528 Bewegend-Pantherwerke

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Rückenwind AUF KNOPFDRUCK

So recht scheinen sie es immer noch nicht glauben zu können. Plötzlich mussten sie sich strategisch komplett umstellen, mussten sich umstrukturieren, erst die große Halle in Löhne aus-, dann wieder neu einräumen. Wenn Kai Wippermann, Marketing­ leiter bei der Pantherwerke AG, mit Zahlen jongliert, te ist das anders. Wie die Wende gekommen ist? dann lässt sich erahnen, welch ein Ruck da gerade

Vor allem: überraschend. Das Mobilitätsverhalten

durch die Branche geht. 450.000 Fahrräder bringen

ändert sich, die Kurzstreckenmobilität nimmt zu,

die Pantherwerke jährlich auf den Weg. Und schon

die Zielgruppe wird immer jünger. Das Nutzungs-

jetzt sind 30.000 davon mit einem Elektromotor

verhalten also ist es, dass sich da sehr schnell geän-

ausgestattet. Wo der Trend hingeht? Schulterzu- dert hat. Warum genau? Schwer zu sagen. Ist aber cken. Und ein zufriedenes Schmunzeln im Gesicht. auch egal, Hauptsache die Trendwende ist geschafft. Er wird schon aufwärts gehen, was die Elektrobikes

Und plötzlich lassen sie sich alle anschieben. Die,

angeht. Ganz sicher.

die mit dem Rad zur Arbeit unterwegs sind. Die, die

Kleine Rückblende. Früher, also noch gar nicht

am Wochenende auf Radtour gehen. Selbst Moun-

so viele Jahre her, da galt der, der sich von einem

tainbiker drücken auf den kleinen grünen Knopf,

Elektromotor den Weg hochschieben ließ, nun, nun, wählen zwischen verschiedenen Antriebsstärken als Schwächling. Als einer, der sich nicht durch- und jagen die Berge nicht mehr nur runter, sondern beißt, als eigener Trittbrettfahrer sozusagen. Heu- auch flott wieder hoch. Wenn man doch ein wenig skeptisch ist, wenn man sich fragt, ob es denn wirklich notwendig sei, das Mehrgewicht mitzunehmen, dann redet und diskutiert Kai Wippermann nicht lange. Dann schnappt er sich einfach ein Musterbike, checkt kurz den Batteriestand, stellt am Lenker diesen


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Rückenwind AUF KNOPFDRUCK

So recht scheinen sie es immer noch nicht glauben zu können. Plötzlich mussten sie sich strategisch komplett umstellen, mussten sich umstrukturieren, erst die große Halle in Löhne aus-, dann wieder neu einräumen. Wenn Kai Wippermann, Marketing­ leiter bei der Pantherwerke AG, mit Zahlen jongliert, te ist das anders. Wie die Wende gekommen ist? dann lässt sich erahnen, welch ein Ruck da gerade

Vor allem: überraschend. Das Mobilitätsverhalten

durch die Branche geht. 450.000 Fahrräder bringen

ändert sich, die Kurzstreckenmobilität nimmt zu,

die Pantherwerke jährlich auf den Weg. Und schon

die Zielgruppe wird immer jünger. Das Nutzungs-

jetzt sind 30.000 davon mit einem Elektromotor

verhalten also ist es, dass sich da sehr schnell geän-

ausgestattet. Wo der Trend hingeht? Schulterzu- dert hat. Warum genau? Schwer zu sagen. Ist aber cken. Und ein zufriedenes Schmunzeln im Gesicht. auch egal, Hauptsache die Trendwende ist geschafft. Er wird schon aufwärts gehen, was die Elektrobikes

Und plötzlich lassen sie sich alle anschieben. Die,

angeht. Ganz sicher.

die mit dem Rad zur Arbeit unterwegs sind. Die, die

Kleine Rückblende. Früher, also noch gar nicht

am Wochenende auf Radtour gehen. Selbst Moun-

so viele Jahre her, da galt der, der sich von einem

tainbiker drücken auf den kleinen grünen Knopf,

Elektromotor den Weg hochschieben ließ, nun, nun, wählen zwischen verschiedenen Antriebsstärken als Schwächling. Als einer, der sich nicht durch- und jagen die Berge nicht mehr nur runter, sondern beißt, als eigener Trittbrettfahrer sozusagen. Heu- auch flott wieder hoch. Wenn man doch ein wenig skeptisch ist, wenn man sich fragt, ob es denn wirklich notwendig sei, das Mehrgewicht mitzunehmen, dann redet und diskutiert Kai Wippermann nicht lange. Dann schnappt er sich einfach ein Musterbike, checkt kurz den Batteriestand, stellt am Lenker diesen


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61 steigen, wenn Massenware zur Mangelware wird. Ein paar Schritte weiter stehen, liegen, hängen die Rohrahmen. Per Hand werden sie auf das vorbereitet, was in einem abgeriegelten Bereich passiert. Hier wird aus dem gelb-silbern schimmernden Rahmen mal Schwarzes, dann Silbernes oder Buntes. Mal lackiert die Maschine, dann der Fachmann per Hand, am Ende dann die Pulverbeschichtung, die Lack und Rad widerstandsfähig macht und das bietet, was Panther auszeichnet: die Qualität. Wir arbeiten hier beim Lack komplett auf Wasserbasis. Und saugen beim Pulver auch das letzte

mit der Felge verbunden wird. So langsam kommen

Körnchen ab. Sagt Werner Wolff. Ein paar Meter

Rahmen und Zubehör immer näher zueinander, es

weiter sind flinke Hände gefragt. Die setzen die

wird verschraubt und verbunden, am Ende steht die

Label an, Aufkleber werden präzise auf den just

aufwändige Verkabelung, ehe der neue Antrieb aus

getrockneten Rahmen gebracht, dann mit dem

dem Rad ein E-Bike macht. Das klappt hier in Löh-

Skalpell vom durchsichtigen Folienhintergrund

ne so gut, dass viele namhafte Fahrradmarken hier

gelöst. Handarbeit ist etwas, was hier noch an

fertigen lassen. Dabei können sie wählen, welcher

jeder Ecke zu beobachten ist. Und nicht weniger, Antrieb es denn sein soll. Bosch etwa, oder doch sondern mehr wird. So wie bei den Radnaben und

der eines Mitbewerbers? Die Pantherwerke haben

Speichen. Früher verrichtete hier eine Maschine

selbst einen Antrieb – Panterra genannt und viel

den Dienst. Die war aber wenig flexibel, konnte

beachtet – entwickelt, klein, kraftvoll und so nicht

nur mit wenigen Naben arbeiten. Doch das Sorti- nur in den eigenen, sondern längst auch in den Räment erweiterte sich stetig und damit stieg auch die

dern fremder Marken eingebaut. Das Prunkstück,

Betriebsleiter hier im Löhner Werk. 18.000 Räder

Zahl der verschiedenen Radnaben. Am Ende dann

das, was heute machbar ist, steht etwas versteckt in

warten hier, erst mit Noppenfolie an empfindlichen

stehen wieder Mitarbeiter da, speichen ein, drehen

einer kleinen Montierstraße. Die Rahmen faustdick,

Stellen geschützt, dann in riesige Pappkartons ge-

die Nabe, sorgen mit ihren Händen für das, was ein

die Räder massig, das Design ein bulliges und doch

packt, darauf, ausgeliefert zu werden. Es stapelt sich,

paar Meter weiter dann doch durch Maschinenkraft

stark reduziertes. Die Akkus verbergen sich hier im

es drängelt sich. Es herrscht das, was der Fachmann

Hohlrahmen und bringen das E-Bike, nun, auf ein

chaotische Lagerhaltung nennt. Sagt Werner Wolff.

Tempo, das nicht offen zu kommunizieren ist. Nur

kleinen Kasten auf volle Kraft voraus und bittet

Zumindest für den Menschen. Der Computer aber

soviel: Es ist sehr, sehr schnell. Straßenzulassung

zum Aufsteigen. Fahr mal los. Aber pass auf, dass

guckt durch. Hier genauso gut wie nebenan im Zu-

besitzt dieses Modell dennoch, auch wenn man

du die Kurve kriegst. Rät und warnt er. Was dann

behörlager, da wo Kurbeln und Sättel, Bremsen und

sich hier mit 45 Kilometern in der Stunde begnü-

passiert, kennen sonst nur Motorradfahrer. Man

Licht darauf warten, verbaut zu werden. Es scheint

gen sollte. Was sich nach starker Rollerkonkurrenz

tritt nur ganz leicht und schon weht das Haar, jedes noch so kleine Plätzchen im Gewirr der Hal-

anhört, ist doch etwas ganz anderes. Man dürfe ja

geht es beängstigend flott voran, vorbei an all den

le ausgenutzt worden zu sein, um all das hier auf

nicht vergessen, dass dennoch getreten werden

Fahrrädern, die längst E-Bikes heißen und darauf

Vorrat halten zu können. Und man kann sich vor-

muss. Soll heißen: Der Mensch bewegt sich eben-

warten, erst einmal ins große Hochregallager ge- stellen, welcher Kopfschmerz entsteht, wenn in der

so wie mit einem normalen Fahrrad. Nur kommt

bracht zu werden. Dahin begleitet uns Werner Wolff, Anlieferungskette irgendetwas streikt, wenn Preise

er dabei sehr viel weiter, erklärt Kai Wippermann.


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61 steigen, wenn Massenware zur Mangelware wird. Ein paar Schritte weiter stehen, liegen, hängen die Rohrahmen. Per Hand werden sie auf das vorbereitet, was in einem abgeriegelten Bereich passiert. Hier wird aus dem gelb-silbern schimmernden Rahmen mal Schwarzes, dann Silbernes oder Buntes. Mal lackiert die Maschine, dann der Fachmann per Hand, am Ende dann die Pulverbeschichtung, die Lack und Rad widerstandsfähig macht und das bietet, was Panther auszeichnet: die Qualität. Wir arbeiten hier beim Lack komplett auf Wasserbasis. Und saugen beim Pulver auch das letzte

mit der Felge verbunden wird. So langsam kommen

Körnchen ab. Sagt Werner Wolff. Ein paar Meter

Rahmen und Zubehör immer näher zueinander, es

weiter sind flinke Hände gefragt. Die setzen die

wird verschraubt und verbunden, am Ende steht die

Label an, Aufkleber werden präzise auf den just

aufwändige Verkabelung, ehe der neue Antrieb aus

getrockneten Rahmen gebracht, dann mit dem

dem Rad ein E-Bike macht. Das klappt hier in Löh-

Skalpell vom durchsichtigen Folienhintergrund

ne so gut, dass viele namhafte Fahrradmarken hier

gelöst. Handarbeit ist etwas, was hier noch an

fertigen lassen. Dabei können sie wählen, welcher

jeder Ecke zu beobachten ist. Und nicht weniger, Antrieb es denn sein soll. Bosch etwa, oder doch sondern mehr wird. So wie bei den Radnaben und

der eines Mitbewerbers? Die Pantherwerke haben

Speichen. Früher verrichtete hier eine Maschine

selbst einen Antrieb – Panterra genannt und viel

den Dienst. Die war aber wenig flexibel, konnte

beachtet – entwickelt, klein, kraftvoll und so nicht

nur mit wenigen Naben arbeiten. Doch das Sorti- nur in den eigenen, sondern längst auch in den Räment erweiterte sich stetig und damit stieg auch die

dern fremder Marken eingebaut. Das Prunkstück,

Betriebsleiter hier im Löhner Werk. 18.000 Räder

Zahl der verschiedenen Radnaben. Am Ende dann

das, was heute machbar ist, steht etwas versteckt in

warten hier, erst mit Noppenfolie an empfindlichen

stehen wieder Mitarbeiter da, speichen ein, drehen

einer kleinen Montierstraße. Die Rahmen faustdick,

Stellen geschützt, dann in riesige Pappkartons ge-

die Nabe, sorgen mit ihren Händen für das, was ein

die Räder massig, das Design ein bulliges und doch

packt, darauf, ausgeliefert zu werden. Es stapelt sich,

paar Meter weiter dann doch durch Maschinenkraft

stark reduziertes. Die Akkus verbergen sich hier im

es drängelt sich. Es herrscht das, was der Fachmann

Hohlrahmen und bringen das E-Bike, nun, auf ein

chaotische Lagerhaltung nennt. Sagt Werner Wolff.

Tempo, das nicht offen zu kommunizieren ist. Nur

kleinen Kasten auf volle Kraft voraus und bittet

Zumindest für den Menschen. Der Computer aber

soviel: Es ist sehr, sehr schnell. Straßenzulassung

zum Aufsteigen. Fahr mal los. Aber pass auf, dass

guckt durch. Hier genauso gut wie nebenan im Zu-

besitzt dieses Modell dennoch, auch wenn man

du die Kurve kriegst. Rät und warnt er. Was dann

behörlager, da wo Kurbeln und Sättel, Bremsen und

sich hier mit 45 Kilometern in der Stunde begnü-

passiert, kennen sonst nur Motorradfahrer. Man

Licht darauf warten, verbaut zu werden. Es scheint

gen sollte. Was sich nach starker Rollerkonkurrenz

tritt nur ganz leicht und schon weht das Haar, jedes noch so kleine Plätzchen im Gewirr der Hal-

anhört, ist doch etwas ganz anderes. Man dürfe ja

geht es beängstigend flott voran, vorbei an all den

le ausgenutzt worden zu sein, um all das hier auf

nicht vergessen, dass dennoch getreten werden

Fahrrädern, die längst E-Bikes heißen und darauf

Vorrat halten zu können. Und man kann sich vor-

muss. Soll heißen: Der Mensch bewegt sich eben-

warten, erst einmal ins große Hochregallager ge- stellen, welcher Kopfschmerz entsteht, wenn in der

so wie mit einem normalen Fahrrad. Nur kommt

bracht zu werden. Dahin begleitet uns Werner Wolff, Anlieferungskette irgendetwas streikt, wenn Preise

er dabei sehr viel weiter, erklärt Kai Wippermann.


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Wie weit er kommt, hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Im flachen Niedersachsen, sagt Werner Wolff, da könnten das schon mal 75 Kilometer

nicht: quietschen, stottern, lahmen. Also bauten

sein bis zur nächsten Steckdose. In Ostwestfalen

sie bei den Pantherwerken, da wo jedes DB-Rad

sollen es aber noch knappe 50 Kilometer sein, die

vom Band gelaufen ist, eine Unkaputtbar-Variante.

so erreicht werden. Und um das zu erreichen – flot-

Und schufen sich auch damit ein geschäftliches

tes Mittreten vorausgesetzt – braucht es nur eine gute Stunde. Ins Marketingdeutsch übersetzt redet

Fundament, was dauerhaft für Umsatz sorgt. Die gibt es nicht auch deutsche Sportwagen, die eben

Bahn stockt stetig auf, immer mehr Bahnhöfe und

man hier von innerstädtischer Kurzstreckenmobi- nicht das Tempo limitieren? Ein verwegener, wenn

Städte sind daran interessiert, ihre Gäste per Rad

lität. Bei Entfernungen von sechs Kilometern, bei

auch naheliegender Gedanke, dass bei 25 Stunden- auf Entdeckungsreise zu schicken. Dabei verlässt

dem, was der Fachmann Verkehrsinfarkt nennt, ist

kilometern auf dem E-Bike dann doch nicht Schluss

kein Rad, keines für die Deutsche Bahn, für Tel Aviv,

das E-Bike klar im Vorteil. Kein Wunder also, dass

sein sollte. Und muss.

den Einzelhandel oder den Großkunden, der sein

das E-Bike das ist, was nicht nur Kai Wippermann

Es ist wohl eine Sache der Software. Die wird

Label, ganz gleich ob Dienstleister, Bank oder Hilfs-

nicht „in“, sondern gleich „en vogue“ nennt. Es ist

an einem bestimmten Portal in der Fertigungshalle

organisation, auf den Rahmen gesetzt haben möch-

plötzlich schick, sich (an)treiben zu lassen. Und

auf jeden Radcomputer aufgespielt. Immer wieder

te, das Werk, ohne ausgiebig getestet worden zu sein.

man bewegt sich doch. Wer will, wer im Anzug auf

andere Logarithmen nutzend, immer wieder auf

Am Ende dann: eine letzte, kleine Testrunde und

dem Weg zur Arbeit ist, der muss nicht schwitzen. das Rad, seinen Einsatzort abgestimmt. Es gibt

dem Einpacken steht nichts mehr entgegen. Man

Wer will, kann aber auch so richtig in die Pedale

heute keinen Radtyp, der nicht elektrisch ange- sitzt also auch bei der Arbeit im Sattel. Sagt Werner

treten. So, dass der Schweiß nur so rinnt. Und so, trieben werden kann. Und wird. Eingependelt hat

Wolff. Und, natürlich, zu Hause wartete auch gleich

dass die Mofa vor sich her getrieben wird. Wäre, ja

sich längst auch der Preis. Man müsse für ein Rad

ein ganzer Schwung Räder auf den Einsatz. Ob denn

wäre da nicht die Straßenverkehrsordnung. Die

dieser sehr guten Qualität, sagt Kai Wippermann

auch ein E-Bike unter dieser zweirädrigen Auswahl

fungiert bei 25 Stundenkilometern als Spaßbrem- und zeigt auf ein graues, schön schlichtes Panther- wäre, wollen wir ganz am Ende wissen. Nein, noch se. Und das im klassischen Wortsinn. Erreicht der

Rad mit edlem Zubehör, 1.700 bis 2.000 Euro rech- nicht. Ich setze noch auf meine Beine. Sagt Werner

Speed die 25 km/h-Marke, dann schaltet sich der

nen. Das sich die ganze Sache rechnet, sieht man

Wolff. Und man fragt sich, wie lange er das wohl noch durchhalten will.

Motor ab. Es ist vergleichbar mit dem Stottern bei

in den Gesichtern der Panther-Mitarbeiter. Das

250 Stundenkilometern im Sportwagen. Versucht

Auftragsbuch scheint ein volles zu sein. Nicht nur,

Kai Wippermann einen Erklärungsversuch. Aber

weil im Fachmarkt längst schon das Motto Akku statt Muskeln heißt. Auch die Verleiher haben das E-Bike in ihr Herz geschlossen. Eben sind 2.000 giftgrüne Verleihfahrräder nach Tel Aviv in die Verleihstationen gegangen. Ein paar Meter weiter steht das rustikalste, das wetterbeständigste, das vandalierwiderstandsfähigste, was derzeit, zumindest von der Stange, vorstellbar ist. Denn wenn der Bahnkunde sich in Hamburg, Berlin oder München vom ICE kommend in den Sattel schwingen will, dann muss das Rad vor allem eins tun: fahren. Und


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Wie weit er kommt, hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Im flachen Niedersachsen, sagt Werner Wolff, da könnten das schon mal 75 Kilometer

nicht: quietschen, stottern, lahmen. Also bauten

sein bis zur nächsten Steckdose. In Ostwestfalen

sie bei den Pantherwerken, da wo jedes DB-Rad

sollen es aber noch knappe 50 Kilometer sein, die

vom Band gelaufen ist, eine Unkaputtbar-Variante.

so erreicht werden. Und um das zu erreichen – flot-

Und schufen sich auch damit ein geschäftliches

tes Mittreten vorausgesetzt – braucht es nur eine gute Stunde. Ins Marketingdeutsch übersetzt redet

Fundament, was dauerhaft für Umsatz sorgt. Die gibt es nicht auch deutsche Sportwagen, die eben

Bahn stockt stetig auf, immer mehr Bahnhöfe und

man hier von innerstädtischer Kurzstreckenmobi- nicht das Tempo limitieren? Ein verwegener, wenn

Städte sind daran interessiert, ihre Gäste per Rad

lität. Bei Entfernungen von sechs Kilometern, bei

auch naheliegender Gedanke, dass bei 25 Stunden- auf Entdeckungsreise zu schicken. Dabei verlässt

dem, was der Fachmann Verkehrsinfarkt nennt, ist

kilometern auf dem E-Bike dann doch nicht Schluss

kein Rad, keines für die Deutsche Bahn, für Tel Aviv,

das E-Bike klar im Vorteil. Kein Wunder also, dass

sein sollte. Und muss.

den Einzelhandel oder den Großkunden, der sein

das E-Bike das ist, was nicht nur Kai Wippermann

Es ist wohl eine Sache der Software. Die wird

Label, ganz gleich ob Dienstleister, Bank oder Hilfs-

nicht „in“, sondern gleich „en vogue“ nennt. Es ist

an einem bestimmten Portal in der Fertigungshalle

organisation, auf den Rahmen gesetzt haben möch-

plötzlich schick, sich (an)treiben zu lassen. Und

auf jeden Radcomputer aufgespielt. Immer wieder

te, das Werk, ohne ausgiebig getestet worden zu sein.

man bewegt sich doch. Wer will, wer im Anzug auf

andere Logarithmen nutzend, immer wieder auf

Am Ende dann: eine letzte, kleine Testrunde und

dem Weg zur Arbeit ist, der muss nicht schwitzen. das Rad, seinen Einsatzort abgestimmt. Es gibt

dem Einpacken steht nichts mehr entgegen. Man

Wer will, kann aber auch so richtig in die Pedale

heute keinen Radtyp, der nicht elektrisch ange- sitzt also auch bei der Arbeit im Sattel. Sagt Werner

treten. So, dass der Schweiß nur so rinnt. Und so, trieben werden kann. Und wird. Eingependelt hat

Wolff. Und, natürlich, zu Hause wartete auch gleich

dass die Mofa vor sich her getrieben wird. Wäre, ja

sich längst auch der Preis. Man müsse für ein Rad

ein ganzer Schwung Räder auf den Einsatz. Ob denn

wäre da nicht die Straßenverkehrsordnung. Die

dieser sehr guten Qualität, sagt Kai Wippermann

auch ein E-Bike unter dieser zweirädrigen Auswahl

fungiert bei 25 Stundenkilometern als Spaßbrem- und zeigt auf ein graues, schön schlichtes Panther- wäre, wollen wir ganz am Ende wissen. Nein, noch se. Und das im klassischen Wortsinn. Erreicht der

Rad mit edlem Zubehör, 1.700 bis 2.000 Euro rech- nicht. Ich setze noch auf meine Beine. Sagt Werner

Speed die 25 km/h-Marke, dann schaltet sich der

nen. Das sich die ganze Sache rechnet, sieht man

Wolff. Und man fragt sich, wie lange er das wohl noch durchhalten will.

Motor ab. Es ist vergleichbar mit dem Stottern bei

in den Gesichtern der Panther-Mitarbeiter. Das

250 Stundenkilometern im Sportwagen. Versucht

Auftragsbuch scheint ein volles zu sein. Nicht nur,

Kai Wippermann einen Erklärungsversuch. Aber

weil im Fachmarkt längst schon das Motto Akku statt Muskeln heißt. Auch die Verleiher haben das E-Bike in ihr Herz geschlossen. Eben sind 2.000 giftgrüne Verleihfahrräder nach Tel Aviv in die Verleihstationen gegangen. Ein paar Meter weiter steht das rustikalste, das wetterbeständigste, das vandalierwiderstandsfähigste, was derzeit, zumindest von der Stange, vorstellbar ist. Denn wenn der Bahnkunde sich in Hamburg, Berlin oder München vom ICE kommend in den Sattel schwingen will, dann muss das Rad vor allem eins tun: fahren. Und


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