Essen und Gesundheit
Stundenlanges Stillsitzen macht einem fünfjährigen Mädchen wie Josefine überhaupt keinen Spaß.
daran will das Ehepaar Marte noch keinen Gedanken verschwenden. Erst recht nicht daran, dass ihre Kinder wegen der DBA ein deutlich erhöhtes Risiko haben, Krebs zu bekommen. Hoffnungsvolle Forschung Kurz nachdem auch Josefine mit DiamondBlackfan-Anämie diagnostiziert wurde, ließ die gesamte Familie Marte ihr Blut unter-
Interview
Prof. Dr. Josef Penninger ist Genetiker und seit 2013 wissenschaftlicher Direktor am Institut für molekulare Biotechnologie (IMBA). Er leitet das Forschungsprojekt DBA. http://de.imba.oeaw.ac.at
Wie ist der Stand der Forschung in Sachen Diamond-Blackfan-Anämie? Josef Penninger: Wir wissen inzwischen, dass DBA wahrscheinlich auf einen Fehler in den Ribosomen – das sind die winzigen Proteinfabriken in den Zellen – zurückzuführen ist. Die Zellen im Knochenmark funktionieren deswegen nicht richtig, die Reifungsschritte im Laufe der Bildung von roten Blutkörperchen sind gestört, und die fertigen Blutkörperchen funktionieren nicht so, wie sie sollten.
Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich vom DBA-Forschungsprojekt Ihres Instituts? Dank moderner Stammzellforschung, wie sie hier am IMBA passiert, können wir diese neuen Technologien erstmals für eine „personalisierte“ Forschungsmission einsetzen. Dazu entnehmen wir Blutproben von den Eltern und den betroffenen Kindern. Die Blutzellen programmieren wir zu sogenannten iPS-Stammzellen zurück. Diese Zellen verhalten sich dann wie
© IMBA-Michael Sazel (1), Privat (1)
Spenden unter
suchen. Dabei stellte sich heraus, dass Vater Boris Philanthropie Österreich das gleiche defekte Gen Capital Bank – GRAWE Gruppe AG in sich trägt wie seine IBAN: AT45 1960 0000 1505 9413 Kinder. Allerdings ist bei BIC: RSBUAT2K ihm die Krankheit nicht Verwendungszweck: Diamond-Blackfan-Anämie ausgebrochen. Dieser Umstand macht die Familie zu einem Fall für die Wissenschaft – und damit für Professor Josef Penninger, wissenschaftlicher Direktor am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien. Boris Marte kontaktierte ihn im Jahr 2016 mit dem dringenden Bedürfnis, die bestehenden Rätsel um die Diamond-Blackfan-Anämie lösen zu lassen; ein Fundraising soll die Finanzierung eines Forschungsprojekts auf die Beine stellen. Neben der Entschlüsselung der DBA erhofft sich Professor Penninger auch einen Durchbruch bei einer anderen heimtückischen Erkrankung. „Ich bin davon überzeugt, dass die Erkenntnisse, die wir durch die Erforschung der DBA gewinnen, auch wertvoll für andere Bereiche sein werden, wie etwa die Entstehung von Krebs, deren Wahrscheinlichkeit bei der DBA ja deutlich erhöht ist“, so Penninger. „Damit könnte eine sehr seltene Krankheit plötzlich zu einem Schlüssel für ein großes gesellschaftliches Problem werden.“ Penninger ist überzeugt davon, dass die neuen Technologien, auf die die Biowissenschaften heutzutage zugreifen können, zu einer baldigen Entschlüsselung der derzeit bekannten seltenen Krankheiten führen werden. Allerdings: „Bis zur Heilung vieler dieser Erkrankungen, auch der DBA, wird es noch etwas dauern. Da gibt es noch viel zu tun und viele Nobelpreise für die nächste Forschergeneration zu gewinnen.“ Dass es eher früher als später zu einem Durchbruch kommen wird, hofft natürlich Boris Marte. Wobei: „Wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, dann kann man damit auch leben“, meint der Familienvater mit Blick auf die Gefahren, die die DBA auf Dauer für seine Kinder bergen kann. Josefine und Luis wäre es allerdings zu wünschen, dass sie irgendwann nicht mehr fremdes Blut bekommen müssen und dann auch ein ganz normales Leben führen können.
Stammzellen, die die Fähigkeit haben, zu allen möglichen Körperzellen auszuwachsen. Da wir erforschen wollen, was genau beim Schritt der Blutbildung schiefläuft, lassen wir die iPS-Zellen im Labor wieder zu roten Blutkörperchen heranreifen. Jeden einzelnen Reifeschritt sehen wir uns genau an und versuchen herauszufinden, welcher dieser Schritte fehlerhaft ist. Außerdem wollen wir die biochemischen Prozesse in den Ribosomen genauer untersuchen. Mit Professor Javier Martinez von der Medizinischen Universität Wien haben wir einen der weltbesten Biochemiker mit im Team. Er wird sich mit den molekularen Prozessen in den Ribosomen der Blutzellen auseinandersetzen und Mechanismen identifizieren, die uns helfen können, die Krankheit besser zu verstehen.
56 | som m er 2017
054_DBA_k.indd 56
31.05.17 17:18