Essen und Gesundheit „Es wurde überprüft, ob vielleicht ein Virus dahintersteckt, ein Nierenversagen oder etwas anderes, aber alles konnte ausgeschlossen werden“, beschreibt Boris Marte die Zeit der Unsicherheit. Nach einigen Wochen und mit der Hilfe des Universitätsklinikums Freiburg hatten er und seine Frau Marianne schließlich die Diagnose: eine angeborene Diamond-Blackfan-Anämie (DBA). Über diese Krankheit mussten sich die Eltern zunächst informieren und fanden unter anderem heraus, dass von einer Million Menschen nur sieben bis zehn davon betroffen sind. Außerdem hatten sie die Gewissheit, dass ihr Sohn von da an von Blutkonserven abhängig sein würde. Zur gleichen Zeit wurde Marianne Marte erneut schwanger – und die Angst machte sich breit, dass auch das neugeborene Kind die Krankheit haben könnte. „Als Josefine auf die Welt kam, hatte sie eine andere Statur als Luis, sah frisch aus und hatte Farbe im Gesicht, und so dachten wir, dass sie es nicht hat“, blickt Boris Marte zurück. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass auch die Tochter der Martes die DBA hat. Also begann auch für sie die Tortur der regelmäßigen Fremdblutgabe. Transfusion und Tabletten Alle drei bis vier Wochen haben Josefine und Luis einen Termin im St. Anna Kinderspital, bei dem beiden Kreuzblut abgenommen wird und weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Außerdem wird ein Venenzugang gelegt, damit am nächsten Tag die Transfusion stattfinden kann. Dank des frischen Bluts, das die Kinder dabei erhalten, steigt ihr Hämoglobinwert auf einen normalen Wert zwischen 11 und 18, fängt aber schon in den nächsten Tagen an zu sinken. Ist er dann bei acht oder neun angekommen, muss wieder eine Transfusion stattfinden. Je näher der nächste Termin im Spital rückt, desto mehr macht sich die Krankheit auch im Alltag bei den Kindern bemerkbar. Dann sind sie etwas blass und werden schneller müde – beides kurzfristige Symptome der DiamondBlackfan-Anämie. Auf lange Sicht kann der Mangel an roten Blutkörperchen schneller zu Infekten im Körper führen, außerdem wird
Das DBA-Forschungsprojekt
© Marianne Hofbauer (1), Hannes Tkadletz (1), Privat (1)
Hoffen auf Unterstützung des DBA-Forschungsprojekts: (v.l.n.r.) Stefan Weitzer, Boris und Marianne Marte, Javier Martinez
Die Forschungsgruppen von Dr. Josef Penninger (IMBA) und Dr. Javier Martinez (Medizinische Universität Wien) versuchen, die molekularen Mechanismen von DBA aufzuklären. Die notwendigen Forschungsgelder sollen mittels Spenden aufgetrieben werden: 630.000 Euro sind für drei Jahre Forschung nötig. Wer spendet, hilft nicht nur der Medizin und den Marte-Kindern, sondern erhält auch ein signiertes Kunstwerk von Peter Kogler. Mehr Infos über DBA, Familie Marte und das Fundraising gibt es auf dbaexperiment.org.
Die Ärzte im St. Anna Kinderspital sind inzwischen alte Bekannte für Luis.
das Wachstum dadurch gestört. Durch die ständige Gabe fremden Blutes kommt eine Belastung des kindlichen Körpers mit fremdem Eisen hinzu. Dieses kann der Körper selbst nicht ausscheiden, weshalb Luis und Josefine jeden Tag starke Medikamente zu sich nehmen müssen. Glücklicherweise verträgt das Mädchen die Medikamente gut, beim Buben kommt es jedoch zuweilen zu Magen-Darm-Verstimmungen. Was die regelmäßige Transfusion für die Seele der sechs- bzw. fünfjährigen Kinder bedeutet, kann man sich nur schwer vorstellen. „Es ist jedes Mal eine emotionale Ausnahmesituation“, beschreibt Boris Marte die Momente, in denen seinem Nachwuchs Nadeln in die Armbeugen gestochen werden. „Wir müssen manchmal zu sechst festhalten, damit das auch klappt.“ Die Transfusion selbst, inklusive Vor- und Nachlauf, nimmt insgesamt sechs Stunden in Anspruch – auch das ist eine echte Herausforderung für die Kinder. Als ein wahrer Segen hat sich dabei die Schwester von Mutter Marianne herausgestellt. „Tante Ida hilft uns sehr, diese Zeit zu überbrücken“, erzählt Boris Marte. „Sie bringt immer Überraschungen mit, spielt mit Josefine und Luis, liest ihnen vor, spricht mit ihnen. Wir sind sehr von ihr abhängig.“ Wie es sein wird, wenn die beiden Kinder demnächst in die Schule gehen und dann zwangsläufig viele Ausfallzeiten ansammeln werden – som m er 2017 |
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