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Nähe des Spenglerschen Anwesens zu den Bahngleisen führt er auch Naturschutzargumente ins Feld. „Wenn im Rahmen der Reaktivierung Abholzungen im Uferbereich erforderlich sein sollten, wäre ich strikt dagegen.“ Er könne sich noch gut an die Zeit erinnern, in der regelmäßig Personenzüge zwischen Passau und Hauzenberg verkehrten. „Damals, als die Bahn noch fuhr, gab es keinen Uferbewuchs. Aber das ist ja gerade das Schöne. Für Vögel und sonstige Kleintiere hat sich der Uferbereich mittlerweile zu einem wahren Paradies entwickelt.“
Passt die Baggerschaufel? Mitglieder des Fördervereins, der Geschäftsführer der Bayerischen Regionaleisenbahn (gelbe Warnweste) und Anwohner bei der Begutachtung der versandeten Bahngleise am Innstadtbahnhofweg.
»Ohne Umsteigen aus der Innstadt nach Grubweg fahren – das wäre klasse.« STEPHAN BAUER
Neben Anwohnern wie Friedrich-Detlef Spengler sehen auch andere einer Reaktivierung der Bahnstrecke mit Skepsis entgegen. Klaus Schürzinger, der für die Freie Wählergemeinschaft im Passauer Stadtrat sitzt, zweifelt vor allem an der ökologischen Sinnhaftigkeit und der Finanzierbarkeit des Projekts. Als Mitglied des Stadtentwicklungs- sowie des Bauausschusses beschäftigt er sich seit Jahren mit der Granitbahn. Wie er im Gespräch betont, habe er sich diesbezüglich schon des Öfteren kritisch zu Wort gemeldet. Denn aus seiner Sicht sei der Bus auf relativ kurzen Strecken, vor allem auf Bahnnebenstrecken, ökologischer und günstiger als die Bahn. Dementsprechend wenig Potenzial sieht Schürzinger bei der Granitbahn in Sachen Personennahverkehr. „Viele Passauer Wohngebiete liegen zu weit von der Bahnstrecke entfernt. In der Innstadt sind dies zum Beispiel die Göttweiger Straße, das Mühltal oder der Mariahilfberg. Deren Bewohner müssten per Bus zu den Bahnhaltestellen gefahren werden.“ Eine Stadtbahn funktioniere jedoch nur, wenn die potenziellen Fahrgäste nicht mehr als 250 Meter zur Haltestelle gehen müssten. Grünen-Stadtrat Stephan Bauer, der in der Löwengrube lebt und am Kirchenplatz ein Café betreibt, teilt die Bedenken Schürzingers nicht. „Ich bin grundsätzlich immer für die Reaktivierung von Bahnstrecken. Jede Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene ist aus meiner Sicht zu begrüßen“, betont Bauer. Was ihm an der Reaktivierung der BahnstreSEPTEMBER 2016
cke und an einem öffentlichen Personennahverkehr zwischen Passau und Hauzenberg besonders attraktiv erscheint, wäre die direkte Verbindung der Innstadt mit Grubweg. „Wenn es in der Innstadt eine Haltestelle gäbe, könnte man ohne Umsteigen über die Kräutelsteinbrücke zum Baumarkt nach Grubweg fahren. Das wäre klasse.“
»Eine feste Fahrbahn ist teuer – teurer als ein normales Schotterbett.« FRIEDRICH PAPKE
Ein Konzept zu einer Passauer Lokalbahn, das einen Personennahverkehr mit acht Haltestellen auf der Teilstrecke zwischen Hauptbahnhof und Grubweg vorsieht, existiert bereits. Friedrich Papke, Verkehrsingenieur und ehrenamtlich tätiger Zugbegleiter bei der Ilztalbahn, hat es im Jahr 2011 erstellt. Doch wie realistisch ist dessen Umsetzung nach dem Hochwasser 2013 und angesichts gestiegener Reaktivierungskosten? „Das ganze Konzept der Passauer Lokalbahn ist eine Vision“, betont Papke während eines Telefonats. Nur wenn die Stadt und der Landkreis Passau geschlossen hinter dem Projekt stünden, sei eine Umsetzung ansatzweise realistisch. „Nahverkehr auf der Schiene wird normalerweise vom Freistaat aus den Regionalisierungsmitteln finanziert. Das ist die
Voraussetzung“, so Papke. „Anders lässt sich ein tägliches Nahverkehrsangebot nicht bewerkstelligen. Denn öffentlicher Nahverkehr auf Schiene und Straße kann nicht kostendeckend funktionieren.“ Aus Papkes Sicht gibt es in Sachen Granitbahn zwei Möglichkeiten. Sofern die Strecke wieder befahrbar und freigegeben sein sollte, könne man an Wochenenden und Feiertagen – ähnlich wie bei der Ilztalbahn – auf ehrenamtlicher Basis einen touristischen Personenverkehr aufziehen. Alternativ biete sich die Option, auf der Strecke zunächst einmal einen Güterverkehr einzurichten – vorausgesetzt, es gebe entsprechende Kunden. „So könnte man die Strecke finanzieren“, glaubt Papke. „Irgendwie muss es sich schließlich ja auch lohnen, Geld in die Reaktivierung zu stecken.“ Was eine feste Fahrbahn anbelangt, seien die Kosten nicht zu unterschätzen. „Eine feste Fahrbahn ist teuer – wesentlich teurer als ein normales Schotterbett.“ Kämen dann noch Hochwasserschutzelemente hinzu, bedeute dies eine zusätzliche Kostensteigerung. „Nichtsdestotrotz würde ich mir eine solch innovative und nachhaltige Lösung wünschen“, sagt Papke. Die Mitglieder des Fördervereins Lokalbahn Hauzenberg-Passau favorisieren eine touristische Nutzung der Strecke. Doch nun gehe es erst einmal darum, die Gleise wieder freizubekommen. „Dafür brauchen wir viele Leute, die uns unterstützen“, betont Heidi Bauer. Wann der erste Zug auf der reaktivierten Strecke zwischen Passau und Hauzenberg wieder fahren wird, sei noch nicht absehbar. „Wir haben viele gute Argumente, die für die Bahn sprechen“, so Bauer, „aber es ist immer noch ein Bohren dicker Bretter.“ Nach einer baldigen Inbetriebnahme hört sich das nicht an. Bis zur Ankunft der Granitbahn wird noch etwas Wartezeit einzuplanen sein. 15