscheiden. • Etwas über das anvisierte Mitglied sagen, damit man es als Individuum kennen und respektieren lernen könnte. Umkategorisierung oder Gemeinsamkeiten als Herangehensweise an die Identität Die anderen sollen sehen, dass die anvisierte Gruppe den anderen ähnlich ist und sie ähnliche Ziele haben. • Die Gemeinsamkeiten der Person und der anvisierten Gruppe betonen. • Fragen behandeln, die sowohl auf die Person als auch die anvisierte Gruppe Einfluss haben. • Sich andere Möglichkeiten überlegen, wie die Person die Dinge aus einer anderen Perspektive sehen könnte Die Herangehensweise über den Konflikt Die Inkonsequenz des Verhalten und der angeblichen Überzeugungen der Person hervorheben. • Die Aussage als potenzielles Vorurteil entlarven.


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• Die Person danach fragen, ob sie meint, alle Menschen sollten gleich behandelt werden, und ihre Haltung dann als dem widersprüchlich unterstreichen. • Die Person fragen, ob sie Vielfalt schätzt, und darauf hinweisen, dass sie anderen ungerechterweise Stereotype zuweisen könnte. Die Konfrontation kann die Person verärgern und zum Toben oder zur Rachsucht bringen. Dieser Zugang ist SELTEN anzuwenden. Aktionsschritte 1. Seid vorbereitet Ihr wisst, dass Ihr früher oder später etwas Unangemessenes oder Diskriminierendes hören oder sehen werdet. Seht Euch selbst als jemanden, der vortritt. Seid vorbereitet, indem Ihr wisst, was Ihr sagen und wie Ihr Euch der Situation stellen wollt. „Wieso hast du das gesagt?“ „Meinst du das wirklich so, wie du es sagst?“ Verhalten aufzeigen 2. Weist anderen auf ihr Verhalten hin, um ihnen dabei zu helfen zu hören, was sie da eben gesagt haben. „Also meinst du, dass von allen Schülern, die Sport treiben, keiner an seiner akademischen Bildung interessiert ist?“ Appell an die Prinzipien 3. An jemandes höhere Prinzipien appellieren „Ich dachte immer, du hättest einen starken Gerechtigkeitssinn.“ „Ich bin empört, dass du dich so voreingenommen gibst.“ Grenzen ziehen 4. Man kann andere nicht kontrollieren, aber man sie sie darauf aufmerksam machen, was man nicht dulden will. „Mach keine rassistischen Witze mehr und gebrauche keine solchen Ausdrücke in meiner Gegenwart. Machst du weiter so, gehe ich.“ Wenn man solche Aussagen macht, muss man auch konsequent sein und sie durchziehen. Verbündete finden oder zum/zur Verbündeten werden Gleichgesinnte Menschen finden, um Kraft durch die Mehrzahl aufzubauen. Strategiequelle: www.tolerance.org Den Blickwinkel der anderen berücksichtigen • sich überlegen, was die andere Person denkt/fühlt • sich vorstellen, in ihrer Lage zu sein • sich vorstellen, diese andere Person zu sein • Was würde man wollen, dass andere für einen tun?


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Die Aktionsfolge Unterdrückung unterstützen >>>>>>>>>>>>terdrückung konfrontieren Aktive Beteiligung: beleidigende Witze erzählen, Menschen aus der anvisierten Gruppe herabsetzen, Mitglieder der anvisierten Gruppe bewusst meiden, Mitglieder der anvisierten Gruppe diskriminieren, Mitglieder der anvisierten Gruppe verbal oder körperlich schikanieren Leugnung: Unterdrückung ermöglichen, indem man leugnet, dass die Mitglieder der anvisierten Gruppe unterdrückt werden. Es handelt sich um keine aktive Herabsetzung, aber indem man die Präsenz der Unterdrückung leugnet, wird diese begünstigt. Erkennung, ohne Handeln: Man ist sich der eigenen unterdrückenden Handlungen und derer der anderen, sowie ihrer schädlichen Folgen bewusst, tut jedoch nichts, um solch einem Verhalten ein Ende zu setzen. Diese Tatenlosigkeit ergibt sich aus Angst, Uninformiertheit, Verwirrung darüber, was zu tun sei. Der Widerspruch zwischen Bewusstsein und Handeln führt zu Unbehagen. Erkennung, Handeln: Man ist sich der Unterdrückung bewusst, erkennt die eigenen unterdrückenden Handlungen und die der andern und handelt, um dem ein Ende zu setzen. Selbstbildung: Es werden Schritte getroffen, um mehr über die Unterdrückung und die Erfahrungen und Geschichten der Mitglieder der anvisierten Gruppen zu lernen, etwa durch Lektüre, Teilnahme an Workshops, Seminaren, Kulturveranstaltungen, Beteiligung an Diskussionen, Beitritt zu Organisationen oder Gruppen, die gegen die Unterdrückung ankämpfen oder durch Teilnahme an Veranstaltungen im Bereich soziale Aktion und Veränderungen. Bildung der anderen: Die reine Selbstbildung wächst über sich hinaus in Richtung Fragenstellung und Dialog mit anderen. Anstatt nur herabsetzende Kommentare oder Verhalten abzubrechen, werden andere Menschen auch in die Diskussion einbezogen, wieso man Einwände zu bestimmten Kommentaren und Verhalten hat. Unterstützung, Ermutigung: Andere werden ermutigt, sich der Unterdrückung zu widersetzen oder daran zu arbeiten, die Mitglieder der anvisierten Gruppen mehr zu inkludieren, indem diejenigen, die offen auftreten, unterstützt werden, man eine Gruppe von Gleichgesinnten bildet oder sich einem Verein anschließt. Initiative, Prävention: Es wird an der Änderung der individuellen und institutionellen Handlungen und Haltungen, durch welche Mitglieder der anvisierten Gruppen diskri-


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miniert werden, gearbeitet, Bildungsprogramme und sonstige Veranstaltungen werden geplant und die entsprechende Gesetzgebung angestrebt, um die Mitglieder der anvisierten Gruppen vor Diskriminierung zu schützen, während zugleich eine Vollbeteiligung der Mitglieder der anvisierten Gruppen in den jeweiligen Verbänden und Organisationen zu sichern ist. Wenn mit Diskriminierung konfrontiert, sollte ich: 1. für das eintreten, woran ich glaube, selbst wenn ich der/die einzige bin; 2. etwas sagen, wenn jemand einen beleidigenden Kommentar macht; 3. etwas unternehmen, wenn jemand einen anderen respektlos behandelt; 4. mir überlegen, wie der diskriminierten Person dabei zumuten sein muss.

ABLÄUFE Diskussion, Fragen • Habt Ihr jemals etwas gesagt, was Ihr nicht so gemeint habt? Habt Ihr Euch überlegt, wie jemand anderer das auffassen könnte? • Meint Ihr, dass die Leute manchmal andere diskriminieren aus Überzeugung, dass man als Individuum eine Wahl über den eigene Zustand hat, und das nicht etwas ist, was außerhalb jemandes Macht steht? Ablauf 1 Ihr seid mit den MitspielerInnen aus Eurem Sportklub zusammen und jemand macht einen sehr herabsetzenden Kommentar über jemandes angebliche sexuelle Orientierung. Zudem sagen sie auch noch sarkastisch, sie würden sich auf Reisen nicht ein Zimmer mit demjenigen/derjenigen teilen. Ihr findet das unangebracht. Was macht Ihr? Anlauf 2 Ihr besucht den Unterricht und werden wegen der Reisen mit Eurem Sportklub recht viele Stunden verpassen. Euer Lehrer sagt, dass wenn unter den SchülerInnen auch SportlerInnen sind, sie den Unterricht am besten abbrechen sollten, weil sie die Klasse wahrscheinlich ohnehin nicht schaffen werden. Was macht Ihr? Ablauf 3 Ihr geht von Eurem Spind am Umkleideraum eines anderen Teams vorbei und hört, wie weiße SpielerInnen abwertende Kommentare über eine/n Teamkammeraden/in machen und dabei das N-Wort gebrauchen. Was macht Ihr?




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