Leben und wir
Kleine Wutbürger/-innen oder Von Kakteen und Vulkanen
Sie kommt urplötzlich und bricht wie eine Naturgewalt herein: kindliche Wut! Diese Ausbrüche fordern die ganze Familie heraus und können für alle Beteiligten sehr anstrengend sein. Was können Eltern tun, um dem Kind in verschiedenen Lebensphasen zu helfen, die Wut zu kanalisieren und selbst dabei ruhig zu bleiben? von inez ardelt
Es geschieht völlig unvermutet und auf offener Straße: Das Kleinkind schmeißt sich auf den Boden, brüllt, weint, schlägt um sich. Die verzweifelten Eltern pendeln zwischen Fluchtreflex, ruhiger Argumentation, dem Gedanken, sich einfach dazuzulegen, und der eigenen Wut über diese – noch
dazu öffentliche – Eskalation. Passant(inn)en werden zu Gaffer(inne)n und kommentieren wortlos mit mehr oder weniger mitleidigen oder vorwurfsvollen Blicken das Geschehen. Und ständig hören die Eltern ihre innere Stimme flehentlich fragen: „Was würde Jesper Juul jetzt tun? Was Remo Largo vorschlagen?“ Doch das Kind schreit und wütet einfach zu laut. Da sind schlaue Tipps von Expert(inn)en schwer abzurufen.
Für Kinder in diesen Gefühlssituationen hat die österreichische Sprache den wunderbar passenden Ausdruck „Zornbinkerl“ parat. In der Autonomiephase, besser bekannt als Trotzphase, werden unsere kleinen Herzibinkis verlässlich zu Vulkanen und bringen ihre Eltern oft an den Rand der Verzweiflung. Dass Dreijährige auf der ganzen Welt nicht etwa ihre Umwelt mit ihrem Verhalten quälen wollen, ist eine
Die Bilder dieser Story stammen aus Jan von Hollebens Buch „Meine wilde Wut“ (erschienen bei Beltz), in dem er kindliche Wut ausdrucksstark inszeniert. 38 | f rü h l i ng 2020
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