Lust&Leben 1 18

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KAFFEEPREISSCHWANKUNGEN

© RAINER FEHRINGER

1963 wurde das erste internationale Kaffeeabkommen unterzeichnet, um die Ausfuhrerlöse der Erzeugerländer zu stabilisieren. 1989 wurde das Abkommen aufgekündigt. Seitdem haben Preisschwankungen stark zugenommen. Profiteure sind Spekulanten. Verlierer der größeren Ungewissheit sind die Schwächsten: die Kleinbauern.

»Nur weil Kaffee teuer verkauft wird, heißt das nicht, dass er auch teuer eingekauft wurde«

FAIRTRADE-SYSTEM Das Fairtrade-System gibt es nur für demokratische Kooperativen mit geregelten Arbeitsbedingungen, ohne Kinderarbeit und ohne Diskriminierung. Gefördert wird Bio-Anbau durch Bio-Aufschlag, Pestizide und gentechnisch verändertes Saatgut sind verboten. Bezahlt wird nach Fairtrade-Mindestpreis (zu verstehen als Absicherung nach unten) und mit Vorfinanzierung. Für 45,4 Kilo gibt es USD 140 für konventionellen und USD 170 für Bio-Kaffee. Außerdem gibt es eine Prämie für den Aufbau von Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten, Straßen- und Brückenbau, Erwachsenenbildung und produktivitätssteigernde Maßnahmen.

– H A RT W I G K I R N E R / FA I RT R A D E Ö S T E R R E I C H –

Direct Trade, der auch die Lebensumstände der Bauern verbessern wollte, nichts mehr zu tun. Eine Fairtrade-Vertreterin sprach bei einer Podiumsveranstaltung des Branchenmagazins Medianet sogar von Wildwuchs beim Direct Trade, der nicht mehr transparent sei.

© CHRISTIAN LAMONTAGNE

25 Jahre fair

QUALITÄT UND ERNTEERTRAG Nur 15 Prozent der weltweiten Kaffeeproduktion fällt in die höchste Qualitätsstufe, die es Produzenten ermöglicht, sich zumindest teilweise von den volatilen Weltmarktpreisen zu entkoppeln. Der Ernteertrag belief sich 2016 auf 174,9 Millionen 60-kg-Kaffeesäcke.

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So weit geht Hartwig Kirner nicht. Er ist Geschäftsführer von Fairtrade Österreich und hält den Beitrag zur Qualitätssteigerung durch die Kleinröster-Szene für unumschränkt gut, sofern man die Lieferkette nachvollziehen kann. „Den kritischen Blick sollte man sich aber behalten, denn nur weil der Kaffee teuer verkauft wird, muss das nicht heißen, dass der Kaffee auch teuer eingekauft wurde. Das ist keine Automatik. Und genau das ist der Vorteil bei Fairtrade, dass es hier eine externe, zertifizierte Stellen gibt, die das überwacht.“ Und so weit trifft es wohl auch das mulmige Gefühl, das man als kritischer Mensch haben kann. Beim einzelnen Röster hängt es wirklich davon ab, ob man ihm seine Geschichte glaubt. Und genau deswegen sollte man mit ihm reden. Immer wieder.

Luxusproblem Dabei sind Direct Trade und Fairtrade keine Opponenten. Die wirklich Großen wie Nestlé, Mondelez, D.E. Master Blenders, Green Mountain, Tchibo und die restlichen Multis von Procter & Gamble, Sara Lee oder JBS bestimmen den Kaffeemarkt – und greifen das Thema Fairness kaum auf. In Österreich liegt der Anteil an direkt und fair gehandelten Kaffee nur bei zehn Prozent – absolut optimistisch geschätzt. Im Umkehrschluss sind 90 Prozent nicht fair oder direkt gehandelt. Kirner dazu diplomatisch: „Es wäre auch schön, wenn diese 90 Prozent sich in Richtung fairer Handel bewegen würden.“ Die Zukunft sieht der Fairtrade-Chef jedoch hoffnungsvoll: „Momentan sind wir in einer positiven Phase. Vor dem Jahr 2016 bis 2017, dessen Zahlen noch nicht vorliegen, haben wir ein Wachstum von 18 Pro-


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