Gitarre & Laute XXX/2008/Nº 3-4

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Gitarre & Laute ONLINE, XXX/2008/Nº 3–4 Interview mit Hopkinson Smith Zum Tod von Leo Witoszynskyj Geschichte der Lautenmusik Gitarre stimmen? Rossini/Giuliani: La Cenerentola Regondi, de L’Hoyer, Molitor … Neue Noten Guitarrefreund


07 -14 February 2009 Belgrade, Serbia www.gaf.rs

The 10th Anniversary International Guitar Art Festival and Competition with: Alirio and Senio Diaz, Ennio Morricone and Roma Sinfonietta, Sting and Edin Karamazov, Kazuhito Yamashita, Vicente Amigo band, Dusan Bogdanovic, Oscar Ghiglia, Roland Dyens, Costas Cotsiolis, Roberto Aussel, Badi Assad, Hubert Kappel, Colin Cooper, Xuefei Yang, Pavel Steidel, Zoran Dukic, Aniello Desiderio, Carlo Marchione, Roberto Fabbri, Michele Libraro, Alfred Eickholt, EOS Guitar Quartet, Miroslav Tadic, Vlatko Stefanovski, Teodosije Spasov, Zarko Ignjatovic, Damjan Stanisic, Srdjan Bulatovic, Predrag Stankovic, Liviu Georgescu, Ivana Ziher, Tal Hurwitz Hristu Mular and the best Serbian guitarists.


Liebe Leserinnen, liebe Leser

Liebe Leserinnen, liebe Leser, die traurige Pflicht des Chronisten ist es, zu berichten, wenn jemand die Bühnen dieser Welt für immer verlassen hat. In der letzten Ausgabe war es Alexandr Kamillowitsch Frauči, dessen Tod ich zu beklagen hatte, jetzt ist es Leo Witoszynskyj, der völlig unerwartet und plötzlich im Alter von 67 Jahren in Graz verstorben ist. In dieser Ausgabe finden Sie einen Nachruf, ebenso einen erneuten Abdruck des Interviews, das ich vor einigen Jahren mit ihm gemacht habe. Im Blog von Gitarre & Laute ist der Nachruf auch veröffentlicht, dort können Sie, wenn Sie möchten, Kommentare hinzufügen: www.gl-blog.de. Beide Musiker, Frauči und Witoszynskyj habe ich persönlich gut gekannt, war mit ihnen befreundet. Beide hinterlassen schmerzhaft empfundene Lücken in dieser Welt. Im September dieses Jahres gab es in Varaždin in Kroatien ein Barockfest. Hier hatte ich die Gelegenheit, mit Hopkinson Smith wieder einmal ein Interview zu führen, das ich Ihnen jetzt gern anbiete. Es geht um Francesco da Milano und eine Neue CD, die Hopkinson Smith aufgenommen hat. Neue Bücher, Noten und CDs stehen in dieser Ausgabe im Mittelpunkt des Interesses.

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Gitarrenmusik wird weitaus weniger produziert, als noch vor einigen Jahren, dafür ist die editorische Qualität der Ausgaben deutlich gesteigert worden. Einige neue Ausgaben werden vorgestellt, in denen nicht nur Repertoire-Raritäten erscheinen, sondern regelrechte Entdeckungen. Zum Beispiel sind Stücke von Regondi wiedergefunden worden, die man zwar namentlich kannte, von denen aber bisher weder originale Druckausgaben noch Handschriften nachgewiesen werden konnten. Nun sind die Quellen gefunden worden und die Neuausgaben auf dem Markt! Lesen Sie die Besprechungen unter „Neue Noten“. Und wenn auch Sie noch einmal eine systematische Darstellung zum Thema „Stimmen“ wünschen, wir haben Sie für Sie! In diesem Heft lesen Sie die Ausführungen des Königlich Bayerischen Hofmusikers Heinrich Scherrer aus dem Jahr 1900 (S. 49–52) und die von Simon Molitor (S. 43), im nächsten die von Martin Lange. Er ist als Ingenieur und Gitarrist prädestiniert, dieses Thema systematisch zu behandeln, zumal er beklagt: „Durch die Einführung preiswerter Stimmgeräte gerät die Kunst, ein Instrument nur mit einer Stimmgabel zu stimmen, mehr und mehr in Vergessenheit.“ Seine Anmerkungen zum Thema „Das Stimmen einer Gitarre“ lesen Sie in Ausgabe XXX/2008/Nº 5. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit Ihrer Zeitschrift! Ihr

Peter Päffgen Chefredakteur/Herausgeber

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… was ich noch sagen wollte … hier gebe ich Ihnen in lockerer Form Bemerkungen mit auf den Weg, von denen ich glaube, sie wären von allgemeinem Interesse. Es wird sich dabei wie heute um Bemerkungen über neu erschienene Bücher oder CDs drehen, die vielleicht auch mit der Gitarre oder der Laute überhaupt nichts zu tun haben. Oder vielleicht gilt es auch, einen Geburtstag zu feiern oder aus anderem Grund an einen Großen unserer Zunft zu erinnern. Sollte ich Sie langweilen oder sollten Sie Vorschläge machen wollen, schreiben Sie doch einfach an: mailto:peter.paeffen@MusiCologne.eu Peter Päffgen

Dafür, dass Heitor Villa-Lobos als „bedeutendster und weltweit erfolgreichster Komponist Südamerikas“ gilt, gibt es beschämend wenig deutschsprachige Literatur über ihn … gemeint ist nicht die Spezialliteratur, mit der sich Gitarristen befassen und wo es um offene Fragen spieltechnischer oder aufführungspraktischer Art geht, nein, gemeint ist allgemeine Literatur zu Heitor Villa-Lobos und seinem Œuvre. Im Klappentext des immer noch als Standardliteratur geltenden Buches von Lisa M. Peppercorn („Heitor Villa-Lobos: Ein Komponist aus Brasilien“, Zürich u.a. 1972) heißt es schon: „Dieses Buch füllt eine Lücke unter den Musikerbiographien aus, denn es gibt bis heute kaum Literatur über den größten Komponisten Brasiliens – in deutscher Sprache überhaupt nichts.“ Über dreißig Jahre sind vergangen seit Peppercorn und nichts hat sich geändert, was die Literaturdichte zum Thema Villa-Lobos angeht … bis jetzt, im Herbst 2008, dieses bemerkenswerte Buch erschien: Manuel Negwer Villa-Lobos: Der Aufbruch der brasilianischen Musik Mainz u.a. 2008 [ED 20316, ISBN: 978-34957-0168-0] € 22,95 Der Autor, das als Entwarnung vorweg, hat zwar unter anderem Gitarre studiert (bei Siegfried Behrend), bei seinem Buch handelt sich aber um keines, in dem die Lebensgeschichte von Heitor Villa-Lobos vornehmlich oder gar ausschließlich aus der Perspektive eines Gitarren-Apologeten betrachtet wird. Sie kommt vor, die Gitarre, aber nur in dem Maße, wie sie im Leben und Schaffen von Heitor Villa-Lobos vorgekommen ist. Manuel Negwers Buch ist eine Biographie mit, sagen wir, deskriptiv-analytischen Werkbeschreibungen. Und es ist ein Buch, das den Komponisten vor dem politischen und kulturellen Hintergrund seiner Zeit darstellt … und da gibt es viel zu erzählen. Am 5. März 1887, das scheint jetzt unwiderlegbar festzustehen, ist er in Rio de Janeiro geboren. Schon der gerade im Nebensatz angedeutete und gleichzeitig ausgeräumte Zweifel, was das Geburtsdatum des Komponisten angeht, lässt ahnen, welche Widrigkeiten Negwer bei seiner Arbeit zu überwinden hatte: unzählige Legenden, an denen der Maestro oft nicht unschuldig war, dazu die schon erwähnte Ignoranz seitens der internationalen Fachpresse und Wissenschaft und das daraus resultierende Nicht-Vorhandensein verlässlicher Vorarbeiten. Noch einmal: Am 5. März 1887 ist er in Rio de Janeiro geboren. Ein, zwei Jahre später wurde in Brasilien die Monarchie gestürzt, die Republik ausgerufen und im gleichen Atemzug die Sklaverei abgeschafft. Mit die-

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sem Paukenschlag begann das Leben des Heitor Villa-Lobos. Und der Paukenschlag tönte nach: Eine dreiviertel Million Sklaven war frei und begann, in den Großstädten Unterkünfte zu sichern. Die ersten „favaleas“ entstanden und musikalisch etablierten sich sehr langsam afrobrasilianische Elemente. 1891 wurde eine neue Verfassung verabschiedet – Brasilien wurde eine föderative Republik, wie wir sie aus Deutschland kennen. Gleichzeitig türmten sich wirtschaftliche Probleme auf: Kaffeekrise, Zuckerkrise und das Ende des Kautschukbooms, der Brasilien Wohlstand versprochen und zeitweise auch geleistet hatte. Villa-Lobos interessierte sich schon als Kind für Musik – das hatte er von seinem Vater, der als Amateur Cello und Klarinette gespielt hat. Und zwar war es die populäre brasilianische Musik, die ihn anzog, der Choro hauptsächlich. In Choro-Gruppen, die in bürgerlichen Kreisen nicht angesehen waren, spielte er Gitarre … sie war das Instrument der Gaukler und Straßenmusiker, der „Chorões“ eben. Für die andere Musik, die „música erudita“, die gelehrte Musik, hatte er sein Cello – das erste hatte ihm sein Vater aus einer alten Bratsche gebaut. Aber hier war Villa-Lobos schon mit dem Konflikt konfrontiert, der ihn sein Leben lang begleiten sollte: Gehörte seine Leidenschaft der „música popular brasileira“ oder der klassischen Musik, die hauptsächlich europäisch beeinflusst war und wo war die Grenze zwischen den beiden Sphären? Villa-Lobos begann, in Brasilien zu reisen und lernte Volksmelodien kennen, die er sammelte und in seinen eigenen Kompositionen verarbeitete … so jedenfalls stellte er es gern dar. Heitor Villa-Lobos hatte neben seinen musikalischen eine andere Fertigkeit und Leidenschaft, nämlich die, sich zu inszenieren. Die meisten Melodien stammten aus Publikationen ethnologischer Forschungen, die damals betrieben wurden – andere hat Villa-Lobos schlicht und einfach erfunden. Aber unser Komponist hatte Startschwierigkeiten: Er war gerade 27, als der Erste Weltkrieg ausbrach, zur gleichen Zeit plagten die beschriebenen wirtschaftlichen Probleme sein Land. Am 30. Juni 1923 fuhr er zum ersten Mal nach Paris, der kulturellen Hauptstadt Europas … aber es war enttäuschend. Die Avantgarde sprach eine andere Sprache. Schönberg, Strawinsky, Berg, Webern, auch Richard Strauss … Villa-Lobos’ Konzerte wurden mit höflichem Desinteresse quittiert. Er reiste, auch weil sein Budget aufgebraucht war, schon im September 1924 zurück nach Brasilien. Dort vertraten zur gleichen Zeit die Anhänger des „Modernismo“ die Emanzipation brasilianischer


Kultur: „Europa und die alte Kolonialmacht Portugal hatte nach dem Weltkrieg als kulturelles Vorbild für Brasilien ausgedient“. „Antropofagia“ wurde eine künstlerische Richtung genannt, Kannibalismus. Angespielt wurde damit auf die brasilianischen TupíIndianer, die jahrhundertelang unterdrückt worden waren. Sie waren Kannibalen. Eine zweite Reise führte Villa-Lobos 1926 nach Paris, dieses mal war sie erfolgreicher. Einflüsse aus fremden Kulturen wurden zu dieser Zeit gierig aufgenommen und verarbeitet. „Was die Weltstadt Paris nicht mehr wollte, war die ständige Wiederbegegnung mit abgestandenen Surrogaten ihrer eigenen Kultur.“ Villa-Lobos gefiel sich in der Rolle des „sauvage brésilien“ und wehrte sich nicht gegen Presseartikel, in denen von „Kannibalenmusik“ die Rede war … vielleicht hatte er sie selbst lanciert? „Die Beschwörung des Regenwaldes, die Tänze und Flötenklänge der Indianer, die undefinierbaren Geräusche exotischer Instrumente, de Schreie tropischer Vögel, das Gesumme der Insekten und das Blinken der Glühwürmchen“, das wollten die Europäer erleben … und Villa-Lobos lieferte. „Weit über hundert Werke entstanden in den Jahren zwischen 1923 und 1929 , die meisten davon mit betont brasilianischem Charakter.“ 1930 wurde Getúlio Dornelles Vargas (1883—1954) zum brasilianischen Präsidenten gewählt, ein Rattenfänger, wie sie zu dieser Zeit an verschiedenen Stellen der Erde agierten. Vargas versprach Besserung und gründete 1937 sogar einen „Estado Novo“, einen neuen brasilianischen Staat, in dem Parteien, Gewerkschaften und Streiks verboten waren und der Kongress abgeschafft wurde. Viele glaubten an seine Versprechungen, auch Heitor Villa-Lobos: „Der Künstler ist für die Massen unverzichtbar und ich denke, dass man auf der ganzen Welt verwirklichen sollte, was Mussolini in Italien angeordnet hat: den Musiker in jeder Art und Weise einzusetzen“. Vargas zeigte sich bei Villa-Lobos mit wohl honorierten Ämtern erkenntlich, die SEMA, die Superintendência de Educação Musical e Artística“ gründete er eigens für ihn. Er war erfolgreich, fungierte als eine Art kultureller Botschaft seines Landes … zog aber die Kritik vieler Intellektueller auf sich. Heitor Villa-Lobos befasste sich nicht mehr mit der Pariser Avantgarde, seine „Bezugspartner waren jetzt die auf nationalistische Verlässlichkeit pochenden Funktionäre des Vargas-Regimes und die unerfahrenen und wenig weltläufigen Musiklehrer.“ Seine Kompositionen wurden traditioneller, brasilianischer. In den vierziger Jahren entstanden übrigens auch die fünf Préludes für Gitarre, von denen das erste und vierte in Brasilien eine aus unserer Sicht unerwartete Popularität Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 3–4 5


haben. Sie „tauchen […] immer wieder als Erkennungsmelodien in der Fernsehwerbung und in Telenovelas auf.“ Getúlio Vargas wurde 1945 abgewählt, schaffte es 1951 zwar noch einmal, die Präsidentschaft wieder zu erringen, schied dann aber 1954 durch Suizid aus dem Leben. Die Korruption hatte in Brasilien so dramatisch zugenommen, dass ein geordnetes politisches Leben unmöglich geworden war. Brasilien stand vor einer großen innenund vor allem außenpolitischen Reform. Zusammenarbeit mit den kapitalistischen westlichen Ländern war jetzt angesagt … auch bei Villa-Lobos. Er reiste in die USA, auch wieder nach Paris. „In Europa prägten Avantgardisten wie Pierre Boulez, Luigi Nono, Hans Werner Henze und Karl-Heinz Stockhausen den musikalischen „Wiederaufbau“. In den USA wirkten Emigranten wie Kurt Weill und Arnold Schönberg, gleichzeitig wurde John Cage zur Leitfigur der Neuen Musik während Duke Ellington und Charlie Parker den Jazz zu neuen Höhepunkten führten.“ VillaLobos war immer noch bekannt wegen seiner erfolgreichen Werke „Bachianas Brasileiras“, der Choros oder der symphonischen Dichtungen, aber er musste jetzt wieder komponieren, um Geld zu verdienen. Seine Zeit als gut bezahlter Musikfunktionär unter Getúlio Vargas war vorbei. Er versuchte sich als Filmkomponist für Hollywood. Sein erstes Produkt wurde aber zu „einem grandiosen Misserfolg“, obwohl Audrey Hepburn die Hauptrolle spielte. Dann schrieb er eine Oper mit dem Titel „Yerma“ nach Texten von Federico García Lorca. Erst 1971, lange nach Villa-Lobos’ Tod, konnte das Werk in Santa Fé uraufgeführt werden. Schließlich entstand ein Ballett zu einem Drama von Eugene O’Neill. „Nach dem von der französischen Musik geprägten Frühwerk, der „brasilianischen“ Pariser Phase, der neobarock-retrospektiven Vargas-Zeit und dem eher gefälligen MainstreamStil der New Yorker Zeit deutete sich in den letzten Jahren eine fünfte Schaffensperiode an. […] Es entstanden nun Werke, die eine für Villa-Lobos eher außergewöhnlich nüchterne, zurückgenommene Haltung aufweisen …“ Einige große Werke entstehen noch, einige Sinfonien, Streichquartette, eine „Fantaisie concertant“ für Klavier, Klarinette und Fagott. Villa-Lobos reist rastlos von einem großen Konzert zum nächsten, sieht sich aber enttäuscht: „Ich habe alles unternommen, um Brasilien eine wahrhaftige Musikkultur zu bringen. Es ist sinnlos. Das Land wird von der Mittelmäßigkeit beherrscht. Für jede mittelmäßige Person, die stirbt, werden fünf neue geboren.“ Am 17. November 1959 starb Heitor Villa-Lobos in Rio de Janeiro. Danach „schrumpfte das international aufgeführte Vil-

la-Lobos-Repertoire auf einige Klavierwerke und das Gitarrenwerk zusammen.“ Die Lektüre des vorliegenden Buches von Manuel Negwer ist nicht nur mangels Alternativen jedem zu empfehlen, der sich mit Heitor Villa-Lobos befasst. Es erlaubt Einblicke in seine Lebensgeschichte, die einem Vieles erklärlich machen. Seine Leidenschaft sich selbst zu inszenieren zum Beispiel und seinen elastischen Umgang mit musikalischem Stil und politischen Gepflogenheiten. Villa-Lobos hat sein Leben lang berechtigte oder nicht berechtigte wirtschaftliche Sorgen gehabt – bis auf die Zeit, als er für den faschistischen Staatspräsidenten Getúlio Vargas arbeitete … aber auch dieses Engagement hat ihm à la longue kein Glück gebracht. Das Buch könnte, was die Werkbeschreibungen angeht, etwas weitergehend analytisch sein. Über manche Kompositionen werden nur mehr oder minder statistische Angaben angeboten. Negwers Buch über Heitor Villa-Lobos enthält als Krönung noch eine Bonus-CD und allein ihretwegen kann man seine Anschaffung empfehlen. Der Komponist persönlich spielt das erste Prélude und „Choros Nr. 1“ auf der Gitarre, danach einige Klavierstücke und ein paar Stücke für Gesang und Klavier. In der Gitarrenwelt wusste man schon lange von diesen Aufnahmen, die ausnahmslos im Besitz des Museu Villa-Lobos in Rio de Janeiro sind – aber nur wenige haben sie je gehört. Jetzt liegen sie als CD vor! Zum Thema Heitor Villa-Lobos: CD 7 seiner Klavierwerke ist bei NAXOS erschienen, gespielt von Sonia Rubinsky. Neben ein paar sehr frühen Werken („Valsa Scherzo“ von 1907 oder „Valsa Lenta“ von 1911) sind hier „Bachianas Brasileiras 2“ mit dem Titel „Lembranças do Sertão“ hören, „Feijoada Sem Perigo …“ sowie ein paar spätere Werke, die teilweise hier in Ersteinspielungen vorliegen. Und, das wird vor allem die Gitarrenfreunde interessieren, Sonia Rubinsky

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spielt die „Préludios para Guitarra“ in einer Bearbeitung für Klavier, die José Vieira Brandão (1911—2002) angefertigt hat. Der war Schüler und später Assistent von VillaLobos und wurde als Pianist und Komponist in seinem Heimatland bekannt … nicht so bekannt übrigens, dass er in dem Buch über Villa-Lobos von Manuel Negwer erwähnt wäre. Die Präludien, von denen Negwer schreibt, sie hätten in Brasilien eine hier ungeahnte Popularität, haben natürlich durch die Transkription und die Darstellung auf dem Klavier einen gewissen Ernüchterungsprozess durchlaufen. Die Bass-Melodie im ersten Prélude zum Beispiel hat den Schmelz und die Sanglichkeit eingebüßt, die sie in der originalen Version hat. Dafür ist das Stück naturgemäß voluminöser geworden, im schnellen Mittelteil klarer und dezidierter. Im zweiten Prélude, das die Überschrift „Melodia capadóica – Melodia capoeira: Homenagem ao malandro carioca“ trägt, ist die Klavierversion spritziger, spielerischer und witziger als das Original. Übersetzt heißt die Überschrift übrigens „Rohe und rüpelhafte Melodie: Hommage an den Rüpel aus Rio“. Das dem Andenken an Johann Sebastian Bach gewidmete dritte Prélude wirkt plötzlich enorm voll und imposant – mit lang aushaltenden tragenden Bässen. Schade, dass die Gitarre kein Pedal hat! Villa Lobos: Piano Music 7 Sonia Rubinsky, Klavier Aufgenommen im Februar 2007, erschienen 2008 NAXOS (naxos.com) 8.570503 Nº 4 mit dem Motto „Homenagem ao índio brasileiro“ oder „Hommage an den brasilianischen Indianer“ wird auf der Gitarre meist breiter, lyrischer gespielt und wirkt hier eher kühl, fast emotionslos. Aber zugegeben: Natürlich habe ich dieses Stück bisher nur auf der Gitarre gehört … mir fehlt in der Klavier-Version etwas! Das fünfte Prélude gefällt mir in der PianoVersion überhaupt nicht, und daran ist die Pianistin nicht unbeteiligt. Für meinen Geschmack stimmt das Tempo nicht, es ist zu elegisch, zu verhalten. Die permanent, fast penetrant gebrochenen Akkorde passen nicht auf das Klavier und sollen wohl irgendwie das Klangbild der Gitarre evozieren … weil da ja bekanntlich jeder Akkord gebrochen wird. Die Überschrift ist übrigens mehr als interessant: „Homenagem à vida social: Aos rapazinhos e mocinhas fresquinhos que frequentam os concertos e os teatros no Rio“/ „Hommage an das gesellschaftliche Leben: Den Backfischen und Jünglingen gewidmet, die in Rio Konzerte und Theater besuchen“.


Ich frage mich, warum José Vieira Brandão die Préludes seines Lehrers Villa-Lobos für Klavier transkribiert hat. James Melo, der Autor des Textes im Booklet, meint: „Die technische Virtuosität dieser Transkriptionen macht aus den Stücken wirklich transzendente Klavieretüden“ ganz als wären sie, auf der Gitarre gespielt, nicht transzendent. Aber was hat Manuel Negwer noch über die Stücke geschrieben? „Sie tauchen […] immer wieder als Erkennungsmelodien in der Fernsehwerbung und in Telenovelas auf.“ Das heißt, die Stücke sind in Brasilien jedem bekannt, so bekannt, dass sie wie hier Passagen aus Carl Orffs „Carmina burana“ in der Schokoladenwerbung verwendet werden. Wollte er sie denen zur Verfügung stellen, die nicht Gitarre spielen? Aber sie sind für und auf die Gitarre geschrieben, daran besteht bei niemandem Zweifel … außerdem hat Heitor Villa-Lobos das Klavier nie geliebt. Erst spät hat er es zu spielen gelernt, und zwar von seiner Frau Lucília Guimarães. Aber die Préludes sind natürlich nicht alles, was diese CD attraktiv macht. Die von Maestro Villa-Lobos selbst angefertigte Klavierversion seines Orchesterwerks „Amazonas“ ist ein Beispiel für die Phase in seinem großen musikalischen Schaffen, als er versuchte, sich stilistisch an die europäische Avantgarde anzulehnen, an die Ballettmusiken von Igor Strawinsky vor allem. Gleichzeitig versuchte er, die tropische Landschaft und Atmosphäre seines Heimatlands-- Brasilien musikalisch darzustellen und so einen Baustein für eine brasilianische Nationalmusik zu schaffen. „Bailado indígena brasileiro“ ist der Untertitel der Klavierversion von 1932: „Brasilianisches Indianerballett“. Grundsätzlich andere Ansprüche an Musik stellte Ernesto Nazareth (1863—1934), Sein Metier war die „Salonmusik“.

Nazareth war musikalisch ein Kind der Zeit, in der das musikalische Schaffen in Brasilien sich ausschließlich an europäischen Vorbildern orientierte. „In Nazareths Kompositionen verschmelzen Chopin’sche Chromatik und europäische Fin de siècle-Salonmusik mit dem mitreißenden Drive und der wirkungsvollen Synkopik der afrobrasilianischen Tanzmusik.“ [Negwer] „Odeon“ war eine seiner beliebtesten Kompositionen … Odeon nach dem größten Kino von Rio de Janeiro. Ansonsten hat er über 80 brasilianische Tangos geschrieben, 40 Walzer und Polkas. „Die Tänze von Nazareth sind für das anspruchsvolle Publikum der Konzertsäle bestimmt. In erster Linie sind diese Werke originell und bringen brasilianische Lebensart zum Ausdruck.“, so schreibt die Interpretin im Booklet. Heute sind ihm die Konzertsäle weitgehend verwehrt: „Noch vor wenigen Jahren wagten nur ganz wenige „ernste“ Pianisten, die Musik Ernesto Nazareths ins Repertoire aufzunehmen […] Und doch kann ich mich nicht daran erinnern, jemals jemanden getroffen zu haben, der die Musik von Nazareth nicht geliebt hätte.“ [Behs] Die Stücke von Nazareth elektrisieren. Einzelne kommen einem bekannt vor, obwohl man sie vielleicht tatsächlich nie gehört hat. Und etliche kennt man, ohne den Namen des Komponisten zu wissen. Aber sie rühren, bewegen … tja, elektrisieren. Iara Behs ist eine der bekanntesten Pianisten Brasiliens. In ihrer Heimatstadt Porto Alegre hat sie studiert, danach in Karlsruhe. Heute reist sie durch die Welt, um brasilianische Musik zu spielen und bekannter zu machen. Bestimmt wird sie dabei keine kompletten Nazareth-Programme spielen, dafür gibt die Musik – zugegeben – nicht genug her. Oder sagen wir: Sie bietet nicht genug Abwechslung. Aber seine Stücke sind sicher umjubelte Zugaben! Das Paradestück Odeon liegt übrigens in zwei unterschiedlichen Transkriptionen für Gitarre vor, aber das nur am Rande!

Ernesto Nazareth Tangos, Waltzes and Polkas Iara Behs, Piano Aufgenommen im November 2003 NAXOS (naxos.com) 8.557687 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 3–4 7


Aktuelles rund um die

Gitarre Konrad Ragossnig

Gitarrentechnik kompakt Grundformen der Technik • Effektives Einspielen • Tägliches Üben 85 Seiten, broschiert ISMN M-001-12919-0 (ED 9263) € 22,95

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Die Gitarre Geschichte, Spieltechnik, Repertoire 3., überarbeitete und ergänzte Auflage 2002 249 Seiten mit Notenbeispielen und Abbildungen sowie Zeittafel, Literaturverzeichnis und Register – gebunden mit CD ISBN 3-7957-2355-8 (ED 8874) € 29,95 / sFr 52,30 Der Autor, Herausgeber der renommierten Zeitschrift „Gitarre & Laute“, macht die Geschichte der Gitarre, ihrer Musik und Spieltechnik bis zu den Komponisten und Virtuosen des 20. Jahrhunderts zum Gegenstand dieses Buches. Er spannt dabei einen großen historischen Bogen: Er bietet den Überblick über eine Entwicklung von mehr als dreitausend Jahren und zeigt die Gitarre als ein Instrument, das die gesamte europäische Musikgeschichte seit ihren Anfängen begleitet hat und dessen vielseitiges Repertoire zu entdecken und zu beleben sich lohnt.

Der international renommierte Gitarrist Konrad Ragossnig hat mit diesem Band ein Übungsprogramm entwickelt, das sowohl für gründliches Einspielen als auch für das tägliche Üben geeignet ist. In 12 Kapiteln werden alle wichtigen Elemente der Gitarrentechnik systematisch behandelt. Konkrete Aufgabenstellungen und Übetipps helfen dem Studierenden und dem ausgebildeten Musiker dabei, seine Technik effektiv und konzentriert zu pflegen bzw. weiterzuentwickeln.

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Rolf Tönnes

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Gitarre & Laute ONLINE XXX/2008, Heft 3–4 Inhalt

Editorial 3 … was ich noch sagen wollte … Heitor Villa-Lobos und Ernesto Nazareth 4 Ich bin ganz sicher, dass Glenn Gould einer der interessantesten Interpreten von Francesco da Milano gewesen wäre Interview mit Hopkinson Smith 11 Peter Päffgen Geschichte der Lautenmusik … dargestellt anhand verschiedener CDs (einige ganz neu, einige weniger) 15 Gioacchino Rossini/Mauro Giuliani Sinfonia Nell’Opera La Cenerentola 25 Neue Noten 35 Simon Molitor: Verfahren, um die Guitare rein zu stimmen 43 Eingegangene Noten 35 Leo Witoszynskyj 23. Juni 1941–1. Oktober 2008 44 Mitteilungen des Internationalen Guitarristen-Verbandes XXX/1900/Nº 3 und 4 49 Heinrich Scherrer, kgl. Bayer. Hofmusiker und Guitarrelehrer: Vom Stimmen der Guitarre 49 Neue Bücher 73 Kleinanzeigen 75 Impressum: Verlag: MusiCologne Ltd., Registered in England & Wales No. 5752198; Niederlassung Deutschland: MusiCologne Ltd., Sielsdorfer Straße 1a, D-50 935 Köln (Briefanschrift: Redaktion Gitarre & Laute, Postfach 410 408, D-50 864 Köln). Telefon: ++49-221-346 16 23. FAX: ++49-1803-5 51 84 30 17. Aufbereitung des ePaper: CANTAT GmbH, Wien, www.cantat.com. Internet: www.MusiCologne.eu, Kleinanzeigen: www.VerkaufeGitarre.de und www.gitarre-und-laute.de. Weblog: http://www.gl-blog.de Email: info@MusiCologne.eu (weitere Email-Adressen sind im redaktionellen Zusammenhang veröffentlicht). Erscheinungsweise: sechsmal jährlich, am Anfang der ungeraden Monate (Januar, März, Mai ...). Erscheinungsweise im Jahr 2007: 1. Juli 2007, danach jeweils am Anfang jedes Monats bis Dezember 2007. Kündigungsfrist: sechs Wochen vor Ablauf der Bezugsfrist. Preis: Einzelheft EUR 5,50, Abonnement für ein Jahr (sechs Ausgaben) 28,00 EUR inklusive Porto (In- und Ausland) und der gesetzlichen Mehrwertsteuer (19 %). Chefredakteur: Dr. Peter Päffgen. Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 13. Die namentlich gekennzeichneten Beiträge in dieser Zeitschrift entsprechen nicht unbedingt der Meinung der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Haftung. Terminangaben, insbesondere in der Rubrik „Dates“ erfolgen prinzipiell ohne Gewähr. © Nachdruck in jedweder Form und allen Medien, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Aboverwaltung: Verlag, Niederlassung Köln. [Abo@gitarre-und-laute.de], Bildnachweis für vorliegende Ausgabe: Titelseite: Ivan Andrejewitsch Klinger, Foto aus dem Besitz von Professor Józef Powrózniak, jetzt Bildarchiv Gitarre & Laute, Köln; S. 10/11: Varaždinske Barokne Večeri; S. 15: Kunstsammlung Veste Coburg; S. 22: British Lbrary, London; S. 36: wie Titelseite; alle anderen: Autoren oder Bildarchiv Gitarre & Laute, Köln.

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Ich bin sicher, dass Glenn Gould einer der interessantesten Interpreten von Francesco da Milano gewesen wäre! Interview mit Hopkinson Smith Das Gespräch wurde am 20. September 2008 in Varaždin in Kroatien anlässlich der 38. Varaždinske Barokne Večeri geführt.

Peter Päffgen: Als wir begannen, uns mit Alter Musik zu befassen, waren Leute wie Gustav Leonhardt und Nikolaus Harnoncourt die Vorreiter einer neuen Bewegung. In der Zwischenzeit ist sehr viel geschehen und die Erforschung der Aufführungspraxis älterer Musik ist sehr weit vorangeschritten. Vor allem sind die Erkenntnisse mittlerweile sehr weitgehend in die „allgemeine Musikpraxis“ eingeflossen. Kannst du das aus deiner Sicht bestätigen? Hopkinson Smith: Es gab das Bestreben, ein natürliches Verhältnis zu dieser Musik aufzubauen und ich glaube auch, dass da viel geleistet worden ist. Es gibt heute viel mehr Menschen, die damit befasst sind, die Aufführungspraxis zu erforschen und die Erkenntnisse dann auch in praktische Musik umzusetzen. Und die Zuschauer und Zuhörer sind begeistert. Das aktive Repertoire ist viel größer geworden und es ist selbstverständlich, dass die Entwicklung noch weitergehen wird, weil noch viel zu entdecken ist. PP: Und ist es nicht so, dass die Erkenntnisse der Aufführungspraxis auch weitgehend die Musikpraxis derer beeinflusst, die „eigentlich“ überhaupt nichts mit „Alter Musik zu tun haben? HP: Die allgemeine Kenntnis und das Bewusstsein für diese Art zu spielen sind enorm gewachsen. Die, sagen wir, natürliche Instrumentalsprache, die natürliche Art der Phrasierung und Artikulation sind immer mehr Teil der allgemeinen Interpretationsgewohnheiten geworden. Oder sagen wir es so: Immer mehr Musiker machen Alte Musik auf modernen Instrumenten. Und immer mehr Pianisten oder Geiger hören

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Lautenmusik zum Beispiel, oder Musik auf der Barockgeige. „Aha, so sollte das klingen!“ höre ich dann. Man denkt dann ein wenig moralisch … aber es ist kein moralischer Zwang, sondern eher die Erkenntnis, dass es einen Sinn hat, die Musik so und nicht anders zu spielen. P.P.: Du bist jetzt, nachdem du sehr viel Barockmusik gespielt hast, wieder in die ziemlich frühe Zeit der Lautenmusik zurückgegangen. Du hast eine neue CD mit Stücken von Francesco da Milano aufgenommen. HP: Bis 2001 habe ich mich sehr mit der Barocklaute befasst, aber seitdem spiele ich fast ausschließlich Renaissance-Musik. Zuerst Attaingnant, dann Dowland … und jetzt beschäftige ich mich seit fast zwei Jahren mit Francesco da Milano. In den sechziger bis Anfang der siebziger Jahre habe ich ein Jahr lang mit meinem Professor in Harvard das Werk von Franceso da Milano durchgeschaut und jede Fantasie analysiert. PP: Das muss John Ward gewesen sein. Und Arthur Ness hat die Ausgabe geschrieben. HS: Ja Ward , einer der ganz Großen der amerikanischen Musikwissenschaft. Arthur Ness hat bei ihm studiert und er hat seine Francesco-Arbeit betreut. Und John Ward war nicht nur ein sehr präzise arbeitender Historiker, er hatte auch ein sehr scharfes Auge und sehr gute Ohren für Musik. Wir haben jede Analyse diskutiert und ich habe gespielt … damals sehr beeinflusst von der Gitarre. Aber immerhin, das war ein Teil des Projekts. Und damals sind viele Erkenntnisse über Francesco für mich angelegt worden. Danach ging ich nach Basel, habe viel Barockmusik gemacht mit Vihuela und Barockgitarre. Francesco da Milano blieb auf Sparflamme. Aber er hat mich immer gereizt. Und dann wusste ich natürlich, dass er zu seiner Zeit überall als „Il Divino“ bekannt war, als der Göttliche. Ich habe mich gefragt, wie man eine so komplexe Musik in unsere Zeit bringen kann. Und: Wie kann man das Göttliche in seiner Musik in unsere Zeit bringen? Die Leute damals vor fast fünfhundert Jahren müssen hypnotisiert gewesen von seinem Spiel. Er muss als Musiker eine unglaubliche Präsenz gehabt haben und ich habe mich gefragt, wie ich dieses Göttliche Konzertbesuchern von heute begreiflich machen kann, die keine „professionellen Zuhörer“ sind. Ich wollte es probieren. Der spanische Musiker Salinas, der viele Jahre in Rom gelebt hat, hat einmal geschrieben, er habe Francesco da Milano vor Papst Paul III. improvisieren gehört und zwar über ein Tanzthema. Ein Tanzthema wie eine Bergamesca oder wie Conde Claros. Wir haben aber von Francesco keinen Ton Tanzmusik überliefert. Nur Ricercari, Fantasien und Intavolierungen. Ich habe also gedacht, dass ich ein ausgewogenes Programm mit

Musik von Francesco machen wollte, dass das aber nicht geht ohne Tanzmusik. Ich hätte also Tanzmusik aus der Zeit nehmen können, von Pietro Paolo Borrono zum Beispiel oder solche, die Castigliono 1536 gedruckt hat, das sind alles wirkungsvolle Tänze, aber sie sind anders inspiriert als die Stücke von Francesco. Also habe ich fünf Tänze geschrieben, die inneren Zusammenhalt mit den Fantasien haben. Ich wollte Tanzmusik einbringen, die irgendwie mit den Ricercari korrespondieren. PP: Sind das ostinate Tanzformen? HS: Nein, das sind freie Tanzformen. Eine Pavane zum Beispiel. Für eine der e-f-e-Fantasien habe ich eine Pavane geschrieben, in der das Thema wieder erscheint. PP: Weiß du denn, warum in den zahlreichen Drucken mit Stücken von Francesco keine Tänze erscheinen? HS: Die einzige Erklärung, die ich mir vorstellen könnte ist, dass es für Francesco unter seiner Würde war, solche Musik aufzuschreiben. Oder vielleicht hat er gedacht, dass Tänze nur Musik für den Moment sind und nicht ausgeschrieben werden. Nichts, was man polieren und perfektionieren sollte. Das Improvisieren war auf einem sehr sehr hohen Stand damals, nicht nur, was Tanzmusik angeht, sondern auch für polyphone Musik! Das wäre meine einzige Erklärung! PP: Arthur Ness wusste ja, als er seine Ausgabe zusammenstellte, von einer wichtigen Francesco-Quelle, war aber nicht in der Lage, ein Exemplar davon zu finden. Ein paar Jahre später stellte man dann fest, dass die Bibliothèque Nationale in Paris ein Exemplar besaß und davon kam dann auch ein Faksimile heraus. Das Buch heißt: INTAVOLATVRA DE VIOLA O VERO LAVTO und ist 1536 in Neapel erschienen. Das heißt, Francescos Musik ist auch auf der Viola gespielt worden, dem italienischen Pendant der spanischen Vihuela. Bestand insgesamt ein Austausch, was das Repertoire angeht? Schließlich wird die Frage immer wieder gestellt, warum so wenig Musik für Vihuela überliefert ist. Die haben einfach Lautenmusik gespielt … und umgekehrt. HS: Zwischen Valencia und Neapel bestanden enge Beziehungen. Politisch und kulturell. In dem Buch voin Luis Milan steht zum Beispiel über die Pavanas: „wie sie Italien gespielt werden“. Wir wissen auch, dass Luys de Narváez einmal in Rom war und sicher auch von Francesco da Milano beeinflusst worden ist … aber natürlich ist unser Wissen lückenhaft. Wir wissen über das Repertore der Vihuelisten zu wenig, da sind sicher noch viele Entdeckungen zu erwarten. Milan hat gesagt, der einzige Lehrer, den er je gehabt hat, sei „la música misma“, die Musik selbst. Aber für Vihuela ist eine so hoch entwickelte und anspruchsvolle Schreibweise angewandt worden, dass man sich das nicht vorstellen kann. Die zweite

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Hälfte des Buches von Milan zum Beispiel wird kaum gespielt, weil die Musik so anspruchsvoll ist. Milan war der Erste, der ein Buch herausgegeben hat und er sagt, er habe keinen Lehrer gehabt … aber er muss ein Vorbild gehabt haben, jemanden, der ihm vorgespielt hat. Wer ist das wohl gewesen und auf welchen Instrumenten haben sie gespielt? Was haben sie gespielt? Hatte das, was Milan gehört hat, eine gewisse primitive Dimension? PP: Gibt es keine Belege für die Vorgeschichte der Vihuela? HS: Na ja, Bermudo hat etwas geschrieben und er hat auch Namen genannt von Musikern vor Milan. PP: Guzman? HS: Ja, Claro Guzmán zum Beispiel. PP: Aber ist nicht das Bermudo-Buch erst 1555 erschienen? Ich finde es auf jeden Fall interessant, dass die ersten Tabulaturen von Francesco da Milano und der Maestro von Milan 1536 erschienen sind. HS: Kennst du Franco Pavan, den FrancescoForscher in Mailand? PP: Nein! HS: Er hat mir erzählt, dass es in der Zeit, als Francesco da Milano im Dienst des Papstes in Rom war, verboten war, Musiken zu veröffentlichen, die im Päpstlichen Dienst entstanden waren. Vielleicht war es kein geschriebenes Verbot, aber es war ein ungeschriebenes Gesetz: Musik, die hier für den Papst geschrieben worden ist, darf nirgends sonst gespielt oder veröffentlicht werden. Das war private Musik. Im Jahr 1536 haben wir plötzlich zwei Tabulaturdrucke in Venedig, einen in Mailand und den schon erwähnten in Neapel. PP: Gibt es da viele Konkordanzen? HS: Na, die beiden Venezianischen Drucke sind identisch. PP: Sind sie beim gleichen Drucker entstanden? HS: Nein, die Drucker sind unterschiedlich. Es hat schon Raubdrucker gegeben in diesen Zeiten. Gardano war so einer. Der hat nur unerlaubte Nachdrucke hergestellt. Aber hier, im Fall Franceso da Milano weiß ich nicht genau! PP: Aber wenn im gleichen Jahr in Italien und in Spanien solche Drucke herauskommen, war das den beiden Seiten bekannt? Hat Milan von Francesco gewusst und umgekehrt? HS: Ich glaube, dass es eher Zufall war. Aber ist es nicht so, dass ein Lautenist viel Zeit mit Forschungen verbringt? Wir haben historische Forschungen zu tun und Forschungen am Instrument selbst. Wenn in polyphonen Stücken jede Stimme ihr eigenes Leben hat, bedarf es sehr feinen Suchens … ich denke jetzt an die Fantasie 41 [HP singt die Melodie. Die Numerierung bezieht sich auf die Ausgabe von Arthur Ness, The Lute Music of Francesco Canova da Milano (1497—1543) Volumes I and II, Cambridge/Mass. 1870, Harvard University Press).


Die Fantasie besteht aus drei Teilen, der zweite ist ein zweistimmiger Kanon auf der Oktave und Peter, du kannst dir kaum vorstellen, wie lange ich gebraucht habe, die beiden Stimmen so zu spielen, dass sie klar nebeneinander stehen und sich voneinander absetzen, so, wie Glenn Gould es auf dem Klavier gemacht hätte. Ich bin sicher, dass Glenn Gould einer der interessantesten Interpreten von Francesco da Milano gewesen wäre. Jemand, der sich von Polyphonie ernährt hat ist bei Bisschen wie Francesco. PP: Kristallklar … HS: Nicht nur kristallklar, sondern auch voller Liebe. Ich meine jetzt nicht diese hammerharten Bach-Interpretation, sondern eher Orlando Gibbons, den er ja auch gespielt hat. PP: Übrigens, bei aller Leidenschaft für Glenn Gould, die wir ja offenbar teilen: Ich habe eine Aufnahme mit Mozartsonaten von ihm gehört, mit der ich überhaupt nichts anfangen kann. HS: Zu Mozart hat er gesagt: Mozart ist nicht zu früh, sondern zu spät gestorben. PP: Auf der Platte hat er die kleine Sonata facile gespielt, und zwar … HS: … wie ein Witz, oder? PP: Gab es in Italien Mitte des 16. Jahrhunderts Lautenisten, die mit Francesco da Milano qualitativ vergleichbar sind? HS: Borrono vielleicht. Er hat in vielen Publikationen mit Francesco zusammengearbeitet. Borrono hat oft die Tänze geschrieben und Francesco die polyphonen Stücke. Es gibt auch ein paar Fantasen von Borrono, aber ich bin nicht wirklich ein Experte für seine Musik. Aber seine Fantasien stehen strukturell und von der thematischen Entwicklung her weit hinter Francesco. Die Tänze sind sehr unterschiedlich. Bei manchen habe ich den Eindruck, sie seien aus einer „Improvisationsmaschine“ gekommen. Die Inspiration ist total anders als bei Francesco. Francesco konnte mit geringen melodischen Mitteln perfekte polyphone Strukturen entwickeln, die sehr fundamental sind. Diese Fähigkeit macht sicher einen Teil seiner Göttlichkeit aus. Die Perfektion, eine zweioder dreistimmige Textur so perfekt auszubalancieren, dass man den Eindruck hat, man brauche nicht mehr von der Laute, dies sei das Höchste, das man darstellen kann. PP: Wer waren eigentlich die Konsumenten der Tabulaturbücher und wie hoch waren die Auflagen? HS: Das ist eine gute Frage! Ich glaube, die Auflagen waren größer, als wir denken. Wenn ich mir das Buch von Baldassar Castiglione vornehme, Il Cortegiano, dann lese ich, dass das Viola-Spielen, und gemeint ist die gezupfte Viola, das Pendant zur Vihuela also, zur Ausbildung gehobener Kreise gehört hat. Es muss also eine große Schicht reicher, gebildeter Leute gegeben haben, die die Tabulaturen gekauft haben. Und die professionellen Musiker werden auch nicht nur

ihre eigenen Stücke gespielt haben, sondern auch die von Kollegen. Auch die haben die Bücher gekauft. Also, ich denke, dass die Auflagen ziemlich groß waren. Und Francesco wurde „der Göttliche“ genannt, das heißt, er muss ziemlich bekannt gewesen ein … das Phänomen haben wir heutzutage auch. Dem Pianisten Artur Schnabel sagte man nach, dass man nach einem seiner Konzerte „innerlich gereinigt“ war. Oder über Glenn Gould selbst wurde einmal geschrieben, man könne nur „mit theologischen Vokabeln“ seine Spielweise beschreiben. Mozart, der als Spieler, Komponist und Improvisator ähnlich war wie Francesco da Milano, sagte man nach, er käme vom Himmel. PP: Ich hoffe also auf eine Göttliche Francesco da Milano-CD. Vielen Dank für das Gespräch!

Die Bach-Gesamtausgabe für Gitarre Sämtliche Lautenwerke von Johann Sebastian Bach für Gitarre eingerichtet von Ansgar Krause Ansgar Krause hat in den letzten Jahren alle Lautenwerke Bachs kompetent für sein Instrument eingerichtet und dabei vielfach neue Wege beschritten, nicht zuletzt in der Wahl der Tonarten. Die Bearbeitungen Krauses klingen überzeugend und unverbraucht – sie sind im Konzert erprobt und auf CD dokumentiert. Durch die Erwähnung der Abweichungen vom Lauten-Original liegen textkritische Editionen vor.

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anhand verschiedener CDs (einige ganz neu, einige weniger) erzählt von Peter Päffgen

Geschichte der Lautenmusik

Die älteste uns überlieferte Lautenmusik stammt aus dem 15. Jahrhundert. Damals konnte man noch keine Noten oder Tabulaturen drucken, aber es gibt einige wenige handschriftliche Aufzeichnungen. Die Menge an insgesamt aus der Zeit von vor 1500 überlieferter Musik wird beherrscht von Kirchenmusik … aber natürlich wurde auch ganz weltlich und volkstümlich musiziert, gesungen und getanzt. Nur aufgeschrieben wurde diese Musik nicht … oder sehr selten. Weltliche Musik wurde durch mündliche Tradition weitergegeben. Lesen und Schreiben konnten ohnehin hauptsächlich Ordensleute. Als dann kurz nach 1500 die ersten Lautentabulaturbücher gedruckt wurden, waren darin zunächst hauptsächlich sakrale Stücke veröffentlicht, bearbeitet für Laute. Aber es waren auch „echte“ Lautenstücke enthalten: Präludien Praeambeln, Fantasien oder Ricercari … frühe Beispiele überlieferter Instrumentalmusik. Die Laute und ihre Spieltechnik hatten sich im 15. Jahrhundert sehr rasch entwickelt von einem vierchörigen Instrument, das mit Plektrum angeschlagen wurde, zu einem fünfbis sechschörigen, das zunächst mit Daumen und Zeigefinger und dann auch mit dem Mittelfinger der rechten Hand gezupft worden ist. Mit dem Plektrum war naturgemäß nur einstimmiges Melodiespiel möglich, jetzt konnte sich langsam instrumentale Polyphonie entwickeln. Wir reden, wenn von den ersten gedruckten Lautentabulaturen die Rede ist, von Venedig und da von dem „ersten Musikverleger der Weltgeschichte“: Ottaviano Petrucci (1466—1539). Er hatte den Druck von Noten und Tabulaturen mit beweglichen Lettern entwickelt und besaß ein „Privileg“ seitens des „invictissimi dominii Venetiarum“ für die Herstellung und Verbreitung von Lautentabulaturen. Für zwanzig Jahre sollte er der Einzige sein, der in Venedig solche Drucksachen herstellen durfte. Zunächst entstanden einige Drucke in Mensuralnotation, darunter die berühmten Bände „Odhecaton“ von 1501 und 1503 und schließlich, im Jahr 1507, die erste Tabulatur: „Intabulatura de Lauto“ von

Francesco Spinacino, aufgeteilt in zwei Bände: „Libro primo“ und Libro secondo“. Von den beiden Bänden, aber das nur am Rande, war bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nur je ein Exemplar erhalten, und zwar in der Staatsbibliothek in Berlin. Die Bücher sind seit dem Krieg verschollen. Die Bibliothèque Nationale in Paris besitzt Fotos der Berliner Bücher in reproduzierbarer Qualität und anhand dieser Dokumente ist bei Minkoff in Genf 1978 eine Faksimile-Ausgabe erschienen. Francesco Spinacino: Intabulature de lauto Massimo Marchese, liuto Aufgenommen im Januar 2005, erschienen 2006 TACTUS (TC 451901, www.tactus.it, in Deutschland bei Klassik Center Kassel) … hätte ich mir noch etwas wagemutiger vorgestellt … PPP Erwartungsgemäß hat Massimo Marchese für diese CD hauptsächlich die „echten“ Lautenstücke als Programm zusammengestellt und nicht die Intavolierungen, obwohl die 1507 in der Überzahl waren. Und doch beginnt das Programm mit der berühmten Chanson „Adieu mes amours“ von Josquin Desprez (ca. 1440—1521), zur damaligen Zeit ein „Schlager“, wenn man sieht, wie viele Lau-

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tenisten und Vihuelisten sie in ihrem Repertoire hatten, unter ihnen Hans Gerle, Hans Newsidler und Enriquez de Valderrábano, um nur ein paar zu nennen. Ansonsten gibt es 18 Recercari, ein paar weitere Intavolierungen und einen „Bassadans“ – auch er ist in dem Buch von 1507 eine musikhistorische Besonderheit, weil er, zusammen mit den Recercari, ein sehr frühes Beispiel autonomer Instrumentalmusik darstellt … aber der Eindruck, das Repertoire der Spinacino-Bücher habe überwiegend aus eigenständigen Instrumentalstücken bestanden, ist falsch. Dort überwiegen Intavolierungen. In welche Welt entführt uns der Lautenist Massimo Marchese? Wir befinden uns 1507 am Anfang der Neuzeit. Vor ein paar Jahren hat Gutenberg in Mainz das Drucken mit beweglichen Lettern erfunden, Kolumbus hat die Welt um eine weitere, eine „Neue Welt“ erweitert, Martin Luther hat Dogmen in Frage gestellt, die bis dahin als Gottgegeben galten. Vieles war in Bewegung geraten und setzte einen neuen Menschen voraus, einen Menschen, der an Bildung und Kultur teilhatte. Dieser neue Mensch entstand und die gesellschaftlichen Neuerungen wurden durch Entwicklungen wie etwa die Erfindung von Buch- und Notendruck ermöglicht und gefördert. Schon das erste Tabulaturbuch von Spinacino/Petrucci enthält Anweisungen für das Lautenspiel, und zwar zuerst auf Lateinisch: „Regula pro illis qui canere nesciunt“ und dann auf der gleichen Seite noch auf Italienisch: „Regola per quelli che non sanno cantare“. Das Lateinische, als Sprache der Gebildeten, wurde Schritt für Schritt durch die jeweiligen Landessprachen abgelöst und damit wurde Bildung weiteren Schichten ermöglicht. Die Stücke bei Petrucci waren intelligente, feine Mittel der Unterhaltung. Ein paar Stücke für zwei Lauten sind eingeflochten, dann gibt es die populärsten Vokalkompositionen der damaligen Zeit in durchaus anspruchsvollen Bearbeitungen und schließlich

die Recercari, die meist zweistimmig sind und aus mehr oder weniger lebhaften Leitern und Figuren bestehen, idiomatische Wendungen einschließen und mit polyphonen Kompositionstechniken liebäugeln … ja, mehr als Liebäugeln ist es nicht, ein Probieren mit Sequenzierungen und Imitationen. Das Spiel dieser für die Zeit wagemutigen Stücke hätte ich mir noch etwas wagemutiger vorgestellt, freier und auch virtuoser, spielerischer … aber das ist Auffassungssache und hat Nichts mit Authentizität oder Richtig oder Falsch zu tun. Massimo Marchese hat uns seinen Eindruck davon übermittelt, wie vor rund fünfhundert Jahren Laute gespielt wurde. Nicht lange nach Spinacino und Petrucci kamen auch Tabulaturdrucke und Unterweisungen im Lautenspiel auf Deutsch und Französisch heraus. Erwähnen kann man für die deutsche Sprache Sebastian Virdungs „Musica getutscht“ (1511) oder Arnolt Schlicks „Tablaturen Etlicher Lobgesang und lidlein“ (1512) sowie auf Französisch zwei Veröffentlichungen des Pariser Druckers und Verlegers Pierre Attaingnant (ca. 1494—1551/52). Er brachte in den Jahren 1529 und 1530 eine Lautenschule und ein Tablaturbuch heraus, derer sich Hopkinson Smith mit einer CD angenommen hat. Die Sprache der Unterweisungstexte ist dabei nicht alles, worin sich die Lautenbücher unterschieden. In Italien, Deutschland und Frankreich wurden jeweils andere Tabulatursysteme verwendet, die heute nach den jeweiligen Ländern ihrer Entstehung italienische, deutsche und französische Lautentabulatur genannt werden. Schon im frühen 16. Jahrhundert, in den ersten Dezennien des Publizierens von Lautenbüchern, waren die drei Systeme, wie man sieht, schon voll ausgebildet. Pierre Attaingnant: imprimeur et libraire en musique du Roy Hopkinson Smith, lute Aufgenommen im November 2001, erschienen 2002 ASTRÉE naïve E 8854 (in Deutschland bei Helikon, Eppelheim) … Alles aus einem Guss … PPPPP Was hat sich an der Laute und ihrer Spielweise in den knapp dreißig Jahren seit Spinacino verändert? Sie, die Laute, war zwar immer noch sechschörig, ihre Spielweise machte aber insofern Fortschritte, als die Techniken der rechten Hand immer ausgefeilter wurden und daher mehr Möglichkeiten des Spiels voneinander unabhängiger Stimmen boten. Das heißt: Einem wirklich polyphonen Spiel stand immer weniger im Weg.

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Die beiden Tabulaturen, aus denen Hopkinson Smith hier eine Auswahl eingespielt hat, sind dafür allerdings nicht das beste Beispiel. In beiden sind einige Tänze veröffentlicht, und die sind naturgemäß eher homophon. Und auch die Chansons, die meisten davon sind von Claudin de Sermisy (ca. 1490—1562), dessen Hauptverleger Attaingnant war, stammen nicht aus dem Repertoire der großen, vierstimmig-polyphonen Werke, deren Blütezeit jetzt, nach 1520, erst wirklich begann. Intavoliert finden wir hauptsächlich einfachere, meist dreistimmige, imitatorische Werke. Aber gleichwohl: Seit Spinacino waren gerade gut zwanzig Jahre vergangen und wir hören, wie weit Lautenisten mittlerweile in der Lage waren, komplexere musikalische Strukturen auf ihr Instrument zu übertragen. Und wie seine Kollegen vor 500 Jahren vermutlich auch, hat Hopkinson Smith nicht sklavisch Ton für Ton aus seiner Tabulaturvorlage gespielt. Die, wie Claude Chauvel in seinem Begleittext schreibt, qualitativ nicht homogenen Arrangements, hat er teilweise variiert und ergänzt. Er ist zurückgegangen zu den Quellen, die auch Attaingnants Bearbeitern zur Verfügung gestanden haben, er hat sich in die Person eines Lautenisten des frühen 16. Jahrhunderts zu versetzen versucht, um so zum Beispiel die Überschriften und Namen der Tänze zu verstehen … und so ist er zum Improvisator geworden, wie es seine Kollegen vor 500 Jahren sicher auch waren. Die Musik, die hier in Tabulaturbuchstaben gedruckt vorliegt, ist den Käufern und Benutzern der Bücher bekannt gewesen und vermutlich haben sie mehr gespielt, als in den Büchern stand. Sie haben um das aufgeschriebene Stück herum fabuliert und erzählt, sie haben sich an der Musik erfreut und dabei sind sie ins Tanzen und Singen gekommen … und Hopkinson Smith hat versucht, sich in genau diese Situation zu versetzen: „My hope with these pieces ist hat this somewhat creative approach will give not only an accurate but above all a dynamic picture of the rich and highly colorful spirit of French court dance music of the 1520’s.“ Es lohnt sich, einmal anhand der Tabulatur oder einer Ausgabe zu vergleichen, was da tatsächlich steht, und was der Interpret hinzuimprovisiert hat. Das Gesamtgefüge ist nämlich so geschlossen und so dicht, dass niemand auf den Gedanken kommt, an der Musik sei fünfhundert Jahre nach ihrem Entstehen herumgedoktert und manipuliert worden. Alles aus einem Guss, außerordentlich lebhafte, vitale Musik, die nie so gewirkt hätte, hätte der Interpret sich nicht ein Herz gefasst und den hie und dort unkreativen Bearbeitern im Hause Attaingnant ins Handwerk gepfuscht.


Zum Thema Intavolierungen ist noch eine interessante CD mit Musiken von Valentin Bakfark (1527—1576) zu empfehlen. Sie enthält Chansons, unter anderem von Claudin de Sermisy und Josquin Desprez, von denen schon die Rede war; Messesätze, unter anderem ein Kyrie von Thomas Créquillon (1480/1500—1557) und ein Santus von Jean Mouton (1459—1522) oder Madrigale wie „Si grand è la Pietá“ von Jacques Arcadelt (1505—1568). The Voice of Bakfark: Vocal Works by Desprez, Clemens non Papa, Arcadelt etc. Voces Æquales, István Györi, Lute Aufgenommen im Juli 2006, erschienen 2007 Hungaroton (in Deutschland bei Klassik Center Kassel) HCD 32412 … weit mehr als eine musikhistorische Demonstration … PPP Die Kompositionen werden einmal in ihrer originalen Form vorgetragen, also gesungen, und einmal in der Intavolierung von Valentin Bakfark. Voces Æquales ist nur mit Männerstimmen besetzt, daher der Name, und spezialisiert auf Musik des 15. und 16. Jahrhunderts. Wie sehr die Lautenisten des 16. Jahrhunderts noch mit der Vokalmusik verbunden waren, zeigt Bakfarks Fantasie VIII, die erst in jüngeren Forschungen als die Intavolierung der Chanson „Des Muys ennuys“ von Arcadelt erkannt worden ist. Sie ist genau übertragen und bisher als polyphone Instrumentalkomposition von der Hand Bakfarks bewertet worden. Die musikalisch höherwertigen oder mindestens interessanteren Interpretationen dieser CD bietet das Ensemble Voces Æquales. István Györi, der Lautenist, hat Mühe, in den mitunter über vier Minuten dauernden Intavolierungen die Spannung zu halten … aber, zugegeben, das ist sehr schwer, weil die Zuhörer a. anders als ihre Vorgänger vor fast fünfhundert Jahren die vokalen Vorlagen

nicht kennen und b. nicht mehr gewöhnt sind, konzentriert solchen komplexen, vierstimmigen Sätzen zu folgen. Diese CD ist weit mehr als eine musikhistorische Demonstration, wird aber wegen ihres heterogenen Klangangebots vermutlich kaum anders zu konsumiert. Dass solistische Musik nur ein sehr kleiner Teil dessen ist, was im 16. bis 18. Jahrhundert auf den Instrumenten der Lautenfamilie gespielt worden ist, muss nicht erwähnt werden. Vielfach ist sie in der Kammermusik eingesetzt worden, zur Gesangsbegleitung und als Continuo-Instrument. Die Handschrift, um die es im folgenden geht, trägt den Titel: „Il Libro di Cosimo Bottegari Fior[entin]o et Cameriere del ser[enissi]mo duca Alberto di Baviera“ und wird in der Biblioteca Estense in Modena aufbewahrt [RISM:I-MOe]. Entstanden ist sie nach 1574. Cosimi Bottegari: Il Libro di canto e liuto Santina Tomasello, voce, Gian Luca Lastraioli, liuto, cetra e chitarra (Prima registrazione mondiale) Aufgenommen im Januar 2001 TACTUS (TC 552701, www.tactus.it, in Deutschland bei Klassik Center Kassel) … fürstliche Unterhaltung … PPPP Cosimo Bottegari (1554—1620) stand, wie der Titel sagt, zur Zeit der Niederschrift der Handschrift in Diensten von Herzog Albrecht V. von Bayern (1528—1579) in München, zusammen mit Orlando di Lasso übrigens, mit dem er im Streit lag, wie aus der Korrespondenz ersichtlich ist (s. „BottegariAffäre“ in der Lasso-Literatur!). Die Handschrift enthält 126 Kompositionen für Gesang mit Lautenbegleitung, fünf Instrumentalwerke, achtzehn Gedichte ohne Vertonung und einige Seiten Prosa. Ein Drittel ist von Bottegari komponiert, der Rest besteht aus Stücken zeitgenössischer Komponisten, die Bottegari für die Besetzung Gesang mit Lautenbegleitung arrangiert hat. Die auf der vorliegenden CD eingespielten Stücke sind von verschiedenen Komponisten, auch wenn das aus der Tracklist leider nicht hervorgeht. Aber „Susanne un jour“ erscheint so oft in Tabulaturbüchern des 16. Jahrhunderts, dass auch dem ungeübten Betrachter klar wird, dass die Vorlage von Orlando di Lasso stammt. Das Gleiche gilt für „Vestiva i colli“ von Palestrina. Die meisten der eingespielten Stücke sind strophisch, oft werden in rezitativischem Ton Geschichten erzählt. Geschichten über die Liebe, Klagen und mitunter auch bitter ironische Kommentare. Die Star dieser Aufnahme ist, wie kann es anders sein, nicht der Lautenist Gian Luca

Lastraioli, der seine Rolle als Begleiter zuverlässig ausfüllt. Nein, herausragend ist die Sängerin Santina Tomasello, die nicht nur glockenklar und in wohltuender Schlichtheit die Lieder vorträgt, sondern die auch hie und dort theatralisch Sinngehalte unterstreicht und ausdeutet … nein auskostet und fast opernhaft-kabarettistisch überzeichnet. In einem seiner Lieder hat Cosimo Bottegari übrigens die Umgangsformen in seiner bayerischen Umgebung aufs Korn genommen – dort stand er, als das Buch zusammengestellt wurde, in Diensten. Suppe, Kraut, Stockfisch und viel Bier … dort waren wohl die Sitten damals schon derber. Dieses Lied „Mi stare pone totesche“ singt übrigens nicht Santina Tomasello, sondern Amerigo Bernardi aus einer Gruppe Musiker, die insgesamt das Programm an der eine oder anderen Stelle klanglich aufpeppen – wie in einer „jam session“, so heißt es im Programmheft. Keine großen musikalischen Überraschungen erwarten Sie hier, keine epochalen Kunstwerke, dafür aber ein Programm mit Liedern des 16. Jahrhunderts, die auch damals schon zu nichts anderem als dazu geschrieben und in der vorliegenden Handschrift zusammengestellt worden sind, als Zuhörer und sicher auch Ausführende fürstlich zu unterhalten. Nach England kam die Laute, die auf dem Kontinent zur Königin der Musikinstrumente geworden war, erst spät … lange, nachdem in Italien, Deutschland und Frankreich die ersten Tabulaturen gedruckt worden sind. 1568 erschien London ein erstes Lehrwerk „A Briefe and easye instruction to learne the tableture“, die englische Übersetzung einer Schule von Adrian Le Roy, die schon 1557 in Paris herausgekommen war und danach 1570 und 1583 in Neuauflagen. Kein Exemplar der drei französischen Auflagen ist heute nachweisbar.

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Raphael Sadeler I. (1561–132) „Amor“ aus einer Folge von 8 emblematischen Darstellungen, Kupferstich nach einem Gemälde von Maerten de Vos (1532–1603), Kunstsammlung Veste Coburg, Bildarchiv Gitarre & Laute, Köln

Kommentarlos übernahm der Übersetzer der Le Roy-Schule, ein J. Alford, die französische Tabulatur, und dabei sollte es auch bis zum Ende der englischen Lautenmusiktradition bleiben. Die „Instruction“ von Le Roy erschien dann 1574 noch einmal auf Englisch, diesmal übersetzt von einem F. K. E. Gentleman. Zwei weitere gedruckte Anthologien englischer Lautenmusik sind uns überliefert, William Barleys „A New Booke of Tabliture“ von 1596 und das (ge)wichtige Buch „Varietie of Lute Lessons“ von Robert Dowland aus dem Jahr 1610, außerdem wurde das eine oder andere Stück in Büchern mit Lautenliedern veröffentlicht. Alle anderen Werke des großen Repertoires englischer Lautenmusik sind aber ausschließlich handschriftlich überliefert, auch die Stücke von Anthony Holborne. Cradle of Conceits: Lee Santana – Antony Holborne Fantasies, Airs and Dances composed by Anthony Holborne (1545—1602) played on Lute, Cittern and Bandora by Lee Santana Erschienen 2008 carpe diem-Schallplatten CD 16272 (in Deutschland bei Klassik Center, Kassel)

… Das kann er sehr gut! … PPPP Anthony Holborne steht für uns, 400 Jahre nach seinem Tod, ganz im Schatten des alle überstrahlenden, großen John Dowland (1563—1626). Der aber widmete sein zweites Liederbuch im Jahr 1600 dem „Allerberühmtesten Anthony Holborne“, seinem Freund und Kollegen … dessen Nachfolger in höfischen Diensten er gern geworden wäre. Nichts hat der große Dowland sein Leben lang so gewünscht wie eine Anstellung beim Hofe seiner „most Sacred Queen“ Elizabeth I. (1533/1553—1603) – aber sie, die Anstellung, blieb ihm versagt. Man munkelte, er sei nie in höfischen Dienst genommen worden, weil er an seinem katholischen Glauben festhielt, obwohl Henry VIII., Elizabeths Vater, aus gegebenem Anlass seine eigene Kirche gegründet hatte und sie, die „Church of England“, seinen Untertanen nicht ans Herz gelegt sondern ans Herz befohlen hatte. Elizabeth, eine kunstsinnige, liberale und weltoffene Frau, hatte Anthony Holborne angestellt. Viel weiß man nicht über dessen Leben, wohl aber, dass er „Gentleman Usher to the most Sacred Queen Elizabeth of England“ war – so jedenfalls steht es in dem bereits

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erwähnten Buch „Varietie of Lute Lessons“ von Robert Dowland, Johns Sohn. Dort ist eines der Stücke von Holborne abgedruckt. Lee Santana, der Interpret dieser CD, steuert noch ein paar Informationen bei. Er habe „ca. fünf Töchter und einen Sohn“ gehabt, zum Beispiel … so sicher sind unsere Informationen über den „Allerberühmtesten Anthony Holborne.“ Was wir von ihm kennen, sind Kompositionen. Ein Buch mit Consort-Musik ist 1599 gedruckt worden „Pavans, Galliards, Almains


Cradle of Conceits, Foto © CARPE DIEM Records, Markus Wessolek

… in Five Parts“, eine Zister-Schule schon zwei Jahre vorher: „The Cittharn Schoole“. Stücke von Holborne sind in Lautenbücher auf dem Kontinent aufgenommen worden, andere finden wir in Handschriften. Mehr wissen wir nicht, und das obwohl Brian Jeffery über Holborne promoviert hat, nicht über Sor, und obwohl Masakata Kanazawa schon 1967 in der Harvard-Reihe eine Gesamtausgabe seiner Werke herausgeben konnte. Lee Santana spielt eine Auswahl von Holbornes Stücken – unter dem Titel „Cradle of Conceits“ … und schon stellt er den Betrachter wieder vor eine offene Frage. Es gibt in einer Handschrift der Universitätsbibliothek in Cambridge eine Pavane mit diesem Titel, was aber heißt das? Ein „cradle“ ist eine Wiege und „conceits“ sind „geistreiche, witzige Einfälle“, Aperçus vielleicht oder, um das alte „deutsche“ Wort zu nehmen: „Konzetti“. Wollten wir den Titel von Pavane und CD unbedingt übersetzen, könnten wir vielleicht „Geisteskinder“ oder „Inspirationen“ nehmen, und so ließen sich auch die Interpretationen von Lee Santana betiteln. Was die Textgenauigkeit angeht, hält er es nämlich ähnlich wie sein Landsmann Hopkinson Smith. Die in Tabulatur vorliegende Musik

ist eine Art Kreativvorlage. Mal mehr mal weniger wird um sie herum oder von ihr ausgehend „gespielt“, meistens aber, um hier Spekulationen zu vermeiden, nah am Text und immer sehr nah am Zeit- und Personalstil. Was „Playfellow“ angeht, warnt er seine Zuhörer schon im Booklet: „Manchmal […] hat sich die Freiheit wohl etwas verselbständigt und ist über die Stränge geschlagen.“ Lee Santana spielt nicht so elaboriert leichtfüßig, wie wir es von Paul O’Dette und seinen Interpretationen englischer Lautenmusik kennen … und das meine ich weniger technisch, als es sich vielleicht anhört. Nein, ich beziehe mich dabei auf die Leichtigkeit, mit der man Musik schwingen lassen, mit der man seine Zuhörer an rhythmischen Impulsen teilhaben lassen kann. Aber das ist etwas sehr zartes, fragiles und offenbar nicht Lee Santanas Ding. Der ist eher der Gaillarden-Lautenist und weniger einer für Pavanen. Auch Tombeaux gelingen ihm weit weniger überzeugend als diese kleinen Charakterstücke, die Holborne so gern eingestreut hat, und die Lee Santana immer wieder dazu verleiten, den Faden in ihrem Sinn weiter zu spinnen und zu fantasieren. Das kann er sehr gut!

Lorenzino del Liuto Giovanni Pierluigi da Palestrina – Orlando di Lasso Cipriano de Rore Marco Pesci, Laute Aufgenommen im März 2004, erschienen 2006 NAXOS 8.570165 … komplexe Kompositionen … PPP Drei Komponisten sind auf dieser CD angegeben, dabei sind alle Stücke von ihm, von Lorecino del Liuto, mit bürgerlichem Namen Lorenzo Tracetti (ca. 1552—1590). Rätsel? Natürlich nicht! Alle Stücke dieses CD-Programms sind von dem Lautenisten geschrieben und veröffentlicht, nur sind einige davon Intavolierungen von Vokalwerken, die ursprünglich Palestrina, Lasso oder Cipriano de Rore geschrieben haben. Lorenzo kennt man, weil seine Stücke in verschiedenen Anthologien mit Lautentabulaturen erschienen sind, unter anderem in dem Kölner Lautenbuch von Jean Baptiste Besard: „Thesaurus Harmonicus“ von 1603, auf dessen Titel Lorenzos Name sogar mit großen Lettern als Ausweis höchster künstlerischer Qualität benutzt wird (s. Abbildung). Aber auch in dem schon erwähnten Buch „Varietie of Lute Lessons“ von Robert Dowland fin-

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det sich eine Fantasie von dem „most famous and diuine Laurencini of Rome“ (fol. Fiiv). Die Stücke, die auf dieser CD zusammengefasst sind, sind keine Beispiele für ansteckende Lebenslust und Spielfreude. Auch die „technischen Schwierigkeiten, welche die Möglichkeiten der Laute bis an ihre Grenzen ausloten“, wie der Interpret Marco Pesci schreibt, fordern selten das, was man als „Virtuosität“ bezeichnet, sondern beziehen sich darauf, dass Lorenzino oft sehr vollgriffig akkordisch geschrieben hat, besonders in den Intavolierungen natürlich, in denen er die ursprüngliche Gestalt der mehrstimmigen, polyphonen Vokalwerke stimmig auf sein Instrument übertragen und dazu noch instrumental variiert hat. Ergebnis sind ziemlich komplexe Kompositionen, die Interpreten, aber auch Zuhörern Konzentration abverlangen. Der göttliche Lorenzino aus Rom gehört heute, vierhundert Jahre nach seinem Tod, nicht zu den oft gespielten Komponisten von Lautenmusik. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass sich bisher niemand die Mühe gemacht hat, seine Werke einmal zu katalogisieren und in einer größeren Edition oder gar einer „Gesamtausgabe“ zur Verfügung zu stellen. Zehn Jahre vor Marco Pesci hat Paul Beier eine CD mit Werken von Lorenzino eingespielt (Il Cavaliere del Liuto, DULCIMER STR 33447), aber ansonsten ist es sehr still geworden um den hoch gepriesenen und geschätzten Musiker, dem Beier übrigens ein längeres Leben vergönnt hat als Pesci. Er gibt als Lebensdaten an 1550—1608, und das hängt mit der Tatsache zusammen, dass er den „Cavaliere del Liuto“, der am 23. September 1608 verstorben ist, mit unserem Lorenzino del Liuto gleichsetzt. Marco Pesci gibt als Todesdatum „seines“ Lorenzo Tracetti präzise den 20. Juli 1590 an. Vielleicht sind die komplexen Strukturen seiner Stücke tatsächlich der Grund, warum so wenige Lautenisten sich der Musik von Lorenzino del Liuto angenommen haben und annehmen. Auch Marco Pesci schafft es nicht, die Stücke so in unsere vergleichsweise schnellerlebige Zeit zu transportieren, dass sie ähnliche Elogen auslösen wie seinerzeit bei Johannes Baptiste Besard. Anthony Holborne hat neben seiner solistischen Lautenmusik, die uns eben begegnet ist, auch Lieder und Ensemblemusik geschrieben: Music for Shakespeare’s Theatre Gerald Place, Tenor, Rebecca Hickey, Soprano, Dorothy Linell, Lute Aufgenmommen im Juni 2007, erschienen 2008 20 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 3–4

NAXOS [www.Naxos.com] 8.570708 … außerordentlich abwechslungsreiches wie unterhaltsames Programm … PPPPP Dass zwischen William Shakespeare (1564— 1616) und der Tradition englischer Lautenlieder ein Zusammenhang bestanden hat, ist allen wegen der zeitlichen Übereinstimmung klar … auch, wenn man nicht ahnt, wie dieser Zusammenhang ausgesehen hat. Sind Texte von Shakespeare selbst in Lautenliedern vertont worden? Und wenn ja: Mit welchen Komponisten hat er zusammengearbeitet?


des ganz Großen dieser Zeit, eines der Größten der englischen Musikgeschichte überhaupt: John Dowland. Seine Laute übrigens ist anfänglich immer noch sechschörig, er hat aber in seiner „reiferen Zeit“ auch Stücke für Lauten mit bis zu zehn Chören geschrieben. Die „neuen“ Chöre kamen Stück für Stück im Bass dazu. John Dowland Complete Solo Lute Music – Jacob Lindberg Aufgenommen zwischen Oktober und Dezember 1994, erschienen 2008 Brilliant Classics [www.brilliantclassics.com] (4 CD) 93698 Gerald Place weist nach, dass im Gesamtwerk von William Shakespeare 170 mal von Musik die Rede ist und viel häufiger von Liedern, Melodien oder Musikinstrumenten. Und er informiert auch, mit welchen Lautenisten bzw. Komponisten der Dichter in Verbindung stand. Einer war Robert Johnson (ca. 1582—1633), der bekannt war für Bühnenmusiken wie die großen „Court Masques“ und der außerdem in Diensten des unter (auch heutigen) Lautenisten bekannten Lord Hunsdon stand, Lord Chamberlain und Förderer von Shakespeares Theatergruppe. Dreien seiner Lieder liegen Texte von Shakespeare zugrunde und sind höchst wahrscheinlich auch in frühen Aufführungen gesungen worden sie finden sich natürlich in dieser Anthologie. Ein anderer war Thomas Morley (1557— 1602), Organist an St. Pauls und Nachbar von Bill Shakespeare. Sein Lied „It was a lover and his lasse“, ohne Zweifel eines der berühmtesten, wenn nicht das populärste englische Lautenlied überhaupt, hat seinen Text von Shakespeare und wir finden es natürlich auf dieser CD wieder – allerdings auch vieles, das nicht so leicht und eindeutig zuzuweisen gewesen war. Bei einigen Texten, die durch das First Folio überliefert sind, wissen wir, dass es Liedtexte sind, wir haben aber keine Melodien oder gar Begleitungen. Hier sind durch kreative, archäologische Arbeit Lieder rekonstruiert … oder sagen wir besser mit Texten von Shakespeare neu komponiert worden? Zusätzlich sind ein paar solistische Lautenstücke aufgenommen worden, die direkte Beziehungen zu dem Dichter oder seinen Werken haben und auf diese Weise ist ein außerordentlich abwechslungsreiches wie unterhaltsames Programm entstanden, das ebenso vorgetragen wird! Die Sänger sind exzellent auf Sprache und Musik eingestellt, mit den begleitenden Musikern bilden sie ein perfektes Ensemble. England um 1600? Da darf natürlich der Name eines Musikers nicht fehlen, der Name

dto. BIS-SACD-1742 (mehr als 4 Stunden auf einer SACD. in Deutschland bei Klassik Center Kassel) Erschienen 2008 John Dowland, Fancyes, Dreams and Spirits. Lute Music 1 Nigel North, Lute Aufgenommen im Juli 2004, erschienen 2006 NAXOS 8.557586 … Dowland’s Tears. Lute Music 2 Aufgenommen im Juni 2005, erschienen 2006 NAXOS 557862 … Pavans, Galliards and Almains. Lute Music 3 Aufgenommen im Juli 2006, erschienen 2007 NAXOS 570449 … Sie ist uns so vertraut geworden, dass wir mit ihr spielen können … (für alle) PPPPP Zunächst etwas zu den Produkten: Beide Lindberg-Sammlungen sind auf der Basis der gleichen Aufnahmen hergestellt worden. Einmal sind 4 CDs, einmal eine SACD (Super Audio Compact Disc) gefüllt worden. Die SACD ist nicht abwärtskompatibel, darauf weisen Plattengesellschaft und Vertriebfirmen hin, sie kann also nur auf dafür vorgesehenen Geräten abgespielt werden. Das Label BIS besitzt die Rechte an den Aufnahmen, die Brilliant-Classics-Sammlung ist eine Lizenzausgabe. Über John Dowland etwas zu sagen, hieße Eulen nach Athen oder warmes Bier nach England zu tragen. Die große englische Musikerin und Forscherin Diana Poulton (1904—1995) hat sich seiner angenommen, sie hat die erste Gesamtausgabe seiner Lautenwerke herausgebracht und sie hat auch die erste große Monographie, die heute noch Bestand hat, über ihn geschrieben. Dabei hat John Dowland nicht nur wegen Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 3–4 21


John Dowlands Unterschrift im „Album Amicorum“ des Johannes Cellarius. © London, British Library

seiner Lautenwerke Geltung, besonders seine Lautenlieder und seine Kammermusik mit Laute sind von hoher Qualität. Der Erste, der mit Lautenwerken John Dowlands im 20. Jahrhundert Karriere machte, war Julian Bream. Die Idee, alle seine Lautenwerke aufzunehmen, hätte Bream vermutlich nie gehabt, sie verbot sich aber allein deswegen, weil man keinen wirklichen Überblick über dessen Œuvre hatte. Es ist in zahllosen Manuskripten, die auf Bibliotheken über die Welt verteilt sind, überliefert, mit vielen Konkordanzen natürlich, die es erst einmal zu vergleichen galt. Erst die epochale Arbeit von Diana Poulton ermöglichte einen Überblick und darauf basierend eine Gesamtausgabe, die dann eine Klangaufnahme aller Stücke erst sinnvoll machte. Die vorliegende Gesamteinspielung von Jakob Lindberg erschien schon einmal im Jahr 1995 bei BIS, im gleichen Jahr erschien die erste CD derjenigen von Paul O’Dette, der als ausgesprochener Dowland-Spezialist gilt. Erst über zehn Jahre später begann auch Nigel North mit seiner Gesamteinspie-

lung bei NAXOS, die sicher nach Fertigstellung als Package herauskommen wird – jetzt sind es noch Einzel-CDs. Fragt man, ob sich in den, sagen wir, fünfzehn Jahren seit Lindberg und O’Dette das Lautenspiel verändert hat, kann man das bejahen. Je weiter wir uns von dem anfänglichen Suchen der „Alten Musiker“ wegbewegen, je selbstverständlicher Erkenntnisse der aufführungspraktischen Forschung ins allgemeine Musizieren integriert sind, desto freier und natürlicher kann damit umgegangen werden. Der Anteil an Akademischem und Schulmeisterhaftem wird immer geringer – schließlich geht es um vitale, lebendige Musik! Es ist Nigel North, der am freiesten mit Verzierungen zum Beispiel umgeht, oder mit Klangkontrasten. Synkopeneffekte wie in der „Earl of Essex his Galliard“ kostet er genüsslich aus, auch die in der sehr modern wirkenden und selten gespielten „M. Giles Hobie’s Galliard“. Aber verbinden wir den Namen Dowlands nicht eigentlich mit Melancholie? Mit Me-

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lancholie und Tränen? Die Lachrimæ-Pavan ist eines seiner heute bekanntesten Stücke, „I saw my lady weep“ ist das Dowlandsche Lautenlied … schon bevor Sting es zusammen mit Edin Karamazov zum Welthit gemacht hat. Dowlands Tränen besingt Nigel North auf seiner zweiten CD unter anderem mit seiner eigenen Bearbeitung dieses Liedes für Laute solo – eine kühne Erweiterung des Repertoires, die man sich „früher“ nicht erlaubt hätte. Aber auch sie ist Zeichen für den heutigen Umgang mit dieser Musik. Sie ist uns so vertraut geworden, dass wir mit ihr spielen können. Vielleicht noch ein Wort zu den Werkzusammenstellungen. Lindberg ist nach benutzten Quellen vorgegangen, hat also alle Stücke aus „Varietie of Lute Lessons“ aneinandergereiht, danach die aus Handschrift „X“ und aus Handschrift „Y“ usw., weil es, wie er schreibt, unmöglich ist, eine akkurate chronologische Liste der Stücke zu erstellen und sich daher diese Reihenfolge nicht anbietet. Nigel North hat die Stücke nach „Themengruppen“ sortiert ohne uns mit kompletten CDs mit Gaillarden oder Allemanden zu langweilen. Nicht einmal Dowland’s Tears ist eine nur melancholische Auswahl: „Ich habe mich dafür entschieden, sieben Paare von Pavanen und Gaillarden zu bilden und dabei die Melancholie in den Mittelpunkt zu stellen, wobei die Gaillarden für einige Aufhellung sorgen.“ Auf diese Weise hat er, bei „Fancyes, Dreams and Spirits“ übrigens auch, sehr kurzweilige Programme geschaffen. Dort finden wir die sieben großen Fantasien und dazwischen Petitessen – Theatermusiken, Präsente, Ehrungen. „Ein wahres Genie in der Kunst ist selten. In der Welt der Laute gebührt dieses Prädikat John Dowland ganz gewiss“, so beginnt Nigel North den Text zu seinen CDs. Es ist spannend, dem Genie nachzuspüren, auch in den weniger bekannten Stücken. Mit dem Tod John Dowlands im Jahr 1626 endete die große Zeit der englischen Lautenmusik. Schon mit dem Tod von Königin Elizabeth I. hatten die Künste eine große und mächtige Fürsprecherin verloren. Ihr Nachfolger, James I. (1566/1603—1625), vorher James VI. von Schottland, hatte stürmische Zeiten zu überstehen und wenig für das Kulturleben übrig. In Italien erlebte die Laute zur gleichen Zeit eine völlig neue Hochblüte. Um die Florentiner Camerata herum entstand etwas, das schon von Claudio Monteverdi (1567—1643) „seconda practica“ genannt wurde und eine Vorliebe für monodische Gesänge mit sich brachte, für Sologesänge mit Generalbassbegleitung. In der nächsten Ausgabe von Gitarre & Laute ONLNE geht es um „Musik für Barocklaute“ und neue CDs.


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ie Oper „La Cenerentola“ schrieb Gioacchino Rossini in Erfüllung eines Vertrags, den er am 23. Februar 1816 unterschrieben hatte. Er besagte, dass der Komponist ab Oktober 1816 in Rom zu sein hatte, um Musik zu einem neuen Libretto zu liefern. Die Premiere der neuen Oper sollte am 26. Dezember stattfinden. Rossini kam erst Mitte Dezember nach Rom, weil die Uraufführung seiner Oper „Otello“ verschoben worden war. Um diese Zeit wurde auch das Sujet ausgewählt. Es war der Aschenbrödel-Stoff: „La Cenerentola“. Die Uraufführung war auf den 25. Januar 1817 festgelegt und das setzte Rossini unter enormen Zeitdruck. Probates Mittel, mit diesem Druck fertig zu werden, ist das Verwenden von einzelnen Nummern, die schon in anderen Kompositionen verwendet worden sind. So setzte Rossini die Ouvertüre seiner Oper „La gazzetta“ erneut ein, das Gleiche gilt für Teile der Schlussarie „Nacqui all’affanno“, die er aus „Il barbiere di Siviglia“ übernahm. Die Ausführung von Seccos erledigte ein Mitarbeiter für ihn, ebenso das Auskomponieren eines Chores am Anfang des zweiten Aktes und ein paar kleinere Arien. Die Uraufführung in Rom war ein Misserfolg, aber schon wenige Tage später war das Publikum besänftigt. Schon im nächsten Jahr, 1818, wurde „La Cenerentola“ im Ausland gegeben (April Barceloma, August München). 1821 sollte die Oper erneut in Rom gespielt werden und dafür komponierte Rossini die vorher eingeschmuggelten Versatzstücke neu, außerdem eine außergewöhnlich groß angelegte und virtuose Arie: „Là del ciel nell’arcarno profondo“ für den Bassisten Gioacchino Moncada. Heute gehört diese Arie zwingend zu jeder Aufführung, sie galt aber zu Rossinis Lebzeiten als zu schwierig und konnte sich damals nicht durchsetzen. „La Cenerentola“ erlebte im 20. Jahrhundert eine Zeit sehr großer Erfolge und war auf den internationalen Opernbühnen stets präsent. In den siebziger Jahren erlebte sie sogar im Umfeld einer „Rossini-Renaissance“ eine ungeahnte Popularität. Jean-Pierre Ponelles Inszenierung von 1969 mit Teresa Berganza als Cenerentola und Charles Mackerras am Pult, die in San Francisco gegeben wurde und danach in allen großen Operntheatern der Welt inklusive Glyndbourne und Salzburg, machte „La Cenerentola“ zu einem Repertoire-Stück erster Güte. Die Ausgabe von Giulianis Bearbeitung der Ouvertüre ist bei dem großen Mailänder Musikverleger Giovanni Ricordi erschienen, Thomas Heck (Mauro Giuliani: Virtuoso Guitarist and Composer, 1995) schätzt das Erscheinen auf Mai 1828. In seinem Werkeverzeichnis hat die Ausgabe die Nummer WoO, G-11. Dass Mauro Giuliani die Cenerentola-Ouvertüre für Gitarre bearbeitet hat, spricht für ihre große Bekanntheit und für die insgesamt hohe Popularität, die Rossini damals genoss. Wir wissen, dass Gitarristen gern Themen von Rossini verarbeiteten – Giuliani besonders.

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Sinfonia Nell’Opera La Cenerentola del Sig. M[aestr]o Rossini Ridotta per Chitarra Sola da Mauro Giuliani Gioacchino Rossini (1792-1868) für Gitarre eingerichtet von Mauro Giuliani (1781-1829)

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Notenausgaben von Gitarre & Laute

John W. Duarte Danserie No. 2 für Gitarre solo € 7,50 G&L 142 Eduardo Falú Gavota para Guitarra, Mit Fingersätzen versehen von Hubert Käppel, 2-3 € 5,00 G&L 112 Eduardo Falú Preludio del pastor € 6,50 G&L 111 Santino Garsi da Parma Sämtliche Lautenwerke, Gesamtausgabe der handschriftlichen Quellen, Faksimile mit Übertragungen und Kommentar von Dieter Kirsch € 30,00 G&L 148 Jana Obrovská Hommage à Choral Gothique f. Gitarre Solo, Revidiert von Milan Zelenka € 8,50 G&L 122 Jana Obrovská Due Musici für zwei Gitarren € 8,50 G&L 123 John W. Duarte Danserie No. 2 für Gitarre solo € 8,50 G&L 142 Adrian Patino Nevando Está, Für Gitarre bearbeitet von Eduardo Falú € 6,50 G&L 120 A. Robles und Jorge Milchberg El Condor pasa, Für Gitarre bearbeitet von Eduardo Falú € 6,50 G&L 116 Ignace Strasfogel Prélude, Elegie und Rondo für Gitarre, Herausgegeben von Volker Höh € 13,00 G&L 168 Heinrich Marschner Lieder mit Begleitung der Gitarre (Zwölf Lieder op. 5, Zwei Lieder von Goethe), Herausgegeben von Oliver Huck € 15,00 G&L 169

Der gesamte Katalog bei:

www.MusiCologe.eu Gitarre-und-laute.de

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Eingegangene Noten

Neue Noten

Besprechung vorbehalten Isaac Albéniz, Asturias & Malaguena,

Reihe: Große Komponisten für junge Gitarristen, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Darmstadt 2003, Prim Verlag, 99 039

Isaac Albéniz, Tango El Polo orig. für

Klavier, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Darmstadt 2007, Prim Verlag, 99 077

Ein besonderes Vergnügen! Choralvorspiele von Johann Sebastian Bach arrangiert für zwei Gitarren. Johann Sebastian Bach: Choralvorspiele für zwei Gitarren bearbeitet von Martin Hegel, Berlin 2008, Ries & Erler 30032, € 18,— Der Repertoire-Hit „Jesus bleibet meine Freude“ BWV 147, ist natürlich dabei, daneben „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ BWV 645 oder „Nun komm’ der Herren Heiland“ BWV 659. Wie Martin Hegel richtig im Vorwort schreibt, ist „Jesus bleibet meine Freude“ kein Choralvorspiel, sondern ein Choral aus der Kantate „Herz und Mund und Tat und Segen“ – beim ersten Mal mit dem Text „Wohl mir, daß ich Jesum habe“, beim andren Mal „Jesus bleibet meine Freude“. Der Herausgeber meint zwar, seine Bearbeitungen stellten „nur selten höchste technische Anforderungen an den Gitarristen“, sie seien aber „gestalterisch höchst anspruchsvoll“, man sollte aber auch die spieltechnischen Anforderungen keineswegs unterschätzen. Die Ausgabe ist benutzerfreundlich in Notensatz und Gestaltung … allerdings viel zu teuer – 18 Euro für sage und schreibe 19 Seiten Noten mit gemeinfreien Kompositionen. Das ist dreist und eine Einladung an Fotokopierer! Markus Grohen Giulio Regondi waren in letzter Zeit einige Neuausgabe gewidmet – drei davon in jüngster Zeit: Giulio Regondi, Ten Etudes for guitar, Revised and edited by Matanya Ophee, Columbus/Ohio 2008, Editions Orphee PWYS-17RE, US-$ 17,95

Giulio Regondi, Fantasie über “Don Giovanni” nach Sigismund Thalberg für Gitarre, Erstdruck (Stefan Hackl), Wien 2008, Doblinger D. 19 820, € 10,95 Giulio Regondi, Air varié de l’opéra de Bellini I Capuletti e I Montecchi, Edited by Stefan R. Hackl, Columbus/Ohio 2007, Editions Orphee PWYS-83, US-$ 9,95 Die Etüden sind 1990 und 1995 schon im gleichen Verlag herausgekommen, die DonGiovanni-Fantasie liegt erstmalig gedruckt vor und ist allein deswegen schon etwas Besonderes. Von Giulio Regondi (1822—1872) sind nur wenige Kompositionen erhalten, „einige der in den Konzertkritiken des 19. Jahrhunderts am häufigsten genannten Werke blieben verschollen, bis ich in einem Manuskript aus dem Nachlass von Karl Scheit darauf stieß“ (Hackl, S. 3). Die Handschrift aus der Sammlung Scheit ist geschrieben von einem J[osiah] A[ndrew] Hudleston (1799—1865), einer illustren Figur der englischen Gitarrenszene des 19. Jahrhunderts. Sie besteht aus zwei Bänden von je 250 Seiten, von denen der erste Musik von Hudleston selbst und einige seiner Bearbeitungen enthält, der zweite Abschriften „bekannter und weniger bekannter Komponisten – Sor, Aguado, Carcassi, Fossa, Eulenstein, Huerta, Moretti, Ciebra, Bobrowicz, Süssmann und schließlich Regondi: die erste Version der Etüden (Eight studies for the Guitar by Giulio Regondi, dedicated to J. A. Hudleston, 1857), vier der fünf bereits bekannten Konzertstücke (Fête Villagoise, Rêverie, 1re und 2me Air varié) und schließlich die bisher nur von seinen Konzertberichten bekannten Stücke Solo on Don Giovanni partly from Thalberg’s piece und Air varié de

Peter Ansorge (Hrsg.), [Co-Autor Bruno Szordikowski]: Old Mac Donald plays Guitar. Die schönsten Volks- und Kinderlieder für 1 - 2 Gitarren (mit D), herausgegeben von Peter Ansorge, Mainz 2008, Shott, ED 20 179 Johann Sebastian Bach, Cellosuite Nr. 1

BWV 1007. 2 Fassungen, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Darmstadt 2002, Prim Verlag, 99 038

Johann Sebastian Bach, Cellosuite Nr. 2 a-moll BWV 1008, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Dasrmstadt 2005, Prim Verlag, 99 079 Johann Sebastian Bach, Choralvorspiele für zwei Gitarren, herausgegeben von Martin Hegel, Berlin 2008, Ries & Erler, ISMN M-013-30032-7

, Goldberg Variations Arranged for two Guitars by Benedetto Montebello, herausgegeben von Benedetto Montebelli, Heidelberg 2008, Chanterelle, ECH 519 Johann Sebastian Bach

Carlos Barrientos, Periwinkle Memories for guitar, Columbus/Ohio 2008, Editions Orphee, PWYS-85 Ralf Bauer-Mörkens, Hommage a Johann Sebastian Bach: Preludium [!] - Fuge - Allegro, Windhagen o. J., Manuskriptkopie Ralf Bauer-Mörkens, Hommage a S. L. Weiss für Gitarre solo: Prelude, Allemande, Courante, Sarabande, Gigue, Windhagen o. J., Manuskriptkopie Ralf Bauer-Mörkens, Partita für Gitarre solo: Toccata, Fugato, Fantasie, Chaconne, Windhagen o. J., Manuskriptkopie

, Ulixes: Musikalisches Gleichnis vom Leben des Odysseus, übertragen auf die „innere Lebensbühne“, Windhagen o. J., Manuskriptkopie Ralf Bauer-Mörkens

Holmer Becker, Praeambulum: Musik für zwei Gitarren, Essen 1997, Verlag Hubertus Nogatz, K&N 1237

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, Seeing Dimly, San Francisco 2007, Guitar Solo Publcations, GSP-259

Dusan Bogdanovic

Dusan Bogdanovic, Shuvi, Shuvi Hashulamit. Song of Songs, Chapter VII for Voice and Guitar, Columbus/Ohio 2006, Editions Orphee, DTMO-9

Benjamin Britten, The Second Lute Song of the Earl of Essex, from „Gloriana“, herausgegeben von Julian Bream, London 2008, Boosey and Hawkes Ltd., ISMN 979-060-11929-3 Alo

is Bröder, Jouer - Paler - Ecouter: 13 sehr leichte Trios für junge Gitarristen, Wilhelmshaven 2006, Heinrichshofens Verlag, N 2611

, 2 Suiten in d-moll & A-Dur orig. für Cembalo, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Darmstadt 2001, Prim Verlag, 21 201

Dietrich Buxtehude

Dietrich Buxtehude, Passacaglia BuxW 161 orig. für Orgel, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Darmstadt 2007, Prim Verlag, 99 074

, Suite Nr. 1o BuxWV 236 in e-moll, Original für Cembalo, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Damrstadt 2005, Prim Verlag, 99 061 Dietrich Buxtehude

, Solo and Variations on „Nel cor più“ op. 107, herausgegeben von Matanya Ophee, Columbus/Ohio 2006, Editions Orphee, PWYS-76 Ferdinando Carulli

, Encrucijada (Crossroad/Scheideweg), Wien 2006, Doblinger, D. 19737

Rafael Catalá Salvá

, Da un Codice del Cinquiecento. Transcriptions for Lute or Guitar, from a 16th Centura Lute Manuscript. Introduced by Stefano Toffolo, Edited by Matanya Ophee, herausgegeben von Matanya Ophee, Columbus/Ohio 2002, LUTE-4 Oscar Chilesotti (Hrsg.)

, Theme and Allegro from the Fantaisie in the English Song „We Have Lived and Loved Together“ for guitar, herausgegeben von Matanya Ophee, Columbus/Ohio 2006, Editions Orphee, PWYS-75

José Maria Ciebra

, The Complete Works for Solo Guitar, herausgegeben von Simon Wynberg, Heidelberg, 2 Bde, 2007, ECH 1021 und 1022

Napoleon Coste

, Six Concertante Duos op. 17 for two guitars. Book 2: Duos IV—VI, herausgegeben von John Schneiderman, Columbus/Ohio 2006, Editions Orphee, EICM-43b

Francois De Fossa

, Six Concertante Duos op. 17 for two guitars. Score, herausgegeben von John Schneiderman, Columbus/Ohio 2007, Editions Orphee, EICM-43

Francois De Fossa

Foto: Ivan

Andrejewitsch Klinger. Das Foto

stammt aus dem Besitz von Józef PowroŸniak (1902–1989)

l’opera di Bellini ‚I Montecchi e Capuletti’ [sic]“. Das Solo on Don Giovanni hat der Herausgeber als Fantasie über Mozarts Don Giovanni betitelt. Es war eines der erfolgreichsten Stücke Regondis, was seine Konzertreisen angeht. Hackl zitiert eine Kritik der Allgemeinen Theaterzeitung vom 23. Dezember 1840: „[Das Solo] fesselte die Aufmerksamkeit des Publikums in einem Grad, wie ich es noch nie bei einer Production auf der Guitarre wahrgenommen, ja nicht für möglich gehalten hatte.“ Und notabene: Der Virtuose war damals 17 Jahre alt! Wie weit Regondi auf das musikalische Material von Sigismund Thalberg (1812—1871) zurückgegriffen hat, erklärt der Herausgeber sehr präzise: Erst das Finale ist Regondis ureigene Zugabe zu der Komposition, alle anderen Sätze sind, mal wortwörtlich, mal mit idiomatisch bedingten Änderungen, von Thalberg übernommen, der übrigens ein berühmter reisender Pianist war, mit Franz Liszt konkurrierte und eine neue Art der Opernparaphrase entwickelt hat. Regondis „Don-Giovanni-Fantasie“ ist ein

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monströses Werk […] technisch noch anspruchsvoller als die übrigen Werke Regondis“. Es wird eine achtsaitige Gitarre mit der Stimmung A-D-E-A-d-gh-e’ vorausgesetzt, das Stück ist aber auch bei herkömmlicher Besaitung problemlos spielbar. Als Thema ist die äußerst populäre Arie „La ci darem la mano“ gewählt, die im 19. Jahrhundert verschiedentlich von Gitarristen verwendet worden ist – unter anderem von Jan Nepomucen de Bobrowicz (1805— 1881). Die „Fantasie über Mozarts Don Giovanni“ wird vermutlich bald ihren Weg ins Konzertrepertoire finden. Die vorliegende Ausgabe ihres Entdeckers Stefan Hackl ist vorbildlich und enthält ein ausführliches Vorwort in Deutsch und Englisch sowie einen Revisionsbericht und eine Seite Faksimile. Warum Regondis Etüden nun in einer neuen, revidierten Ausgabe vorliegen, erklärt Matanya Ophee, der Herausgeber. Zwei Editionen hat es vorher im gleichen Verlag gegeben, die erste davon, herausgegeben von John Holmquist, erschien 1990; die zweite, bereits von Matanya Ophee edierte, 1995. Alle drei Ausgaben haben die gleiche Verlagsnummer: PWYS-17. Die zweite trägt den Zusatz „CR“, die dritte „ER“. „CR“ steht vermutlich für „Critical Edition“, als solche ist die Ausgabe bezeichnet, „ER“ für „Revised Edition“. Hauptgrund dafür, dass die Regondi-Etüden nun schon eine dritte Revision erleben, ist die unübersichtliche Quellenlage. Ein Autograph gibt es nicht, gedruckt sind die Etüden zu Regondis Zeit nie herausgekommen. Die einzigen verfügbaren Quellen sind Abschriften. 1990, als die erste Ausgabe herauskam, waren es zwei russische Handschriften, auf die sich Matanya Ophee, ihr Wiederentdecker, stützte. Eine (a) stammte von dem Gitarristen Alexander Michailowitsch Ivanov-Kramskoi (1912—1973), die andere von Iadviga Kovalevskaja (b). Von beiden sind der Ausgabe Bestätigungen beigefügt, wie sie in den Besitz der Handschriften gekommen sind und wer sie


nach welchen Quellen angefertigt hat. Dass die Regondi-Etüden zyklisch veröffentlicht werden konnten, war die Errungenschaft dieser ersten Orphee-Ausgabe. Dass die Stücke wirklich von Giulio Regondi stammten, musste dabei allerdings als hypothetisch angenommen werden: „All of which leads us to the inescapable conclusion that until we have access to more relevant information, the question of precise authorship of these Etudes must remain open.” (1990, S. ii) Einzelne Etüden waren vorher veröffentlicht worden, eine im Notenanhang der Zeitschrift Der Guitarrefreund, zwei weitere in den Ausgaben der Augsburger Freien Vereinigung zur Förderung guter Guitarremusik. Diese Vereinigung veröffentlichte Stücke, die in Verlagsausgaben nicht vorlagen, dabei wurde jeweils der Name dessen angegeben, der die jeweilige Ausgabe zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hatte. Bei zwei Regondi-Etüden hieß der Stifter Julius Stockmann: „Stifter: Julius Stockmann, Kursk. Eigentum der Stifter.“ Stockmanns Name erschien in den Mitgliederlisten der „Internationalen Gitarristischen Vereinigung“ in München und in denen der „Freien Vereinigung“ in Augsburg. Es fällt auf, dass sich unser Wissen um die Etüden Regondis um Russland dreht, und hier schienen die Kompositionen auch allgemein bekannt gewesen zu sein, wie Ophee nachweist: „The existence of the Ten Etudes by Giulio Regondi was common knowledge in Russia of 1905.“ Mutmaßungen existieren, dass Regondi die Stücke während einer Russland-Tournee geschrieben haben könnte … in der westlichen Literatur wird aber von einer solchen Konzertreise nicht berichtet. Auch hält der Herausgeber es nicht für unmöglich, dass die Etüden irgendwann in Russland als Druckausgabe erschienen sind „but so far no bibliographic information about such a publication has come to light.“ (S. iii) Einen erfolgversprechenden Hinweis gibt Valerian Rusanov in einem biographischen Beitrag über den polnischen Gitarrenvirtuosen Marek Sokolowski (1818—1884), der 1864 in London Regondi getroffen haben soll. Regondi habe Sokolowski all seine Kompositionen übergeben, heißt es, und zwar mit der Bemerkung, er verlasse bald die Bühne und wolle ihm, Sokolowski, als seinem würdigen Nachfolger, die Werke übergeben. Auf dieses Zitat rekurrierend wiederholten verschiedene Autoren, unter ihnen Fritz Buek, die Annahme, auf diesem Weg seien die Kompositionen Regondis nach Russland gelangt. Buek gar hat noch einen draufgesetzt, indem er schrieb, „der bereits bejahrte“ Regondi hätte Sokolowski seine Gitarre geschenkt … wenn man bedenkt, dass Sokolowski vier Jahre älter als

Regondi war, werden diese Mitteilungen fadenscheinig. Egal: zwei handschriftliche Quellen der Zehn Etüden von Giulio Regondi hat Matanya Ophee gefunden und 1990 zum ersten Mal herausgegeben. Der Notentext beider Manuskripte ist „beyond the occasional slipof-pen […] practically identical”. Die Bedeutung des Funds der Regondi-Etüden wurde schnell erkannt und gewürdigt. Fünf Jahre nach der ersten erschien in Columbus eine zweite, diesmal „kritische“ Ausgabe der Etüden. Quelle a, genannt das Sleptsov-Manuskript, befand sich mittlerweile im Besitz des Herausgebers. Ivan Andrejewitsch Klinger soll, so Ophee, der Schreiber dieser Handschrift gewesen sein – das schließt der Herausgeber aus einigen auffälligen Schreibvarianten. Klinger war Offizier in der Zaristischen Armee und hat es schließlich bis zum General gebracht. Von ihm sind kleinere Kompositionen für sechssaitige Gitarre erhalten, einige davon sind handschriftlich in der Rischel- und BirketSmith-Sammlung der Königlichen Bibliothek Kopenhagen zu finden. Geht man davon aus, das die Kopenhagener Manuskripte von der Hand Klingers stammen, und dafür spricht Vieles, kann man die Behauptung wagen, dass er das Sleptsov-Manuskript mit den Regondi-Etüden geschrieben hat. Die Übereinstimmungen sind tatsächlich deutlich und in der Ophee-Ausgabe per Faksimile nachgewiesen. Die Quelle für Klingers handschriftliche Kopie kann dabei — das aber ist pure Hypothese — das Autograph von Regondi gewesen sein. Klinger hat nachweislich mit Marek Sokolowski eine freundschaftliche Verbindung gehabt und dass er, Sokolowski, eine autographe Handschrift der Etüden hatte, wissen wir! Am Ende des Notentextes befindet sich der kritische Bericht in dem sämtliche Abweichungen und Ergänzungen beschrieben sind und alle Diskrepanzen zwischen den beiden Quellen. Warum nun hat Matanya Ophee dreizehn Jahre später noch einmal eine Revision seiner Regondi-Ausgabe vorgenommen? Eine dritte Quelle ist aufgetaucht: Die Handschrift von J. A. Hudleston, von der oben im Zusammenhang mit der Fantasie über „Don Giovanni” nach Sigismund Thalberg bereits die Rede war. Im zweiten Band dieser Handschrift finden wir acht der zehn Etüden – kopiert vermutlich zwischen 1854 und 1857. Diese Abschriften sind so etwas wie eine frühe Skizze des Zyklus, der danach nicht nur um zwei Etüden erweitert worden ist, sondern auch musikalisch ergänzt und „fertiggestellt“ wurde. Und zwei weitere Abschriften der RegondiEtüden sind aufgetaucht – auch sie stammen aus Russland, es ist also zu vermuten,

, Six Concertante Duos op. 17. Book 1: Duos I—III, herausgegeben von John Schneiderman, Columbus/Ohio 2007, Editions Orphee, EICM43a Francois De Fossa

, Troisi*eme Fantaisie op. 10 sur un Theme de Beethoven, herausgegeben von Luis Briso de Montiano, Columbus/Ohio 2008, Editions Orphee, PWYS-91

Francois De Fossa

, 7 Chansons für Gesang und Gitarre für hohe/mittlere Stimme, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Darmstadt 2002, Prim Verlag, 99 041 Claude Debussy

ark Delpriora, Pocket Sonata for soilo guitar, Columbus/Ohio 2005, Editions Orphee, PWYS-74

M

Arthur Dick, Die Große Gitarrenschule mit zahlreichen Illustrationen. 1. Teil (mit CD), Berlin 2006, Bosworth, BOE 7316

John Dowland, STING: Songs from the Labyrinth. Songbook for Voice and Guitar, herausgegeben von Werner J. Wolff, Wien 2007, Doblinger, D. 19 779

, Danserie No. 2, Köln 1983, Gitarre & Laute VerlagsGmbH, GL 142 John W. Duarte

, Fantaisie on Hungarian Themes, herausgegeben von Matanya Ophee, Columbus/Ohio 2006, Editions Orphee, PWYS-79

Johann Dubez

, Preludio del pastor, Köln 1980, Gitarre & Laute VerlagsGmbH, GL 111 Eduardo Falú

, 10 Lieder für Gesang und Gitarre, Darmstadt 2005, Prim Verlag, 99 053

Gabriel Fauré

Jens Franke (Hrsg.), Romantic Guitar Anthology 1. 33 Original Works including pieces by Diabelli, Paganini, Mertz and Bosch (mit CD), herausgegeben von Jens Franke, Mainz u.a. 2008, Schott, ED 13110

, 15 Canciones Espanolas para Canto y Guitarra, bearbeitet von Rafael Catalá, herausgegeben von Rafel Catalá, Wien 2007, Doblinger, D 19 679 Federico Garcia Lorca

Richard Graf, Guitar for 2 Vol. 3 (mit CD), Wien 2006, Universal Edition, UE 33 337 Enrique Granados, Valses Poeticos, Reihe: Große Komponisten für junge Gitarristen, herausgegeben von Tilman Hoppstopck, Darmstadt 2002, Prim Verlag, 22 100 Christobal Halffter, Sonata [Solo 1b] per chitarra op. 20a (1959, 1997). Arrangement für Gitarre Solo von Eliot Fisk nach der Sonata per Violino Solo op. 20, herausgegeben von Eliot Fisk, Wien 2003, Universal Edition, UE 31 588

Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 3–4 37


Simone Iannarelli, Italian Coffee. 12

short pieces for solo guitar, San Francsico 2007, Guitar Solo Publications, GSP258

Faidros Kavallaris, Kypriaka Erotika for

solo Guitar: 15 traditional songs of Cyprus, Lefkosia, Cyprus, 2006, ISBN 9963655-12-2

Annette Kruisbrink, Knock before you

enter for guitar solo, Digital Music Print Belgium 2008, DMP 108074 Martin Kuhnle, Die Lagerfeuer-Gitarre (Lehrwerk mit CD), Manching 2008, Edition Dux, 897 Gerhard Langer, [Co-Autor: Ferdinand Neges, Illustrationen von Jan Daxner]: Play Guitar Together. Die Gitarrenschule für den Gruppenunterricht Band 2, Wien 2008, Doblinger, D.19 818

einhold Lehmuth, [Co- Autor: Albrecht Kuch-Weidenbrück, Bilder von Wolfgang Steinmeyer]: Hurra, ich darf Gitarre spielen! Eine Gitarrenschule für den Anfangsunterricht mit Kindern, Band 1, Berkheim 2008, Edition Lemi, 10969

R

Reinhold Lehmuth, [Co- Autor: Albrecht

Kuch-Weidenbrück, Bilder von Wolfgang Steinmeyer]: Komm, spiel einfach mit! Ein begleitendes Spielheft für den Anfangsunterricht. Begleit CD - Gruppenarrangements, spannende Geschichten, Berkheim 2007, Edition Lemi, 10954

A

ntoine de Lhoyer, The Complete Guitar Duos. Critical Edition by Erik Stenstadvold (mit CD-ROM mit Partitur, Krit. Ber. und Biographie), herausgegeben von Stenstadvold Erik, Heidelberg, 3 Bde., 2007, Chanterelle, ECH 1012, 1013 und 1

, [Co-Autoren Aderbal Duarte, Andreas Knoblich]: Happy Birthday Bossa Nova (mit CD), herausgegeben von Philippe Loli, Mainz 2008, Boosey & Hawkes

Philippe Loli (Hrsg.)

, ángeles en la calle, San Francisco 2007, Guitar Solo Publications, GSP-251

Eduardo Martín

Eduardo Martín, canciónes del calendario, San Francisco 2007, Guitar Solo Publications, GSP-252 Eduardo Martín, divertimentos tropicales: i: ievitable, ii: Chacumbele, iii: lobisón for solo guitar, San Francsico 2007, Guitar Solo Publications, GSP-253

dass sie von der gleichen Quelle abgeschrieben worden sind. Eine ist Andrés Segovia während seiner Russland-Tournee im Jahr 1926 als Geschenk präsentiert worden und wird heute im Segovia-Museum in Linares aufbewahrt. Die andere stammt von einem Vladislav Michailowitsch Musatov (1903— 1991) und ist heute im Glinka-Museum in Moskau. Die neue Ausgabe ist einiger weniger Druckfehler bereinigt, die im Laufe der Jahre von Benutzern mitgeteilt worden sind. Ein paar Änderungen, die Klinger an Stücken vorgenommen hat, sind wieder hergestellt worden, weil sie mittlerweile sinnvoll erscheinen. Fingersätze, bei denen in den beiden älteren Ausgaben zwischen „originalen“ und vom Herausgeber hinzugeschriebenen unterschieden worden war, sind standardisiert worden … kurz, diese neue Ausgabe hat etwas Endgültiges. Nach insgesamt achtzehn Jahren präsentiert der Herausgeber der Öffentlichkeit das, was als Ergebnis seines Suchens und Forschens bleiben wird. Und er schildert seine Forschungsarbeiten wie eine detective story … von einem Autor, dessen Geschichten man erst aus der Hand legt, wenn man ihre Auflösung kennt. Die Ausgabe ist natürlich, was den Notensatz angeht, vorbildlich in jeglicher Hinsicht: neues Stichbild mit allen typographischen Tricks und Kniffen … und doch … mir gefallen die neuen Violinschlüssel nicht. Zu filigran, zu zart, zu klein! Und auch ein paar andere Details wirken auf mich überladen … zu viel des Guten. Aber: De gustibus non est disputandum! Die Bellini-Variationen, die Stefan Hackl bei Orphee herausgegeben hat, sind auch in der „Scheit-Handschrift“ von J. A. Hudleston gefunden worden, die heute in der Bibliothek der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien aufbewahrt wird. Das Stück ist aus der Literatur durchaus bekannt (man sehe in diesem Zusammenhang im Teil „BUX“ vorliegender Ausgabe von Gitarre & Laute-ONLINE die Besprechung des Regondi-Buches von Helmut C. Jacobs). Regondi hat mit just diesem Werk in Konzerten Aufsehen erregt – das gelte allen Interessenten als Empfehlung … aber auch als

, para sonar contigo for solo gutar, San Francisco, 2007, Guitar Solo Publcations, GSP-254

Eduardo Martín

, preludio, son y allegro for solo guitar, San Framcisco 2007, Guitar Solo Publcations, GSP-255

Eduardo Martín

Jules Massenet, Mèlodie-Élédie op. 10 Nr. 5. Arranged by Jaime Bosch, herausgege-

Abbildung: Das „Bellini-Thema“ 38 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 3–4

Warnung. Das Stück ist spieltechnisch außerordentlich anspruchsvoll! Schon das leicht überdimensionierte Andante con moto als Introduktion stellt dem Interpreten durchaus Aufgaben. Das Thema stammt aus der Tragedia lirica „I Capuleti e i Montecchi“ von Vincenzo Bellini (1801—1835), die 1830 in Venedig uraufgeführt worden ist und der erwartungsgemäß der Text der Tragödie „Romeo and Juliet“ von William Shakespeare zugrunde liegt. „I Capuleti e i Montecchi“ war in Operhäusern weltweit erfolgreich, bis auf Geheiß der Primadonna María Felicia Malibran (1808—1836) Nummern der Oper durch wirkungsvollere Versatzstücke anderer Komponisten ersetzt wurden. Das war schon 1833 also drei Jahre nach der Uraufführung! 1835 besann man sich dann wieder des Originals von Bellini und knüpfte an den Erfolg der Oper an. Auch dieses Werk Regondis ist für achtsaitige Gitarre konzipiert und kann problemlos auf einer sechssaitigen gespielt werden. Stefan Hackls Einschätzung seiner Entdeckung kann man nur unterstreichen: „A truly exciting discovery!“ Ich bin gespannt, wie lange es dauern wird, bis man sie auf Bühne oder CD hört. Das Gleiche gilt für die „Fantasie über Don Giovanni“! Peter Päffgen Jens Franke (Hrsg.), Romantic Guitar Anthology 33 Original Works by Diabelli, Paganini, Mertz and Bosch Mainz u.a. 2008, Schott ED 13110 (mit Audio-CD), € 12,95 Das Heft hat 36 Seiten, 15 davon sind Noten, der Rest einleitende Texte, Biografien der Komponisten, alles in Deutsch, Englisch und Französisch. 33 Stücke sind enthalten, sie alle davon stammen aus anderen SchottPublikationen wie den verschiedenen Heften der „Stunde der Gitarre“, die seit zig Jahren auf dem Markt sind, den Carcassioder Coste-Etüden und verschiedenen anderen „Klassikern“. Einige Stücke liegen allerdings auch als „Erstveröffentlichung vor oder waren vergriffen“. Die Ausgabe ist modernisiert: neuer Notensatz, entschlackte Fingersätze und, das ist fast revolutionär: „Wo immer es möglich war, stützt sich diese Ausgabe auf die frühesten be-


nur empfehlen. Friedrich Kuhn Antoine de L’Hoyer, The Complete Guitar Duos, Critical Edition by Erik Stenstadvold, 3 Bde., Heidelberg 2007, Chanterelle ECH 1011, 1012 und 1013, Stimmen, jeweils mit CD-ROM, jede Ausgabe einzeln: € 27,90, drei Bände zusammen: € 69,90

kannten Werkquellen“. Der Herausgeber ist also nicht hingegangen und hat die bisherigen Auflagen gesichtet, entstaubt, poliert und nach eig----+enem Gusto „modernisiert“, wie das bisher bei den meisten Ausgaben von Gitarrenmusik üblich war. Er hat das Motto „ad fontes!“ ernst genommen und hat Quellen gesichtet und benutzt und am Schluss, als editorische Stretta sozusagen, sogar drei Zeilen Handschrift als Faksimile beigegeben. Ausgerechnet „Schöne Minka“, das russische Volkslied, das schon Beethoven von Weber, Hummel oder Silcher vertont und variiert haben, wird hier abschließend als Ausweis wissenschaftlicher Gesinnung mitgeliefert und zwar nicht geschrieben vom Arrangeur Caspar Joseph Mertz persönlich, sondern von Carl Oscar Boije af Gännas (1849—1923), dem schwedischen Amateur-Gitarristen, der uns eine bedeutende Sammlung an Musikalien überliefert hat. Diese Sammlung ist von jedermann jederzeit im Internet unter http://www.muslib.se/ebibliotek/boije/indexeng.htm einzusehen. Die Ausgabe „Romantic Guitar Anthology I“ liefert alterprobtes Spielmaterial, das man vielleicht hie und dort hätte aktualisieren können. Aber vor allem zum Preis von € 12.95 inklusive CD kann man die Ausgabe

Eine kapitale Ausgabe: rund 450 Seiten Notentext, pro Band eine Daten-CD mit der gesamten (jeweiligen) Ausgabe als PDF, mit einer umfänglichen Biographie De L’Hoyers, mit dem jeweiligen kritischen Bericht und mit Sound-Files als MIDI und als MP2 zum Üben, und zwar je einmal Gitarre 1, Gitarre 2 und Duo. Und Erik Stenstadvold ist ein international anerkannter Fachmann für diese Musik … zwei CDs hat er zusammen mit seinem Duo-Partner Martin Haug aufgenommen (die Original-Besprechungen aus den Heften XVII/1995/Nº 1, XXI/1999/Nº 3 und XXIX/2007/Nº 5-6 finden Sie zu Ihrer Erleichterung auf diesen Seiten als „Reprint“) und in den weltweit geführten Diskussionen beweist er immer wieder seine Expertenkenntnis. Aber was heißt das? Es bedeutet, dass dieser Musiker und Wissenschaftler nun in ge-

ben von Jaime Bosch, Columbus/Ohio 2006, Editions Orphee, PWYS-77

John McCormick (Hrsg.), Early Romantic

Lieder with Guitar. Compiled and Edited by John McCormick, herausgegeben von John McCormick, Columbus/Ohio 2006, Editions Orphee, DTMO-10

Francesco Molino, Vive Henri IV, Air Cheri de Francas Avec Huit Variations, herausgegeben von Matanya Ophee, Columbus/Ohio 2006, Edtions Orphee, PWYS-78

Michael Morenga, Gitarren-Crashkurs. 50 Drei Minuten-Lektionen erst mal ohne Noten (mit CD), Berlin 2008, Bosworth, BOE 459

olfgang Amadeus Mozart, Divertimento: 5 Sätze aus den Divertimenti für drei Bassetthörner bearbeitet für 3 Gitarren von Hans Joachim Teschner. Partitur und Stimmen, Wilhelmshaven 2007, Heinrichshofen, N 2639

W

N.N. (Hrsg.), Nur für Anfänger: Gitarre Songbook 1. Das Begleitbuch zur „Nur für Anfänger“ Methode, Berlin 2006, Bosworth, BOE 7257

N.N. (Hrsg.), Nur für Anfänger: Gitarre Songbook 2. Das Begleitbuch zur „Nur für Anfänger“ Methode, Berlin 2006, Bosworth, BOE 7291 Anatolij Olshanskij (Hrsg.), Russian Ro-

mances for voice and guitar, Compiled and Edited by Anatoliy Olshanskiy, herausgegeben von Anatol Olshanskiy, Columbus/OIhio 2006, Editions Orphee, DTMO-8 Matanya Ophee (Hrsg.), The Russian Collection Volume X: Selected Concert Works for the Russian 7-string guitar in G open tuning, herausgegeben von Matanya Ophee, Columbus/Ohio, 2008, Editions Orphee, PWYS-90

, fingerstyle guitar alone & together (mit CD), Graz 2008, ergeo Musikverlag, 101 Stefan Oser

, Pivking Along: 15 Pieces for Fingerstyle Guitar (mit CD), Wien 2008, Doblinger, D 19 821

Stefan Oser

Niccolò Paganini, Concerto per chitarra ed archi Secondo la Grand Sonata. Orchestrated with new cadenzas by Wolfgang Lendle (mit CD). Partitur, Columbus/Ohio 2007, Editions Orphee, EICM 42a

druckter Form das vorlegt, was er in jahrelanger Arbeit ermittelt hat. Und das Ergebnis ist niet- und nagelfest … man bedenke, dass die Sound-Files nur das wiedergeben, was in gedruckter Form vorliegt. Dies sind, das muss vielleicht für einige noch als Warnung oder Klarstellung angemerkt werden, keine Audio-Aufnahmen von Musikern, die da spielen und vielleicht Fehler machen! Es sind elektronisch erzeugte Files, die aus

Niccolò Paganini, Concerto per chitarra ed archi Secondo la Grand Sonata. Orchestrated with new cadenzas by Wolfgang Lendle (mit CD). Solostimme, Columbus/Ohio 2007, Editions Orphee, EICM-42 Matvei Pavlov-Azancheev, The Great Patriotic War Sonata, herausgegeben von Matanya Ophee, Columbus/Ohio 2006, Editions Orphee, PWYS-69

Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 3–4 39


Antoine de L’Hoyer, Music for two Guitars Erik Stanstadvold und Martin Haug Aufgenommen im Januar 1993 SIMAX PSC 1119 … Diese Musik ist einer der ganz großen Entdeckungen der letzhen Jahreun dllane Gitarristen ist zu empfehlen, sich mit ihr zu beschäftigen … PPPPP Dies ist, man wird es nicht glauben, eine Ersteinspielung! Antoine de L’Hoyer ist einer jener historischen Irrtümer, wie Erik Stenstadvold sie in seinem Begleittext beschreibt: „Es ist manchmal schwer zu verstehen, warum eine Person der Musikgeschichte in der Erinnerung bleibt, während andere, musikalisch bedeutendere, vollständig in Vergessenheit geraten. In der Welt der Gitarre ist eines der bezeichnendsten Beispiele dafür die völlige Unkenntnis von Antoine de L’Hoyer und dessen Musik“. Matanya Ophee hat vor ein paar Jahren Material über diesen Komponisten zusammengetragen und in Soundboard und auch hier (Gitarre & Laute XII/1990/Nº 3, S. 45 ff.) veröffentlicht — viel mehr weiß man nicht … aber das wird sich vermutlich bald ändern. Diese Musik ist einer der ganz großen Entdeckungen der letzen Jahre und allen Gitarristen ist zu empfehlen, sich mit ihr zu beschäftigen! De L’Hoyer war anders als seine Kollegen Carulli oder Sor, kein professioneller Gitarrist, sondern verfolgte zeit seines Lebens eine Militär-Karriere. Geboren wurde er 1768 in Clermont-Ferrand. Über sein „musikalisches Leben“ wissen wir so gut wie nichts, da Matanya Ophee die Daten über seinen Lebensweg hauptsächlich aus dem Militär-Archiv in Paris hat, wo nur Angaben über seinen militärischen Werdegang abgelegt sind. Hinweise auf diese oder jene Verbindung bestehen … aber es bleiben Hinweise. De L’Hoyers Musik jedenfalls ist alles andere als amateurhaft. Formal eher traditionell, steckt sie voller Ideen und musikalischer Überraschungen. Erik Stenstadvold weist mit Recht auf die Rondos hin, welche die Duos abschließen: „Solche kompositorischen Qualitäten waren damals bei anderen Komponisten, die für Gitarre schrieben, selten zu finden.“ Mir gefallen die Kopfsätze, die traditionell dem Sonatensatz-Prinzip verpflichtet sind, thematisch aber originell und „witzig“ geschrieben sind – weit entfernt von jeglichem Schemadenken. Eine Entdeckung! Stenstadvold und Haug spielen diese Musik auf Gitarren der Zeit, eine Lacôte und einer anonymen französischen Gitarre von ca. 1835. Und sie spielen sie vorzüglich, sehr sensibel phrasierend, sehr delikat!

Antoine de L’Hoyer: Music for Two Guitars Vol. 2 Erik Stenstadvold & Martin Haug Aufgenommen im Januar 1998 SIMAX PSC 1189 … sehr sensibel … PPPPP Antoine de L’Hoyer hat in den letzten zehn Jahren an Ansehen bei Gitarristen gewonnen – gleichwohl gehört er zu den am wenigsten bekannten Gitarren-Komponisten dieser Zeit. Geboren wurde er am 6. September 1789 in Clermont-Ferrand. In der Französischen Revolution entschied er sich für die Royalisten, wurde Offiziersanwärter … und setzte damit aufs falsche Pferd. Im benachbarten Ausland beobachtete er die Entwicklung in Frankreich, mischte auf Seiten der Österreicher mit und zog schließlich nach Hamburg, wo er sich seiner alten Leidenschaft besann – der Gitarre. De L’Hoyers nächste Station war St. Petersburg in Russland und schließlich ging er zurück nach Frankreich. Wieder fand er sich in der Armee wieder. Ein langwieriges Hin und Her begann, in dem es in erste Linie um seine Altersversorgung ging, bis sich de L’Hoyers Spuren verlieren – gestorben ist er am 15. März 1852. Die Duos und Trios von Antoine de L’Hoyer sind die Werke, bei denen man am allerwenigsten zu verstehen vermag, warum sie von heutigen Gitarristen nicht gierig aufgenommen werden. Es sind großangelegte, mehrsätzige Werke von erstaunlich hoher Qualität. Harmonisch und vor allem melodisch halten die meist zweisätzigen Duos immer wieder Überraschungen bereit und sind weit entfernt von jeglicher Banalität. Erik Stenstadvold und Martin Haug spielen auf (auf Instrumenten der Zeit) durchaus forsche Tempi, sie romantisieren die Stücke nicht – auch nicht in den langsamen Sätzen, und daran tun sie sehr gut. Auch betonen sie die Virtuositäten, die natürlich bei de L’Hoyer ebenso eingebaut sind wie bei seinen Zeitgenossen, nicht über die Maße. Die beiden Musiker nehmen die Werke, die sie hier präsentieren, ernst, und sie geben ihnen einen „klassischen Hintergrund“. Sehr schön gelingen ihnen die schnellen Sätze (überwiegend Rondos, eine Chasse und ein Marsch), die sie nicht zu Schaustücken verkommen lassen, sondern deren Melodienreichtum sie darstellen. Das Menuett aus op. 35/6 gefällt mir besonders, auch die Chasse aus op. 35/2. Sehr sensibel wird hier phrasiert und gewichtet.

Antoine de L’Hoyer: Duos Concertants Matteo Mely and Lorenzo Micheli, Guitars Aufgenommen m Januar 2005, erschienen 2007 NAXOS [Naxos.de] 8.570146 … Dopingkontrollen bei Gitarristen? PP Dass Antoine de L’Hoyer seit einigen Jahren wieder gespielt wird, verdankt er hauptsächlich einigen Wissenschaftlern, allen voran wieder einmal Matanya Ophee, und ein paar auf Wiederentdeckungen spezialisierten Gitarristen wie Erik Stenstadvold und Martin Haug. Vorher war er so gut wie vergessen. Es ist also durchaus positiv zu sehen, dass ein junges, aufstrebendes Duo seine erste CD ganz diesem Komponisten widmet. Und dass es immer unterschiedliche Methoden gibt, sich einem musikalischen Kunstwerk zu nähern und es für sich zu gewinnen, muss ich nicht erläutern. Da gibt es die Analytiker, die ein Stück erst sezieren und dann spielen; da gibt es die „Vollblutmusiker“, die das Stück schon beim Studium der Partitur hören und es dann prima vista spielen; und es gibt die Kopisten, die ein Stück erst von Kollegen gehört haben müssen, bevor sie selbst wagen, es einzustudieren. Zu dieser letzteren Gruppe sollen auch einige Gitarristen gehören, heißt es. Matteo Mela und Lorenzo Micheli gehören nicht zu denen, die auf Gitarren der Zeit vorsichtig und auf Authentizität bedacht spielen. Sie geben Gas und kosten die Virtuositäten dieser Musik auf ihren Boliden des modernen Instrumentenbaus aus; sie lassen singen und klingen und haben durchaus ihre eigenen interpretatorischen Marotten, die nicht mehr bei Segovia abgeguckt sind; in jugendlicher Prahlerei gehen sie Sätze, über denen „Poco vivace“ steht in überhöhter Geschwindigkeit an um zu beweisen, dass sie unterwegs nicht aus der Kurve getragen werden … und sie kommen ohne Blessuren ans Ziel, klangschön und nicht hinter Atem! Diese Art des Spiels ist nicht jedermanns Sache, findet aber in der Gitarrenwelt viele Bewunderer. Mir gefällt’s nicht, das bedarf wahrscheinlich kaum einer Erwähnung! Gibt es übrigens Dopingkontrollen bei Gitarristen?

… classics … iese Besprechungen dieser CDs mit Musik von Antoine de L’Hoyer stammen aus älteren Ausgaben von Gitarre &

D

Laute und werden hier zur

Erinnerung abgedruckt. Die ursprünglichen Erscheinungsorte sind: a. XVII/1995/Nº 1, b. XXI/1999/Nº 3 und c. XXIX/2007/Nº 5-6.

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dem Notensatz resultieren, den Sie vor sich haben. Anhand ihrer können Sie die Plausibilität des Satzes überprüfen und Sie können beide Stimmen im „Zusammenspiel“ mit der CD üben – ein elektronisch generiertes „Music minus one“. Im jeweiligen Kritischen Bericht sind alle Korrekturen und/oder Änderungen verzeichnet und begründet. Das Hohe Lied auf wissenschaftliche editorische Verfahren kann man angesichts solcher Ausgaben anstimmen. Als ich selbst 1978 über eine Zeitschrift namens Gitarre & Laute nachdachte, die dann schließlich auch ab 1979 erschienen ist, kamen viel mehr Ausgaben Gitarrenmusik als heutzutage jährlich heraus … aber editorisch herrschten derartig raue Sitten, dass man kaum glauben kann, dass das gerade mal dreißig Jahre her ist! Siggi Behrend, der selbstgekürte „Weltmeister der Gitarre“, war allgegenwärtig mit seinen „Freien Bearbeitungen“, mit ihm zusammen haben etliche Verlage gutes Geld verdient; Karl Scheit war der seriöse Lehrer, Musiker und Herausgeber und seine Ausgaben beherrschten den Markt und er auf diese Weise das aktive Repertoire; Schott lebte, was die Gitarre angeht, davon, dass man ein Verlag der Ersten Stunde gewesen war und in der Serie „Gitarre-Archiv“ Ausgaben von Segovia, Pujol und Llobet sowie viele Klassiker im Programm hatte; Ricordi/München hatte das Programm des Symphonia-Verlags gekauft und damit die vielen Ausgaben von José de Azpiazu, dem buchstäblich nichts heilig war. Im Sektor Klavier waren längst die Urtextausgaben gang und gäbe, aber die Gitarrenszene brauchte so was nicht. In ihr tummelten sich selbst ernannte Fachleute und Spezialisten … und wissen Sie was? Sie tun es heute noch! Nur zeigen diese Ausgaben, dass die Zeiten endgültig vorbei sind … nur muss man hoffen, dass die Musik nach diesen mustergültigen Ausgaben noch jemand spielt! Und man muss hoffen, dass die mustergültigen Ausgaben noch jemand kauft, denn natürlich haben sie einen Preis! Aber für die knapp siebzig Euro wird hier viel geboten, dessen sollten Sie sich bewusst sein! Peter Päffgen

Gottfried Müller, Praeambulum für Laute Berg 2004, Edition Brendel [www.edition-brendel.de], EBR 2413, € 8,00 Ganz bewusst hat Gottfried Müller (1914— 1993) sein Stück Praeambulum genannt und nicht Präludium oder gar Prélude. Und es ist auch bewusst für Laute und nicht für Gitarre geschrieben und veröffentlicht, obwohl es notiert ist und nicht in Tabulatur mitgeteilt. Wer war Gottfried Müller? Geboren wurde er 1914 in Dresden, dort ging er zur Schule bevor er in Edinburgh und später Leipzig studierte. Dort wirkte er dann als Dozent für Tonsatz an der Musikhochschule, später in Nürnberg. Sein Œuvre umfasst zahlreiche Werke für großes Orchester, mehrere Solokonzerte mit Orchester, viel Kammermusik und ebensoviel Kirchenmusik. Während des „Dritten Reiches“ wurde Müller mit einigen Kompositionen so berühmt, dass man ihn für den „kommenden Mann in der Musik“ hielt – so jedenfalls schrieb Joseph Goebbels am 2. Mai 1937 in sein Tagebuch. Der Komponist hatte 1934 im Alter von neunzehn Jahren sein „Deutsches Heldenrequiem“ op. 4 geschrieben und Adolf Hitler gewidmet. Die Uraufführung wurde so besprochen: „Unleugbar ist der große Wurf, das echte, ungebrochene Gefühl, unleugbar vor allem das stupende Können, das bei einem Zwanzigjährigen beinahe beängstigend erscheint“ (MELOS XIII, 7.-8. Juli 1934, S. 240). Ein paar Jahre später, 1943, schrieb Müller sein op. 7, das sinfonische Chorwerk „Führerworte – den Helden im deutschen Schicksalskampf“ auf Texte des Führers höchstpersönlich. Hier hieß es in der Presse: „Der junge Komponist beschreitet hier in seinem Entwicklungsgang folgerichtig einen Weg, der aus heroischer Haltung heraus einen Zug ins großartig Kühne erkennen lässt.“ (HAMBURGER TAGEBLATT am 21. April 1944). Nach 1945 wurde das „Deutsche Heldenrequiem“ durch den Textzusatz „Den Gefallenen des 1. Weltkriegs“ entschärft und ist unter diesem Titel heute noch im Katalog von Breitkopf & Härtel. Das Chorwerk „Führerworte“ wird diskret in Biographien und Werkverzeichnissen verschwiegen – auch in der aktuellen Liste im Internet: www.gott-

Marco Pereira, Amigo Léo, San Francisco 2007, Guitar Solo Publications, GSP-260

, Chama-me! for solo guitar, San Francisco 2007, Guitar Solo Publications, GSP-261

Marco Pereira

Marco Pereira, Danca dos Quatro Ventos 2001, San Franciso 2007, Guitar Solo Publications, GSP-263 Marco Pereira, Elegia for solo guitar, San Francsico 2007, Guitar Solo Publications, GSP-264

, Lis for flute, guitar & cello, San Francsico 2007, Guitar Solo Publications, GSP-262

Marco Pereira

, Air varié de l’opera de Bellini „I Capuletti e i Montecchi“, herausgegeben von Stefan R. Hackl, Columbus/Ohio 2007, Editions Orphee, PWYS-83

Giulio Regondi

, Fantasie šber „Don Giovanni“ nach Sigismund Thalberg. Erstdruck, herausgegeben von Stzefan Hackl, Wien 2008, Doblinger, D. 19 820 Giulio Regondi

Giulio Regondi, Ten Etudes for guitar, herausgegeben von Matanya Ophee, Columbus/Ohio 2008, Editions Orphee, PWYS-17RE

, 12 Lieder aus „Winterreise“ fšr hohe/mittlere Singstimme, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Darmstadt 2005, Prim Verlag, 99 703 Franz Schubert

Franz Schubert, 12 Lieder nach Texten von Schiller und Klopstock für Tenorstimme, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Darmstadt 2007, Prim Verlag, 99 706

, 6 Lieder aus „Schwanengesang“ für Tenorstimme, herausgegeben von Tilman Hoppstock, Darmstadt 2006, Prim Verlag, 99 705

Franz Schubert

urt Schumacher, The Blue Hour: 22 Stücke für Gitarre im Blues- und Rockfeeling, Wilhelmshaven 2007, Heinrichshofen, N 2642

K

Andreas Schumann, Saitenkunst mit Le-

na und Tom. Ensemble- und Lagenspiel fšr Gitarre in zwei Bänden. Band 1: Elementarbereich, Enxemblespiel, Arpeggiotechnik, Vorbereitung auf das Lagenspiel, Solo bis Quartett, Berlin 2007, Bosworth, BOE7244

Abbildung: Gottfried Müller, Praeambulum, erste Zeile Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 3–4 41


, Marche Funèbre à la mort de S. M. l Empereur Alexandre, herausgegeben von Miron Weisbord, Columbus/Ohio 2007, Editions Orphee, PSNT-1 Fernando Sor

, Variationen über das Thema „Das klinget so herrlich“ für Gitarre op. 9, herausgegeben von Andrés Segovia, Mainz 2007, Schott, GA 130 Fernando Sor

, Asiana V: First PÜrice in the 2007 JoAnn Falletta International Composition Competition for Guitar, Columbus/Ohio 2008, Editions Orphee, PWYS-86

Nikola Starcevic

Siegfried Steinkogler, 24 Wettbewerbsstücke: Neue Stücke für Gitarre solo, Wien 2007, Universal Edition, UE 33 667

, Impulse für Gtarre und Klavier. Spielpartitur, Helmstadt 2006, Hubert Hoche Musikverlag

Reinhard Wolschina

Giovanni Zamboni, 2 Sonaten für Gitarre: Sonata Nr. 6 e-Moll, Sonata Nr. 9 a-Moll, herausgegeben von Stefan Hackl, Wien 2007, Doblinger, D.18 953

fried-mueller-komponist.de. Details wie Widmungsträger etc. werden nirgends erwähnt. Nun mag man einwenden, dass die von Gottfried Müller überlieferte Musik durch seine offenbar leidenschaftliche Hingabe an den Nationalsozialismus und dessen Protagonisten nicht schlechter geworden ist, und das stimmt auch … sieht man von Werken ab, die durch die verwendeten Texte schon Hautgout haben. Aber das Versteckspiel, das Verschweigen und Beschönigen trüben den Eindruck, den man von dem Kompositionen hat. Natürlich war Müller Mitglied der NSDAP (und zwar seit dem 1. Mai 1933 als Nº 2.451.981), aber das waren viele seiner Kollegen auch. Nur waren nicht alle ganz so devot den Machthabern und ihren Ideen ergeben wie Gottfried Müller, der, als die Welt schon brannte und die verbrecherischen Aktionen der Nazis keinem mehr verborgen waren, immer noch mit feurigen Appellen zur Hand war. Zur Musik: Das Praeambulum ist ein kurzes, höchst komprimiertes Stück Musik. Es ist vermutlich eine Reminiszenz, und damit schließe ich den Bogen zu den anfänglichen Bemerkungen, an die Präambeln von Hans Newsidler und Gans Gerle, die im 16. Jahrhundert auch in Nürnberg gearbeitet hatten. Entstanden ist das Stück in den siebziger Jahren und nach Auskunft von Holmer Becker, Verleger des Praeambels und Kompositionsschüler von Müller, hat der Komponist es tatsächlich für Laute und keineswegs für Gitarre konzipiert. Auf einer Laute ist es auch uraufgeführt worden, und zwar von Christian Zimmermann in Nürnberg. Das vielleicht zwei bis drei Minuten dauernde Stück ist ein Lehrstück in Sachen Kontrapunkt – und zwar auf engstem Raum. Deren Techniken sind über Jahrhunderte verwandt worden und haben in der Zwölftonmusik schließlich neue Aktualität gefunden … aber Gottfried Müller war weit entfernt davon, sich einem so ebenso revolutionären wie strikt reglementierten und dogmatischen Musikdenken anzuschließen. Seine Musik ist freitonal aber tonal, sie ist auf neuen Wegen aber konservativ. Kurz vor dem Ende des 20. Jahrhundert ein Praeambulum zu komponieren heißt, an historisch Gegebenes zu erinnern und in eine neue Zeit retten zu wollen. Einen solchen Versuch zu verstehen bedarf allerdings einiger Konzentration, wenn er so konsequent und „wortkarg“ vorgetragen wird, wie in vorliegendem Beispiel. Eine ostinate Figur, den Tonvorrat der Laute durchmessend, gibt dem Zuhörer zwar die Hand und leitet ihn durch das Stück, aber er muss sich bemühen! Das Praeambulum für Laute von Gottfried Müller ist so notiert, dass es problemlos auf der Gitarre spielbar ist. Die Ausgabe ist äs-

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thetisch wie satz- und drucktechnisch vorbildlich. Peter Päffgen Simon Molitor und R. Klinger, Versuch einer vollständigen methodischen Anleitung zum Guitare-Spielen, FaksimileNachdruck der Ausgabe von 1812, kommentiert und herausgegeben von Stefan Hackl, Band I: Theorieteil und Band II: Notenteil, Wien 2008, Doblinger D. 19709, ISBN 978-3-900695-96-5, € 89,00, Reihe: „Diletto Musicale: Doblingers Reihe Alter Musik“, DM 1421 Eine Faksimile-Ausgabe zu besprechen, heißt einerseits, ihre drucktechnische Ausführung zu würdigen. Ist der Nachdruck wirklich „simile“ genug, das heißt, entspricht er optisch weitgehend seinem Vorbild? Man bedenke in diesem Zusammenhang, dass ein Fax nichts anderes ist, als ein Faksimile — so ist es schließlich an seinen Namen gekommen, und dass natürlich auch eine Fotokopie ein Faksimile ist. Das Ähnlichmachen kann bei einem Faksimile so weit gehen, dass mit größtem Aufwand der Einband der jeweiligen Vorlage nachgebildet wird, ebenso farbliche Besonderheiten des Papiers oder eventuell enthaltener Abbildungen. Das Buch als Gegenstand spielt dann eine immer größere Rolle — weniger das Buch als Medium von Inhalten. Das vorliegende Faksimile hingegen ist keines für Büchernarren, für Bibliophile im Sinne G[ustav] A[dolf] E[rich] Bogengs (1881—1960), als vielmehr eines für Wissenschaftler, die sich mit der Gitarre im Wien des frühen 19. Jahrhunderts befassen. Ein Reprint eher, der Nachdruck eines Werkes, das seit fast zweihundert Jahren nicht mehr vollständig in den Bibliotheken dieser Welt nachzuweisen ist. Dabei war die Öffentlichkeit spätestens seit der Dissertation von Josef Zuth („Simon Molitor und die Wiener Gitarristik um 1800“, Wien o.J., vmtl. 1919 oder 1920) über die Wichtigkeit dieser Gitarrenschule informiert. „Der Beginn Molitors gitarristischer Betätigung ist spätestens mit 1799 anzusetzen [!] da er mit R. Klinger (recte Wilhelm Klingenbrunner) seine Gitarreschule schrieb, welche »wesentlich dazu beitrug, diesem bald nachher zu großer Beliebtheit gelangten Instrumente Bahn zu brechen« (Sonnleitner).“ (ebda. S. 19) Aber Zuth beklagte auch, dass er kein Exemplar der Schule hatte nachweisen können.: „Nach Sonnleithners Aufzeichnungen ist ein Exemplar der Schule in Verwahrung der Gesellschaft der Musikfreunde. Trotz eingehender Nachforschung war das Lehrwerk nicht aufzufinden, auch ist es dort nicht katalogisiert. Nach Mitteilung des Herrn Dr. Adolf Koczirz besaß auch der 1910 verstorbene Wiener Gitarrist Jos. Krempl ein Exemplar; trotz aller Bemühungen war dasselbe nicht erhält-


lich. Anderweitige Exemplare im Privat- oder Bibliotheksbesitz konnten nicht ausgeforscht werden.“ Dies also die Bedeutung des vorliegenden Faksimiles: Es handelt sich um eine wichtige Quelle des frühen 19. Jahrhunderts, für die bisher keine Exemplare nachgewiesen werden konnten, jedenfalls keine vollständigen, denn, wie Stefan Hackl schreibt, war „bisher nur ein einziges Exemplar des ersten Bandes bekannt und der zweite überhaupt verschollen.“ Er, der Herausgeber, hat dann „die einzige [erhaltene] vollständige Molitor/Klinger-Ausgabe“ entdeckt und dies zum Anlass für diese Ausgabe genommen – mit Recht! Zum Schluss noch eine Bemerkung zum Thema „Das Buch als Ware“. Das hier zu würdigende Faksimile ist keine Ausgabe auf handgeschöpftem Bütten und in x-farbigem Lichtdruck für Freunde bibliophiler Pretiosen. Es ist ein Reprint, um allen Interessenten die als verschollen geltende wichtige Gi-

tarrenschule von 1812 neu zugänglich zu machen. Aber: Die vorliegende Ausgabe ist in neuester Technik hergestellt und widerspricht dabei beispielsweise allen die behaupten, ein fadengehefteter Digitaldruck sei eine Contradictio in adjecto. Ist er nicht. Und dass Stefan Hackl heute der Fachmann für dieses Kapitel der Gitarrengeschichte ist, muss nicht erwähnt werden. Es macht Spaß, diese Ausgabe zu lesen, es macht Spaß, an Stefan Hackls Entdeckungsgeschichte teil zu haben und es ist gut, dass der Forschung diese Quelle wieder zur Verfügung steht. Dass der hohe aufgewandte Aufwand seinen Preis hat, sollten Sie, als potentieller Käufer, akzeptieren! Friedrich Kuhn

Noch ein Beitrag zum Thema „Stimmen“: Die entsprechende Bemerkung bei Molitor/Klinger, Faksimile-Ausgabe, Doblinger, S. 13 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 3–4 43


Leo Witoszynskyj 23. Juni 1941 – 1. Oktober 2008

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Wenn man über Jahre in der Gitarrenwelt zuhause ist, lernt man viele Menschen kennen: Musiker und solche, die es werden wollen; Komponisten; Redakteure; gescheite und weniger kluge Menschen; kultivierte und tumbe Weltenbürger; Leute, zu denen es einen hinzieht und solche, um die man einen großen Bogen macht. Und wenn man professionell die Gitarrenwelt bereist, hat man nicht einmal die Wahl, den einen oder anderen zu mögen oder nicht zu mögen … schließlich sitzt man im selben Boot! Aber man hat Meinungen und Präferenzen, auch wenn man die nicht gleich jedem zu erkennen gibt. Es gibt Musiker, die man immer schon bewundert hat und noch immer bewundert, weil sie einen mit dem einen oder anderen Konzert berührt haben, oder mit einer Platte, die man irgendwann gehört und die einen fasziniert hat. Es gibt Menschen, die einem aufgrund ihres abgeklärten Urteils imponieren und die man deshalb immer wieder gern sieht. Hier ist es eine eher sachliche, intellektuelle Ebene, auf der man sich trifft. Es gibt Kollegen, die mit einem universalen Wissen aufwarten, das fächerübergreifend wirkt und Phänomene miteinander in Verbindung bringt, die man vielleicht nie im Zusammenhang gesehen hätte … und freilich gibt es Menschen, deren Gesellschaft man sucht, weil sie amüsant erzählen können; die viel erlebt haben und ihre Erfahrungen gern weitergeben ohne damit Indiskretionen zu begehen. Vor zwei Tagen erreichte mich die Anzeige, dass ein Freund viel zu früh verstorben ist, dem ich mehr als gern auf meinen Gitarren- und auch sonstigen Reisen begegnet bin:

. Univ.-Prof. Dr. Leo Witzoszynskyj starb am 1. Oktober 2008 in Graz.

O

In Graz, werden Sie fragen, er war doch überzeugter Wiener. Stimmt! Aber er war auch ein sehr engagierter Lehrer – und als solcher Professor für Gitarre an der Universität für Musik in Graz … und Professor h.c. der Musikakademie in Lemberg. Für seine Studenten hat er sich eingesetzt, für sie hat er gelebt, gearbeitet und gekämpft. Das Gleiche gilt für das österreichische Ausbildungssystem! Hier hat er sich engagiert und hier hat so manchen Streit ausgefochten … nicht für sich, sondern für die Sache! Denn er war nicht nur Musiker, seine Eltern hatten ihn gezwungen, „etwas Anständiges“ zu studieren, bevor er sich der Musik widmete. Leo Witoszynskyj wurde Jurist – daher stammt sein Doktortitel. Als Professor an der Universität für Musik in Graz und der Akademie in Lemberg kämpfte er also als Musiker und Jurist – als Fachmann in mehrerlei Hinsicht! Virtuose, Klangzauberer, Bühnenmensch war er nie … aber Musiker war er immer. Mit billigem Firlefanz wollte er seine Konzertbesucher nicht fangen, nicht mit „süßem Gift“, wie er die Musiken gern nannte, die mit wenig Aufwand viel Show hermachen. Nein, Musik war für Leo Witoszynskyj ein zwar sinnliches, aber auch ein in hohem Maß intellektuelles Vergnügen! Die österreichischen Komponisten des 20. Jahrhunderts und ihre Werke lagen ihm am Herzen … und auch andere, die nicht in jedem Wettbewerb gespielt werden. Leo Witoszynskyj litt darunter, dass das große Repertoire für Gitarre immer stärker eingekocht wird, reduziert auf die Erfolgsnummern, und dass immer weniger Gitarristen den Mut und die Kraft haben, gegen den Strom zu schwimmen. Aber Leo Witoszynskyj war kein Nonkonformist, der nur durch Dinge auffallen wollte, die man sonst nicht hörte, sah oder spürte. Nein, überhaupt nicht! Er war auch kein Revoluzzer oder jemand, der durch seine Leidenschaft für Ungesehenes oder Unerhörtes auffallen wollte – er war jemand, der einen ausgeprägten Sinn für Qualität hatte. Er erkannte sie und wollte sie herausstellen und bewahren — auch, wenn sie sonst kaum Anhänger fand. Nicht die Wirkung, die Qualität war es, die ihn interessierte und beflügelte. Nie der Effekt. Sein Buch „Cantabile e ritmico: Über die Kunst des Gitarrespiels“ [ Wien 2003, Doblinger] trägt diese Widmung: „Im Gedenken an Alfred Uhl, Stefan Zweig und Viktor E. Frankl allen Musik liebenden Menschen mit fragendem Sinn.“ Alfred Uhl (1909—1992) war Komponist, der auch ein paar Stücke für Gitarre geschrieben hat, Stefan Zweig (1881— 1942) Schriftsteller und Viktor Emil Frankl (1905—1997) Neurologe und Psychiater – alle drei waren Wiener und alle drei hatten ihn, den fragenden Sinn, der auch Leo Witoszynskyj auszeichnete. Leo Witzoszynskyj hinterlässt seine Frau Eleonore und seine beiden Söhne Nikolaus und Christoph, eine große Studentenschaft und viele Freunde, die ihm nicht zuletzt auch wegen seiner Großzügigkeit und Herzlichkeit zugetan waren und sind. Peter Päffgen

… Ich habe Luise Walker als meine geistige Mutter angesehen und Andrés Segovia als meinen geistigen Vater … Peter Päffgen sprach mit Leo Witoszynskyj. Das Interview wurde im August 1998 in Wien anlässlich des Festivals „Forum Gitarre Wien“ geführt.

Leo, Luise Walker war Deine erste Lehrerin was die Gitarre angeht. Wie kam es zu der Begegnung? Leo Witoszynskyj: Nun, das war eine schicksalhafte Begegnung! Es sollte ein Gitarrenkurs in Wien stattfinden, und ich hab mich dafür interessiert, um einmal eine Gitarre zu hören. Das war scheinbar so etwas wie jugendliche Romantik, und ich habe mir vorgestellt, es müsse schön sein, Gitarrenmusik zu hören. Eine Konzertgitarre hatte ich jedenfalls nie gehört. Mit einem Freund zusammen habe ich mich angemeldet, und der Kurs fand nicht statt. Ich habe aber nicht locker gelassen und habe schließlich vom Pfarrer eine Gitarre geschenkt bekommen. So weit war ich also dann. Nun wollte ich etwas lernen und bin durch glückliche Umstände bei Luise Walker gelandet. Sie hat sich bereit erklärt, mich eine Zeitlang zu unterrichten. Der Andrang für Gitarre war noch nicht so groß damals. Ich war also im Unterricht, erste Stunde, bei Luise Walker, und abends bin ich in ihr Konzert gegangen. Mir fiel es wie Saulus vor Damaskus wie Schuppen von den Augen. Das war es, was ich hören wollte, und das wollte ich auch spielen. Ich bin nach Hause gegangen und habe die Entscheidung getroffen: „Das will ich auch machen“. Das war im April 1956. P.P.: Woran lag‘s? Am Repertoire, am Klang, am Charisma der Musikerin? L.W.: Das kann ich kaum trennen. Ich denke aber auch, dass in Menschen psychische Dispositionen für bestimmte Instrumente vorhanden sind. Ich bin scheinbar ein Typ für die Gitarre. Der Klang hat etwas subtiles, etwas, was seelische Schichten berührt, und das Instrument hat mich überzeugt. Das war ein Volltreffer. Mit dieser Entscheidung habe ich dann die nächsten Studienjahre verbracht, es sind neue Motivationen dazugekommen, neue Aufgabenstellungen, mangagements … P.P.: Und all das hat die Walker initiiert!

Peter Päffgen:

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Ja, die Walker und die Hernández-Gitarre. Die beiden gehörten zusammen und sind unverwechselbar. Als Du Sie gestern gehört hast, hatte sie Saiten drauf, die nicht zu ihr passten. Als ich sie übernommen habe, hatte sie LaBella Goldsaiten, und das ist der Klang, den ich im Ohr hatte. P.P.: Ist das eine besondere Hernández? LW.: Nun, es ist eine Gitarre von 1924, und ich kann nur sagen: ,,Sie ist in jeder Hinsicht perfekt“. Alles stimmt. Sie liegt perfekt in der Hand. Sie ist ausgewogen und ausbalanciert beim Spielen. Sie ist klanglich so, dass jeder darüber staunt, wie lange und weit sie sich durchsetzen kann. Ein außergewöhnliches Instrument! Sie ist für spanische und für polyphone Musik gleich gut geeignet. Ich habe die Gitarre irgendwann in die Hand bekommen und Luise Walker hat mich eingeladen, auf ihr zu spielen. Ich habe die Chaconne gespielt und sie hat gesagt: „Ihr gehört zusammen“. Ich habe den Eindruck, als schlösse sich im Moment eine Reihe von Kreisen. Das Instrument zum Beispiel, das ich vor zweiundvierzig Jahren zum ersten Mal gesehen und gehört habe, ist in meinen Besitz gekommen. P.P.: Hat denn Luise Walker die Gitarre bis zum Schluss gespielt? L.W.: Eben nicht! Sie hat in den letzten Jahren eine Kohno gespielt. Die Hernández hatte einen Riss im Boden, und Luise Walker hatte niemanden, dem sie das Instrument anvertrauen wollte. Das hat sie sehr bekümmert. Ich habe vor einem Jahr mit ihr geredet, und es ging um das Festival „Forum Gitarre 97“. Wir haben über die Gitarre geredet und sie sagte, sie hätte so viele, große Erfolge auf der Hernandez gehabt ... sie hatte einfach Angst, sie reparieren zu lassen. Sie verband so viele private, persönliche Dinge mit dieser Gitarre. Es war ein Tabu … die Erinnerungen waren stärker als die Wirklichkeit. P.P.: Du hast also später die Gitarre restaurieren lassen? L.W.: ja, Tobias Braun hat sie sehr fachgerecht und liebevoll wieder hergerichtet. Der Riss im Boden, der einen Millimeter breit war, ist geschlossen, und die Gitarre ist wieder in gutem Zustand. P.P.: Wenn ich mir die Platten und CDs anhöre, die von Luise Walker überliefert sind, fällt mir auf, dass sie, was das Repertoire angeht, andere Wege gegangen ist, als viele ihrer Kollegen. Hat sie diesen „Forschergeist“ auch an ihre Studenten weitergegeben? L.W.: Sie hat immer die Verpflichtung gesehen, Komponisten anzuregen, für Gitarre zu schreiben. Sie war sehr anspruchsvoll bei der Klanglichkeit. Sie hat viel Einfluss auf die Klanggestaltung genommen, und wenn ihr etwas nicht gefiel, musste es umgeschrieben werden. Die Gitarre ist ein In-

LW.:

strument, für das viele Insider-Kenntnisse nötig sind, wenn man für es schreiben will. Was auf dem Papier gut und klangvoll ausschaut, ist auf der Gitarre lange noch nicht gut und klangvoll. Da hat Luise sehr viel Einfluss genommen. Gattermeier, Hasenöhrl, Rebay, Alfred Uhl das waren Komponisten, die sie viel gespielt hat. P.P.: Und das war ja andere Musik als das Gros der Gitarristen spielte, oder? Das spanische und südamerikanische Repertoire wurde ja populär. L.W.: Sie hatte natürlich auch das Bewusstsein, dem lokalen Musikbetrieb verpflichtet zu sein. Wenn man in einer Musikstadt wie Wien lebt, heißt das auch, Traditionen mitzutragen. Wenn man ein Instrument spielt, das Bestandteil der Musikszene sein soll, muss natürlich auch die Musik integriert sein. Das ist eine Forderung, die Karl Scheit und Luise Walker gleicherweise erfüllt haben. Beide haben österreichische Komponisten angeregt, für Gitarre zu schreiben, und sie haben sich auch für deren Werke eingesetzt. Aber Luise Walker war Widmungsträgerin verschiedener anderer Werke … von Santórsola, Ponce oder Rodrigo. P.P.: Du nanntest eben den Namen Karl Scheit. Die beiden, Luise Walker und er, haben am gleichen Institut hier in Wien unterrichtet, aber dem Vernehmen nach waren sie nicht die besten Freunde. L.W.: Das ist eine sehr persönliche Sache, die ich weder analysieren noch kommentieren will. Es waren grundsätzlich unterschiedliche Typen. Sie war die Virtuosin mit großem Publikumserfolg, und er war ganz anderen Idealen verpflichtet. Tabulaturen, Bach, Dowland … das war Scheits Welt. Die polyphone Musik bis zur Barockzeit war sein Schwerpunkt. Einig waren sie sich über die Bedeutung der Kammermusik. Da gab es keine Meinungsverschiedenheiten. P.P.: Hat denn das Anderssein der beiden in der Wiener Gitarrenszene eine Trennung heraufbeschworen. Gab es ein Lager „Scheitianer“ und der ,,Walkerianer“? L.W.: Als ich studiert habe, haben wir daran gearbeitet, diese Gräben zuzuschütten. Wir sind nach den Konzerten zusammengesessen, haben ein Bier getrunken und gefachsimpelt. Dabei haben wir dann herausgefunden, wo die Schwerpunkte beim einen und die Schwerpunkte beim anderen waren. Beide Seiten haben dabei gesehen, dass überall nur mit Wasser gekocht wurde. Wir haben also begonnen, uns gegenseitig zu helfen, anstatt uns zu behindern. Die Synergie, die wir beim Biertrinken erreicht haben, war gut für alle Beteiligten. Mit diesem Credo bin ich nach Graz gezogen! P.P.: Wie bist Du nach Graz gekommen? L.W.: Nun, ich habe mit Marga Bäuml zusammengearbeitet, und wir haben viele

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Jahre viele Dinge miteinander auf die Beine gestellt. Das war eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit. Heute setze ich sie mit Martin Myslivecek fort. P.P.: Andrés Segovia hat in Deinem musikalischem Leben eine Rolle gespielt, nicht wahr? War das eine andere Welt als die der Luise Walker? L.W.: Das war kein Widerspruch. Im Jahre 1961 hat mir Luise Walker einen Prospekt in die Hand gedrückt, und da ging es um einen Wettbewerb in Santiago de Compostela. Sie fragte, ob ich da nicht hinfahren wollte. Natürlich wollte ich! Ich war zwanzig Jahre alt und bin drei Tage und drei Nächte mit der Bahn nach Santiago gefahren. Zum ersten Mal in Spanien. Luise Walker hat mich zu Segovia geschickt, und ich bin bei dem Wettbewerb immerhin in die zweite Runde gekommen. Ein Achtungserfolg! Ich hatte das Glück, dann zu Yepes zu kommen, und ich war einen ganzen Tag bei ihm. Das hat mir enorm geholfen. Alles, was nicht beantwortet war, wurde an diesem Tag beantwortet. Für mich ist Yepes trotz der Kürze der Zeit, die ich mit ihm verbracht habe, von enormer Bedeutung. Er wusste das! P.P.: Zwischen Yepes und dem Kurs und Wettbewerb in Santiago de Compostela bestand aber kein Zusammenhang, oder? L.W.: Nein, Yepes habe ich in Madrid besucht. Ich habe in Santiago eine Japanerin kennengelernt, und die kannte Narciso Yepes. Mit ihr bin ich dann nach Madrid gefahren und habe ihn besucht. 1963 war ich wieder bei Segovia in Santiago. Das zweite Mal. Ich war damals schon einer der profilierteren Schüler, und ich stand vor der Entscheidung, wie es weitergehen sollte. Er sagte, er würde mir eine Stellung in Amerika beschaffen. Ein Jahr später hat sich dann die Stelle in Graz angeboten, und ich musste nicht mit Segovias Hilfe nach Amerika. Ich bin 1965 wieder nach Santiago ... das lief dann so weiter. Ich habe ihn immer wieder getroffen, wenn er auf Konzertreisen war, und wir standen auch brieflich in starker Verbindung. Ich habe dann auch die Laudatio bei der Verleihung des Ernstvon-Siemens-Preises an Segovia gehalten, und das zeigt ein wenig, wie unser Verhältnis zueinander war. P.P.: War das eine Art Steigerung … erst bei Luise Walker und dann bei Andrés Segovia? L.W.: Das habe ich niemals so gesehen. Ich habe Luise Walker als meine geistige Mutter angesehen und Andres Segovia als meinen geistigen Vater. Ich hatte eine sehr starke geistige Beziehung zu ihm, und er hat mich auch geformt: so wie Väter ihre Söhne fordern. Heute gibt es vielleicht andere ästhetische Maßstäbe als damals, und es ist in keiner Weise so, dass ich unkritisch seinen


Weg gegangen wäre. Mir war die Gefahr, Epigone zu sein, sehr bald bewusst. 1961 spielte ich zum Beispiel die Castelnuovo-Tedesco-Sonate für ihn, und da gibt es eine Phrase im Menuett, wo man auf dem „es“ oben so verweilt. Und ein Mann wie Segovia muss diesen Ton natürlich zelebrieren. Ich aber habe das Menuett eher als Tanz gesehen, mehr von der rhythmischen Seite, so wie man heute ein Menuett spielt. Er hat mich unterbrochen und wollte, dass ich den Ton in seinem Sinne hervorhebe. Ich habe mich gefragt „Soll ich jetzt mit ihm diskutieren, was ein Menuett ist oder will ich etwas lernen?“ Ich denke‚ dass die tonliche Gestaltung bei Segovia immer noch unübertroffen ist – und das wollte ich lernen. Ich habe mich also in diesem Moment entschieden: „Ich lerne bei ihm und nicht er bei mir!“ Übrigens ist das auch wieder so ein Kreis, der sich geschlossen hat. Sieben Jahre später habe ich beim Wettbewerb in Alessandria wieder dieses Menuett gespielt. Nachher hatte sich die Jury zur Beratung zurückgezogen und die Tür stand einen Spalt offen. Ich hörte durch den Türspalt, wie auf dem Klavier jemand das Menuett spielte — genau die Stelle, von der ich eben gesprochen habe. Man hat darüber gesprochen, warum das so phrasiert war, und für einen Pianisten war das nicht verständlich. Für einen Gitarristen war es aber eine klanglukullische Besonderheit. Ein Gaumenkitzel. Hier zeigt sich also, dass meine Entscheidung von Segovia zu lernen und nicht er von mir, richtig war. Die Jury hat sich auch in meinem Sinne entschieden. Ich habe nicht die gleiche direkte Abhängigkeit von der Asthetik Segovias gehabt wie andere seiner Schüler. P.P.: Kopiert hast Du sein Spiel also nicht! L.W.: Bis zur Karikatur ist Segovia kopiert worden, das stimmt. Nein, davon war ich weit entfernt. Das, was mit Geschmack etwas übertrieben werden kann, wirkt in der Kopie lächerlich. Das ist in der Mode so und bei persönlichen Gewohnheiten. Was beim einen original wirkt, ist beim anderen, der es kopiert, lächerlich. P.P.: Yepes war ja der totale Gegensatz zu Segovia. Wenn ich es einmal positiv fassen will, hat er gerade und strikt gespielt, wenn ich Häme walten lasse, war er ein Beamter und kein Künstler. L.W.: Ja, die totale Antithese! Aber er war wichtig! Ohne die Polarität wäre die künstlerische Entwicklung stagniert. Aber zu jeder These gibt es irgendwann eine Antithese. Er hat technische Innovationen gebracht, neue Ansätze zum Teil vom Cello abgeleitet, hat vor allem neue, bisher ungewohnte Arpeggien „erfunden“. Warum kann man bei Arpeggien zum Beispiel nicht spielen p-a-m-i? Der Mittelfinger greift da-

bei über den Ringfinger, und die Logik ist ganz klar: Der Mittelfinger ist der längere Finger. „El Abejorro“ von Emilio Pujol zum Beispiel spielt er im Vier-Finger-Anschlag und erhält damit eine Brisanz, die er mit drei Fingern niemals erreichen würde. Im mittleren Satz vom Aranjuez-Konzert spielte er die Triolen mit drei Fingern, und die laufen wie geschmiert. Komplizierter wird es, wenn man Vierergruppen mit drei Fingern spielt. Da ist Yepes einen Weg gegangen, den ich nicht nachvollziehen konnte. P.P.: Das „Concierto de Aranjuez“ hat Segovia niemals gespielt, oder? L.W.: Nein, das hat er nie gespielt. P.P.: Alirio Diaz sagte mir, Segovia habe das Konzert nicht gespielt, weil ihn der Anfang zu sehr an Flamenco erinnert habe, und den wollte er eigentlich aus der Musik für Konzert Gitarre verbannen. L.W.: Wenn man sich entscheiden muss, ob das Glas halb voll oder halb leer ist, ist es bei Segovia auf jeden Fall mehr als halb voll. Gut, er hat versäumt, das eine oder andere Werk in sein Repertoire zu nehmen, aber man soll nicht das Kind mit dem Bade ausgießen. Wenn ihm ein Werk aus klanglichen oder anderen Gründen nicht zugesagt hat, dann ist es künstlerisch auch legitim, sich zu verweigern. Es ist legitim zu sagen: „Ich spiele Mozart und lasse die Finger von Chopin“. Jeder Mensch hat Grenzen, und das waren eben die Grenzen von Segovia, an die er sich auch gehalten hat. Man kann schließlich auch fragen, warum die Komponisten so sperrig geschrieben haben. Vielleicht hätte eine Zusammenarbeit, wie sie Luise Walker gesucht hat, andere Ergebnisse zutage gebracht. Mit Ponce ist das ja passiert. Segovia hat ihn auf Knien angefleht, Dinge zu ändern, und nur bei ein, zwei Sachen hat er nicht nachgegeben. In der „Sonata Romántica“ sind die Figuren dringeblieben, und da hat Segovia die Notbremse gezogen und hat die Stelle bei der Einspielung einfach weggelassen. Das sind die Sechzehntelfiguren – acht Takte – ganz am Ende der Sonate. Die hat er nicht gespielt. Die liegen auch nicht optimal. P.P.: Welche Rolle hat damals Alirio Diaz gespielt ... um bei dem Namen gerade einmal zu bleiben? LW.: Ich kenne noch die Zeiten, als die Konzerte von Alirio Diaz Ereignisse waren. Er hat auch Maßstäbe gesetzt. Ich habe noch eine alte Platte von ihm aus den fünfziger Jahren, und er spielte da Barrios. Er war der erste Gitarrist, von dem ich Barrios gehört habe. Das hat mich sehr stark beeinflusst. Ich habe 1958 mit dem ersten Geld, das ich verdient habe, einen Plattenspieler und Platten gekauft … zwei von Segovia, eine von Yepes und eine von Alirio Diaz – eine von Luise Walker hatte ich schon. Das war mein Horizont. Bei Diaz war es die Leichtig-

keit, das südamerikanische Flair, das mich faszinierte. P.P.: Wie siehst Du überhaupt die Zukunft des Repertoires Segovias — wird das in Zukunft noch jemand spielen? L.W.: So lange man Legnani und Coste spielt oder Tärrega, wird man auch Moreno-Torroba spielen. Außerdem ist die „Suite Castellana“ eines der ersten Werke, das für Gitarre geschrieben worden ist. Segovia war sich aber darüber im Klaren, dass von den Komponisten, mit denen er zusammenarbeitete, Ponce an allererster Stelle stand. Es hört sich fast ein wenig peinlich an für einen Menschen, der – wie ich – Segovia liebt, wie er über Mario Castelnuovo-Tedesco schreibt. Er war sich wahrscheinlich nicht bewusst, dass die Briefe einmal publiziert werden. Er hat Ponce eindeutig über Tedesco gestellt und weit dahinter stand – auch für Segovia – Moreno-Torroba. Dessen Grenzen waren ihm bewusst. P.P.: Beim Ende der Ara Segovia, die ja nicht nur bis zu seinem Tod gedauert hat, sondern etliche Jahre länger, hat es ja verschiedene Revolutionen gegeben, was das Repertoire angeht. In alle Richtungen! Eine Linie führte direkt in die Avantgarde – eine andere in die leichtere Musik. Ist es eine bedenkliche Tendenz, dass Gitarristen immer populistischer in ihrer Stückeauswahl werden? L.W.: Ich denke, dass ein Gitarrist offen für alle Stile sein muss. Er kann sich spezialisieren, aber muss einen Überblick haben. Wenn ein Zahnarzt nichts mehr von innerer Medizin versteht, wird‘s bedenklich. Ein Musiker muss universell gebildet sein, was Kunst und Musik angeht, und speziell Gitarristen haben eine große Bandbreite, was das angeht. Sie haben ja nicht nur die klassische Schiene von der Renaissance bis zur Avantgarde – sie sollten sich auch im Jazz auskennen, in ihrer Country-Music. All das ist anderen Instrumentalisten versagt. Aber Gitarristen sollten sich mit all diesen Dingen auskennen – im Ensemblespiel, in der Beherrschung modernen Techniken etc. Den Flamenco habe ich jetzt ausgelassen, weil das ein Spezialgebiet ist, aber „klassische“ Gitarristen müssen auch davon Ahnung haben. Man kann schlecht Turina spielen, ohne sich den Flamenco zumindest vorstellen zu können. Für den Gitarristen ist es heute aber eine ungeheure Herausforderung, sich der aktuellen, neuen Musik anzunehmen. Es gibt aber die Gefahr, dass das süße Gift, die Ohrenschmeichler, die beim Publikum gut ankommen, die den Musikern aus den Händen gerissen werden, insgesamt eine Verarmung mit sich bringen. Die neue Musik aus dem eigenen Land wird darüber völlig vergessen und der muss sich ein Musiker stellen, sonst verliert er seine Identität. In Polen finde ich diese Entwicklung besonders

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bedauerlich. Es gibt ein paar Musiker, die dem entgegensteuern, aber tendenziell kann man das beobachten. In der Tschechoslowakei ist es ganz anders. Dort sind einige sehr gute Kräfte am Werk, die hervorragende Musik schreiben, die auch gespielt wird. Da sind vitale Zeichen gesetzt worden. Da ist etwas Eigenständiges. P.P.: Die Popularisierung der Programme, hängt die damit zusammen, dass Gitarristen sehen, dass das Interesse an ihrem Instrument immer weiter zurückgeht? L.W.: Kann ich so pauschal nicht sagen aber eine gewisse Sättigung ist eingetreten. Das stimmt. Wir haben uns bequem zurückgelehnt und haben gedacht, es gehe auf der gleichen Schiene mit Mozartvariationen und Villa-Lobos immer weiter. Die Akzente müssen heute aber anders gesetzt werden. Und es gibt die Akzente. Nimm doch den Wolfgang Muthspiel– der seit relativ kurzer Zeit die Szene mit seinen Kompositionen bereichert. Da kommt aus dem ]azz etwas ganz vitales, und Muthspiel kennt die Gitarre wie seine Westentasche. Der Mann hat Phantasie und bringt ganz neue Impulse. Aus der „klassischen“ Ecke vermisse ich im Moment die Akzente. Die Zeit der Ginastera-Sonate, die ja auch schon sechzehn Jahre auf dem Markt ist, scheint vorüber zu sein. Da kommt nichts rechtes nach. Aber der Name Muthspiel ist gefallen. Hier ist etwas passiert! Swing, Jazz ... man wird im zweiten Satz an Brouwer erinnert, und da schaut auch Strawinsky heraus mit seinen grotesken Intervallen und rhythmischen Sequenzen. Im letzten Satz hört man dann orientalische Tonleitern ... Muthspiel spielt mit dem Material, und es ist kraftvolle Musik geworden. P.P.: Wie kommen denn heute neue Werke, wie die von Muthspiel, in Umlauf. Es ist doch vermutlich immer noch so, dass Stücke von großen, international bekannten Gitarristen öffentlich gespielt werden müssen, damit sich andere Musiker ihrer annehmen – so wie das „Nocturnal“ von Britten durch Bream bekannt gemacht worden ist. L.W.: Ja, Wolfgang Muthspiel wollte eigentlich das erste „Tonspiel“, das niemandem gewidmet ist, Julian Bream widmen. Er hat ihm das per Brief vorgeschlagen, aber niemals eine Antwort erhalten. Vielleicht ist der Brief nicht angekommen. Das Stück hat sich aber einen Weg ins Repertoire geschaffen – wenn Bream es gespielt hätte, wäre es sicher viel schneller gegangen. P.P.: Mit welcher Musik beschäftigst Du Dich heute ganz besonders? L.W.: Die Sonate von Alfred Uhl steht an und die „Sonata Romäntica“ – das sind Rückgriffe auf alte Zeiten. Ich habe die UhlSonate noch mit dem Komponisten im Regieraum eingespielt. Und kürzlich fand ich

einen vierten Satz zu dieser Uhl-Sonate in meinen Unterlagen, der völlig neu ist. Das Manuskript bekam ich Anfang der sechziger Jahre. Ich war mit dem vierten Satz der alten Fassung nie glücklich und denke, dass der Spannungsbogen der Sonate hier irgendwie abbrach. Jetzt finde ich einen anderen vierten Satz im Autograph von Alfred Uhl, und ihn möchte ich gerne in Konzerten spielen. Aber ich habe in diesem Jahr vier Uraufführungen von Werken österreichischer Komponisten gespielt, und das war eine Menge Arbeit. Ich werde die Fantasia von Roberto Gerhard spielen, der bei Schönberg studiert hat. Meine musikalische Bandbreite liegt im Moment zwischen zeitgenössischer Musik und ein wenig Nostalgie der dreißiger Jahre. Bei der Uhl-Sonate habe ich das Manuskript ja schon eine ganze Weile, ohne bisher hineingeschaut zu haben. Da gibt es einen ersten Satz, einen zweiten, einen dritten und einen vierten, und ich habe ganz übersehen, dass unter dem vierten Satz ein weiterer vierter Satz gelegen hat. Ich habe die Sonate nie nach dem Autograph gespielt, sondern nach der gedruckten Ausgabe von Scheit, die bei Schott herausgekommen ist. Der neue vierte Satz ist auf jeden Fall ein überzeugender Abschluss der Sonate. Die Sonate von Uhl trägt übrigens die Widmung „Für Karl Scheit“ obwohl der Komponist sie eigentlich Andrés Segovia widmen wollte. Segovia hat Ponce geschrieben, er habe eine Sonate von einem jungen österreichischen Komponisten mit Namen Alfred Uhl bekommen, an der man sehe, dass er seine [Poncesl Werke aufmerksam studiert habe. Segovia hat sich also lobend über die Sonate geäußert. Ich weiß allerdings überhaupt nicht, ob Uhl jemals ein Werk von Ponce gehört hatte. Vielleicht ist es lediglich die stilistische Nähe. P.P.: Wie soll es denn jetzt mit der Gitarrenmusik weitergehen? L.W.: Nun, ich denke, man muss eine Brücke schlagen zwischen der komplizierten, strukturellen Musik, die kaum ihr Publikum erreicht und der sehr populistischen Musik. Musik, die hohe Qualität hat und die auf die Menschen zugeht — Bemühungen, solche Musik zu schreiben, muss man unterstützen. Die Komponisten haben bisher oft vergessen, entweder zu den Menschen zu sprechen oder auf die Qualität zu achten. Aber man kann es miteinander verbinden. Das schließt sich nicht aus! Wenn man es schafft, wie es Mozart und Strauss ja auch geschafft haben oder die Beatles oder Duke Ellington, dann mache ich mir keine Sorgen. Wir haben kreative Leute, und ich bin optimistisch. Aber die ausgetretenen Pfade müssen wir verlassen. P.P.: In den letzten Jahren hat es aber auch

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Brüche gegeben. Da wurde avantgardistisch geschrieben und dann minimalistisch ... heute wieder fast romantisch. L.W.: Kunst muss sich aber auch nach den Bedürfnissen der Menschen richten. Welche Bereiche sprechen den Menschen an? Das sind die Politik, der Sport, die Religion, die Kunst … P.P.: … mir fiel da noch ein Bereich ein! L.W.: ... na ja, aber ausgerechnet die Kunst soll sich herausnehmen und „kopfig“ werden. Das wäre doch verfehlt. Sollen Emotionen denn der Politik überlassen werden oder dem Sport? Da fällt mir übrigens noch eine Anekdote mit der Walker ein: Ich war vor Jahren mit ihr essen, und das Lokal war vollkommen leer. Irgendwie bekam ich heraus, dass am gleichen Abend das Finale der Fußballweltmeisterschaft stattfand und die Leute lieber vor dem Fernseher saßen als in einem Restaurant. Ich habe Luise Walker dann nach Hause gebracht und als sie sich bei mir verabschiedete sagte sie: „Ach gut, dann schau ich mir noch den Schluss vom Finale an!“ Da sieht man, wie weite Kreise hier eingebunden werden. Aber wenn Kunst nur den Kopf anspricht, hat sie ihre Daseinsberechtigung verfehlt. Die Verkopfung der Kunst war eine Reaktion auf die Nazizeit. In der Zeit wurde die Musik benutzt. Was kann Franz Liszt dafür, dass seine Musik für Propagandazwecke missbraucht wurde. Die Musik ist hervorragend aber sie ist benutzt worden. Die Reaktion war die Zwölftonmusik. Eine radikale Antwort! Aber heute müssen wir eine Verbindung suchen! P.P.: Leo, Ich danke Dir herzlich für das Gespräch!


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Helmut C. Jacobs, Der junge Gitarrenund Concertinavirtuose Giulio Regondi: Eine kritische Dokumentation seiner Konzertreise durch Europa 1840 und 1841, Bochum 2001, Augemus Verlag, Reihe: Texte zur Geschichte und Gegenwart des Akkordeons, Band 7, ISBN: 3-92427206-9, € 30,– Dass Leben und Werk vieler Gitarristen des 19. Jahrhunderts weitgehend unerforscht sind, wissen wir. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass die universitäre Musikwissenschaft sich zwar mit Laute und Lautenmusik recht intensiv befasst hat, dass sie die Gitarre und die für sie geschriebene Musik aber weitgehend vernachlässigt. Einige singuläre Studien wie die von Thomas F. Heck über Mauro Giuliani, von Brian Jeffery über Fernando Sor oder Mario Tortas großer CarulliWerkekatalog sind unternommen worden, aber das sind Ausnahmen. Die musikwissenschaftlichen Zeitschriften lassen Gitarre und Gitarrenmusik links liegen, die meisten Fachblätter argumentieren eher apologetisch – zu oft versuchen sie, ihrem Betrachtungsgegenstand, der Gitarre, eine Position in vordersten Positionen der „klassischen Musik“ zuzuweisen. Und doch sind es die Fachzeitschriften, die wissenschaftliche Arbeiten angeregt und gefördert haben und das immer noch tun. Giulio Regondi (1822/1823—1872) gehört zu den Gitarristen, über die wir nicht viel wissen. Nicht einmal sein Geburtsjahr ist bekannt und einige seiner Werke, über die man aus Presseberichten und anderen öffentlichen Notizen immer schon weiß, stehen seit Olims Zeiten auf den Suchlisten vieler Wissenschaftler und Bibliotheksbewohner. Per Zufall oder aufgrund hartnäckigen Forschens sind in der letzten Zeit einige davon ans Tageslicht gekommen (s. vorliegende Ausgabe von Gitarre & Laute-ONLINE, S. 35—42). Das jetzt zu würdigende Buch beleuchtet eine Episode in Regondis Lebensweg: seine Konzertreise zusammen mit dem Cellisten

Joseph Lidel (1803—1878) in den Jahren 1840/1841. Jacobs betrachtet Regondi nicht durch die Gitarristen-Brille, sondern, wenn überhaupt, durch die eines Akkordeon-Forschers (s. den Reihentitel!), aber eigentlich ist er Romanist und Germanist. 1840/41, als Giulio mit dem Ehepaar Lidel auf Konzertreise aufbrach (Mrs. Lidel fuhr mit, wurde aber musikalisch nicht aktiv), war die Gitarre für ihn fast schon passé. Er trat noch als Virtuose auf Gitarre und Concertina auf, aber schon für 1841, als Regondi mit den Lidels wieder in London war, konstatiert Jacobs: „So machte der ohne jeden Zweifel beste Gitarrenvirtuose seiner Zeit die Concertina zu seinem ersten Instrument und wurde der beste Concertinavirtuose aller Zeiten.“ Sie, die Concertina, war, als Prototyp jedenfalls, „bereits Ende der zwanziger Jahre […] gebaut worden“. Bis dahin ist Giulio Regondi, zusammen mit seinem Vater, als gitarri-

stisches Wunderkind von Konzertsaal zu Konzertsaal gereist: „Ein Knabe von 7 Jahren, Julius [sic] Regondi, lässt sich mit großem Beyfall in Paris hören. […] Er spielt die Guitarre nach einer ihm von seinem Vater beygebrachten Methode mit einer seltenen Kunst und Anmuth“ [Allgemeiner Musikalischer Anzeiger, Wien, 1830]. Als Kind soll er zum Üben getriezt worden sein und danach als Wunderkind missbraucht: „Die Präsentation von musikalischen Wunderkindern war damals ein lukratives Geschäft.“ Dann ließ die Gitarre an Popularität nach … ungefähr gleichzeitig erfand Charles Wheatstone die Concertina. Er wandte sich an Vater Regondi: „Als das geniale Meisterstück [die Concertina] Regondi gezeigt wurde, fragte man ihn, was man damit machen könne. Er antwortete: „Mein Sohn wird seine Stärken zum Vorschein bringen, wenn es überhaupt jemand kann.“ Der Knabe erweckte es tatsächlich zum Leben.“ Giulio musste nun also Concertina üben, vermutlich wieder, um seinem Vater Einkünfte zu sichern. Helmut C. Jacobs meint, es gäbe „Indizien dafür, dass er von seinem Vater ausgenutzt wurde“ – und es sind verlässliche Indizien! 1834 und 1835 gab er „neunundfünfzig Konzerte“ mit der Concertina in Irland – sein Vater war dabei und Giulio war gerade einmal zwölf oder dreizehn. „Bezeichnend für Wheatstones Arbeitsweise und seine Forschungen war das stete Bemühen, theoretische Erkenntnisse in die praktische Anwendung umzusetzen […] Entwicklung, Konstruktion, Patentierung und kommerzielle Nutzung waren für Wheatstone eine notwendige Abfolge seiner dem praktischen Nutzen verpflichteten wissenschaftlichen Tätigkeit.“ Das war beim Telegraphen so, an dessen Entwicklung er maßgeblich beteiligt war, und bei der Concertina … um nur zwei Beispiel zu nennen. Wer weiß, ob nicht die Konzertreise zusammen mit Lidel von Wheatstone gesponsert worden ist um seine Concertina in Europa bekannt zu machen? Lidl war ein Cellist, der den Zenith seiner Karriere längst überschritten hatte

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und der im Rahmen der Konzertreise auch miserable Kritiken einstecken musste … Regondi dagegen erlebte einen glanzvollen Erfolg nach dem andern! Jacobs fragt sich: „In Bezug auf Lidels Verhältnis zu Regondi stellt sich die Frage, ob der Cellist der uneigennützige […] Betreuer des jungen Regondi war, oder ob er […] nicht auch die eminente musikalische Begabung Giulio Regondis in dem einen oder anderen Sinne für seine Zwecke ausgenützt hat“ … aber wo war eigentlich Giulios Vater? Noch auf Seite 16 heißt es, es sei unklar „ob Giulio Regondi, nachdem er sich im Laufe der dreißiger Jahre von seinem Vater getrennt hatte, bei einem Adoptivvater aufgewachsen ist“. Noch 1835 war er mit seinem Vater auf Konzerttournee in Irland – im September 1840 begann seine Reise mit den Lidels. Wann haben Vater und Sohn sich getrennt? Und wie? Und wie kam das Ehepaar Lidel ins Spiel? In einem der insgesamt 129 Dokumente, die die zweite Hälfte des Buches füllen (der Autor baut hier auf „die Trennung von eigener Darstellung und Quellenmaterial“), wird die Trennung von Vater und Sohn beschrieben: „Als der Junge durch seine Konzerte eine große Geldsumme verdient hatte […] verließ ihn der Vater und nahm all die Früchte der Mühen des Kindes mit sich und verließ den armen Giulio“ (Nº 128). Diese Einschätzung eines Richard Hoffmann ist aber 1910 veröffentlicht und vermutlich kurz vorher niedergeschrieben, in größerem zeitlichen Abstand zum Geschehen also, außerdem bezieht sie sich zum Teil auf Aussagen Dritter … wie glaubwürdig die Berichte sind, kann man nicht ergründen. Es kann sehr wohl so

gewesen sein, ohne Frage! Aber Herrn Hoffmanns Erzählungen können auch das Ziel gehabt haben, der Mär um den genialen Musiker Giulio Regondi noch ein paar Facetten hinzuzufügen: „Seine Lebensgeschichte war traurig und geheimnisvoll, was, zusätzlich zu seinem Talent, zweifellos eine weitere Attraktion darstellte, und man flüsterte sich über seine Geburt und seine Eltern zahlreiche Geschichten zu.“ Man sieht, von den diversen Fragen um Giulio Regondi konnte Helmut C. Jacobs nicht alle beantworten. Viele Dokumente hat er zusammengestellt, auch einige bisher unbekannte darunter, und hie und dort frage ich mich, warum er sie weitgehend unkommentiert seinen Lesern vorlegt. Ein paar Missverständnisse können beim Lesen vor allem der späteren Äußerungen über das Wunderkind durchaus entstehen und das hätte der Autor vermeiden können. Denn die Welt der Wunderkinder und Virtuosen, in der sich Regondi bewegte, war voll von Legenden und „gefüsterten Geschichten“. Sie gehörten dazu, zum Wundergeiger Paganini ebenso wie zu Franz Liszt oder Sigismond Thalberg, mit denen Regondi verglichen wurde. Die zahlenden Besucher wollten sich in einem Konzert verzaubern lassen, und das ist den Virtuosen der Zeit ganz offenbar geglückt. Wenn man heute eine CD mit Musik für Concertina hört, wie die der „Giulio Regondi Guild“, und dabei die Kritiken und Berichte bei Jacobs liest, ahnt man, welche Faszination damals von den Musikern ausging: „Mit seinem instrumentalen Belcanto kam Regondi den Erwartungen einer Zuhörerschaft, die den manuellen, jeglicher

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Gesanglichkeit entbehrenden Kunststücken vieler Instrumentalvirtuosen nichts mehr abgewinnen konnte, nicht nur entgegen, es gelang ihm mit seinem Vortrag, seine Zuhörer in einem für sie selbst erstaunlichen Maße in seinen Bann zu schlagen.“ Das Buch von Helmut C. Jacobs hält also, bei aller wissenschaftlicher Ernsthaftigkeit, auch Lesestoff zum Verweilen, Schmökern und zum Amüsement bereit. Peter Päffgen

Hier noch der Hinweis auf die RegondiGuild: The Great Regondi: Volume 2 original compositions by the 19th Century’s unparalleled Guitarst & Concertinist performed by the Regondi-Guild BRIDGE RECORDS 905


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Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 75


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