[Sonderausgabe] Philosophinnen

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E RSOND E AB AUSG

Magazin

PHILOSOPHINNEN 1 3 4 198673 809900

Von Hypatia von Alexandrien • Hildegard von Bingen Émilie du Châtelet • Mary Wollstonecraft • Simone Weil Harriet Taylor Mill • Hannah Arendt • Simone de Beauvoir bis Donna Haraway und Judith Butler

Deutschland 9,90 €; Österreich 9,90 €; Schweiz: 16,50 CHF; Benelux: 10,40 €; Italien & Spanien: auf Nachfrage

Eine andere Geschichte des Denkens


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PHILOSOPHINNEN

Inhalt

PHILOSOPHIE MAGAZIN SONDERAUSGABE

Editorial Denkerinnen Literatur

Die gestohlene Geschichte Gespräch mit Ruth Hagengruber

3 4 146

DAS GELEHRTE 15 FRAUENZIMMER 35

Griechinnen – Mittelalter Chronologie

16

Lost & Found Catherine Newmark

22

Eine Stadt für Frauen Octave Larmagnac-Matheron & Catherine Newmark 42

26

Elisabeth von der Pfalz

Im Garten von Epikur Catherine Newmark

Hypatia

Mit Leib und Seele Catherine Newmark

Die Größte ihrer Zeit Octave Larmagnac-Matheron 28

Anne Conway

Heloisa

Die Erfindung der Monade Florian Oegerli

Freie Liebe im Kloster Octave Larmagnac-Matheron 30

Gabrielle Suchon

Hildegard von Bingen

Die Freiheit des Zölibats Elsa Dorlin

Mehr als nur Dinkel Florian Oegerli

36

Christine de Pizan

Leontion 8

Renaissance – Aufklärung Chronologie

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46

48

50

Émilie du Châtelet Glück und Gravitation Florian Oegerli

52

Die drei Körper der Königin Gespräch mit Élisabeth Badinter

54

v. l.: Christine de Pizan, Simone Weil, Judith Butler, Émilie du Châtelet, Olympe de Gouges, Hannah Arendt, Mary Wollstonecraft, Simone de Beauvoir, Hypatia, Harriet Taylor Mill

Illustrationen: Studio Nippoldt

DIE VERGESSENEN


DIE SACHE WIRD IN DIE POLITISCH 59 GEGENWART Ruf der Freiheit Chronologie

60

Moderne Zeiten Chronologie

Olympe de Gouges

Virginia Woolf

Kinder der Revolution Florian Oegerli

Aus der Enge Octave Larmagnac-Matheron

66

Mary Wollstonecraft Gegen das Männerrecht Octave Larmagnac-Matheron Romantikerinnen Die andere Seite des Idealismus Peter Neumann

68

71

Die bessere Hälfte Catherine Newmark

76

Bertha von Suttner Gegen den Krieg Florian Oegerli

88

94

Schwangere Könige und Fischmänner Feministische Fantasien und Utopien durch die Jahrhunderte 96 Rolf Löchel

Hannah Arendt Jeder Mensch ein Neuanfang Martin Legros

Harriet Taylor Mill

FEMINISTISCHE 87 PHILOSOPHIE 117

Donna Haraway

82

Ágnes Heller Eine Frage der Klasse Octave Larmagnac-Matheron

Eine freie Radikale Andrea Roedig

Gender und andere Identitäten Gespräch mit 142 Judith Butler

115

85

PHILOSOPHINNEN PHILOSOPHIE MAGAZIN SONDERAUSGABE

136

Überall Cyborgs Octave Larmagnac-Matheron 140

Das Leid der anderen Octave Larmagnac-Matheron 112

Rosa Luxemburg

Feier der Differenz Die Philosophinnengemeinschaft Diotima Antje Schrupp 131

Das Oxford-Quartett Florian Oegerli

Simone Weil Der Mensch als Weib Dorian Astor

Man kommt nicht als Beauvoir zur Welt Octave Larmagnac-Matheron 124

Elizabeth Anscombe, Philippa Foot, Mary Midgley, Iris Murdoch 108

118

Simone de Beauvoir

Der Leib, der ich bin Phänomenologinnen und Körperphilosophinnen Leyla Sophie Gleissner

101

80

Lou Andreas-Salomé

Finde den Unterschied Feministische Strömungen der Gegenwart Andrea Roedig

Inhalt

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PHILOSOPHINNEN

Die Vergessenen

PHILOSOPHIE MAGAZIN SONDERAUSGABE

P y th a go re e r in n e n

MYIA * ca. 500 v. Chr. Tochter von Pythagoras. Sie soll pythagoreische Schriften verfasst haben, die nicht mehr erhalten sind. Ihr wird ein Brief an ihre Freundin Phyllis zugeschrieben. Darin rät sie, beim Umgang mit Säuglingen Mäßigung walten zu lassen.

THEMISTOKLEIA * ca. 570 v. Chr. Delphische Apollopriesterin und Lehrerin des Pythagoras. Er soll den Großteil seiner ethischen Lehren von ihr übernommen haben.

THEANO * ca. 550 v. Chr. Tochter des pythagoreischen Philosophen Brontinus. Als Zuhörerin des Pythagoras soll sie diesen so beeindruckt haben, dass er sie als Schülerin aufnahm und schließlich heiratete. Nach seinem Tod führte sie seine

Griechinnen

Schule weiter. Es sind nur wenige Fragmente von ihr erhalten, darunter ein Ausschnitt aus dem Werk „Über Frömmigkeit“. Darin erklärt sie, dass Pythagoras nicht sagte, dass alle Dinge aus den Zahlen entstehen, sondern „vielmehr in Übereinstimmung mit den Zahlen – was daher rührt, dass die Ordnung in den Zahlen liegt“.

7. Jh. v. Chr. Sappho schreibt ihre Ode an Aphrodite. 510 v. Chr. Kleomenes I., der König von Sparta, greift Argos an und tötet alle Männer in wehrfähigem Alter. Daraufhin ruft die Dichterin Telesilla die Frauen zum Kampf auf und bringt die Spartaner dazu, den Rückzug anzutreten.

ca. 518-508 v. Chr. Geburt von Gorgo, der späteren Königin von Sparta. Plutarch berichtet: „Als nämlich eine Frau, vermutlich eine Ausländerin, zu ihr sagte: Ihr Lakedaimonierinnen seid die einzigen Frauen, die über die Männer herrschen, antwortete sie: Ja, wir sind auch die einzigen, welche Männer gebären.“

508 v. Chr. Beginn der attischen Demokratie. 495 v. Chr. Tod des Pythagoras. 492 v. Chr. Erster Perserkrieg.

480 v. Chr. Hydna von Scione schwimmt vor der Schlacht bei Artemision mit ihrem Vater mitten in der Nacht etwa 16 Kilometer durch das Meer. Gemeinsam schneiden sie die Ankertaue der persischen Flotte durch, was zu schweren Verlusten bei den Persern führt.

Um 445 v. Chr. Herodot verfasst seine Historien. Darin erwähnt er das legendäre Volk der Amazonen, die von sich sagen: „Wir schießen Bogen und werfen Speer und sitzen zu Pferd, Frauenarbeiten aber haben wir nicht gelernt.“

LAIS * um 4. Jh. v. Chr.

Kyrena i ker i nnen

ARETE VON KYRENE * um 400–330 v. Chr.

Gelehrte Tochter des Aristippos, eines Schülers von Sokrates und Begründer der kyreanischen Schule, die eine hedonistische Philosophie vertrat. Nach Aristippos’ Tod wurde sie zum Oberhaupt der Schule. Später gab sie die-

sen Posten an ihren Sohn, Aristippos den Jüngeren, weiter. Sie soll über 40 Werke verfasst haben, darunter ein „Leben des Sokrates“ und „Über die Kindererziehung“, die aber nicht erhalten sind.

Hetäre. Sie soll die Freundin des Aristippos gewesen sein und in den Gesprächen mit ihm bedeutende Kenntnisse der Philosophie erworben haben. Auch der Kyniker Diogenes von Sinope soll versucht haben, sie von seinen Ideen zu überzeugen.

Fotos: The Picture Art Collection/Alamy Stock Foto; akg-images (2); Bridgeman Art Library

Denkt man an die antike Philosophie, sieht man oft bärtige Männer in Sandalen vor sich. Dabei gab es bereits im alten Griechenland zahlreiche Philosophinnen


AXIOTHEA VON PHILUS U. LASTHENEIA VON MANTINEIA ca. 4. Jh. v. Chr.

S o p h i st i n n e n und P la to n ike r in n e n

Schülerinnen Platons und von dessen Nachfolger Speusippos. Angeblich mussten beide Männerkleidung tragen, um die Akademie betreten zu können. Das zeigt die Diskrepanz zwischen Platons Schriften, in denen er die Gleichheit von Frau und Mann betonte, und der tatsächlichen Praxis.

DIOTIMA AUS MANTINEIA ca. 430 v. Chr.

ASPASIA VON MILET ca. 460–401 v. Chr. Sophistin. Die zweite Lebensgefährtin des Perikles (ca. 495 – 429 v. Chr.) leitete einen Salon, den ersten seiner Art in Athen, der zu einem intellektuellen Zentrum wurde. Sie unterrichtete Sokrates und Perikles in Rhetorik, wobei vermutet wird, dass die Form des „sokratischen Dialogs“ auf sie zurückgeht. Weil sie keine Athenerin war, wurde sie von Komödiendichtern als Hetäre (Kurtisane) angefeindet und wegen Gottlosigkeit angeklagt, allerdings vom Vorwurf freigesprochen.

Priesterin. Der junge Sokrates soll sie aufgesucht haben, als sie sich in Athen aufhielt, um von ihr zu lernen. Die einzige Quelle für ihre Existenz stellt Platons „Symposion“ dar. Dort nimmt sie allerdings eine wichtige Stellung ein, da Sokrates sie als seine Lehrerin bezeichnet. Sokrates erzählt,

er habe mit ihr über die Liebe gesprochen, wobei sie ihm gezeigt habe, dass der Eros kein Gott sei, sondern ein Dämon, der zwischen den Menschen und den Göttern stehe. Gleichzeitig symbolisiert er das menschliche Streben nach Vollkommenheit und stellt die Kraft dar, durch die die Götter

die Menschen nach Vollkommenheit streben lassen. Das Ziel der Liebe besteht in der Wiedergeburt der eigenen Seele im anderen, vermittelt durch die Erkenntnis des Schönen. Diese Erkenntnis verläuft über mehrere Stufen. Sie fängt bei den schönen Gestalten an und endet bei der Erkenntnis des

Schönen selbst. Es ist historisch umstritten, ob Diotima wirklich existiert hat; dafür spricht, dass sich ihr Liebeskonzept von demjenigen Platons und Sokrates’ unterscheidet.

431 v. Chr. Beginn des Peloponnesischen Kriegs zwischen Athen und Sparta.

411 v. Chr. Aristophanes’ Stück „Lysistrata“ wird zum ersten Mal aufgeführt. In der Komödie greifen die Frauen zu einer List, um den Krieg zwischen Athen und Sparta zu beenden: Sie verweigern ihren Männern den Sex.

404 v. Chr. Achtmonatige Herrschaft der Dreißig Tyrannen in Athen.

392 v. Chr. Aristophanes schreibt „Frauen in der Volksversammlung“. Darin verschwören sich die von Praxagora angeführten athenischen Frauen und übernehmen die Macht im Stadtstaat.

348 v. Chr. In den „Nomoi“ erwähnt Platon, „dass geradezu unzählige Frauen rings um den Pontos wohnen (man nennt sie Sauromatinnen), denen nicht nur der Umgang mit Pferden, sondern auch mit dem Bogen und anderen Waffen gemeinsam und in gleichem Maße wie den Männern vorgeschrieben ist und auch von ihnen in gleicher Weise geübt wird.“

Schwester des Philosophen Metrokles. Sie stammte aus einer reichen thrakischen Familie, war aber entschlossen, den kynischen Philosophen Krates zu heiraten,

der – ganz der kynischen Philosophie entsprechend – in Armut und Bedürfnislosigkeit lebte. Ihre Ehe verletzte alle Konventionen: Sie schliefen im Freien und sollen sich sogar

in der Öffentlichkeit geliebt haben. Diogenes Laertius berichtet, dass sie sich gegen die Anfeindungen des Theodorus wie folgt wehrte: „Du glaubst doch nicht etwa, dass

ich mir selbst übel damit gedient habe, wenn ich die Zeit, die ich auf dem Webstuhl hätte verwenden sollen, einer tüchtigen Geistesbildung zugutekommen ließ?

399 v. Chr. Tod des Sokrates.

Ky n iker i nnen

HIPPARCHIA ca. 360–280 v. Chr.

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Antike

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Die Vergessenen

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LEONTION (UM 300 V. CHR.)

Im Garten von Epikur

Kaum etwas scheint stärker zum bis heute anhaltenden Vorurteil, Epikur habe eine Philosophie des puren Hedonismus gelehrt, beigetragen zu haben als die Tatsache, dass sich unter seinen Schülerinnen auch zahlreiche Frauen befanden. Eine davon war Leontion, „das Löwchen“

VON CATHERINE NEWMARK

Ü

ber das Leben der Leontion ist wenig bekannt. Die meisten antiken Quellen überliefern, dass sie eine Hetäre war, also jener Klasse von Edelprostituierten angehörte, die im alten Athen mit mehr Freiheiten und Bildungsmöglichkeiten ausgestattet waren als die gewöhnliche Hausfrau. Sie war eine Schülerin und mutmaßlich auch Geliebte des Epikur und galt als geistreiche und stilsichere Denkerin, die mindestens ein Werk gegen Theophrast, den Nachfolger des Aristoteles als Kopf der peripatetischen Schule, schrieb. Die antiken Überlieferungen zu ihr variieren auffällig, je nachdem wie feindselig die Autoren Epikur und dessen Philosophie allgemein gegenüberstehen und wie unverschämt sie es finden, dass eine Frau sich in die philosophische Debatte einmischt. Und wie problematisch ihnen generell der Beruf der Hetäre vorkommt.

Foto: Paolo Pellegrin/Magnum Photos/Agentur Focus

Leben und Werk


Cicero ist offensichtlich entrüstet, dass eine Frau es überhaupt wagt, gegen den berühmten Theophrast zu argumentieren – aber sein Urteil steht auch im Kontext einer allgemein scharfen Kritik der Epikureer. „Ich begreife aber auch nicht, warum Epikur in den Göttern lieber die Ebenbilder der Menschen als in den Menschen die Ebenbilder der Götter sehen wollte“, schreibt er, zerpflückt die seiner Ansicht nach unhaltbare Position und endet mit einem letzten vernichtenden Schlag: „Hat nicht im Vertrauen auf diese Fantasien nicht nur ein Epikur, ein Metrodoros und Hermarchos gegen Pythagoras, Platon und Empedokles geeifert, sondern darüber hinaus auch diese kleine Hetäre, die Leontion, es gewagt, gegen Theophrast zu schreiben – gewiss, sie tat es geistreich und in gutem attischen Stil; aber trotz allem: So viel Dreistigkeit gab es im Garten Epikurs.“ Polemiken gegen Epikur Der spätantike Biograf Diogenes Laertius zitiert sowohl Feinde als auch Freunde des Epikur. Erstere bemerken missbilligend, dass Epikur „mit der Hetäre Leontion zusammengelebt haben“ soll, und bringen diese Tatsache unweigerlich in Verbindung mit ihrem negativen Urteil über den Epikureismus als Philosophie der Völlerei und der sexuellen Freizügigkeit. Epikur freundlich gesinnte Autoren versuchen hingegen, die offenbar so viel Anstoß erregende Beziehung zu Leontion in die Legitimität zu erheben, und behaupten etwa, er habe „die attische Hetäre Leontion in sein Haus als Nebenfrau“ aufgenommen. (Noch Pierre Gassendi, der im frühen 17. Jahrhundert Epikur für die Neuzeit wiederentdeckt und gegen das Vorurteil verteidigt, er sei ein rein hedonistischer Philosoph der Sinnlichkeit gewesen, wird versuchen, Leontion „ehrbar“ zu machen, indem er sie zur rechtmäßigen Ehefrau des Epikur-Schülers Metrodoros erklärt.) Die Überlieferung zu Leontion zeigt in interessanter Weise, wie sehr offensichtlich die Tatsache, dass Frauen im Garten von Epikur in größerer Zahl auftraten als in irgendeiner der anderen athenischen Schulen, von Zeitgenossen und auch späteren Gegnern skandalisiert und als willkommener Vorwand zur Polemik gegen den Epikureismus genutzt wurde. Ja, am Ursprung des bis heute

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» Unsterbliche Götter, meine kleine Leontion, mit wie viel Beifall und Zustimmung haben wir Deinen Brief gelesen!  « Diogenes Laertius Brief des Epikur an seine Geliebte Leontion

wirkmächtigen und seit jeher befremdlichen negativen Stereotyps über den Epikureismus, das aus dieser Philosophie der Mäßigung einen ausschweifenden Hedonismus machte, steht möglicherweise nichts anderes als die Empörung darüber, dass der Garten Epikurs gemischtgeschlechtlich war … Feministin? Nicht richtig ist im Übrigen die in der Neuzeit gerne geäußerte Vermutung, Leontions Entgegnung an Theophrast habe feministische Gründe gehabt und sich gegen eine misogyne Schrift von ihm über die Ehe gerichtet: Diese Schrift wird in der polemischen Abhandlung „Gegen Jovinian“ des Kirchenvaters Hieronymus aus dem vierten Jahrhundert dem Theophrast zugeschrieben, stammt aber mit Sicherheit nicht vom antiken Peripatetiker Theophrast, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit von Hieronymus selbst. Wir dürfen also davon ausgehen, dass Leontions Dissens mit Theophrast sich solide auf dem Boden der Naturphilosophie bewegte. Ob sie darüber hinaus Feministin war – wir wissen es nicht. Wie auch sonst fast nichts über Leontion … •

Antike

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Die Vergessenen

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HILDEGARD VON BINGEN (1098 – 1179)

Mehr als nur Dinkel Hildegard von Bingen wird heutzutage oft mit Vollwertkost und Alternativmedizin in Verbindung gebracht. Das ist schade, war sie doch nicht nur die wichtigste Universalgelehrte ihrer Zeit, sondern steht auch am Anfang der deutschen Philosophie

VON FLORIAN OEGERLI

I

m Jahr 1146 wandte sich die Äbtissin eines kleinen, unbedeutenden Konvents im Rheinland an einen der größten Stars ihrer Epoche: Bernhard von Clairvaux, Leiter des Zisterzienserordens und bekannter Kreuzzugsprediger. Ihr Brief muss reichlich seltsam gewirkt haben. Einerseits betonte die Autorin, eine gewisse Hildegard, wie klein sie, „erbärmlich und mehr als erbärmlich in meinem Sein als Frau“, sich dem hohen Geistlichen gegenüber fühle. In einer Vision hätte sie ihn „als einen Menschen, der in die Sonne blickt und sich nicht fürchtet“, gesehen. Andererseits beanspruchte sie, direkt mit Gott in Kontakt zu stehen. Die Visionen, die sie seit ihrem fünften Lebensjahr empfange, stammten direkt von Gott.

Oftmals fielen sie so drastisch aus, dass sie von Kindheit an „nie in Sicherheit“ gelebt habe, „nicht eine einzige Stunde“. Deshalb ihr Brief. Bernhard sollte ihre Erkenntnisse legitimieren. Es war ein riskanter Schritt. Schließlich war Bernhard nicht gerade für seine Offenheit bekannt. Fünf Jahre zuvor hatte er Peter Abaelard wegen Häresie angeklagt, worauf dieser vom Papst zu ewigem Schweigen verurteilt worden war. Doch Hildegard hatte Glück: Bernhards Antwort fiel positiv aus. Ihre Visionen, so befand der Geistliche, seien eine „Gnade Gottes“. Damit war der Weg frei. Einige Jahre später trat Hildegard mit ihren Visionen an die Öffentlichkeit. Die zeigte sich beeindruckt. So beeindruckt, dass die „rheinische Sibylle“ später sogar auf Deutschland-Tour gehen sollte. Diese außergewöhnliche Karriere war ihr bereits in die Wiege gelegt. Schon vor der Geburt 1098 war klar, dass das zehntgeborene Kind als Oblate, also eine Art Gottesopfer, ins Kloster gesteckt werden sollte. Als Hildegard acht Jahre alt war, wurde sie deshalb in die Obhut einer benediktinischen Frauenklause übergeben. Auch wenn Hildegard mit ihrem eigenen Schicksal einverstanden war, sollte sie die Praxis später kritisieren. Als die Leiterin der Klause 1136 starb, wählten die anderen Nonnen sie zur Nachfolgerin. In den nächsten Jahren geriet sie immer wieder mit dem ihr übergeordneten Abt in Konflikt, weil sie die strengen Vorgaben für die Askese lockerte. Zugleich litt sie unter wiederkehrenden Visionen. Erst als ihr Freund und Lehrer, der Mönch Volmar, ihr riet, diese niederzuschreiben, hörte sie auf, sich dafür zu schämen. 1147 gab ihr der Papst, ein ehemaliger Schüler Bernhards, schließlich die Erlaubnis, ihre Schriften zu veröffentlichen. In der Folge entstand ein dreiteiliges Visionenwerk, das sie den Rest ihres Lebens beschäftigen sollte. Zudem gründete sie – gegen den Widerstand der Mönche – ein eigenes Frauenkloster, das wegen ihrer zunehmenden Berühmtheit zu großem Reichtum kam. Noch bekannter dürften sie die Predigtreisen gemacht haben, die sie ab 1158/59 auf Wunsch des Papstes unternahm – obwohl Nonnen normalerweise ihr Kloster nicht


17. Die Seele zeigt ihre Fähigkeiten entsprechend den Kräften des Körpers

D

ie Seele zeigt auch entsprechend den Kräften des Körpers ihre Fähigkeit. So zeigt sie in der Kindheit des Menschen Einfalt, in der Jugend Tatkraft und im Erwachsenenalter, wenn alle Adern des Menschen voll sind, gibt sie ihre stärksten Kräfte der Weisheit zu erkennen. So ist auch ein Baum in seinen ersten Trieben zart, dann setzt er Frucht an und bringt diese schließlich zur Fülle des Nutzens. Später jedoch, im Greisenalter des Menschen, wenn sein Mark und seine Adern sich der Gebrechlichkeit zuzuneigen beginnen, zeigt die Seele mildere Kräfte gleichsam aus Überdruss am Wissen des Menschen, wie sich auch der Saft des Baumes vor Beginn des Winters in den Zweigen und Blättern zusammenzieht und wie der Baum sich in seinem Alter schon zu krümmen beginnt. Hildegard von Bingen: „Wisse die Wege. Liber Scivias“, S. 74–75

Foto: akg-images

DIE VISIONSTRILOGIE Hildegards Visionen bildeten die Grundlage von drei umfangreichen handschriftlichen Werken. Das erste davon, „Scivias“ („Wisse die Wege“), stellte sie etwa um 1151 fertig. Darin entwickelt sie ausgehend von 26 Visionen und den biblischen Geschichten eine eigene Kosmologie. Anders als die scholastischen Philosophen glaubte sie nicht, dass Gott mittels logischer Analysen erkennbar sei. Dafür sei er viel zu unfassbar, weshalb er nur

mittels Bildern erahnt werden könne. Im zweiten, zwischen 1158 und 1163 entstandenen „Liber Vitae Meritorum“ („Buch der Lebensverdienste“) wendet sie sich ethischen Fragen zu. Eine überdimensionierte Christusgestalt steht auf der Erde und schaut in alle Himmelsrichtungen, wobei aus ihrem Mund eine Feuerwolke der Tugenden sprüht. Diese Tugenden liefern sich lange Streitgespräche mit den Lastern. Die monströse Beschreibung der

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Laster – mal nehmen sie die Form eines Menschen mit Bärenklauen und Greifenklauen an, mal die einer Rauchwolke voll großer schwarzer Augen – erinnert dabei an Hieronymus Bosch. In diesem Buch führt sie auch das Konzept der Viriditas ein, der göttlichen Lebensgrüne, welche die gesamte Natur durchdringt. Dabei nimmt sie bereits das Thema Umweltzerstörung vorweg: „Auch die Grünkraft welkt wegen des ungerechten Aberglaubens der verkehrten

Mittelalter

Menschenmassen. (…) Solange die Schöpfung ihren Dienst auf eure Nötigung ausübt, werdet ihr keine vollkommene Freude finden.“ Den Abschluss der Trilogie bildet das Alterswerk „De Operatione Dei“ („Das Buch vom Wirken Gottes“). Darin schildert sie die Entsprechung zwischen Mensch, Gott und Kosmos. Weil Gott nicht nur die Gerechtigkeit, sondern auch die Liebe verkörpert, folgert sie, dass er nicht rein männlich sein kann.

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Das gelehrte Frauenzimmer

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MADAME DUPIN 1706–1799 Schriftstellerin. Sie war mit Jean-Jacques Rousseau befreundet, der zeitweise ihr Sekretär war. Seinen misogynen Äußerungen („Der eine muss aktiv und stark sein, der andere passiv und schwach“) stellte sie –

NINON DE LENCLOS 1620–1705 Salonnière und Kurtisane. Als junge Frau las sie Montaigne, später korrespondierte sie mit dem Neo-Epikureer SaintÉvremond. Sie vertrat eine mechanistische Auffassung der Natur und des Menschen und war der Religion gegenüber kritisch eingestellt. Dabei setzte sie die Liebe und das Vergnügen ins Zentrum ihrer Ethik.

CATHARINE TROTTER COCKBURN 1679–1749 Autorin, Dramatikerin und Moralphilosophin. In ihren literarischen Arbeiten stehen Frauen im Vordergrund. Bekannt ist sie auch für ihre Verteidigung John Lockes, die 1702 erschien.

um 1720 Granny Nanny, einer jamaikanischen Sklavin ghanaischen Ursprungs, gelingt die Flucht. Gemeinsam mit anderen Sklaven gründet sie eine eigene Gemeinschaft im Gebirge, die Nanny Town genannt wird.

1729 Die italienische Mathematikerin Maria Gaetana Agnesi verfasst mit neun Jahren eine Rede, die zeigen soll, dass das Studium der Geisteswissenschaften auch dem weiblichen Geschlecht möglich sei.

um 1732 Die Schauspielerin JeanneFrançoise Quinault gründet den literarischen Salon Société du bout du banc, der von D’Alembert, Diderot, Voltaire, Rousseau und Marivaux besucht wird. 1740 Maria Theresia besteigt den österreichischen Thron.

1749 Marie de Vichy Chamrond eröffnet einen Salon, den u. a. d’Alembert, Voltaire, Fontenelle und Helvétius besuchen. 1752 Charlotte Lennox veröffentlicht „The Female Quixote“.

JOHANNA CHARLOTTE UNZER 1725–1782 Deutsche Dichterin und Philosophin. Sie wuchs in einem Milieu auf, das dem Kreis um die Aufklärer Alexander Gottlieb Baumgarten und G. F. Meier nahestand. Letzterer war ihr Onkel. Er engagierte sich gegen die Frauenfeindlichkeit seiner Zeit und übte einen großen Einfluss auf Unzer aus. Mit

ihrem „Grundriss einer Weltweisheit für das Frauenzimmer“ (1751) erreichte sie zahlreiche Leserinnen. Damit war sie eine typische Vertreterin der Gattung der „Damenphilosophie“, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Zeit an eine weibliche Leserschaft vermitteln wollte.

SOPHIE VON LA ROCHE 1730–1807 Deutsche Schriftstellerin und Salonnière. Ihr Briefroman „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ (1771) gilt als einer der ersten deutschsprachigen Romane von einer Frau. Zudem veröffentlichte sie 1783–84 die philosophisch-aufklärerische Frauenzeitschrift „Pomona für Teutschlands Töchter“.

Fotos: akg-images/Erich Lessing; akg-images/Manuel Cohen; English School/Private Collection/Bridgeman Images; Ullstein Bild; akg-images/Science Source; akg-images/bilwissedition; Granger Historical Picture Archive/Alamy Stock Foto

1705 Die Naturforscherin und Künstlerin Maria Sibylla Merian veröffentlicht „Metamorphosis insectorum Surinamensium“, ein sehr umfangreiches Werk über die Insektenwelt von Surinam.

auch mit Rousseaus Unterstützung – eine zweitausendseitige „Verteidigung der Frauen und der Gleichheit zwischen den Geschlechtern“ entgegen, die allerdings unvollendet und unveröffentlicht blieb.


OCTAVIE GUICHARD 1719–1805 Schriftstellerin und Übersetzerin. Sie übersetzte u. a. Hume ins Französische. Daneben schrieb sie die „Überlegungen einer Kleinstädterin über die Thesen von JeanJacques Rousseau über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen“ (1756) oder die „Beobachtungen über den Adel und den Dritten Stand“ (1758).

LUISE ADELGUNDE VICTORIE GOTTSCHED 1713–1762 LAURA BASSI 1711–1778 Physikerin und Philosophin. 1732 wurde sie an der Universität Bologna in Philosophie und Medizin promoviert. Danach hielt sie 28 Jahre lang einen PhilosophieLehrstuhl inne. Sie korrespondierte mit Voltaire und verbreitete Newtons Erkenntnisse in Italien.

um 1758 Die Hebamme Angélique du Coudray erfindet die erste Puppe, an der Hebammen üben können.

1766 Die französische Naturforscherin Jeanne Barret nimmt als erste Frau an einer Weltumsegelung teil.

1763 Nach dem Tod ihres Mannes führt Gabriela Silang auf den Philippinen den Aufstand gegen die Spanier an.

1770 Louise d’Épinay, eine Freundin Rousseaus, eröffnet ihren Salon, der u. a. von d’Alembert, Diderot und D’Holbach besucht wird. Voltaire nannte sie „meine Philosophin (…) ein Adler in einem Käfig aus Gaze“.

1742 Dorothea von Erxleben, die erste Frau, die an einer deutschen Universität als Ärztin promoviert wurde, fordert in einer Schrift die allgemeine Zulassung von Frauen an den Universitäten. 1769 Watts reicht das Patent für die Dampfmaschine ein.

CATHERINE MACAULAY 1731–1791 Englische Historikerin. Sie veröffentlichte eine achtbändige „Geschichte Englands“ sowie die „Briefe über die Erziehung“ (1790).

PHILOSOPHINNEN PHILOSOPHIE MAGAZIN SONDERAUSGABE

Deutsche Schriftstellerin und Übersetzerin. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Literaturtheoretiker Johann Christoph Gottsched, führte sie umfangreiche wissenschaftliche Recherchen durch. Gleichzeitig trat sie mit einem eigenen lyrischen und dramatischen Werk in

Erscheinung, etwa der Satire „Die Pietisterey im Fischbein-Rocke“ (1736) und übersetzte zahlreiche belletristische und wissenschaftliche Werke. Während ihr Mann forderte, dass die Literatur einem strengen Regelsystem gehorchen sollte, stand sie der Empfindsamkeit näher.

1776 Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten.

1783 Die erste Ausgabe der ersten deutschen Frauenzeitschrift „Pomona“ erscheint.

1781 Gemeinsam mit ihrem Mann führt die Aymara Bartolina Sisa in Bolivien einen Aufstand gegen die Spanier an.

1785 Toypurina, weiblicher Tongva-Häuptling, stellt sich im heutigen Kalifornien den Spaniern entgegen.

1782 In der Schweiz kommt es zur letzten legalen Hexenhinrichtung Europas.

Darin plädierte sie für eine gleichwertige Erziehung, die auch zu gleichen Rechten führen sollte. Zudem forderte sie eine Erziehung zum Mitgefühl und zur

Gewaltlosigkeit. Diese erschienen zwei Jahre vor Wollstonecrafts „Verteidigung der Frauenrechte“ und beeinflussten sie stark.

Frühe Neuzeit

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Foto: Elene Usdin

»

Selbst wenn ich die Argumente eines Karneades hätte, es gibt keinen, der zu kümmerlich wäre, als dass er mich nicht – unter Beifall der anwesenden Gesellschaft – abweisen könnte, mit einem Lächeln, einem Kopfschütteln oder irgendeinem Scherz, sobald er gesagt hat: Es ist eine Frau, die spricht «

Marie de Gournay: Vorwort zu den „Essais“ von Montaigne (1595)


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Die Sache wird politisch

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F

Mary Wollstonecraft: „Zur Verteidigung der Frauenrechte“, S. 71–72

ZUR VERTEIDIGUNG DER FRAUENRECHTE Sie schrieb das Werk als Reaktion auf Talleyrands Bericht vor der Verfassungsgebenden Versammlung 1791: Dieser empfahl, die Bildung für junge Mädchen auf die Erziehung zu häuslichen Aufgaben zu beschränken. Wollstonecraft protestiert: Männer und Frauen haben dieselbe moralische Würde und dieselben intellektuellen Fähigkei­ ten, beide Geschlechter haben darum ein Anrecht auf dieselbe Qualität der Bildung. Die verbreitete Meinung, Frauen seien minderwertig, entsteht gerade deshalb, weil ihnen meist eine ausreichende Bildung vorenthalten wird, sie können ihre Begabungen somit nicht leben: „Von Kindesbeinen an gelehrt,

dass die Schönheit das Zepter einer Frau ist, formt sich der Geist dem Körper entsprechend, bewegt sich in seinem goldenen Käfig und will nur sein Gefängnis schmücken.“ Da ihr Verstand keine angemes­ sene Bildung erhält, können Frauen nicht anders als in Gefühls­ duselei versinken, die als typisch weiblich bezeichnet wird. Es gibt nur eine Lösung, um dieses Muster aufzulösen: Jungen und Mädchen müssen in gemischten Schulen nach demselben Modell unterrichtet werden, damit die Frauen nicht bloß als „Gattinnen“ und nette Püppchen behandelt werden, sondern als echte „Partnerinnen“.

Foto: Heritage-Images/The Print Collector/akg-images; Übersetzung: Grit Fröhlich

rauen leben überall in diesem erbärmlichen Zustand; denn um ihre Unschuld zu bewahren, wie man die Unwissenheit höflich umschreibt, wird die Wahrheit vor ihnen versteckt, und bevor ihre Fähigkei­ ten erstarkt sind, veranlasst man sie dazu, eine künstli­ che Wesensart anzunehmen. Von Kindesbeinen an gelehrt, dass die Schönheit das Zepter einer Frau ist, formt sich der Geist dem Körper entsprechend, bewegt sich in seinem goldenen Käfig und will nur sein Gefäng­ nis schmücken. Männer haben verschiedene Beschäfti­ gungen und Aktivitäten, die ihre Aufmerksamkeit fes­ seln und dem aufblühenden Verstand Charakter ver­ leihen. Aber Frauen, die nur auf eine Sache beschränkt sind und deren Gedanken man dauernd auf den bedeu­ tungslosesten Teil ihrer Person lenkt, erweitern ihre Ansichten selten über den Triumph der Stunde hinaus. Aber wenn ihr Verstand einmal aus der Sklaverei befreit werden würde, in die sie der Stolz und die Sinnlichkeit des Mannes, ihr kurzsichtiges Verlangen nach der Macht des Augenblicks – wie das Streben der Tyrannen nach Macht – gebracht hat, würden wir wahrscheinlich über­ rascht von ihren Schwächen lesen.


Romantikerinnen Die andere Seite des Idealismus Der deutsche Idealismus ist eher männerlastig und in Geschlechterfragen reaktionär. Und doch findet sich im Umkreis von Fichte, Schelling und Hegel und im engsten persönlichen Verhältnis mit ihnen eine ganze Reihe von Literatinnen und Denkerinnen, die die Freiheit im Namen der Aufklärung einfordern – auch die weibliche

it diesem philosophischen Bildungs­ und Auf­ klärungsmagazin hat es Sophie von La Roche ge­ schafft. „Sechs Bogen stark, broschiert, mit guten Lettern und feinem Papier“, so wird sie angekün­ digt, die „Pomona“, eine der ersten deutschen Zeitschrif­ ten, die nicht nur für Frauen gemacht ist, sondern auch von einer herausgegeben wird. La Roche, zum Zeitpunkt der Journalgründung, 1783, bereits 52 Jahre alt, ist eine der meistgelesenen Schrift­ stellerin ihrer Zeit. Berühmt geworden ist sie durch die „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“, anfangs noch anonym unter dem Namen des Herausgebers, Christoph Martin Wieland, erschienen, mit dem sie sich erst verlobt

und dann überworfen hatte. Mit „Pomona“, benannt nach der römischen Göttin des Herbstes, will sie nun die auf­ gesammelten Früchte ihres Wissens verteilen. Während es in anderen Frauenjournalen um Mode, Schönheit und darum geht, wie sich Frauen zu verhalten haben, stehen bei „Pomona“ philosophische Texte im Vordergrund, Er­ ziehung, Bildung. Nicht gute Tochter, Gattin, Mutter. Zu mündigen Personen möchte La Roche ihre Leserinnen er­ ziehen. Katharina II. von Russland hat bereits 500 Abon­ nements erworben, um sie am Hof zu verteilen. Eine Erweiterung des geistigen Horizonts. Schreiben, aufklären, publizieren: Für immer mehr Frauen um 1800 wird der Wahlspruch der Aufklärung, der von Königsberg aus an die Fürstenhöfe Europas er­ gangen war, zur Ermutigung, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, die ihnen zugewiesenen Rollenmuster zu durchbrechen, unabhängig zu werden, intellektuell wie finanziell. Der Ideenreichtum kennt keine Grenzen. Auch wenn die Schriften zumeist anonym erscheinen, ist das ganze Spektrum an literarischen Gattungen vertreten: Gedichte, Erzählungen, Romane, historische Dramen, Reiseschilderungen, autobiografische Aufzeichnungen, literaturgeschichtliche Betrachtungen und Literaturkri­ tiken. Der von Kant angemahnte Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, wächst mit jedem Beispiel, das vorangeht und sich nicht mehr zufriedengibt mit den Ver­ hältnissen, wie sie sind.

PHILOSOPHINNEN

Das lange 19. Jahrhundert

VON PETER NEUMANN

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In die Gegenwart

PHILOSOPHINNEN

Schwangere Könige und Fischmänner

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Feministische Fantasien und Utopien durch die Jahrhunderte


Ähnlich wie politische Utopien sind auch fantastische Romane und Science-Fiction ihrem Wesen nach philosophisch: Sie sind Gedankenexperimente, loten die Grenzen des Denk- und Vorstellbaren aus. Solche Denkexperimente ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des weiblichen Schreibens und des feministischen Denkens. In ihnen spiegeln sich die jeweiligen gesellschaftspolitischen Debatten – und werden weiter vorangetrieben

Foto: „The Elephant in the Room is Out of Control“, from the series „Will They Sing Like Raindrops or Leave Me Thirsty“, 2014 © Max Pinckers

VON ROLF LÖCHEL

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er König ist schwanger“. Eine befremdlich klingende Feststellung. Sie findet sich in Ursula K. Le Guins feministischer Geschlechterutopie „Die linke Hand der Dunkelheit“. In dem 1969 auf Englisch erschienenen Roman wirkt sie allerdings gar nicht mehr so absonderlich. Denn ihm liegt ein für Philosophie, Utopie und Science-Fiction gleichermaßen relevantes Verfahren zugrunde – das Gedankenexperiment: „Was wäre, wenn …?“ Le Guin fragt in ihrem Buch, was die gesellschaftlichen Folgen wären, wenn die Menschheit nicht in ein männliches und ein weibliches Geschlecht aufgeteilt wäre. Zur Beantwortung hat sie den Planeten Gethen erdacht, auf dem alle Menschen die meiste Zeit geschlechtslos leben. In bestimmten Abständen bilden sie allerdings vorübergehend mal männliche, mal weibliche Geschlechtsmerkmale aus, ohne dass vorhersehbar wäre, welches Geschlecht sie jeweils annehmen werden. Zuflucht in der „Stadt der Frauen“ Bis das Gedankenexperiment im Jahre 1969 formuliert und in utopischer Form beantwortet werden konnte, war

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es ein langer Weg. Als Erste betrat ihn vor mehr als einem halben Jahrtausend die Bologneser Philosophin und Astrologin Christine de Pizan mit ihrem im französischen Original 1405 erschienenen „Buch von der Stadt der Frauen“. In kritischer Auseinandersetzung mit frauenfeindlichen Weiblichkeitsvorstellungen von der Antike über die Kirchenväter bis hin zu zeitgenössischen Autoren errichtet sie ihre allegorische Stadt der Frauen. Hierzu deutet sie misogyne Überlieferungen zu fiktiven und realen Frauen auf präfeministische Weise um. Zudem würdigt die Autorin bedeutende Frauen aus Mythos und Geschichte. Sie alle bilden die Grundsteine, Mauern und Gebäude ihres visionären „Ortes der Zuflucht“, dessen Bewohnerinnen von der „Schar boshafter Belagerer“ nicht vertrieben werden können. Bei seiner Errichtung stehen der Ich-Erzählerin Christine hilfreich drei allegorische Frauenfiguren, Vernunft, Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit, zur Seite. Zwar hat Christine de Pizan kein im Nirgendwo liegendes utopisches Ideal entworfen, das zwar unerreichbar, aber anzustreben sei, sondern in erster Linie eine Ermutigungsschrift für ihre Geschlechtsgenossinnen verfasst. Dennoch kann „Das Buch der Stadt

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In die Gegenwart

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Das OxfordQuartett Die Männer sind alle im Krieg. In ihrer Abwesenheit schließen vier Oxforder Philosophinnen Freundschaft. Und entwickeln ein Denken, das zugleich sehr neu und sehr alt ist

VON FLORIAN OEGERLI Das „Wartime Quartet“ den Fugen geratene Welt zu verstehen. Im Vordergrund stehen dabei die antiken Klassiker. Dies, obwohl die gerade aufgekommene analytische Philosophie damit kaum etwas anfangen kann, gelten ihr Platon oder Aristoteles doch als Metaphysiker ohne Bodenhaftung. So kommt es, dass die vier Freundinnen bei ihren häufigen Treffen Fragen diskutieren, die sich ihre männlichen Kollegen nicht mehr stellen. Etwa, wie man eine Ethik entwickeln kann, die der menschlichen Natur entspricht. Auch wenn sie später unterschiedliche Philosophien entwickeln sollten, sind sich die vier Mitglieder des sogenannten „Wartime Quartets“ in einem Punkt einig: Die analytische Philosophie irrt, wenn sie glaubt, dass man sich im 20. Jahrhundert nicht mehr mit Ethik zu beschäftigen braucht.

Philosophie als Kampf gegen den Unsinn Anfang des 20. Jahrhunderts kommt es in der Philosophie zu einer viel zitierten Wende. Denker wie Frege, Russell oder Wittgenstein wenden sich von den klassischen Fragen ab und dem Medium zu, in dem diese gestellt wurden: der Sprache. Schließlich ist diese die Grundbedingung des Denkens. Bevor man philosophische Probleme zu lösen versucht, gilt es erst einmal, deren Begrifflichkeit einer

Foto: Ida Kar/Mary Evans

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ondon, 1942. Die Angriffe der deutschen Luftwaffe sind seltener geworden. Doch wenn man wie die beiden jungen Philosophieabsolventinnen in einer Mansardenwohnung lebt, ist dieser Gedanke nicht allzu beruhigend. Wenn es ihnen zu viel wird, verstecken sich Iris Murdoch und Philippa Foot in der Badewanne unter der Treppe. Vielleicht sprechen sie dann darüber, wie die antike Philosophie helfen kann, die Kriegsgräuel zu verstehen. Wie sich das Böse erklären lässt – und wie das Gute. Obwohl der Krieg eine allumfassende Bedrohung ist, ist er für Foot, Murdoch und ihre Freundinnen Elizabeth Anscombe und Mary Midgley ironischerweise auch eine Chance. Noch bis in die 1930-Jahre machten Frauen an englischen Unis weniger als ein Viertel der Studentenschaft aus. Erst seit 1920 erhalten sie überhaupt einen Abschluss. Der Krieg ändert das. Kaum haben sie ihr Studium angetreten, werden die meisten ihrer Mitstudenten und Dozenten eingezogen. Übrig bleiben nur einige ältere Professoren – und die Studentinnen. Das sorgt für ein besonderes Klima. War zuvor ein Diskussionsstil en vogue, in dem sich „clevere junge Männer um das brillanteste Argument stritten“, wie sich Midgley später erinnert, arbeitet man in den Seminaren der Kriegsjahre miteinander statt gegeneinander und versucht, die aus


IRIS MURDOCH 1919–1999 begann 1938 am Somerville College Klassische Philologie und Philosophie zu studieren. Gegen Ende des Krieges arbeitete sie zwei Jahre in der Flüchtlingshilfe, bevor sie am Newnham College der Uni Cambridge promovierte. Mit „Sartre: Romantic

Rationalist“ (1953) veröffentlicht sie eine der ersten englischsprachigen Studien über Sartre. Gleichzeitig trat sie als Schriftstellerin in Erscheinung. Für ihren Roman „Das Meer, das Meer“ (1978) erhielt sie den Booker-Preis. In ihrem

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wichtigsten Werk „The Sovereignty of Good“ (1970) entwickelte sie die Idee des (schlechthin) Guten, das es ermöglichen soll, vom eigenen, egozentrischen Standpunkt zurückzutreten.

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ein Vater wollte eine Tochter (…), und im Gegensatz zu meiner Mutter, einer sehr konservativen Frau, sagte er immer, der Platz des Mädchens sei nicht der Haushalt, lieber solle sie Philosophin oder Komponistin werden. Schon im Kinderwagen neckten sie mich: „Kleine Philosophin“. „Warum hast du gesagt, ich soll Philosophin oder Komponistin werden?“, wollte ich später von Vater wissen. „Weil es das Absurdeste für ein Mädchen ist“, antwortete er, „und ich möchte, daß du das Absurdeste wirst.“ Ágnes Heller, „Der Affe auf dem Fahrrad“, S. 21

GULag zu verstehen: „Ich bin meinen Toten Rechenschaft schuldig.“ Einmischungen Ganz grundsätzlich gehörten für Ágnes Heller Philosophie und Politik zusammen. „Ich bin ein politisches Tier“, sagte sie in Anspielung auf den antiken Philosophen Aristoteles, der den Menschen als „zóon politikón“ bezeichnete, als ein „soziales Wesen“. Dabei ging ihr politisches Engagement immer über die Theorie hinaus. Mit ihrem 1994 verstorbenen zweiten Ehemann verfasste sie viele Texte, die sie „Interventionen“ nannte, also „Einmischungen“. Seit in Ungarn 2010 Viktor Orbán zum zweiten Mal Ministerpräsident wurde, trat Heller immer wieder als öffentliche Kritikerin seiner Regierung auf, auch die letzten Jahre ihres Lebens waren durch politische Intervention gekennzeichnet. Sie machte sich Sorgen um Ungarns junge Demokratie und nannte Orbáns autoritäre Politik einen „Bonapartismus“. Philosophisch beschäftigte sie sich – kaum zufällig – mit der Entstehung von Vorurteilen. Beim Schwimmen konnte Heller am besten denken. Daheim in Budapest besuchte sie auch im hohen Alter täglich das Hallenbad, doch fand sie das langweilig gegenüber dem ausgedehnten Schwimmen im Balaton, dessen wechselnde Farben sie sehr liebte. Im Juli dieses Jahres ist Ágnes Heller im Alter von 90 Jahren in diesem See ums Leben gekommen. •

Foto: laif; Illustration: Studio Nippoldt

Verschlungene Wege des Denkens Hellers Philosophie ist so lebendig wie ihr Leben und daher kaum auf einen Punkt zu bringen. „Ich will immer etwas Neues lernen“ war einer ihrer stehenden Sätze. Immer brauchte sie die Herausforderung und neue geistige Abenteuer. Im Lauf ihres Lebens schrieb sie unzählige Bücher und Aufsätze, ihre Philosophie ist ein wahres Labyrinth aus Texten und Themen. Über Gefühle hat sie nachgedacht und über den Sinn menschlicher Bedürfnisse, über Ethik und über Geschichtsphilosophie, über Politik und über die Komödie. Zudem nahmen die Texte selbst oft verschlungene Wege. Etliche wurden im kommunistischen Ungarn verboten und erschienen nur in deutscher oder italienischer Übersetzung. Um ein wenig Ordnung ins System zu bringen, schrieb Heller 2011 das Buch „A Short History of My Philosophy“ (deutsch: „Eine kurze Geschichte meiner Philosophie“, 2019). Geformt wurde Hellers Denken durch zwei traumatische Einschnitte in ihr Leben: Da war zum einen die Verfolgung durch die Nationalsozialisten im besetzten Ungarn des Zweiten Weltkriegs. Und zum anderen das Wissen um die Verbrechen Stalins, viele ihrer Bekannten starben in russischen Lagern. Im ergreifenden Schlusskapitel ihrer Autobiografie „Der Affe auf dem Fahrrad“ schreibt Heller, ihre lebenslange Auseinandersetzung mit Ethik und Geschichte sei auch eine Pflicht gegenüber den Ermordeten gewesen, der Versuch, Auschwitz und den


Feminismus als intellektuelles Motiv findet sich zu allen Zeiten. Zum eigenen philosophischen Teilgebiet wird das Denken der Geschlechterdifferenz in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Themen und theoretische Ansätze sind von Anfang an vielfältig. Vom Universalismus bis zum Differenzfeminismus, von der Leibphilosophie bis zum Konstruktivismus, von der Wissenschaftskritik bis zur utopischen Zukunftsvision: Feministische Philosophie bleibt bis heute divers und kontrovers

Feministische Philosophie » Die freie Frau wird gerade erst geboren  « Simone de Beauvoir „Das andere Geschlecht“ (1949)

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Feministische Philosophie

Foto: ullstein bild/Roger-Viollet/Albert Harlingue; ร bersetzung: Grit Frรถhlich

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SIMONE DE BEAUVOIR (1908 – 1986)

Man kommt nicht als

Beauvoir zur Welt

Dass Frauen seit jeher nicht „der Mensch“, sondern das „andere Geschlecht“ sind, hat niemand schonungsloser und wirkmächtiger analysiert und kritisiert als Simone de Beauvoir, die existenzialistische Philosophin, die zur Wegbereiterin und Ikone des feministischen Philosophierens im 20. Jahrhundert werden sollte

imone de Beauvoir wird am 9. Januar 1908 in Paris geboren. Ihr Vater ist Anwalt, ihre Mutter gehört zum wohlhabenden Bürgertum von Ver­ dun. Die Schulzeit absolviert sie als glänzende Schülerin am Cours Desir, einer katholischen Schule für Töchter aus gutem Hause. Dort lernt sie „Zaza“ kennen, Elisabeth Lacoin, die ihre beste Freundin wird. Zum Ende des Ersten Weltkriegs muss die Familie wegen des Bankrotts ihres Großvaters Gustave Brasseur die große Wohnung am Boulevard Montparnasse verlassen und in eine kleinere in der Rue de Rennes umziehen. Der Abstieg triff t ihren Vater hart. „Wenn er erklärte: ,Ihr,

meine Kleinen, werdet euch nicht verheiraten, ihr müsst arbeiten‘, so lag Bitterkeit in seiner Stimme. Ich glaubte dann, er bedaure uns; aber nein, in dieser unserer arbeitsamen Zukunft las er nur die Bestätigung seines eigenen Versagens.“ Welche Zukunft sieht ihr Vater für die junge Simone? Den „schönsten Beruf“: Schriftstellerin! Er hält sie für nicht weiblich genug („Du hast ein Hirn wie ein Mann“, sagt er ihr immer wieder) und bedauert, dass sie aufgrund ihres Geschlechts nicht die Elitehochschule École polytechnique besuchen kann. In ihrer Jugend verliert Beauvoir zunehmend den Glauben. Die junge Frau emanzipiert sich von dem geistigen Umfeld, in dem sie aufwuchs. Ihr Abitur legt sie 1925 in zwei Fachrichtungen gleichzeitig ab: Mathematik sowie Latein und Sprachen. Ihr freier Geist zieht sie zur Philosophie, aber um ihre Eltern nicht zu verärgern, studiert sie zunächst Mathematik und klassische Philologie. Doch ab 1927 findet sie zu ihrer ersten Liebe, der Philosophie, zurück. Sie schreibt eine Abschlussarbeit über Leibniz und beginnt, sich auf die Agrégation vorzubereiten, die Zulassungsprüfung für Gymnasiallehrer. An der Sorbonne kreuzen sich die Wege von Beauvoir und Jean-Paul Sartre bei einer Veranstaltung von Léon Brunschvicg. „Ich wollte sie unbedingt kennenlernen“, erklärte Sartre. „Ich fand sie immer schön, obwohl sie einen grässlichen kleinen Hut trug, als ich ihr das erste Mal begegnete.“ Von dem Trio, das er gemeinsam mit Paul Nizan und René Maheu bildet, findet Simone ihn

PHILOSOPHINNEN

Feministische Philosophie

VON OCTAVE LARMAGNAC­MATHERON

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Feministische Philosophie

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In den Debatten über feministische Theorie wurde der sogenannte „Differenzfeminismus“ oft als problematische Essenzialisierung von Weiblichkeit kritisiert, als unkritischer Anschluss an längst überholte Ideen eines „natürlichen“ Unterschiedes zwischen den Geschlechtern. Beim „Feminismus der sexuellen Differenz“ aus Italien geht es aber um etwas anderes: um einen Freiheitsbegriff, der im Realen verankert bleibt und sich im Alltag bewährt

VON ANTJE SCHRUPP

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s ist Sommer, es ist heiß, wir sind in Italien. In einer alten, zum Tagungshaus umgebauten Villa am Stadtrand von Verona haben sich an diesem Wochenende im Juni 2018 gut 30 Frauen um einen enormen Massivholztisch versammelt. Es ist der halbjährliche „Ritiro“ von Diotima, jener 1984 in Verona gegründeten Philosophinnengemeinschaft, die zusammen mit dem Mailänder Frauenbuchladen für einen Feminismus

» Wie kann weibliche Subjektivität in einer Welt existieren, die mit der Existenz begehrender und sprechender Frauen gar nicht rechnet? «

der Geschlechterdifferenz steht. Ihre Kernthese: Die Freiheit der Frauen wird nicht durch Emanzipation und Gleichstellung mit den Männern erreicht, sondern durch weibliche Autorität und Beziehungen untereinander. Durch mehr „weibliche Differenz“ in der Welt. „Die Italienerinnen“, wie sie in Deutschland oft kurz genannt werden – obwohl es in Italien auch andere feministische Strömungen gibt –, sind international durch das 1987 erschienene Buch „Non credere di avere dei diritti“, „Nicht glauben, Rechte zu haben“, bekannt geworden – ein Zitat der 1943 verstorbenen französischen Anarchistin und Philosophin Simone Weil. In Deutschland erschien das Buch 1990 unter dem Titel „Wie weibliche Freiheit entsteht“. Darin grenzten sich die Italienerinnen von der Gleichstellungspolitik ab und betonten, dass Frauen nicht als einheitliche Gruppe betrachtet werden können. Frauen hätten keine gemeinsamen Interessen, weil sie untereinander viel zu unterschiedlich seien. Der damals im Feminismus vorherrschenden Gleichheitsrhetorik setzten sie die Praxis des „Affidamento“ entgegen, das gegenseitige Sich-Anvertrauen von Frauen in ihrer Unterschiedlichkeit. „Wir sind keine Gruppe“, heißt es dementsprechend auch auf der Homepage von Diotima, „sondern einzelne Frauen, die sowohl als Einzelne als auch gemeinsam geprägt sind von einer Geschichte der Beziehungen, angefangen bei der Beziehung zu unserer Mutter, die weitergeführt wird von der Beziehung, die uns untereinander verbindet und die Diotima heißt: ein gemeinsamer Name für Beziehungen unter Frauen, die Philosophie treiben.“ Den Kern bilden etwa zehn bis 15 Frauen, die sich einmal im Monat zum gemeinsamen Diskutieren treffen. Ihr Anliegen ist, „auf eine Weise Philosophie zu machen, die dem eigenen Frausein treu bleibt, die Frage der weiblichen Differenz einführt und sie immer offenhält“, wie die Sprachphilosophin Chiara Zamboni es


DIOTIMA: LUISA MURARO geboren 1940 als sechste von elf Geschwistern in der Kleinstadt Montecchio Maggiore in Venetien. Sie studierte Philosophie an der katholischen Universität in Mailand. Von 1976 bis 2005 lehrte sie Philosophie an der Universität Verona. Sie gilt als die herausragende Denkerin des italienischen Differenzfeminismus. Sie beschäftigte sich intensiv mit dem Denken von

Foto: Armando Rotoletti

formuliert hat, die neben Luisa Muraro und Adriana Cavarero eine der Gründerinnen von Diotima ist.

Mystikerinnen und Beginen sowie mit sprachphilosophischen Themen, etwa der Bedeutung der Metonymie oder der Muttersprache. Neben ihren Arbeiten zu weiblicher Freiheit und Subjektivität beschäftigte sie sich auch mit Gewalt in politischen Bewegungen und setzte sich zuletzt kritisch mit Leihmutterschaft auseinander.

Weibliche Autorität Der Name der Gemeinschaft erinnert an eine Frau, von der Sokrates in Platons „Gastmahl“ sagt, sie habe ihn „das Wesen der Liebe gelehrt“, die aber selbst weder bei diesem Gastmahl noch in anderen antiken Quellen anwesend ist. Philosophen haben zwar immer über Frauen gesprochen, aber die Stimmen der Frauen selbst sind so gut wie gar nicht überliefert. Frauen sind als Objekte, die betrachtet werden, präsent, aber als Subjekte, die von ihren eigenen, weiblichen Erfahrungen ausgehen und mit Autorität darüber schreiben und sprechen, kommen sie im Kanon der Philosophiegeschichte kaum vor. Genau dies ist aber die Frage, die die italienischen Differenzphilosophinnen umtreibt: Wie kann weibliche Subjektivität in einer Welt existieren, die mit der Existenz begehrender und sprechender Frauen gar nicht rechnet? Dabei geht es ihnen nicht bloß um „Diversity“, also um Unterschiede zwischen Frauen in puncto Herkunft, Alter, sexuelle Identität, Privilegien. Sondern es geht mehr noch

um unterschiedliche Ansichten, Positionierungen, Wünsche, Urteile. Frauen sind nicht nur einfach verschieden, sie unterscheiden sich auch aktiv voneinander, indem sie sprechen und handeln. Vordenkerinnen, auf die sich die Diotima-Philosophinnen immer wieder beziehen, sind Luce Irigaray, deren 1974 erschienenes Buch „Speculum“ wegweisend für das Denken der sexuellen Differenz war, Carla Lonzi, die bereits in den frühen 1970er-Jahren die Logik der Geschlechtergleichheit kritisiert hatte, sowie Hannah Arendt, auf deren Politik- und Pluralitätsbegriff sich die Italienerinnen weitgehend stützen. Wo Unterschiede geschätzt werden, geht es zuweilen auch laut und kontrovers zu. Bei den Diskussionsrunden von Diotima gibt es in der Regel keine Tagungsordnung oder vorab vereinbarte Referate, jede bringt ein, was sie zu sagen hat. Es ist vor allem diese Art des gemeinsamen Sprechens und Diskutierens, das die Besonderheit von Diotima ausmacht. „Denken in Präsenz“ hat Chiara Zamboni es in einem gleichnamigen Buch genannt. Beim Sommertreffen in Verona, zu dem auch befreundete Feministinnen aus anderen italienischen Städten und aus dem Ausland gekommen sind, geht es diesmal

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Feministische Philosophie

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Der Leib, der ich bin Phänomenologinnen und KÜrperphilosophinnen


Der Geist ist männlich, die Frau hingegen nichts als Körper. Dieses Klischee findet sich über die Jahrhunderte immer wieder in der Philosophie. Wenig erstaunlich, dass Feministinnen nicht nur die Vernunft auch des weiblichen Geschlechts betonen, sondern umgekehrt auch über den Körper ganz neu und anders nachdenken

LEYLA SOPHIE GLEISSNER

Ü

Foto: Elinor Carucci

ber die Frau sagt man „gern, sie denke mit ihren Drüsen“. In diesen Worten Simone de Beauvoirs aus „Das andere Geschlecht“ (1949) wird eine Annahme deutlich, die schon bei Aristoteles angelegt ist: Die Frau ist der Sphäre des Körperlichen zugehörig und wird von ihren biologischen Gegebenheiten völlig bestimmt. Als passive Materie ist sie demnach nur Empfängerin, unfähig zur kreativen oder denkerischen Schöpfung. Man sieht, die Herabsetzung von Frauen in der männlich dominierten Philosophie fällt mit einem tiefen Misstrauen gegenüber dem Körper zusammen. Verhaftet in sprunghafter Sinnlichkeit, fehle es ihm, im Gegensatz zum Geist, an der Fähigkeit, zu ewiger Wahrheit zu gelangen. Ein solches „leibverächtliches“ Denken, wie man mit Nietzsche sagen kann, findet seinen Höhepunkt in Descartes’ radikaler Trennung von Körper und Geist. Es „ist sicher, dass ich von meinem Körper tatsächlich unterschieden bin, und ohne ihn existieren kann“, heißt es in seinen „Meditationen“. Kurz: Descartes ist ganz Geist, die Frau aber ganz Körper.

Anstatt sich von Vorurteilen leiten zu lassen, soll der pflichtbewusste Phänomenologe (von griechisch „phainomenon“ – Erscheinung) in der genauen Beschreibung seiner Bewusstseinserfahrung mit den Dingen deren Wesen erscheinen lassen. All das klänge sehr nach Descartes’ allmächtigem Geist, wäre da nicht noch eine zweite Erfahrungsebene angelegt: die leibliche. Andere sehen mich von außen als Körper, ich aber empfinde mich in meiner mir eigenen „Innenleiblichkeit“, stellt Husserl fest und rückt unser nun gedoppeltes Körperverhältnis so in ein neues Licht. Während „Körper“ von dem Lateinischen „corpus“ stammt, wie es noch im Englischen „corpse“ (Leiche) anklingt, kommt „Leib“ vom mittelhochdeutschen „lip“ (Leben). Der Körper ist etwas, was sich „von außen“ beschreiben und vermessen lässt. Der Leib aber ist gelebt, was bedeutet, dass er jemand ist, die oder der sich spürt. Mit Helmuth Plessner können wir sagen, wir haben einen Körper, aber sind ein Leib.

Husserl und die Erfahrung des Körpers Mit diesem Erbe im Gepäck kann es überraschen, dass ausgerechnet die feministische Philosophie im 20. Jahrhundert die Wichtigkeit des Körpers zur Auseinandersetzung mit weiblicher Subjektivität aufgreift. Entscheidend ist aber, dass feministische Körpervorstellungen einen tief greifenden Bruch mit der patriarchal geprägten darstellen. Entstanden sind sie im engen Dialog mit der Phänomenologie. Als eine der großen philosophischen Strömungen des letzten Jahrhunderts bildet den Ausgangspunkt der Phänomenologie die Zuwendung zu „den Sachen selbst“ – so das bekannte Zitat ihres Begründers Edmund Husserl.

Das Geschlecht des Leibes Von der klassischen Phänomenologie allerdings ignoriert wurde die Tatsache, dass der Leibbegriff seit seinen Anfängen eng mit Fragen nach der Geschlechtlichkeit verwoben ist. Edith Stein, Husserls Mitarbeiterin, der als Frau eine eigenständige akademische Karriere verwehrt blieb, verband ihre Überlegungen zum Leib mit denen zur Rolle der Frau in der Gesellschaft. Das Problematische dabei: Steins phänomenologische Praxis mündet in einer Suche nach dem ewigen Wesen der Frau. Dieses fand sie bei ihrer gottgegebenen „Bestimmung (…) zur Mutterschaft“, wie sie 1932 in „Christliches Frauenleben“ festhält. Zwar solle jeder Frau jeder Beruf offenstehen, aber die Seele, die den Körper der Frau bewohne,

PHILOSOPHINNEN

Feministische Philosophie

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Feministische Philosophie

PHILOSOPHINNEN PHILOSOPHIE MAGAZIN SONDERAUSGABE

Gender

und andere Identitäten

Fotos: The European Graduate School/EGS; Übersetzung: Michael Ebmeyer

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Seit ihrem epochemachenden Werk „Gender Trouble“ von 1990 ist Judith Butler eine der einflussreichsten – und vielfach angefeindeten – Stimmen der feministischen Philosophie und der Gender Studies. Im Interview erklärt sie ihre Vorstellung vom Geschlecht als permanenter Konstruktion – und warum die Idee einer „Performance“ nicht bedeutet, dass wir uns gänzlich willkürlich und frei selbst erschaffen können

GESPRÄCH MIT JUDITH BUTLER VON OCTAVE LARMAGNAC-MATHERON

In Frankreich und Deutschland wird oft behauptet, die Gender Studies wollten alle Unterschiede zwischen Männern und Frauen abschaffen. Was entgegnen Sie auf diesen Vorwurf? JUDITH BUTLER Nur sehr wenige Menschen in den Gen­ der Studies streben danach, die Unterscheidung zwischen Mann und Frau abzuschaffen. Die meisten versuchen die diversen Bedeutungen zu verstehen, mit denen Mannsein oder Frausein belegt wird, und außerdem die verschie­ denen Bezugssysteme (zum Beispiel Arbeit, Familie, Staat), in denen Kategorien wie diese angewandt werden. Es stimmt, dass manche Menschen sich als nichtbinär wahrnehmen – ich zum Beispiel – und dass es besser wäre, Gender als ein Spektrum aufzufassen anstatt als eine binäre Relation.

Blick. Ich denke, Unterschiede wird es im Bereich Gender immer geben, und das ist auch wichtig. Ich streite bloß ab, dass es nur den einen Unterschied gibt.

Was heißt es für Sie, eine Frau und eine Feministin zu sein?

Es war nie meine Art, solche Szenarien zu ent­ werfen, aber manche Leute haben ja diesen utopischen

Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine Frau bin. Wie soll mensch das wissen? Aus feministischen Gründen bin ich bereit, unter gewissen Umständen „als Frau“ zu spre­ chen, doch das bedeutet für mich keine grundsätzliche Identifikation. Feministin zu sein, ist etwas anderes – um Feministin zu sein, braucht mensch weder Frau zu sein noch zu wissen, was eine Frau ist. Feminismus bedeutet, sich gegen Ungleichheit zu stellen, gegen Gewalt an Frau­ en und Transmenschen, für Bewegungs­ und Handlungs­ freiheit in öffentlichen und privaten Räumen zu kämpfen und zu zeigen, dass es in unserer Macht steht, eine ge­ rechtere Gesellschaft zu schaffen. Aber der Feminismus als Bewegung ist auch eine Form der Bündnisbildung, bei der auf jeden Fall die Kämpfe der nichtweißen Frauen eine grundlegende Rol­ le spielen: Sie stehen an der Speerspitze der Bewegung

PHILOSOPHINNEN

Feministische Philosophie

Wie können wir uns auf sehr lange Sicht eine Gesellschaft ohne Gender-Normen vorstellen?

PHILOSOPHIE MAGAZIN SONDERAUSGABE

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DIE EXISTENZIALISTEN

und die

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Hannah Arendt „Französischer Existenzialismus“

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Die letzte Zigarette

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„MEIN WILLE WURDE GEBROCHEN“ Bericht aus der Psychiatrie

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