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Den unbekannten Blick wagen

Die Photoszene-Residency

„Artist Meets Archive” geht in die dritte Runde

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Das Entstehen von Fotos und ihre Verbreitung nehmen im digitalen Zeitalter schwindelerregende Ausmaße an, doch was von all diesen Aufnahmen ist eigentlich von Relevanz? Für uns heute und für die Zukunft? Diese Fragen können wir (noch) nicht beantworten. Aber wir können sie rückwirkend stellen und auf die Fotos schauen, die vergangene Generationen für uns aufbewahrt haben. Köln bietet dafür schier unendliche Möglichkeiten, denn wir leben hier nicht nur in einer Stadt der Fotografie, sondern auch in einer Stadt mit einer enorm hohen Dichte an unterschiedlichsten Archiven und Sammlungen.

Doch welche Erkenntnisse bringen uns diese Bilderspeicher? Ist das Wissen, das sie vermitteln, für jeden Betrachter gleichermaßen abrufbar? Und wie statisch oder doch neu interpretierbar sind die Narrationen, die in den Archiven festgeschrieben wurden? Üblicherweise schauen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf diese Archive und Sammlungen und analysieren, beschreiben und kategorisieren sie. Wir wollten aber den anderen, den komplett fremden Blick wagen und fördern. Das war die Geburtsstunde unseres Programms „Artist Meets Archive“ vor sechs Jahren.

Mit Naoya Hatakeyama aus Japan, Lebohang Kganye aus Südafrika, Pablo Lerma aus Spanien und Lilly Lulay aus Deutschland/Belgien haben wir bereits zum dritten Mal internationale Künstlerinnen und Künstler eingeladen, damit sie sich mit diesen Bilder-Konvoluten auseinandersetzen, sie für sich entdecken und eigene künstlerische Positionen aus ihnen heraus entwickeln können. Die Archive und Sammlun- gen, mit denen sie sich beschäftigen, könnten dabei kaum unterschiedlicher sein: das NS-Dokumentationszentrum, das Rautenstrauch-Joest-Museum, das Museum für Ostasiatische Kunst und das Rheinische Bildarchiv.

Gemein haben ihre Arbeiten jedoch, dass sie sich alle mit den verschiedenen Spielarten der Sichtbarkeit auseinandersetzen, die im Medium Fotografie zum Tragen kommen. Das Thema Sichtbarkeit reicht von einer weiblichen Perspektive (#femalegaze) auf koloniale Kontexte bis hin zum touristischen Blick (#touristgaze), der sich im kollektiven Bildgedächtnis einer Gesellschaft festschreibt. Sichtbarkeit schließt ein, in welchem Verhältnis das künstliche Sehen (#algorithmicgaze) eines Bilderkennungsprogramms zum menschlichen Sehen steht, und verweist schließlich auch darauf, wie der Blick der Macht (#gazeofpower) dafür sorgt, was in Fotografien und den sie beherbergenden Archiven im Verborgenen bleibt.

Auf den folgenden Seiten lesen Sie Auszüge aus Interviews, die Studentinnen und Studenten im Masterstudiengang „Photography Studies and Practice“ der Folkwang Universität der Künste in Essen mit Naoya Hatakeyama, Lebohang Kganye, Pablo Lerma und Lilly Lulay geführt haben und in denen diese ihre unterschiedlichen künstlerischen Ansätze und Perspektiven erläutern.

Die kompletten Interviews finden Sie auf www.photoszene.de