Fotografische Vermessung von Raum und Architektur

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Fotografische Vermessung von Raum und Architektur

Fotografien vom ehemaligen Klubhaus der Energiearbeiter in Erfurt, festgehalten w채hrend des HANT-Fotoworkshops vom 01. bis 03. August 2014



Fotografische Vermessung von Raum und Architektur Fotografien vom ehemaligem Klubhaus der Energiearbeiter in Erfurt festgehalten w채hrend des HANT-Fotoworkshops vom 01. bis 03. August 2014


gefĂśrdert von:

mit freundlicher UnterstĂźtzung durch:


Teilnehmer des Fotoworkshops oben: Julia Albrecht, Maria Wolff, Alina Tillmann, Kristin Schulze, Dominik Bönisch, Philipp Harms, Benedikt Frantz, Viktor Sperrhake, Björn Schorr, Paul-Ruben Mundthal, Marcel Sperrhake unten: Friederike Günther, Alexander Grüner, Thuy Duong Phan, Thomas Lemke, Andreas Thurm, Ivo Dierbach, Sebastian Weise nicht im Bild: Julia Heinemann



Fotografische Vermessung von Raum und Architektur von Friederike Günther Nach Erkundung der Dunkelkammer im letzten HANT-Workshop, verließen wir in diesem Jahr jene abgeschiedene Dunkelheit und widmeten uns der strahlenden Architekturfotografie. In unserem dreitätigen Workshop waren interessierte FotografInnen eingeladen, sich sowohl praktisch als auch theoretisch mit der Frage zu befassen: Wie kann man Räume und Orte fotografisch sichtbar machen? Dafür suchten wir uns einen besonderen Ort: Das ehemalige »Klubhaus der Energiearbeiter« in Erfurt, ein verlassenes Relikt sozialistischer Bauweise. Ziel des Workshops war es, dieses einzig erhaltene Klubhaus der Stadt fotografisch zu kartographieren, um somit eine dokumentarische wie künstlerische Bestandsaufnahme herzustellen und zu konservieren. Mit insgesamt zwölf WorkshopteilnehmerInnen, von professionellen Fotografen bis hin zu enthusiastischen Anfängern, erkundeten wir das dreigeschossige Gebäude: Von der Kegelbahn im Keller über den Bühnenaufzug des Festsaals bis hin zum Dachboden. Aus insgesamt vier Schwerpunkten setzte sich der Workshop zusammen: theoretischer Input, praktische Weiterbildung, Diskurs und freie Arbeit. Neben der Vermittlung von Hintergrundinformationen zum Ort war auch ein genereller Einblick in das Sujet zeitgenössischer Architekturfotografen wichtige Inspirationsquelle. Gleichsam war die Arbeit am Bildaufbau durch die Schulung an der Sinar-Fachkamera und der Cambo WRS eine besondere: Die Suche nach der richtigen Einstellung dauerte selbst nach dem Finden des geeigneten Bildausschnittes oft mehr als eine halbe

Stunde. Diese spürbare Verlangsamung während des Fotografierens war zum einen der hochkomplexen Technik geschuldet, deren Handhabung sich als eine besondere Herausforderung für die WorkshopteilnehmerInnen herausstellte. Allein die Sinar-Kamera wog über zehn Kilo und zwang die FotografInnen dazu, ihre Bildkomposition wohlüberlegt zu wählen. Zum anderen stellte die Entschleunigung auch einen guten Kontrast zu dem sonstigen Konsum von Bildern dar. Die kontinuierlich gemeinsame Beschäftigung auf Augenhöhe mit den Fotografien stand an erster Stelle. Durch gemeinsame Sichtungen und die Arbeit in Zweierteams erarbeiteten sich die WorkshopteilnehmerInnen ihr »Masterbild« gemeinsam. Die Einzelarbeiten sind hervorragende Ergebnisse, die nebst der Kartographie eine beachtenswerte Momentaufnahme sind, gleichsam als individuelle Zugänge zu diesem Gebäude ihre eigene Handschrift tragen. Sie dokumentieren das Klubhaus, das zwischen Hier und Damals verfällt. Aber sie eröffnen uns auch Geschichten von dem, was war. Gleichsam lenken sie unseren Blick auf die Hauptprotagonisten dieses Ortes: Objekte, die eben diese Geschichten gesehen, erlebt und vielleicht — an der ein oder anderen Stelle — sogar angestoßen haben. Besonderer Dank gilt den engagierten Teilnehmern, unseren Gastrednern Mark Escherich und Markus Malangeri, dem Klubhaus der Energiearbeiter Erfurt, der Kulturstiftung des Freistaates Thüringen sowie den Sponsoren Sinar bzw. Leica, PhaseOne, Canon, Saal-Digital.


Workshop Tagebuch: Tag 01 von Andreas Thurm Am ersten Tag trafen sich nachmittags Teilnehmer und Organisatoren, um sich erst einmal einander vorzustellen und die Location zu erkunden. Danach führte Mark Escherich, Denkmalschützer aus Erfurt, mit einem sehr spannenden Vortrag in die Geschichte des Hauses ein. Mit den eigenen Fotoapparaten konnten wir uns dann auf den Weg machen und das Gebäude mit all seinen Besonderheiten erkunden. Zu entdecken gab es viel: Ballsaal, Kegelbahn, Schwimmbad, Sauna, Küche, Garderobe, Treppenhäuser, Heizungskeller usw. usw. — Motive waren also in Hülle und Fülle vorhanden. Im Anschluss wurden dann die ersten fotografischen Ergebnisse vorgestellt und gemeinsam an den Rechnern ausgewertet, wobei die Aufgabe darin bestand, dass jeder Teilnehmer jeweils nur 3 — 5 Bilder seines Rundganges auswählen durfte. Es war sehr spannend zu sehen, wie unterschiedlich jeder Einzelne auf die vorgegebenen Räumlichkeiten reagierte und mit individuellem Blick und persönlichem Stil auf seine Sicht auf die Dinge verwies. Zum Abschluss gab es Leckeres vom Grill und einen sehr anregenden ersten Gedankenaustausch.

Die »Karthographierung« sammelt in vielen kleinen Einzelbildern ein Abbild des Ist-Zustandes des Klubhauses am Wochenende vom 01. bis 03. August 2014. Als Grundlage dient ein Bauplan aller drei Ebenen des Hauses. Der rote Faden verbindet das Bild mit seinem Entstehungsort.









Zur Geschichte des Klubhauses der Energiearbeiter Von Mark Escherich und Friederike Günther Das Letzte seiner Art: Mit der charismatischen Mixtur zwischen sozialistischer Architektur und morbiden Charme gehört dem Klubhaus der Energiearbeiter ein besonderer Platz in der Erinnerung und vielleicht auch im Herzen vieler Erfurter.

im Zeichen des Arbeitslebens werden. Und dafür war auch genügend Platz, um einen geordneten Rahmen und damit auch steuerbaren Ablauf für die vielfältigsten Freizeitaktivitäten der Energiearbeiter, ihrer Familien und der Anwohner in der Oststadt zu gewährleisten.

Ehemals gebaut für die Arbeiter der angrenzenden Volkseigenen Betriebe für Gas- und Energieversorgung, war das Klubhaus allerdings auch noch lange nach dem Mauerfall ein Begegnungsort für die Erfurter Bürger. Entstanden ist es in den frühen Jahren der neu gegründeten DDR. Die Bauzeit zog sich aufgrund mehrerer Unterbrechungen von 1955 bis 1963 hin. Seine Architektur folgt noch dem DDR-Kulturhaustyp der 1950er Jahre, der sich stilistisch an der Zeit von Klassik und Aufklärung orientierte. Die äußere Schlichtheit des Klubhauses setzt einen klaren Gegensatz und Ruhepol zu den angrenzenden Wohnhäusern der Erfurter Oststadt. Denn die Bürgerhäuser waren durch Stuckornamente und Vor-, Auf- und Turmbauten geschmückt — oder wie es in den Akten heißt »überladen«. Die dazu in Kontrast stehenden klaren Linien sollten als Zeichen für den sozialistischen Aufbruch verstanden werden. Die Bauform transportiert aber auch ein Gefühl der vom sozialistischen Regime geforderten ordnungsreflektierenden Disziplin.

Das Sozialgebäude erfüllte wichtige Versorgungs- und Hygienefunktionen. So gibt es Schwimmbecken und Sauna sowie einen großen Duschraum und Umkleidekabinen. Aber auch ein großer Essenssaal und die notwenigen Küchenräume einschließlich des angrenzenden Kühlraums waren integriert. Für genügend Raum zur Erholung und Kontemplation war mit einem Schach-, Lese- und Jugendzimmer sowie einem Tischtennisraum gesorgt. Auf der Kegelbahn liegen bis heute die umgeschmissenen Kegel. Der große Festsaal ist wohl das Prunkstück des Klubhauses: Mit Podium und genügend Platz für 300 Menschen erlebten die Erfurter hier sicherlich beeindruckende Theateraufführungen, rauschende Tanzveranstaltungen, festliche Jugendweihen und andere Feiern.

Geteilt war das Klubhaus in ein Sozialgebäude und Kulturhaus, also einen funktionalen Bereich für die Arbeiter der genannten Werke und einen öffentlich zugänglichen, repräsentativen Begegnungsort für alle Bürger. Damit sollte das Klubhaus ein Ort gesellschaftlicher Kommunikation

Man hört die Menschen noch jubeln. Der merkwürdige Eindruck, dass die Energiearbeiter das Gebäude, mit der Absicht wiederzukommen, verlassen haben, schleicht sich bei einem Gang durch die Räume ein. Neben den Duschen ist nur kurz die Sporthose über den Spind geworfen worden, um sie zu trocknen. Im Pausenraum ist die Zeitung noch aufgeschlagen und nebenan zeigt der Kalender anstehende Termine. Ein Sektglas steht auf einem Tisch in der Kegelbahn und wartet bis heute, ausgetrunken zu werden.





Workshop Tagebuch: Tag 02 von Andreas Thurm Der nächste Tag begann entspannt mit Frühstück und Kaffee. Danach teilten sich die Teilnehmer in Zweiergruppen auf und begannen mit den Einführungen in den Umgang mit der Großformattechnik — vor allem in Hinblick auf die korrekte Anwendung der Tilt- und Shifteinstellungen — sowie die Konvertierung der erzeugten RAW-Daten. Mit dem Gelernten begaben sich die Gruppen auf intensive Motivsuche, schließlich sollte am Ende des Workshops ein »Masterpiece« pro Teilnehmer präsentiert werden. Darüber hinaus waren wir alle aber auch weiter damit beschäftigt, das Klubhaus in all seine Facetten fotografisch zu erfassen, also gewissermaßen zu kartographieren und somit der Nachwelt zu erhalten, zumindest in Bildern. Uns allen stand an diesem schwül-heißen Tag der Schweiß auf der Stirn, da es die Technik nicht nur gewichtsmäßig in sich hatte, sondern preislich auch locker mit einem Mittelklassewagen mithalten konnte. Einige der gefundenen Motive mussten hart erkämpft werden. So wurde zum Beispiel auf engstem Raum in den letzten Nischen der Kegelbahn oder auf abenteuerlichen Tisch-Klettergerüsten im Duschtrakt gearbeitet. Staub und Schimmelsporen brannten in den Augen und in den Lungen, aber der Einsatz lohnte sich. Schon die ersten Bildergebnisse der Großformatkameras zeigten ganz deutlich, welches Potenzial in ihnen steckt und was mit der Software noch alles herauszuholen war. Unglaublich — absolute Begeisterung! Zum Tagesabschluss bearbeiteten einige bereits ihre Masterpieces und bereiteten die Daten für den Druck vor. Parallel dazu gab es noch einen kurzen Vortrag, beim dem bedeutende zeitgenössische Fotografen und Fotografinnen sowie ihre Werke vorgestellt und besprochen wurden.

Die »Moodbilder« zeigen den vielseitigen fotografischen Mikro- und Makrokosmos des Klubhauses. In der ersten Hälfte des Workshopwochenendes entstand eine Vielzahl an »Geschmacksproben« aus dem Inneren des zum großen Teil original erhaltenen DDR-Interieurs.













Workshop Tagebuch: Tag 03 von Andreas Thurm Auch am letzten Tag wurde nochmal alles gegeben, denn die Zeit arbeitete leider gegen uns. Nach dem gemeinsamen Frühstück feilten einige Teilnehmer weiter an ihren Aufnahmen, andere gingen noch mal fotografieren. Die Räumlichkeiten waren beinahe unerschöpflich in ihrem Motivreichtum, ständig fand man etwas Neues, Unentdecktes. Wir ließen also noch mal die Chips glühen, ich zog ein Rollfilm nach dem anderen durch die Mamiya. Gleichzeitig ratterte im »Headquarter« unermüdlich der Canon-Drucker und spuckte ein Bild nach dem anderen aus. Schließlich durfte jeder Teilnehmer einen Ausdruck seines Lieblingsmotives mit nach Hause nehmen. Als Abschluss wurde noch ein Gruppenbild im alten Schwimmbad inszeniert, und jeder, der wollte, konnte noch mal ein Statement zum Workshop abgeben. Einhellige Meinung: Großartiger und spannender Workshop! Und am Ende? Totale Erschöpfung bei allen und die Gewissheit, dass die letzten drei Tage eine absolute Bereicherung waren. Auch wenn die Arbeit mit den Großformat-Apparaten sehr aufwändig und unter den gegebenen Umständen im Klubhaus nicht ganz einfach war, hat sie doch eines gezeigt: wie lohnenswert es ist, sich für ein gutes Foto Zeit zu nehmen. Herzlichen Dank dafür an die Crew vom Fontinit e.V.!



Das „Masterbild“ ist das fotografische Ergebnis der Auseinandersetzung jedes Workshopteilnehmers mit dem Klubhaus. Grundlage waren zahlreiche Moodbilder, die in der ersten Hälfte des Workshop-Wochenendes von den TeilnehmerInnen angefertigt wurden. Die Fotografien in diesem Kapitel wurden mit einer SINAR P3, Cambo WRS und einem digitalen PhaseOne Rückteil angefertigt.






Ergebnisse und Präsentation der Workshopergebnisse Von Paul-Ruben Mundthal Die entstandene Kartographierung der zwölf WorkshopteilnehmerInnen umfasste mehrere hunderte Fotografien, die das Klubhaus im Detail und im Ganzen versuchten, sichtbar zu machen. Die große Fläche des Objektes und die noch im Original erhaltenen »Reliquien« aus der DDRZeit entfachten bei den Fotografen das Feuer, nicht nur typische morbide Szenarien festzuhalten, sondern explizit Geschichten hinter Objekten und Orten zu finden. Nach der Objektbegehung wurden erste Moodbilder angefertigt, die sich der Szenarien des Gebäudes in einer fotografischen Dimension näherten. Anschließend erfolgte eine ausführliche Bildbesprechung mit allen TeilnehmerInnen und den Workshopleitern, um den Fokus und das zukünftige fotografische Vorgehen zu besprechen. Zur Zielgeraden des Workshops gehörte die Aufgabe ein Bild anzufertigen, welches eine Woche später in der dazugehören Werkschau gezeigt werden würde. Auf dieser Grundlage näherten wir uns dem »Masterbild«. Die Quintessenz jedes Teilnehmers war ein Einzelbild, welches auf

Grundlage der Moodbilder mit dem digitalen Rückteil von PhaseOne und der Sinar-Fachkamera angefertigt wurde. Die technische Qualität des Bildmaterials ist aufgrund seiner hohen Auflösung (60 Megapixel) und der Linsenvergütung (Rodenstock) auf dem höchsten Niveau, den der Kameramarkt derzeit zu bieten hat. Um diese Qualität auch dem Publikum zu zeigen, wurde mit unserem Projektpartner Saal-Digital eine entsprechende Fine-Art Printlösung gefunden. Hier entschieden wir uns für ein Hahnemühle-Papier mit einer matten Oberfläche des Typs »Pearl« und »Photo Rag«, welches ebenso von Galerien und Museen verwendet wird. Die schier unfassbare Masse an Bildinformationen veranlasste uns, die Werkschau in drei Teile zu gliedern. Wir teilten die Fotografien in Moodbilder, Karthographierung und Masterbild auf. Durch die räumliche Trennung der Bereiche versuchten wir, uns dem Ort sowie der Geschichte des Klubhauses auf verschiedenen Wegen zu nähern.






Erlebnisbericht Von Sebastian Weise Da ich mich als Fotograf wie immer gerade auf der Suche befand — neue Orte, neue Dinge, neue Leute — war es gesetzt: Ich musste mich bewerben. Auch mit der digitalen Großformattechnik habe ich schon lange geliebäugelt, und hier hätte ich Gelegenheit zum Probieren. Und dann dieser wahnsinnige Platz zum Austoben! Ich hatte das Klubhaus der Energiearbeiter in guter Erinnerung. Vor zwei Jahren durfte ich dort zum FÖN-Kunstpreis eine riesige Wand mit meiner Bildinstallation »Memento Mori« bespielen. Die Party nach dieser Vernissage war sicher grundsätzlich nicht zu vergleichen mit den Festen, die zu ehrwürdigen Arbeiter-und-Bauern-Tagen dort rauschten, aber sie gab einen Eindruck davon, wie sich ein Haus, das auf Völlerei und Gutgehen ausgerichtet ist, sich seine Menschen einzuverleiben vermag. Denn: Als


mittelalter Mann bin ich ja voll der Erinnerungen. Bilder im Kopf: Von Brigadefeiern und Festtagsprunk, von Nelkensträußen in schmieriger Folie, von Erbsensuppe und Zigeunerschnitzel in den Klubhäusern der Deutschen Demokratischen Republik. Klubhäuser hatten wir damals so reichlich, wie auch Gründe zu feiern. Jugendweihen, Republikgeburts- oder Parteitage — jeder große Betrieb erbaute sich und seinen Schergen den Raum zum Posieren und Präsentieren. Heute jedoch sind diese Tempel obsolet geworden, sind umfunktioniert, retuschiert oder ganz verschwunden. Aber hier in Erfurt sollten wir Gelegenheit haben, den Schlaf eines dieser Dornröschens ein wenig zu unterbrechen, mit Filzlatschen und Samthandschuhen zwar, aber nicht ohne die helle Beleuchtung auch des letzten Winkels.


Ich kenne solche Gebäude gut. Für meine Serie »Ästhetik des Aufgebens« und das gleichnamige Buch bin ich fünf Jahre durch Abrisshäuser Mitteldeutschlands gestreift. Habe die Spuren der letzten Bewohner gesucht und gefunden. Und habe sie fotografisch konserviert. Nun also sollte ein ganzes Klubhaus mit Saal, Bühne, Garderobe, Mensa, Technik, Kegelbahn und Schwimmbad »unser« sein. Drei Tage lang schauen, staunen, erinnern, fasziniert sein vom eingestaubten Charme des Vergangenen. Und immer mit der Kamera in der Hand, um die schrägen und leisen, die morbiden und auch bunt leuchtenden Relikte abzubilden, wie wir sie sahen. Oder wie wir glaubten, dass sie gesehen werden sollten. Schnell hatte ich mich im Schwimmbad festgebissen. Die wunderbar grafische Landschaft dort unten, mit ihrem trüben Licht und der Ahnung von Chlor in der Luft, sie hielt das Auge gefangen. Und dieses Loch im Boden, so geometrisch korrekt und so inhalts- wie wasserleer. Die Kacheln an den Wänden und im Pool waren die Matrix, auf die ich meine Geschichten projizierte. Hier die kleinen Kinder, die unter sorgender Aufsicht schwimmen lernten; hier die schnaufenden Erwachsenen, die im kleinen Becken nach dem Saunagang kurze Bahnen schwammen. Prustender Lärm aus den Mannschaftsduschen nebenan, plätscherndes Gekreisch, konzentriertes Atmen. Und alles eingehüllt in wabernde Wasserdämpfe. Die leere Poollandschaft war meine Wahl für das Hauptmotiv. Ich spielte mit zwei Varianten: Einmal der leere Quader in Gänze, still und einsam und seltsam kontrastiert von einer am Beckenrand dösenden Massageliege. Und dann ein exzentrischer Blick von der Seite, scharf an den abendsonnig ruhenden Fenstern entlang, fokussiert auf die grafische Kachelwand, die mir so viele Geschichten einflüsterte. Das leere Becken nur eine Ahnung im linken unteren Eck.

Genau dieses Bild war es dann, welches ich für die Ausarbeitung mit der Fachkamera auswählte. Und es zeigte sich, dass diese Technik noch mehr davon lebt, dass der Fotograf sein Bild schon kennt, bevor er es festhält. Eine meditative Arbeit, technisch anspruchsvoll und nach Routine dürstend. Und es machte doch Spaß, auch wenn die Zeit an der Kamera bei Weitem nicht ausreichte. Raketenwissenschaftler wird man an einem Wochenende nicht. Mein Dank dem großartigen HANT-Team, dass ich trotzdem mal ein bisschen an den Triebwerksknöpfen drehen durfte.









Fotografische Vermessung von Raum und Architektur

Bildverzeichnis

Fotografische Vermessung von Raum und Architektur

Fotografien vom ehemaligem Klubhaus der Energiearbeiter in Erfurt festgehalten während des HANT-Fotoworkshops vom 01. bis 03. August 2014

Thomas Lemke

Julia Albrecht, Sebastian

Marcel Sperrhake

Julia Albrecht

Weise, Andreas Thurm

Björn Schorr

Andreas Thurm, Philipp

Benedikt Frantz, Julia

Harms

Albrecht (2)

Thuy Duong Phan, Philipp

Alina Tillmann, Benedikt

Sebastian Weise, Thuy Duong

Harms

Frantz, Andreas Thurm

Phan

Andreas Thurm

Julia Albrecht, Julia

Alina Tillmann, Julia Albrecht,

Julia Heinemann (2), Thomas

Thomas Lemke, Philipp

Sebastian Weise

Lemke (2)

Harms (2), Ivo Dierbach

Alina Tillmann

Paul-Ruben Mundthal,

Thomas Lemke, Thuy Duong

Marcel Sperrhake, Ivo

Philipp Harms, Sebastian

Alexander Grüner

Phan

Dierbach

Weise

Björn Schorr, Benedikt Frantz

Heinemann


Impressum Herausgeber:

Fotoinit e.V. Salinenstrasse 34 99086 Erfurt

Erfurt, September 2014 Redaktion:

Alexander Grüner, Paul-Ruben Mundthal, Dominik Bönisch, Maria Wolff, Björn Schorr, Kristin Schulze, Friederike Günther

Texte:

Friederike Günther, Paul-Ruben Mundthal, Andreas Thurm, Sebastian Weise, Mark Escherich

Vielen Dank gilt: Mark Escherich, Markus Malangeri, Yves Richter Layout: Paul-Ruben Mundthal, Alexander Grüner Kartenmaterial: Baueingabepläne, 1955 (Eigentümer) Lektorat: Maria Wolff, Dominik Bönisch Druck: Saal-Digital 01. Auflage:

15 Exemplare

Copyright © 2014 — Fotoinit e.V.



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