50 Jahre Stiftung zur Palme | Seite 4
PfäffikerIN | August 2013
Wohnen in der Palme Die Stiftung zur Palme bietet an sechs verschiedenen Standorten in Pfäffikon insgesamt 100 Wohnplätze für Menschen mit einer geistigen Behinderung oder einer Lernbehinderung an. Auf einer Wohngruppe wohnen die Bewohner(innen) in grösstmöglicher Selbstständigkeit. Jede Person hat ein individuell eingerichtetes eigenes Zimmer. Das gemeinsame Wohnzimmer sowie die Küche sind der Treffpunkt für freie Abende und Wochenenden. Die Betreuung richtet sich nach den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Bewohner(innen). Der Betreuungsbedarf orientiert sich an der Methode «Gestaltung der Betreuung von Menschen mit Behinderungen» (GBM). Die Fachpersonen begleiten die Bewohner(innen) im lebenspraktischen Bereich und unterstützen ihre Entwicklungsschritte hin zu grösstmöglicher Selbstständigkeit. Auf dem Palme-Areal
an der Hochstrasse gibt es sieben Wohngruppen: 5 im Haupthaus mit je 6 bis 8 Bewohner(inne)n, eine im Palmenhaus mit 9 Bewohner(inne)n sowie eine im Diggelmannhaus mit 8 Bewohner(inne)n. Die Betreuung und Begleitung ist während 7 Tagen pro Woche gewährleistet, in der Nacht werden die Wohngruppen an der Hochstrasse von einer Nachtwache betreut. Zusätzlich hat die Stiftung verschiedene Wohnungen im Dorf gemietet. Die drei Wohngruppen Frohwies sind zentrumsnah gelegen und bieten den insgesamt 20 Bewohner(inne)n eine herausfordernde und anregende Umgebung. Weitere Aussenwohngruppen für 6 Erwachsene sind in drei 3½-Zimmer-Wohnungen eingemietet, weitere Aussenwohnungen sind im Müllerhaus vorhanden. Ab 1. September führt die Stiftung eine Wohngruppe für fünf Lernende, die auf betreutes Wohnen angewiesen sind.
Der geräumige Aufenthaltsraum mit Küche für acht Bewohner(innen) in einer von drei Wohngruppen im Frohwies. Noch immer wird ein Sponsor für einen wenigstens etwas grösseren TV-Apparat gesucht …
Ein ganz normaler Tag in einer Wohngruppe Adrian Visscher ist stellvertretender Gruppenleiter der Wohngruppe Frohwies. Vor seinem Eintritt ins Palme-Team 1999 war er in der Stiftung Ilgenhalde in Fehraltorf tätig und betreute dort geistig und mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche. Berufsbegleitend bildete er sich an der Fachhochschule für soziale Arbeit in Zürich zum Sozialpädagogen aus. Wir unterhalten uns über einen ganz normalen Tag in der Wohngruppe Frohwies: PfäffikerIN: Wann hat Ihr Arbeitstag begonnen? Adrian Visscher: «Mein Dienst hat gestern um 13 Uhr mit der einmal im Monat stattfindenden gemeinsamen Teamsitzung begonnen. Das Team, bestehend aus zehn Fachpersonen und geführt von einer Gruppenleiterin, sitzt um den grossen Tisch im Essbereich der Wohngruppe. Ich bin mit Protokollschreiben an der Reihe. Wir besprechen verschiedenste Themen der Organisation, erhalten über die Gruppenleiterin Informationen aus den andern Bereichen der Palme, fassen Beschlüsse, verteilen Aufgaben und planen den Alltag der Bewohner(innen) mit deren vielfältigen Anliegen und Bedürfnissen. Kurz nach halb fünf am Nachmittag kommen jeweils die ersten Bewohner(innen) von der Arbeit zurück. In der ersten halben Stunde gleicht die Stimmung jeweils der in einem Bienenhaus; es ist ein Kommen und Gehen, und es werden die unterschiedlichsten Informationen ausgetauscht. Was ist speziell an Ihren Schützlingen? Ein Beispiel unter vielen: Ein Bewohner hat von seinem Arbeitsplatz einen Dop-
pelmeter mitgenommen. Er sitzt auf der Treppe und dreht das Werkzeug in der Hand, öffnet es und legt es wieder zusammen. Sein Arbeitsplatz ist die Schreinerei. Der Doppelmeter macht das klar. Er gehört zu seinem Handwerkzeug. Und darauf ist er stolz. Wer macht was in der Wohngruppe? Jeden Abend sind andere Bewohner für das Nachtessen verantwortlich. Ich begleite sie beim Einkauf oder strukturiere diesen gemeinsam mit ihnen. Beim Einkaufen lernen sie verschiedene lebenspraktische Fertigkeiten zu üben. So geht es im Laden um die Orientierung, um das
Abschätzen von Qualität und Preis, um den Mengen- und Zahlbegriff oder den Umgang mit Geld, aber auch um ein angemessenes Verhalten in der Öffentlichkeit. Hier erlebe ich es täglich, dass die Stiftung zur Palme wirklich ein Teil von Pfäffikon ist. Unsere Bewohner(innen) gehören wie selbstverständlich zum Dorf und erleben eine positive Grundhaltung ihnen gegenüber. Wie verläuft ein Abend? Beim gemeinsamen Nachtessen entwickeln sich zwanglose Gespräche in einer gemütlichen Atmosphäre. Im Anschluss
Adrian Visscher ist in der Palme auch für die Qualitätssicherung verantwortlich
daran besprechen wir den Abendablauf. Wer hat welches Ämtli, wer benötigt Unterstützung oder Begleitung bei der Körperpflege, wer muss noch sein Zimmer in Ordnung bringen, welche Freizeitgestaltung ist geplant oder erwünscht? Vor oder nach den Mahlzeiten werden auch die Medikamente verteilt. Danach ist es Zeit für das Bewegungsangebot des Abends. Bewohner(innen) aller drei Wohngruppen im Frohwies tanzen Zumba! Wir Fachpersonen tanzen mit. Vortänzerin ist eine virtuelle Figur in einem Videospiel. Eine Bewohnerin trägt einen Gurt. Daran befestigt ist die Fernbedienung der Spielkonsole. So werden ihre Bewegungen an das Spiel übertragen, und wir erhalten eine Rückmeldung, ob sie sich richtig bewegt. Wir andern tanzen ohne dieses Feedback, aber mit genauso viel Freude und Einsatz mit. Und dann kommen auch Sie zur Ruhe? Nicht ganz. Im Frohwies kehrt zwar langsam Ruhe ein. Ab 22 Uhr sind die meisten Bewohner(innen) in ihren Zimmern. Nun habe ich Zeit, um die administrativen Aufgaben in Angriff zu nehmen. Meine Teamkolleg(inne)n geben mir letzte Informationen für den Nachtpikettdienst. Bevor auch ich zu Bett gehe, mache ich mich auf einen letzten Rundgang durch die drei Wohngruppen im Frohwies. Sind alle elektrischen Geräte ausgeschaltet, die Dachfenster und Aussentüren geschlossen, kurz: Ist alles in Ordnung? Um halb sieben beginnt bereits wieder der Frühdienst. Heute morgen habe ich die Arbeiten mit einer zweiten Fachperson zusammen eingeteilt. Die ersten Bewohner(innen) sassen da schon am