Tipi - Magazin für die Familie - Winter/2021-22

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Leben und wir

Die stillste Zeit des Jahres … nicht! Man sagt ja, die Weihnachtszeit sei die stillste Zeit des Jahres. Ich sage: Mit zwei Kindern unter acht ist das Wort „still“ generell ein dehnbarer Begriff. In der Adventzeit trifft er bei uns aber sicher noch weniger zu als zu jeder anderen Jahreszeit. von susanne holzer

So sehr ich mich auch jedes Jahr bemühe, die Wochen vor dem großen Fest besinnlich zu gestalten, fühlen sie sich in der Realität eher an wie eine lange, neonbeleuchtete Achterbahnfahrt, während der die Kinder maximal für die letzte große Kurve aufgehyped werden. Wahrscheinlich mache ich einfach irgendwas falsch, und es wäre in Wahrheit ganz einfach, dass wir alle vier zwischen Jahresabschlussstress und Geschenke-Shopping harmonisch Weihnachtslieder trällernd durch den Schnee hüpfen – aber unsere Vorweihnachtszeit gleicht meistens eher einer besonders ATV-tauglichen Folge von „Instagram vs. Reality“. Im Advent sieht es bei uns nämlich etwa so aus … 1. Die Weihnachtsstimmung Meine Vorstellung: Pünktlich mit dem 1. Dezember verwandelt sich unser Haushalt in einen Hafen der Harmonie und

Besinnlichkeit. Ganz im Zeichen der Nächstenliebe wird weder um das letzte Stück Lebkuchen noch über die Form des Frühstückstoasts gestritten, und wir verbringen unsere Freizeit gemütlich zu Hause im Schein des Adventkranzes damit, als Familie lustige Brettspiele zu spielen. Die Realität: Wir verbringen im Schein des Nachtlichts unsere Freizeit damit, abwechselnd am Bett eines kranken Kindes zu wachen und motzen uns gegenseitig an, wer vergessen hat, die aufgebrauchten Taschentücher nachzukaufen.

Während sowohl im Kindergarten als auch in der Schule und im Büro jeden Tag etwas anderes „Besonderes“ auf der Tagesordnung steht, verliert Mama den Überblick darüber, wer heute für alle Weihnachtskekse hätte mitbringen oder selbst einen Adventkranz hätte binden sollen. Da die Kinder zwischen Krampuslauf, Kinderpunsch und Adventfeier wie auf einem einzigen, 24 Tage langen Festival sind, wechseln sie minütlich zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Statt Nächstenliebe zieht der Kleine den Großen an den Haaren, der Große sperrt den Kleinen aus dem Zimmer aus, Mama pflaumt Papa an, weil der den Müll noch nicht hinausgetragen hat, und Papa würde sich am liebsten die restlichen 23 Tage im Keller einsperren. 2. Die Weihnachtsdekoration Meine Vorstellung: Festlich geschmückt mit Tannenzweigen, Kerzen und stilvollen Deko-Elementen, sieht unser Haus aus wie

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