In den Raum zeichnen

umreißen — verdichten — spuren

In den Raum zeichnen umreißen — verdichten — spuren Ausstellungskatalog

umreißen — verdichten — spuren HERAUSGEGEBEN VON

Claudia Busching | Pomona Zipser EIN KOOPERATIONSPROJEKT ÜBER LINEARE SKULPTUR IN BERLIN

Galerie Parterre Berlin Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten Haus am Kleistpark

Die Linie verbindet Raum und trennt ihn.

Sie ist eine verschlĂźsselte Spur von etwas Geschehenem und speichert Zeit.

BIGNIA WEHRLI

Inhalt

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Raum, Architektur, Körper, Zeichnen Interview von Monika Bartholomé mit Claudia Busching und Pomona Zipser — 10

Versuch über die Leere, den Raum und die Plastizität von Linien Robert Kudielka — 14

Linie als Bewegung Angela Lammert — 22

In den Raum zeichnen Ausstellungsansichten

4.1

4.2

4.3

5 A

umreißen Galerie Parterre Berlin — 32 verdichten Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten — 44 spuren Haus am Kleistpark — 62

Lineare Skulpturen im öffentlichen Raum Stefanie Endlich — 90

Anhang Biografien der Künstlerinnen und Künstler — 104 Zu den Autorinnen und zum Autor — 108 Impressum — 109

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Raum, Architektur, Körper, Zeichnen Interview von Monika Bartholomé ( MB ) mit Claudia Busching ( CB ) und Pomona Zipser ( PZ )

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RAUM, ARCHITEKTUR, KÖRPER, ZEICHNEN

MB : Was bedeutet der Raum in eurer eigenen Arbeit und der der ausgestellten Künstler?

PZ : Agieren im Raum bedeutet den Verzicht auf Zweidimensionalität, auf das Herstellen zweidimensionaler Ansichten aus möglichst vielen Blickwinkeln.

Raum ist Dimension und fordert ein anderes Denken, Verstehen und Sehen – in meiner Arbeit ist das : Bauen.

Den Raum kann ich aber auch als Material denken, wenn ich die Negativformen zu den Volumina der Skulptur betrachte. Dann kann ich ihn sogar direkt formen. Allerdings nur dort, wo er in meine Skulptur greift, von da an streckt er sich unendlich weiter.

CB : Der Raum und seine Beschaffenheit und die Arbeit treten in ein Zwiegespräch, wie die Linie, die sich auf dem Blatt Papier zurechtfindet.

Die Arbeit braucht den Raum als Bezugssystem. Und viele der Arbeiten in unserer Ausstellung sind als temporäre Installationen maßgeschneidert für den Raum, in dem sie stattfinden.

MB : Wirkt sich das Ausstellen von Werken anderer Künstler auf eure eigene Arbeit aus?

CB : Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Kunst- und dem AusstellungMachen. Dies bedeutet Rückzug auf das Selbst, jenes Zugehen auf das Andere.

PZ : Die Auseinandersetzung mit den Werken anderer Künstler ist ähnlich intensiv wie während Symposien oder Atelierbesuchen. Dieses Projekt währt aber so lange und bringt so komplexe Gedanken in Gang, dass es zu einer Erkenntnis der gesamten künstlerischen Arbeit, auch meiner Person kommt.

Glücklicherweise bewirkt diese Erkenntnis während unseres Projektes nicht eine Erschütterung, sondern eher eine Bestätigung, ein geschärftes Bewusstsein über mein aktuelles und historisches Umfeld.

MB : Pomona, du bist Bildhauerin, und du, Claudia, verstehst dich als Malerin. Was reizt euch an dem Medium Zeichnen?

CB : Das Zeichnen ist für mich ein direkter körperlicher Vorgang, um Ideen Gestalt zu geben, wobei das Denken und das Striche- oder Linien-Setzen und das Wahrnehmen sich abwechseln.

PZ : Manchmal ist das intensive Erlebnis des Zeichnens stärker in einem anderen Medium, wenn ich einen dünnen Gegenstand im Raum positioniere : Ich meine dabei tatsächlich zu zeichnen. Zweidimensional zeichnen ist vielleicht, im Vergleich zu Malerei und Skulptur, weniger physisch. Eine lineare Skulptur aber kann als dreidimensionale Zeichnung gedacht und direkt in den realen Raum gesetzt werden.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

MB : Anders als bei einer Linie auf dem Blatt Papier, wenn es nicht sehr, sehr groß ist, bezieht man eine Linie im konkreten Raum immer auch auf den eigenen Körper. Welche Rolle spielen die Größe, die Ausdehnung des Raumes, die Architektur in eurem Werk?

CB : Ich glaube, dass man sich unbewusst immer zu seinem Umraum, seiner Umgebung positioniert, auch wenn man nicht gerade Kunst macht. Wenn ich meine Holzstangen in den Raum platziere, muss ich mir seine Dimension und Beschaffenheit bewusst machen und darauf reagieren. Anders als auf einem bezeichneten Blatt Papier, das völlig losgelöst vom Umraum eine Welt für sich beherbergen kann, ist lineare Skulptur immer real und somit Bestandteil des Raumes. Mich begeistern allerdings Arbeiten, die jenseits ihrer Dinghaftigkeit zusätzliche Denkräume und Assoziationsebenen ermöglichen, und da wären wir wieder bei den Möglichkeiten des Zeichnens in der Fläche.

PZ : Die Beziehung der Skulptur zu meiner Körpergröße, also eine Annäherung oder Überschreitung, finde ich aufregend, mein Vergnügen kommt auch aus der körperlichen Herausforderung und der Bewegungen beim Bau einer Skulptur – eine Art unbewusster Tanz.

Von 2002 bis 2008 machte ich Skulpturen, deren Konzept aus vorgestellten Bauwerken und Einrichtungselementen, also von Architektur, hervorgingen.

Ich untersuchte Alternativen zum Stehen, mögliche Positionen im Raum – hängen, lehnen, balancieren, in der Wand stecken, klemmen usw.

MB : Du, Pomona, sagst, Raum ist Dimension, und an anderer Stelle sprichst du von dem unendlichen Raum. Vielleicht ist das Faszinierende am Raum, dass er existenziell und konkret zugleich ist.

Monika Bartholomé, Claudia Busching und Pomona Zipser, Berlin, Mai 2017.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Versuch über die Leere, den Raum und die Plastizität von Linien Robert Kudielka

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VERSUCH ÜBER DIE LEERE, DEN RAUM UND DIE PL ASTIZITÄT VON LINIEN

… Mehr als je fallen die Dinge dahin, die erlebbaren, denn, was sie verdrängend ersetzt, ist ein Tun ohne Bild.

Tun unter Krusten, die willig zerspringen, sobald innen das Handeln entwächst und sich anders begrenzt.

RAINER MARIA RILKE, Neunte Duineser Elegie ( 1922 )

Nein, so, mit einem Rilke-Zitat, sollte man eigentlich nicht beginnen, schon gar nicht einen Text über zeitgenössische Kunst. Zu oft ist sie in den vergangenen 200 Jahren erhoben worden, die Klage über den Stand der Dinge. Der elegische Ton verdrießt. Dabei ist an dem kritischen Befund de facto nur zu bemängeln, dass er überholt ist. Unser Tun bildet nicht einmal mehr Krusten, denen das Handeln entwachsen könnte, um sich neu zu positionieren. Wir surfen schmerzlos, tupfend und wischend auf immer handlicheren und sensibleren displays, im globalen Strom der Informationen. Wer vermisst schon » erlebbare « Dinge? Gewusst wie und wo reicht scheinbar aus, um erfolgreich durch die digitale Aufbereitung des Lebens zu navigieren.

Doch das Missvergnügen an der Klage des Dichters entspringt nicht einfach der Antiquiertheit der Diagnose. Die wäre leicht zu aktualisieren. Anstößig ist vielmehr die allzu durchsichtige Vorbereitung der Wendung von der Elegie in die Tonart des Rühmens : Rilkes poetische Dramaturgie des » Und dennoch! «. Die Beschwörung der Hinfälligkeit der Dinge läuft geradewegs auf die emphatische Forderung an die Dichtung hinaus, die Dinge ins » Sagen « zu retten. Damit aber wird eine entscheidende Erfahrung moderner Künstler ausgeblendet : Was geschieht denn, wenn die Dinge ihren Ort und ihr Gewicht im Dasein der Menschen einbüßen? Dann gewinnt offenbar der Raum – genauer : der leere Raum – eine vordringliche, manchmal sogar bedrängende Gegenwart.

Nicht nur bedeutende Kunstwissenschaftler wie Kurt Badt haben das Aufkommen der Raumdiskussion in der Kunst des 20. Jahrhunderts mit Skepsis registriert. Auch James J. Gibson, der amerikanische Erneuerer der Wahrnehmungspsychologie, hat seinem letzten Hauptwerk The Ecological Approach to Perception ( 199 ) eine fulminante Polemik gegen den Raumbegriff vorangestellt : » Ohne den Anblick des Bodens unter unseren Füßen und des Himmels über uns könnten wir keine Vorstellung von einem leeren Raum haben. Raum ist ein Mythos, ein Gespenst und eine Fiktion der Vermessungsingenieure. «  Soweit scheint die Abfuhr durchaus plausibel. Raum ist kein Verstandesbegriff, auch keine bloße » Anschauungsform «, wie Kant meinte. Nur leibhafte, mit beiden Beinen unterm Himmel auf der Erde stehende Wesen sind der Raumwahrnehmung fähig. Die mythische Vorstellung, Raum sei eine Ausgeburt von Himmel und Erde, ist also gar nicht so abwegig. Würden wir uns nicht auf festem Grund unter dem Himmelsgewölbe bewegen, hätten wir keine Ahnung von der Offenheit und Weite der Welt. Für 1 Kurt Badt : Raumphantasien und Raumillusionen : Wesen der Plastik, Köln 19. – Einen guten Überblick über die Diskussion des Raumbegriffs in der Kunst gibt Hans Joachim Albrecht : Skulptur im 20. Jahrhundert.

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Raumbewusstsein und künstlerische Gestaltung, Ostfildern 1990.

2 James J. Gibson, The Ecological Approach to Visual Perception, Boston 199, S. .

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

den Positivisten hingegen ist diese Gegenwart von Leere, dieses Gespenst, das zwischen den Objekten haust, nur eine subjektive Einbildung. Allein der Geometer, der den Abstand zwischen zwei Fixpunkten vermisst, darf mit der Idee des » Zwischenraums « auf die Gnade der Wissenschaften hoffen.

Doch ist damit schon alles gesagt? Genau besehen konstatiert Gibson ja nur, dass der Raum nicht den Ansprüchen seiner Wissenschaft genügt. Was dem Wahrnehmungspsychologen wie ein keiner näheren Beschäftigung würdiges Unding erscheint, ist in den Künsten jedoch ein erstrangiges Thema. Der Raum kann in Kunstwerken eine plastische, das heißt gestaltkonstitutive Realität annehmen.

Das gilt zumal für die Kunst des 20. Jahrhunderts, seit die Künstler die Welt nicht mehr nach dem Vorbild der Renaissance-Tradition » mit den Augen von Bauunternehmern überschauen « – um eine spitze Bemerkung Samuel Becketts aufzunehmen ;  und diese Zeitdiagnose gilt in Graden und Modifikationen für alle Künste. Der » Klangraum « ist zu einem zentralen Anliegen der Neuen Musik geworden, nachdem sich das Paradigma der motivischen Entwicklung im 19. Jahrhundert aufgelöst hatte ; Peter Brook hat gezeigt, dass das Theater einer neuen Unmittelbarkeit fähig ist, wenn es ernst damit macht, dass im » leeren Raum « der Bühne jede Aktion eine explosive, den gewohnten Referenzrahmen sprengende Realität bekommen kann ;  der Erfolg des modernen Balletts hängt weitgehend davon ab, ob das Corps in seinen Bewegungen den getanzten Raum plastisch zu artikulieren, zu dehnen, strecken und komprimieren versteht, anstatt nur anmutig über die Bretter zu huschen ; usf.

Ein entscheidender Anstoß zu diesem Hervortreten des Raumproblems ging in den Jahren 1910 – 191 von der bildenden Kunst aus : durch die Bilder und Collagen der Kubisten. Picasso und Braque haben mit ihren frühen Arbeiten nicht etwa nur den Anstoß zur Entwicklung der Abstraktion und zur Entstehung einer rein konzeptionellen Kunst gegeben, sondern die Beziehung zwischen Bild und Betrachter von Grund auf neu bestimmt – dergestalt, dass sich auch stilistisch völlig verschiedene Tendenzen in der Kunst des 20. Jahrhunderts der Tragweite dieser Veränderung nicht entziehen konnten. Deswegen ist es hilfreich, das Neuartige durch die Gegenüberstellung zweier gleichzeitiger bildhauerischer Positionen zu verdeutlichen, die scheinbar gegensätzlicher nicht sein könnten : Aristide Maillol und Julio González. Die Möglichkeit des Vergleichs der beiden im Ergebnis so verschiedenen Künstler beruht allein darauf, dass sie im Ansatz auf die gleiche geschichtliche Herausforderung antworten : das von Rilke angesprochene Schwinden der Dinge.

Maillol wird gewöhnlich den neoklassizistischen Tendenzen der 1920er-Jahre zugerechnet ; und um möglichen Einwänden vorzubeugen, fügt man gerne das Prädikat » archaisierend « hinzu. Aber die Unstimmigkeit der Kategorisierung wird dadurch nur auffälliger. Die ungezierte Wucht von Maillols Frauenfiguren lässt die Züchtigkeit der klassizistischen Schwestern ziemlich kraftlos aussehen – und die schamlose Unverhohlenheit der Leiber steht in offenem Gegensatz zur archaischen Scheu, den weiblichen Körper unbekleidet zu zeigen. Die Kunst Maillols ist ganz und gar zeitgenössisch, wenngleich auf eine höchst unzeitgemäße Weise. Sie sucht plastisch zu retten und zu bewahren, was nachhaltig 3 Zitiert nach Samuel Beckett, Das Gleiche nochmal anders. Texte zur Bildenden Kunst, hrsg. von Michael Glasmeier und Gaby Hartel, Frankfurt a. M. 2000, S. 51.

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4 Peter Brook, Der leere Raum. Möglichkeiten des heutigen Theaters, übers. v. Walter Hasenclever, Vorrede v. Siegfried Melchinger, Hamburg 199.

VERSUCH ÜBER DIE LEERE, DEN RAUM UND DIE PL ASTIZITÄT VON LINIEN

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Aristide Maillol ( 1861 – 1944 ) Venus with a Necklace, c. 1918 – 28, cast 1930 Bronze, 175,3 × 61,0 × 40,0 cm © Tate, London 2015

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Julio González ( 1876 – 1942 ) Maternity, 1934 Steel and stone, 130,5 × 40,6 × 23,5 cm © Tate, London 2015

geschändet und zerstört wurde. In dem großen Männer-Schlachthaus des Ersten Weltkriegs erfuhr Rilkes Diktum von der Hinfälligkeit der Dinge eine ungeahnte Zuspitzung : Selbst das eine Ding, das wir von innen her zu kennen meinen und das deswegen niemals nur Objekt sein kann, der menschliche Leib, war Teil einer disponiblen Verfügungsmasse geworden. Bereits der alte Renoir und nach dem Kriege vorübergehend sogar Picasso haben dagegen mit monumentalen Frauendarstellungen aufbegehrt. González hingegen erscheint vor diesem Hintergrund eher als eine Art Scherbensammler, der dem Gefühl des Verlustes das entsprechende Bild verschafft. Die Evidenz ließe sich durchaus zusammentragen : keine Fülle der Form, sondern körperlose Flächen und Gestänge ; kein Kontur, der Volumen fasst, sondern Linien, die punktuell verbunden werden ; keine organische Gliederung, sondern Stückelung von selbstständig behandelten Einzelteilen ; statt edler Bronze ärmliches Eisenzeug ; und viel Leere für ein Werk der Bildhauerkunst.

Die Auflistung der Merkmale ist völlig korrekt. Dennoch erweckt sie ein falsches Bild, solange man sie unter dem Gesichtspunkt betrachtet, der für die Skulptur die längste Zeit maßgeblich gewesen ist : der fraglosen, auch noch für Maillol gültigen Prämisse, dass die Aufgabe des Bildhauers Verkörperung sei. Genau diese Voraussetzung aber hat der aus Barcelona gebürtige Katalane gestürzt.

Wahrscheinlich ist ihm dabei sogar seine Außenseiterposition in der Pariser Kunstszene zugutegekommen. Als Kunstschmied in der Werkstatt seines Vaters ausgebildet, erlernt er gegen Ende des Ersten Weltkriegs die Sauerstoff-Acetylen-Schweißtechniken, verdient aber seinen Lebensunterhalt weiterhin hauptsächlich mit kunstgewerblichen Arbeiten, bis ihn der Jugendfreund Picasso 1928 um Mitarbeit an seinen Metallplastiken bittet. In den folgenden drei Jahren beginnt González dann, mittlerweile am Beginn seines fünften Lebensjahrzehnts stehend, mit seinen eigenen bahnbrechenden Arbeiten. Das Verhältnis zu Picassos Bildhauerei steht hier nicht zur Debatte. Wichtiger erscheint, dass González seine eigenen Vorstellungen im Zuge eines geplanten, aber nie veröffentlichten Buches über Picasso formuliert hat. Dort heißt es : » Angenommen, unsere Materie sei der Raum ( notre matière étant espace ), dann kann der Block um eine Leere herum ( autour d’un vide ) gebildet werden, zusammen ergeben sie einen einzigen Block ( un seul bloc ). Bei der Steinskulptur braucht man keine Löcher ( trous ).

Bei der Skulptur, die es mit dem Raum zu tun hat, sind die Löcher notwendig. « Im Unterschied zur Steinbildhauerei, die González als Vergleichsinstanz heranzieht, besteht die Aufgabe eines Raumbildhauers offenbar darin, Durchsichten durch die Leere zu schaffen, statt ihr geschlossene Körper entgegenzustellen. Nur dann nämlich könne sich die Vision einer Raumplastik erfüllen, deren » Masse ebenso vollplastisch ist wie die einer Pyramide ( une masse aussi pleine qu’une Pyramide ) «. Ein ziemlich vertracktes Unternehmen – Löcher in die Leere zu schlagen. Aber die Verwirrung weicht dem Erstaunen vor der Klarheit der Argumentation, wenn man vor den Werken steht. La Grande Maternité ( ca. 19 ) ist kein geschlossenes Gefüge wie die Drahtkonstruktionen für das Monument à Guillaume Apollinaire ( 1928 ), derentwegen Picasso González als Helfer brauchte, sondern eigentlich eine 5 Zitiert nach Nina Koidl : Julio González und Pablo Picasso. Die Entwicklung der linearen Eisenskulptur, Berlin 200, S. 25.

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Ebenda.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

» Skulptur « im strengen Sinne : eine aus dem » Block « der Leere durch lineare Eingriffe, hauptsächlich Stangen- und Stabelemente, herausgezeichnete Formation von » Löchern «, Ein- und Durchblicken. Einzig die physischen Proportionen der aufrecht stehenden Gestalt entsprechen in etwa der menschlichen Figur. Ansonsten wird jedwede analoge Darstellung von Körpermerkmalen vermieden oder konterkariert, um das freie Schwingen des Blicks nicht durch gegenständliche Fixpunkte zu schwächen. Die runde Kopflinie ist übergroß und bricht unvermittelt ab, das Augenpaar ist beinahe unauffindbar winzig, ein Ring und eine runde Scheibe markieren die Brüste, und zwischen ihnen und der Gürtellinie erhebt sich ein kleinteiliges Gestöpsel, das plastische Äquivalent für das Kind. Der erstaunlichste Kunstgriff aber ist das nach außen versetzte Rückgrat der Figur.

Unverkennbar dem » Galgen « ähnelnd, mit dem modellierende Bildhauer die Armatur für aufrecht stehende Figuren stützen, unterstreicht dieses Detail die neue, von den kubistischen Malern begründete Beziehung zwischen Betrachter und Bildwerk. Die Poiesis ist mit der Fertigstellung der Skulptur nicht abgeschlossen.

Im Unterschied zum Aplomb von Maillols Frauengestalten braucht La Grande Maternité die Zeit und Aufmerksamkeit des Betrachters, damit aus der Öffnung und Gliederung des leeren Raums ein raumplastisches Ereignis werden kann.

Das Verdienst, den Rang von González früh erkannt und seine Kunst jüngeren Künstlergenerationen zugänglich gemacht zu haben, kommt David Smith zu. Der amerikanische Bildhauer war durch Abbildungen und Texte in den Cahiers d’Art schon 1929 auf die Zusammenarbeit zwischen Picasso und González aufmerksam geworden, und als er 19 die ersten Originale von González in einer Privatsammlung sah, war sein Weg entschieden : Er würde die Losung Designer dans l’espace in seine eigene Sprache übersetzen : Drawing in space! Als ein ganz anderes Temperament – ein Arbeitseuphoriker exzessiven Zuschnitts – hatte er keinerlei Scheu vor unorthodoxen Praktiken. So wurde Picassos Einbeziehung von Eisenschrott bei der Frau im Garten ( 190 ) – ein Verfahren, dem González nur zögerlich zu folgen bereit war – für Smith zur regulären Form der Materialbeschaffung. Aber als Amerikaner und gelernter Autoschlosser und Schweißer teilte er mit González auch den Außenseiterblick auf die scheinbar unantastbaren Gepflogenheiten von Kunst. Sein wichtigster Beitrag zur linearen Raumskulptur ist die Entkräftung eines tief sitzenden Vorurteils europäisch geprägter Bildhauerei : der fraglosen, indirekt auch von González noch beglaubigten Annahme, dass Dreidimensionalität und die Rundumansicht des menschlichen Körpers das plastische Paradigma schlechthin seien. Hudson River Landscape ( 1951 ) ist eine von einer lebhaft hin und her schwingenden Linie durchbrochene freistehende leere Fläche, deren Pendant am ehesten noch das Landschaftsbild ist – und nicht die menschliche Figur.

Dabei fällt auf, dass diese Linie, anders als bei González, nicht als Verbindung zwischen zwei Punkten figuriert, sondern eher der energetischen Formbestimmung Klees in der Weimarer Vorlesung von 1921/22 entspricht : dem » Punkt, der sich in Bewegung setzt … « David Smith’s Linie wandert und wandelt sich im Wandern : zieht zügig voran, stapft, schleift, nimmt Fahrt auf, schlägt Bögen, streift Anlagen, schneidet Gesichter, schwingt in sich zurück. Kurzum, Smith’s Linie ist die Spur einer ungerichteten Bewegung. Der quasi-landschaftliche Raum, der auf diesem Wege erschlossen wird, ist natürlich nicht der geografisch indizierte. Der Titel ist nur eine anekdotische Reminiszenz des Künstlers an die regelmäßigen Fahrten von seinem Anwesen in den Adirondack Mountains ins Bennington

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VERSUCH ÜBER DIE LEERE, DEN RAUM UND DIE PL ASTIZITÄT VON LINIEN

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David Smith ( 1906 – 1965 ) Hudson River Landscape, 1951 Welded painted steel and stainless steel, 123,8 × 183,2 × 44 cm Whitney Museum of American Art, New York © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

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Sir Anthony Caro ( 1924 – 2013 ) Emma Dipper, 1977 Painted steel, 213 × 170 × 320 cm © Tate, London 2015

College of Art – ähnlich wie La Maternité ein modisches Sujet der Zeit gewesen ist, dem die Version von González allein durch die offene Nichterfüllung sämtlicher sentimentaler Erwartungen Genüge tut. Werke, die dem leeren Raum, sei er als » Block « oder Fläche verstanden, abgerungen werden, erhalten ihren Inhalt erst und allein durch den Grad und den Umfang, in dem sie den Betrachter in die Konstitution eines gemeinsamen plastischen Raumes einzubeziehen in der Lage sind : mit oder ohne Titel …

David Smith hat seine Verehrung für Julio González 195 in dem Essay González : First Master of the Torch bekundet. Aber die Würdigung eines maßgeblichen Vorgängers kann unter Künstlern auch andere Formen annehmen. Anthony Caro beschrieb im Kreise von Freunden und Kollegen seine Anfänge als Stahlplastiker in den Jahren 1959 – 0 gerne mit einem einzigen Satz : » I wanted to beat Hudson River Landscape. « Ob ihm das gelungen ist ( oder das Übertreffen dieser Skulptur am Ende wirklich das alleinige Ziel seines Ehrgeizes war ), mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat er mit Erfolg eine der hartnäckigsten Blindstellen der Bildhauerei attackiert : den Bodenbezug der Aufstellung. Noch Hudson River Landscape erhebt sich ja, aller skulpturalen Kühnheit zum Trotz, wie eine Monstranz über einem Fuß aus einer Platte und einem Schaft ; und auch sonst scheint Smith keine Probleme damit gehabt zu haben, seine Plastiken auf planen Stellflächen abzustellen – teils mit, teils ohne Sockel. Wenn Gibsons Annahme, dass unsere Raumvorstellung in der aktiven Wahrnehmung des Spannungsfelds zwischen Erde und Himmel wurzelt, nur ein Gran Verbindlichkeit hat, war diese Routine mit dem radikalen Anspruch von Raumplastik eigentlich nicht vereinbar. Zudem war die Möglichkeit, diesen Schwachpunkt zu beheben, längst vorhanden, sie musste nur gefunden werden. Caro erkannte, dass die ungewöhnliche Festigkeit der Verbindungen in der Schweißtechnik, die schon seine Vorgänger in Anspruch genommen hatten, ein Mittel war, die Schwerkraft aus der Zwangsjacke des orthogonalen Gleichgewichts von Tragen und Lasten zu befreien und den Bodenbezug einer Skulptur dynamisch zu aktivieren. Emma Dipper ( 19 ) besteht fast durchweg aus Röhrenelementen und breitet sich, wie alle Skulpturen Caros, offen über dem Boden aus. Eine lange, gebogene Form stabilisiert die horizontale Ausdehnung, während an den Rändern kleinere vertikale Stützen das Spannungsfeld hochhalten und begrenzen. Der offene Innenraum aber gehört dem Spiel der Gravitationslinien : Bögen springen auf und fallen, Diagonalen schießen empor und stoßen herab – aber der Aufruhr wird insgesamt fest im Gleichgewicht gehalten durch die Verbindungspunkte der gegenläufigen Bewegungen und die Bündelung der Kraftlinien knapp über dem Boden. Der Titel der Skulptur, die anlässlich eines Workshops im Norden Kanadas entstand, verweist auf das Sternbild des » Großen Bären « ( Big Dipper ), das zu dieser Zeit sehr deutlich am Polarhimmel zu sehen war. Zufällig wie der Titel ist, darf er auch als fernes Echo einer Träumerei von González verstanden werden : » Es sind diese Punkte im Raum ( dem Himmel ), die Vorläufer dieser Neuen Kunst waren : des Zeichnens im Raum. « 7 Zitiert nach Nina Koidl : Julio González und Pablo Picasso.

Die Entwicklung der linearen Eisenskulptur, Berlin 200, S. 21.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Norbert Kricke ( 1922 – 1984 ) Raumplastik Weiß, 1975/44, 1975 Ansicht der Ausstellung bei Aurel Scheibler, Berlin, 2014 Courtesy Aurel Scheibler, Berlin Foto : Roman März © 2017 Nachlass Norbert Kricke

Die enge Verbundenheit von González, Smith und Caro bei der Ausarbeitung wesentlicher Merkmale von Raumplastik ist einmalig in der Geschichte der Kunst des 20. Jahrhunderts. Norbert Kricke steht eindeutig außerhalb dieser Überlieferungskette, seine Anfänge sind eher in den transparenten Linienkonstruktionen von Naum Gabo und in der Malerei des Informel zu suchen. Aber das streitbare Eintreten des Bildhauers für eine » massenlose «, aus Energien gebildete Skulptur ergänzt den französisch-angelsächsischen Diskurs durch eine spezifisch deutsche Variante : den Konflikt mit den Raumvorstellungen der Architektur. Der massiven Besetzung des öffentlichen Raums durch ökonomisch und mathematisch kalkulierte Büro- und Wohnanlagen setzte Kricke zumal in den 190er-Jahren seine irregulären, ausschließlich aus Edelstahlstäben gefügten Energiebündel entgegen, die wie auffliegende Vögel mit gespreiztem Gefieder das Freie zu suchen scheinen. Denn Raum bedeutete für ihn in der Tat so viel wie » Freiheit « – im Unterschied zur nur noch funktionalen Berechnung des notwendigen Lebens- und Arbeitsraumes. Das war Krickes ganz eigene Auffassung von » site-specific sculpture «, lang ehe der Begriff in Mode kam. Im Spätwerk der 190er-Jahre hingegen scheint er dann wieder auf seine konstruktiven Anfänge zurückgekommen zu sein, wenn auch in erheblich vergrößertem Maßstab. Aber die stille Einfachheit dieser meist nur ein- oder zweimal abgewinkelten Stangen täuscht. Zumal im Innenraum lassen sie das Geheimnis raumplastischer Zeichnung erkennen, ohne es zu verraten : die Differenz zwischen einem Lineament, das einen gegebenen Raum lediglich in Beschlag nimmt, als eine Art ästhetischer Inneneinrichtung ; und einem anderen, das – obwohl äußerlich nicht spektakulär verschieden – die Verwandlung vollbringt, uns innerhalb der Grenzen des jeweiligen Gehäuses für Augenblicke hinaus zu stellen in die meist schmählich verstellte Offenheit und Weite des Daseins.

Die Künstlerinnen Claudia Busching und Pomona Zipser haben mit » In den Raum zeichnen « ein längst überfälliges Ausstellungsprojekt konzipiert und kuratiert, das die offiziellen Kunstinstitutionen offenbar nicht anzupacken in der Lage waren. Der Zuspruch, den das Thema gefunden hat, zeigt seine anhaltende Relevanz. Die Beschränkung auf eine begrenzte Anzahl von Teilnehmern und Teilnehmerinnen war unvermeidlich. Die drei Ausstellungen und die sie begleitenden Veranstaltungen konnten keineswegs den Anspruch erheben, das Thema erschöpfend zu behandeln – genauso wenig wie die vorstehenden Überlegungen zur Geschichte der Raumplastik in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Für alle Einwohner des Raumes gilt nach wie vor der Satz, mit dem sich vor knapp zweieinhalbtausend Jahren Aristoteles aus der Affäre gezogen hat : » Es scheint aber etwas Großes ( μέγα ) zu sein und schwer zu fassen, der Raum « ( Physik, . Buch ).

Gewachsen ist vielleicht nur die Einsicht, dass die Sache wohl besser bei den Künsten aufgehoben ist als bei den Wissenschaften und der Philosophie.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Linie als Bewegung Angela Lammert

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LINIE ALS BEWEGUNG

Der Effekt einer Zeitlupenaufnahme des Pinselzuges von Henri Matisse ist verblüffend und fast gespenstisch. Die Aufnahme entstammt einem 19 von François Campaux gedrehten Film über den Maler, der ihn bei der Arbeit an einem Bild zeigt. Sieht man zunächst in normaler Filmgeschwindigkeit, wie die Linie einer ruhigen, bestimmten Handbewegung folgt, zügig und mit wenigen Strichen einen Ausdruck schafft, scheint die Bewegung in der Zeitlupe zu einer pulsierenden, tänzelnden Suche zu werden ; der Linienzug wird abgesetzt, wieder aufgenommen und geht schließlich wie ein Blitz zum einzig notwendigen Strich nieder. Der eigentliche Prozess der Entstehung des Bildes ist mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar und wird in dieser Filmsequenz ausgestellt. Die scheinbare Zeitlupenwiederholung der Markierung von Augenbrauen, Nase und Mund erweist sich als mediale Konstruktion : Fließt in der ersten Filmeinstellung der Pinselstrich in einem Bewegungsimpuls, rhythmisch in tropfenden kleinen Strichen, von den Augenbrauen über die Augen und Nase zum Mund, zieht Matisse in der Zeitlupenaufnahme mit wenigen Pinselschwüngen zuerst den Mund, um dann die Augäpfel zu markieren. Es sind also zwei unterschiedliche Aufnahmen gleichen Motivs und nicht eine in Zeitlupe wiederholte Filmeinstellung.

Die Zeitlupenaufnahme eröffnet den Blick auf das in der Nachkriegsphilosophie thematisierte » Problem des Sehens « sowie auf das Prozessuale. Zugleich steht die Linie schon in ihrer klassischen Spielart, als Bewegungsspur, auf dem Papier, zwischen den Grenzen der Medien : In der klassischen disegno-Theorie wird sie als eine den Gegenstand fixierende, ihn umreißende Form beschrieben, die der Idee einer Sache am nächsten und darum der Farbe als Materialisierung dieser Idee entgegengesetzt ist. Doch nicht erst Matisse stellte diese Disposition infrage, indem er die Unmöglichkeit der Trennung von Zeichnung und Farbe betonte. Insofern folgt die Linie nicht nur einer Bewegung – angefangen beim Duktus der zeichnenden oder schreibenden Hand bis hin zu Aufzeichnungsformen von Tanz, Performance und Musik –, sondern sie ist selbst Bewegung. Bei Roland Barthes heißt es » Der Strich ist eine sichtbare Aktion «, und der amerikanische Bildhauer Richard Serra stellte 19 anlässlich der vom Museum of Modern Art in New York organisierten Ausstellung Drawing Now fest : » Drawing is a verb. « 1 François Campaux ( 190 – 198 ) : Matisse. Un grand peintre français, Dokumentarfilm, schwarz-weiß, 25 Minuten, 19, erstmals gezeigt auf der documenta 1955.

Astrid Deuber-Mankowski : Die eigenartige Wirkung eines Filmbeispiels. Merleau-Ponty und Jacques Lacan zu einer Zeitlupenaufnahme von Matisse, in : Gertrud Koch/Christiane Voss ( Hrsg.) : Es ist als ob. Fiktionalität in Philosophie, Film und Medienwissenschaft, München 2009, S. 2 – 8. Die Zeitlupenaufnahme wird hier zum Modell für eine Kritik an der subjektiven Philosophie, bei Merleau-Ponty durch die Betonung der leiblichen Wahrnehmung ( 190 ) und bei Lacan durch die Hervorhebung des Begehrens, die sich im tänzelnden Pinselzug zeige ( 19 ). Weder Merleau-Ponty noch Lacan erkannten dabei, dass es sich um zwei unterschiedliche Filmeinstellungen handelt.

2 Knut Ebeling : Die Evidenz des Meisterwerks.

Merleau-Ponty und Lacan gehen ins Kino und schauen Matisse beim Malen zu, in : Rania Gafaar ( Hrsg.) : Phänomenotechniken in den visuellen Künsten. Medium, Experiment, Wissen, München 2015. Das veränderte Verhältnis zwischen Skizze, Entwurf und finalem Werk

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thematisiert das Prozessuale und kann mit dem Begriff der Notation gefasst werden. Angela Lammert : Bildung und Bildlichkeit von Notation. Von der frühen Wissenschaftsfotografie zu den Künsten, München 201.

3 Werner Busch : Die Möglichkeiten der nicht-fixierenden Linie. Ein exemplarischer historischer Abriss, in : ders./Oliver Jehle/Carolin Meister ( Hrsg.) : Randgänge der Zeichnung, München 200, S. 121. Auch der » Linienwettstreit « in der Rezeption der antiken Plinius-Anekdote bezieht sich nicht auf die Zeichnung, sondern auf kaum sichtbare Pinselstriche. Vgl. Régine Bonnefoit : Der » Linienwettstreit « in der Kunsttheorie, in : Paul Klee.

Kein Tag ohne Linie, Ostfildern-Ruit 2005, S.  f.

4 Henri Matisse, zit. nach : Dominique Fourcade ( Hrsg.) : Écrits et propos sur l’art, Paris 192, S. 199.

5 Roland Barthes, zit. nach : Georg Witte : Die Phänomenalität der Linie, in : Werner Busch/Oliver Jehle/Carolin Meister ( Hrsg.) : Randgänge der Zeichnung, München 200, S. 2.

6 Richard Serra ( geb. 199 ), zit. nach : Bernice Rose ( Hrsg.) : Drawing Now : 1955 – 1980, New York 19.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Der ursprüngliche Titel der aktuellen Ausstellung – In Linien denken – ist Ausdruck einer Tendenz zur Grenzverwischung zwischen zeichnerischem Denken und skulpturaler Setzung im Raum : Zum einen ist die Linie – als räumliche Markierung, als Projektion oder als Aufzeichnungsform performativer Aktionen – ein beliebtes Kriterium für die Erweiterung des Zeichnungsbegriffes. Die Titel von Ausstellungen wie On line ( 2011 ) oder Walk the line ( 2015 ), von Forschungsprojekten wie Beyond the line ( 200 ) oder Zeichnungsplattformen wie Linienscharen zeugen von der » Zugkraft der Linie «. Nicht mehr die einzelne, markierende Umrisslinie, sondern Bündel von Linien, Linienscharen, werden hier zum Thema.

In diesem Zusammenhang ist die Rede von in den Raum expandierenden Linien im Sinne von Linien, die sich als Draht, Stoff, Plastik oder Klebestreifen und in der Bewegung des Filmes materialisieren. Auch für die Beschreibung von Zeichnungen, die sich zwischen künstlerischen und nichtkünstlerischen Verfahren bewegen, wird die Linie in Anschlag gebracht : Sie charakterisiert das Diagrammatische beziehungsweise kann zwischen Schrift und Bild changieren. Die Linie, aufgetragen oder eingeritzt, gehört, ebenso wie das Trägermaterial, zur Definition von Zeichnung oder ihrer » Auf-Führung «.

Zum anderen wird die Linie als Kriterium für die Modernität von Skulptur angeführt, da sich das Massevolumen figurativer plastischer Formen zugunsten einer Immaterialität auflöse. » Lineare Skulpturen «, die den Ausstellungsraum als Teil der Arbeit einbeziehen, rücken in die Nähe der Installationsästhetik der zeitgenössisch vorherrschenden Auffassung von Skulptur. Als Referenz greift man dabei gern auf das Realistische Manifest von Naum Gabo ( 1890 – 19 ) aus dem Jahr 1920 zurück, in dem es apodiktisch heißt : » Das völlige Fehlen einer linearen Rhythmik macht aus dem futuristischen Bild so etwas wie den Pulsschlag einer Leiche. […] Wir verzichten bei der Linie auf ihr Darstellungsvermögen. Wir behaupten, dass die Linie nur die Richtung statischer Kräfte und deren Rhythmus in den Dingen anspricht. « Richtung und Rhythmus der oftmals gekurvten Linie werden modellhaft für die bildliche Umsetzung von Zeit und Bewegung. Dagegen wird bei der Verspannung und Einschließung des Umraumes, ausgehend von einer von ihrem Kernvolumen her entwickelten Skulptur, wie sie unter anderem Alberto Giacometti ( 1901 – 19 ) und Germaine Richier ( 1902 – 1959 ) nach dem Zweiten Weltkrieg entfalteten, Bewegung imaginiert, indem das Gestische der Figuren durch geometrische Drahtkonstruktionen verlängert oder eingefangen wird.

Linie als Bewegung ohne Papier als Trägermaterial – was kann das für das lineare Denken in der Skulptur bedeuten? Ausgehend von der Überzeugung, dass der Rhythmus die Grundform dessen ist, was man wahrnimmt, werden zu Anfang

7 Aspekte sind u. a. Notation, temporäre Raumzeichnung, Verhältnis von Linie und Filmprojektion, Mischformen von Zeichnung und Performance sowie die Durchdringung von Computer und Handzeichnung.

Vgl. Angela Lammert : Zeichnung als Bewegung – Anmerkungen zu einem erweiterten Zeichnungsbegriff, Vortrag auf der Jahrestagung der Leiter graphischer Sammlungen, Karlsruhe, 2. 11. 2011 ; dies., Nicola Suthor : Avantgardistische Denkfiguren und frühneuzeitliche Bildpraxis. Zur Motorik des Linienzugs und Lesbarkeit von Bewegung, Vortrag auf dem Deutschen Kunsthistorikertag, Greifswald, 21. . 201.

24

8 Vgl. die Ausstellungen Walk the line. Neue Wege der Zeichnung, Wolfsburg 2015 ; Der Raum der Zeichnung, München 2011 ; On line, New York 2011 ; Beyond the line.

Interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Zeichnung diesseits und jenseits der Linie, Braunschweig 200 ; Linienscharen, Stuttgart 201.

9 Angela Lammert/Carolin Meister u. a. ( Hrsg.) : Räume der Zeichnung, Nürnberg 200.

10 Naum Gabo : Realistisches Manifest ( 1920 ), zit. nach : Steven A. Nash/Jörn Merkert ( Hrsg.) : Naum Gabo.

Sechzig Jahre Konstruktivismus, München 198, S. 20 f.

LINIE ALS BEWEGUNG

01

Naum Gabo ( 1890 – 1977 ) Kinetic Construction ( Standing Wave ) , 1919 – 20, replica 1985 Metal, wood and electric motor, object : 616 × 241 × 190 mm © Tate, London 2015

02

Hermann Glöckner ( 1889 – 1987 ) Vier sich auffächernde Stäbe, schwingend, 1972 Holz, Bindfaden, 144 × 25 × 14 cm Kunstmuseum Moritzburg Halle ( Saale ) Foto : Ludwig Rauch © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

des 20. Jahrhunderts Experimente mit der realen Bewegung von Metallstäben und mit Projektionen von Lichtstrahlen in den öffentlichen Raum unternommen und Architekturentwürfe aus dem konstruktiven Gebrauch der reinen Linie heraus entwickelt. In diesem Zusammenhang ist vom transformatorischen Charakter der Linie gesprochen worden – als Schnittstelle der Übertragung zwischen den Medien. Naum Gabos Polemik gegen das Massevolumen folgt in seinem Realistischen Manifest dem Argument der Linie : » So geben wir der Skulptur die Linie als Richtungsweiser zurück und erklären damit die Tiefe zur einzigen Raumform «, und 19 heißt es : » Die Formen, die wir schaffen, sind nicht abstrakt, sondern absolut. « Schon sein Modell für einen Konstruktiven Torso ( 191/18 ) ist nicht aus einer Kernmasse heraus entwickelt, sondern setzt sich aus Flächensegmenten zusammen, die aus Pappe gefertigt sind und deren durch Faltung oder Montage entstandene Kanten als Liniengerüst die Plastizität bestimmen. Dabei wird der Leerraum zwischen den nach innen geknickten geometrischen Flächen zu einem Teil der Skulptur. Kurz darauf erzeugte Gabo in seiner Kinetischen Konstruktion ( Stehende Schwingung ) von 1919/20 durch Rotation eines Metallstabes einen immateriellen Raumkörper. Der Schwungkraft der Linie aus einer tänzelnden und das Papier nur streifenden Handbewegung heraus, wie wir sie für Matisse beschrieben haben, steht in der kinetischen Skulptur die reale Dynamik einer sich im Raum bewegenden materiellen Linie gegenüber. Auch Gabos lineare Raumkonstruktionen der 1950er-Jahre, bei denen er die Rippen ausgeschnittener, gekurvter oder ineinander gesetzter Flächen mit Metall- oder Nylonfäden bespannte, bleiben auf einen imaginären Raumkörper bezogen. Im Unterschied zu seinen frühen, durch Faltungen oder virtuelle Volumen geschaffenen Modellen wird der nur gedachte Kern nun zum realen leeren Raum. Dabei bleibt die Linie – ob als Kante, rotierende oder die Fläche verspannende Struktur – immer an das Objekt gebunden.

Das ist bei den geometrischen Konstruktionen des fast gleichaltrigen, sich als Maler verstehenden Hermann Glöckner ( 1889 – 198 ) anders. Seine plastischen Umsetzungen von Faltungen changieren zwischen Fläche und Raum. In ihrer radikalen Reduktion und ihrem lakonischen Vortrag lösen sie sich von der Vorstellung des leeren Raumes als einem Teil der Skulptur. Sie erinnern darin an die um 190 entstandenen Bichos der brasilianischen Künstlerin Lygia Clark ( 1920 – 1988 ) : Das, was Clark als potenziell bewegliches Wesen aus Dreiecksfaltungen konstruierte, gerinnt bei Glöckner zur imaginär vollzogenen Durchdringungsbewegung zweier Formen. Aber wie bei Gabo kann auch bei Glöckner die Kante zur materialisierten Linie werden : In seiner 192 entstandenen Arbeit Vier sich auffächernde Stäbe, schwingend wird nicht ein virtuelles Volumen durch reale Bewegung erzeugt, sondern das Potenzial der Bewegung an sich, das in dem sich auffächernden Linienbündel enthalten ist, materialisiert. Die einzelnen Teile des Linienbündels ähneln nicht nur den ins Relief drängenden Faltungen in seinem in den 190er-Jahren als Materialfundus entstandenen Tafelwerk, sondern auch seinen späten linearen Zeichnungen : großzügige, freie, an Organisches erinnernde Schwünge mit Farbstiften. Sie sind erfüllt von der Symbiose einer eindringlichen Naturbeobachtung 11 Marina Sawall : Orchestration der Linie. Viking Eggeling, Naum Gabo, Constantin Brancusi, in : Karin Fest/ Sabrina Rahman u. a. ( Hrsg.) : Mies van der Rohe, Richter,

25

Graef & Co. Alltag und Design in der Avantgardezeitschrift G, Wien/Berlin 201, S. 1 – 18.

12 Ebenda, S. 20 und 209.

3

03

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Norbert Kricke ( 1922 – 1984 ) 1975 / LII, 1975 Stahl, 23 × 25,3 × 18,7 cm 1976 / III, 1976 Stahl, 13,7 × 18,3 × 5,4 cm Ansicht der Ausstellung in der Galerie Parterre Berlin, 2017 Courtesy Aurel Scheibler, Berlin Foto : Dave Großmann © Norbert Kricke Archiv, Berlin

mit einer gesetzmäßigen Formgebung. Die Linie verkörpert jedoch vielmehr die Möglichkeit von Bewegung, nicht die Opposition zur Naturform, die den Leerraum zu einem Teil des Werkes macht. Das wird in besonderem Maße in dem Film Kurzer Besuch bei Hermann Glöckner ( 1985 ), der von dem Maler und Zeichner Jürgen Böttcher-Strawalde ( geb. 191 ) gedreht wurde, deutlich. Wie der in Zeitlupe gezeigte tänzelnde Pinselzug von Matisse treffsicher seine Form findet, so ist bei Glöckner die Linie die präziseste Form der Bewegung.

Zu den Bildhauern der nächsten Generation, für die die Linie zum Ausgangspunkt ihrer Formensprache wurde, gehört in Deutschland neben Hans Uhlmann ( 1900 – 195 ) der zumeist dem Informel zugerechnete Norbert Kricke ( 1922 – 198 ). Die metallischen Stahlgestänge seiner Raumplastiken verknoten sich im Raum oder biegen sich gebündelt um ein imaginäres Volumen. » Mein Problem ist nicht die Masse, sondern es ist der Raum, und es ist die Bewegung – Raum und Zeit «, so Kricke 195. Seine künstlerischen Anfänge waren von zwei gegensätzlichen Lehrern geprägt : zum einen von dem an der Figuration festhaltenden Richard Scheibe ( 189 – 19 ) und zum anderen von dem der Drahtplastik verpflichteten, ungegenständlich arbeitenden Hans Uhlmann. Zu Beginn der 1950er-Jahre mündeten die Versuche Krickes in gestenhafte Zeichen, die den Raum dynamisch durchdringen und bewegte Volumen schaffen. Nicht die menschliche Figur, sondern Beobachtungen des Vogelfluges waren für den ( sogar mit Auszeichnungen geehrten ) Taubenzüchter Kricke die maßgebliche Anregung. Seine plastischen Umsetzungen sind als räumliche Gebärden zu beschreiben, die als Stabbündel um einen hohlen Kern kreisen oder wie virtuelle Wirbel in den Umraum ausgreifen. » Kurvende Linie Raum fassen Raum, lassen immer wieder Offenheit «, war sein Credo. Im Unterschied zum konstruktiven Halt seiner Skulpturen erlaubt Kricke sich in seinen Zeichnungen ein Auslaufen des Linienflusses, das Absetzen des Striches und ein Ertasten der Formfindung. Seine Zeichnungen bestechen durch Leichtigkeit und Spontaneität. Die Strichspuren suggerieren eine über die Materialisierung hinausgehende Bewegungstendenz, die er in seinen raumplastischen Formfindungen ins feste Material übertrug. So scheinen seine um 195/ realisierten kleinformatigen Konstruktionen mit jeweils nur einem gebogenen Stahlstab ein imaginäres Volumen einzufangen. Sie zeichnen sich durch die Reduzierung auf das Geometrische aus : eine Horizontale, die nur andeutungsweise in eine Vertikale abwinkelt, um die Ecke greift, die Richtung ändert und, im Unterschied zu den explosiv-expressiven Gesten anderer Skulpturen, die Linie zum Träger eines kaum noch wahrnehmbaren Hauches von Zeit und Bewegung erhebt. Auf theoretischer/reflektierender Ebene sprach der Künstler von einer universalen Raum-Zeit, die die Plastiken erfassen würde. Aus heutiger Perspektive scheinen die Strukturen des Informel vielmehr gestische Ausdrucksformen eines kalkulierten Zufalls und einer körperlichen Gebärde zu sein als vollkommen gestaltlose Neuschöpfungen. Die Gegenüberstellung abstrakter Kunst mit der Fotografie einer Atomexplosion, wie sie in der Zeitschrift Magnum praktiziert 13 Angela Lammert : Emil Schumacher, Karl Otto Götz, Fred Thieler, Norbert Kricke. Aufbruch in den 1950er Jahren : die » sintflut « des Informel, in : Elke aus dem Moore/Matthias Flügge/Matthias Winzen ( Hrsg.) : Weltreise – Kunst aus Deutschland unterwegs. Werke aus dem Kunstbestand des ifa 1 – heute, Karlsruhe 201, S. 11 – 1.

26

14 Dieter Honisch : 195 – 190. Auf der Suche nach der eigenen Identität, in : 1 – 1. Kunst in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1985, S. 98.

15 Ebenda, S. 99.

LINIE ALS BEWEGUNG

04

Anthony McCall Line describing a Cone, 1973 Filmstill © Anthony McCall

wurde, zeugt von der tatsächlichen inhaltlichen Aufladung der damaligen Kunst und der damit verbundenen formalen Suche nach zeitgemäßen ( Ur- )Bildern.

Mit der darauffolgenden Generation – exemplarisch seien die Arbeiten des als Experimentalfilmer bekannt gewordenen Anthony McCall ( geb. 19 ) und des sich als Bildhauer verstehenden Fred Sandback ( 19 – 200 ) genannt – verlagerte sich das Interesse auf temporäre Interventionen im Raum. McCalls sichtbar gemachte Projektionskegel, die vertikalen Lichtdomen gleichen können, bewegen sich zwischen Film und Skulptur. Sie basieren auf dem Prozess sich überlagernder Linien. Sandback wiederum grenzt seine ortsbezogenen, von der Wand her gedachten und oftmals an diese angelehnten Raumkonstruktionen bewusst gegen Installation und Environment ab. Wie die Beschaffenheit des Bildträgers für die Zeichnung an Bedeutung zugenommen hat, so ist der Umraum für Sandbacks Arbeit zum konstituierenden Element seiner » bewohnbaren Zeichnungen « geworden, die sich erst aus der Bewegung des Betrachters heraus erschließen : » Die Linie ist eine Ganzheit, und sie ist identisch mit einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. « Seine skulpturalen, eine physische Einheit bildenden Linien sind nicht aus Stahl oder Metall, sondern aus Wolle, Garn oder Gummi und zum Teil von greller Farbigkeit. Der leere Raum zwischen den Linien ist für ihn nicht weniger real oder materiell als die Linie selbst, weshalb hier von einem » Zug des Raumes « gesprochen worden ist. » Draw « und » drew « – zeichnen und spannen – legen Tätigkeiten nahe, die eine physische Spur hinterlassen. Sandback realisierte seine Arbeiten im Raum nach seinen vorangegangenen zeichnerischen Partituren immer wieder neu und sprach dabei vom » Interpretieren «. Im Ergebnis erzeugen die Linien, ihrem unterschiedlichen Charakter entsprechend, bestimmte Wirkungen und suggerieren oftmals Umrisse eines Volumens oder verzichten bewusst auf die Festlegung von Anfang und Ende. Hier schließt sich der Bogen zu Naum Gabo, der, zusammen mit Josef Albers ( 1888 – 199 ), eine der künstlerischen Referenzen Sandbacks war : » Es kam mir vor, als ob er Geschichten über die Abstraktion erzählFred Sandback ( 1943 – 2003 ) te, als erfände er alte Geschichten. Das Werk selbst war 05 Untitled ( Nr. 6 ), 1968 aber nicht abstrakt. « Die Geschichte der Abstraktion Mild steel rod ( Mercedes Kaledoniengrün DB867 ), 91 × 472 × 91 cm Courtesy Annemarie Verna Galerie, Zürich war schon 195 eine » alte « Geschichte. Eine immer wieFoto : Peter Hauck, Basel der aktualisierte Geschichte ist diejenige von Grund und © 2017 Fred Sandback Archive Figur. So ist für Sandback die Beziehung eines Raumes zu seiner Arbeit wie die eines Tanzbodens zu einem Tänzer oder die einer Leinwand für den Maler, so wie wir es eingangs bei Matisses Pinselbewegung verfolgen konnten. Was immer wieder neu auszuloten ist, liegt also im ausbalancierten Miteinander von Optischem und Haptischem.

16 Magnum ( Juni 1959 ) Heft 2, S. 8 f.

17 Yve-Alain Bois : » Eine Zeichnung, die man bewohnen kann «, in : Friedemann Malsch/Christiane Meyer Stoll ( Hrsg.) : Fred Sandback, Ostfieldern-Ruit 2005, S. 0 f.

18 Fred Sandback ( 195 ), zit. nach : ebenda, S. 20.

27

19

Edward A. Vazquez : Der Zug des Raumes, in : Dieter Schwarz ( Hrsg.) : Fred Sandback, Zeichnungen, Düsseldorf 201, S. 1.

20 Fred Sandback, zit. nach : Malsch/Meyer Stoll ( Hrsg.) : Fred Sandback, S. 1.

3

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Der französische Philosoph Jean-Luc Nancy führte 2011 in seinem Buch über die Lust an der Zeichnung aus, das der französische Begriff » Dessin ( Zeichnung ) « auf » Desseins ( Absichten ) « verweise und beides bis ins 18. Jahrhundert hinein gleich geschrieben worden sei. Im Deutschen heißt es » Entwurf « – Geworfenes, erster Wurf, erster Gedanke – und im Französischen » Skizze «, ein Wort, das die Idee der Schnelligkeit enthält, und » Anlage «, also das, was sich aus der formlosen Flachheit erhebt. Die in alldem enthaltene Bewegung liegt im Prozess des Linienzuges – von der realen Bewegung im Raum bis hin zur Markierung, Projektion oder Imagination von Raum. Die in der Konzeptkunst proklamierte Entmaterialisierung des Kunstwerkes kann so wiederum zu einer Materialisierung der Linie führen. Aber nicht der Aspekt der Linie ist das Unkonventionelle, sondern die Lösung vom Bildträger. Das betrifft einen erweiterten Zeichnungsbegriff ebenso wie lineare Konstruktionen im Raum und führt beides zurück auf die Frage nach der Präzision im Verhältnis von Denken und Sehen.

21 Jean-Luc Nancy : Die Lust an der Zeichnung, Wien 2011, S. 11. Im Englischen heißt es » draught «, der gezogene, noch nicht Zeichnung ( » drawing « ) gewordene, aber die Schnelligkeit des Schusses enthaltende Strich.

22 Ebenda, S. 11.

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4

In den Raum zeichnen umreißen — verdichten — spuren Texte zu den Kunstwerken : Claudia Busching in Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern, Ralf F. Hartmann und Julia Heunemann, Galerie Aurel Scheibler, Michaela Nolte, Dorothée Bauerle-Willert.

4

1

IN DEN RAUM ZEICHNEN

umreißen 25.4.—18. 6.2017 Galerie Parterre Berlin Monika Brandmeier Jeongmoon Choi Christoph M. Gais Norbert Kricke Betina Kuntzsch

02

32

Brandmeier | Kricke | Gais Ausstellungsansicht I

UMREISSEN

33

4.1

01

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Monika Brandmeier Bitte Danke, 2009 Verzinkter Stahl, Schrauben, Drahtseil, Zinn, 228 × 320 × 232 cm © VG Bild-Kunst

01 | 02 » In beiden Arbeiten geht es um eine dialogische Beziehung zwischen Werk-Teilen, die durch ihre materielle Wirklichkeit, ihr Kräfteverhältnis, bedingt wird : Die kleine vertikale Textzeile wird vom Druck des Bronzedrahts an der Wand gehalten, das Drahtseil vom Gewicht des Zinnbündels gespannt, der Raum der großen Konstruktion von dieser gezogenen Linie durchkreuzt. « Monika Brandmeier

34

UMREISSEN

02

Monika Brandmeier In Daylight, 2008 Bronzedraht, Fotografie, 22,5 × 20,5 × 9,5 cm © VG Bild-Kunst

35

4.1

IN DEN RAUM ZEICHNEN

03

Christoph M. Gais ( von links nach rechts ) OT, 2017 Bronze, 85 × 75 × 57 cm OT, 2017 Bronze, 120 × 95 × 55 cm OT, 2017 Bronze, 40 × 105 × 33 cm

03 Die aus Weidengerten geformten und in Bronze gegossenen » drawing sculptures « von Christoph M. Gais lösen sich von der Fläche, umschreiben Räume durch ihre Windungen, Querbeziehungen und Knoten. Mit ihren Schatten öffnen sie imaginäre Welten und erinnern gleichzeitig an das, aus dem sie entstanden sind – die Natur.

36

UMREISSEN

37

4.1

IN DEN RAUM ZEICHNEN

38

UMREISSEN

02

39

Kricke | Gais | Kuntzsch Ausstellungsansicht II

4.1

IN DEN RAUM ZEICHNEN

04

Betina Kuntzsch Rotation II, 2017 Animation HD, 20 Minuten, Loop Foto: Betina Kuntzsch © VG Bild-Kunst

04 In der Animation von Betina Kuntzsch für die Galerie Parterre Berlin verändern sich parallele Linien zu räumlichen Gebilden. Sie assoziieren natürliche wie auch mechanische Prozesse. Die Lichtlinien vermessen den Raum und relativieren seine Dimensionen. Durch die Projektion auf eine Ecke des Ausstellungsraumes wird die räumliche Illusion gebrochen.

40

UMREISSEN

05

Norbert Kricke ( von links nach rechts ) 1976/ III, 1976 Stahl, 13,7 × 18,3 × 5,4 cm 1975/ LII, 1975 Stahl, 23 × 25,3 × 18,7 cm Courtesy Aurel Scheibler, Berlin © Norbert Kricke Archiv, Berlin

05 Mitte der 1950er-Jahre gelang es Kricke, die Dichte und Kompaktheit – Elemente, welche die Skulptur für so lange Zeit charakterisiert hatten – aufzubrechen. Er schuf ausdrucksstarke lineare Drahtstrukturen, zum Teil farbig akzentuiert, und erreichte Leichtigkeit und Bewegung, mit der er den Blick des Betrachters zum offenen Raum hin lenkte. […]Er selbst betrachtete seine Arbeit als emotionale Geste, die eine physische Präsenz im Raum entwickelt und ihm als Künstler Zugang zur Welt ermöglicht.

41

4.1

IN DEN RAUM ZEICHNEN

42

UMREISSEN

06

Jeongmoon Choi Drawing in Space – Unterbruch, 2017 Fäden, UV-Licht, ortsspezifische Installation, Dimension variabel

06 Jeongmoon Chois Zeichnung aus Fäden, von UV-Licht hervorgehoben, löst den verdunkelten Raum als dreidimensionale Arbeitsfläche auf.

Dabei erschafft sie zugleich einen neuen Raum, der in ständigem Wandel den Bezug von Innen und Außen hinterfragt und die paradoxe Doppelnatur der Raumwahrnehmung deutlich werden lässt.

43

4

2

IN DEN RAUM ZEICHNEN

verdichten 19.5.—24.6.2017 Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten Gisela von Bruchhausen Harriet Groß Betina Kuntzsch Angela Lubic Matschinsky-Denninghoff Andreas Schmid Diana Sirianni Susanne Specht Matthäus Thoma Pomona Zipser

02

44

Bruchhausen | Groß | Specht Ausstellungsansicht I

VERDICHTEN

45

4.2

01

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Gisela von Bruchhausen ( von links nacht rechts ) Staccato III, 2005 Stahl, verzinkt, bemalt, 130 × 110 × 28,5 cm Staccato V, 2005 Stahl, verzinkt, bemalt, 130 × 110 × 28 cm Foto : Jörg von Bruchhausen © VG Bild-Kunst

01 Die auf vertikalen Faltungsstrukturen beruhenden Stahlarbeiten Gisela von Bruchhausens scheinen in der Frontalansicht in sich zu ruhen und still zu pulsieren. Sobald man jedoch zur Seite tritt, beginnt sich das massive Feld in ein Gefüge körperloser Schnittlinien aufzulösen.

46

VERDICHTEN

02

Harriet Groß Im Dickicht, 2017 Metallstangen, Tape, Aluminiumgaze mit Pigment, Raumzeichnung, ca. 580 × 500 × 290 cm Foto: Hans-Georg Gaul

02 Bei Harriet Groß wird alles zum Material, die Leere ebenso wie die von ihr verwendeten Medien selbst. Sie interessiert sich weniger für das Zentrum, als für die Ränder, die Grenzen. Anhand von Linien faltet sie den Raum als Möglichkeitsfeld auf, die Linie selbst wird materialisiert, indem sie den Realraum betritt. Die dabei entstehenden Wand- und Bodenzeichnungen folgen der Irritation als konstitutivem Moment der Hervorbringung, Ordnung und Modifikation von Räumen. Den Linien und den eigenen Blick-prägenden Erfahrungen und Erinnerungen folgend, kann der Betrachter aktiv die Konstruktionen des dabei entstehenden dreidimensionalen Bildes erwandern.

47

4.2

IN DEN RAUM ZEICHNEN

03

Susanne Specht Rundumblick, 2016 9-teilig, Zellkautschuk © VG Bild-Kunst

03| 04 Der Raum wird durch die in ihm schwebenden Skulpturen in seiner Vielschichtigkeit erlebbar, die Linien umschließen, durchdringen und verzahnen sich dynamisch mit dem Luftraum. Je nach Standpunkt des Betrachters oder je nach Bewegung der in sich geschlossenen Linien im Raum verändert sich das Erscheinungsbild.

48

VERDICHTEN

04

Susanne Specht Rundumblick, 2016 Foto : Eric Tschernow © VG Bild-Kunst

49

4.2

IN DEN RAUM ZEICHNEN

05

Matschinsky-Denninghoff Pyramide, o. J. Messing, Zinn, 37 × 37 × 43 cm Leihgabe : Privatsammlung Berlin

05 | 06 Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff haben ein umfangreiches Œuvre skulpturaler und zeichnerischer Arbeiten entwickelt, in dem die Linie konstitutiv für ein räumliches Geschehen ist. Ihre Skulpturen, die in der Freiheit der Linie entfernt an das Informel der 1950er-Jahre erinnern, erzeugen eine geballte Energie und wirken zugleich vollkommen entmaterialisiert.

50

VERDICHTEN

06

Matschinsky-Denninghoff China 9, 1998 Stahl, Eisendraht, Knochen, 12 × 12 × 75 cm Leihgabe : Privatsammlung Berlin

51

4.2

IN DEN RAUM ZEICHNEN

07

Diana Sirianni Palazzo Altemps II, 2015 Metall, Holz, digitale Drucke, transparente Folie, Nylonschnur, Acrylfarbe, 42 × 51 × 44 cm

07 Raum ist für Diana Sirianni menschlicher Erfahrungs- und Bewegungsraum. Ihre dreidimensionalen Collagen erinnern an den Tanz mit seiner Verdichtung von Energien, die sich vergegenständlichen, ohne ihren vorübergehenden Charakter und die Verbindung zum Fluss des Lebens zu verlieren – es entsteht gleichzeitig eine haptische und visuelle Vibration bei bewusst sparsamem Einsatz von Material.

52

VERDICHTEN

02

Thoma | Lubic | Bruchhausen | Sirianni Ausstellungsansicht II

53

4.2

08

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Matthäus Thoma Durchzug eines Regengebiets, 2017 Holzkonstruktion, 3 × 4 × 10 m © VG Bild-Kunst

08 Die Installation, die sich im Raum ausbreitet und verzweigt, erinnert an stürzende Wassermassen und fließende Elemente. Matthäus Thoma konstruiert, verdichtet, sucht nach der Form, löst sie wieder auf und konterkariert sie. Spielt sich die Zeichnung auf dem Papier in großer Freiheit ab, wo die Dinge auch schweben können, so bestimmen in der plastischen Realisation die Schwerkraft und die Statik die bildhauerischen Möglichkeiten. Die Intuition des freien und direkten Setzens ist dieselbe wie beim Zeichnen.

54

VERDICHTEN

09

Angela Lubic Parallelverschiebung, 2017 Tape, ca. 15 × 6 m © VG Bild-Kunst

09 Angela Lubic reagiert in ihrer Tapezeichnung auf die vorhandene Architektur. Die Elemente an der Decke der Galerie Nord ( Leuchtsysteme, Scheinwerferschienen, Lüftungsgitter ) werden durch eine zweifarbige Parallelverschiebung hervorgehoben. Zweidimensionale Linien schaffen neue dreidimensional wirkende Gebilde und führen zu perspektivischen Verwirrungen.

55

4.2

10

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Andreas Schmid Drift, 2017 Raumzeichnung, 9 unterschiedlich weiße Leuchtstoffröhren, Klebebänder und gemalte Lineaturen, Umfang ca. 30 m2 © VG Bild-Kunst

10 Andreas Schmid aktiviert und rhythmisiert in Verbindung mit schon bestehenden Binnen- oder Architekturlinien den Raum, öffnet und dehnt ihn in transparenter, nahezu landschaftlicher Weise und bildet einen spannungsvollen Kontrapunkt zu der verdichteten Raumplastik Pomona Zipsers.

56

VERDICHTEN

11

Pomona Zipser OT, 2017 Holz, Seil, Farbe, 287 × 124 × 126 cm © VG Bild-Kunst

11 Die sperrige Skulptur von Pomona Zipser spannt sich raumgreifend zwischen Boden und Decke.

Mit gebündelten Balken und Latten und zur Decke ragenden Streben fixiert sie eindeutig den verti­ kalen Dreh- und Angelpunkt, in der Behauptung, den Raum festzuhalten.

57

4.2

IN DEN RAUM ZEICHNEN

58

VERDICHTEN

02

59

Schmid | Zipser Ausstellungsansicht III

4.2

IN DEN RAUM ZEICHNEN

12

Betina Kuntzsch Universum II Videoanimation 2017, 14 Minuten, Größe variabel Foto: Betina Kuntzsch © VG Bild-Kunst

12 Das in der Galerie Nord gezeigte Video UNIVERSUM nimmt in seinen animierten Kreisen das Prozesshafte des Zeichnens auf. Mit der stetigen Verwandlung der Linien ineinander bildet sich eine plastisch anmutende Kugelform und vergeht wieder.

60

VERDICHTEN

61

4

3

IN DEN RAUM ZEICHNEN

spuren 15.6.—13.8.2017 Haus am Kleistpark Olaf Bastigkeit Hartmut Böhm Ka Bomhardt Claudia Busching Carola Dinges Kerstin Ergenzinger Renate Hampke Axel Lieber Johannes Pfeiffer Ev Pommer Ursula Sax Beate Terfloth Asako Tokitsu Bignia Wehrli

02

62

Hampke | Terfloth | Tokitsu | Böhm Ausstellungsansicht I

SPUREN

63

4.3

01

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Beate Terfloth Neonkreis 1, 2015 2 Neonröhren, Verkabelung und Trafo, ø ca. 168 cm

01 Die Neonkreise von Beate Terfloth werden nach den Linien ihrer Zeichnungen in einer Werkstatt gebogen. Die händischen Linien nehmen die Form gläserner Objekte an, die sich im Raum wiederum in immaterielle Lichtspuren auflösen.

64

SPUREN

02

Hartmut Böhm Progression gegen Unendlich mit 54° Rotation I, 1985 Flachstahl, geschwärzt, 60 × 108 × 3 cm Leihgabe : Privatsammlung Berlin © VG Bild-Kunst

65

02 Eine Skulptur auf der Wandfläche ist Hartmut Böhms dreidimensionale Zeichnung. Es ist eine Arbeit aus der Werkgruppe der » Progressionen gegen Unendlich «, in denen Linien in einem gleichen Winkel gedachte horizontale Parallelen schneiden und bis zu diesem Schnittpunkt materialisiert sind. Allein eine letzte Linie, die keinen Schnittpunkt mehr hat und sich erst im Unendlichen mit den Parallelen schneidet, kann nicht gezeigt werden, sondern bleibt als rein gedachte Linie in der Wandskulptur anwesend.

4.3

IN DEN RAUM ZEICHNEN

03

Renate Hampke Pneumatacs, Objekt 2, 4, 9, 2016/17 Sockel mit Markierung, Schlauchobjekte, Schläuche, Kabelbinder, Fundstücke, Kleinteile, Lakritz; Sockel : 30 × 150 × 30 cm Courtesy Renate Hampke, Semjon Contemporary © VG Bild-Kunst

66

SPUREN

03 Gebrauchte Fahrradschläuche generieren zu Kreis-Variationen. Der Schlauch windet sich durch Luft – und Luft windet sich im Inneren : Material-Linie Schlauch.

67

4.3

04

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Asako Tokitsu Seven Lines Ortsspezifische Installation, Kohlezeichnung direkt auf der Wand, Ölkreide auf dem Boden

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SPUREN

04 Asako Tokitsu zieht einen weiten Bogen durch zwei Welten. Ihr abstrakter Minimalismus ist in der japanischen Tradition begründet – die Interpretation, gar Verfremdung des gebauten Raums mit Mitteln der Anamorphose, der perspektivischen Transformation entstammen einer westlichen Betrachtungsart. Eine Linienzeichnung, die das ganze Interieur, Wände und Boden, überspannt, animiert den Besucher zu neuer Raumerkundung und schärft seine Wahrnehmung.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

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Lieber | Tokitsu | Busching | Bomhardt Ausstellungsansicht II

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SPUREN

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Axel Lieber ( von links nach rechts ) Haunted House, 2012 Comics, Permanent Marker, Karton, 28,5 × 20,5 × 20,5 cm Private Architektur ( Wandschrank ), 2000 – 2009 Möbel, gesägt, 37,5 × 26 × 17 cm Ohne Titel ( Hemd, rosenrot ), 2016 Hemd, geschnitten, 115 × 23 × 19 cm Mein konstruktiver Alltag ( House of Pain ), 2016 Verpackungskartons, Holz, 36 × 20 × 17 cm Screenplay, 2010 Comics, Karton, 28,5 × 21 × 21 cm © VG Bild-Kunst

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SPUREN

05 Die Gegenstände, denen sich Axel Lieber zu­wendet, reduziert er durch den bildhauerischen Akt des Wegnehmens auf das, was sie konstruktiv und sinngemäß zusammenhält : auf eine Trägerstruktur, ein Skelett – und die konstituierenden Säume der Bedeutung. Der so entstandene » Durchblick « schafft neuen Raum für das Auge wie für das Denken.

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4.3

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Claudia Busching OT, 2017 Bambusstäbe, Gummibänder, ca. 330 × 180 × 120 cm © VG Bild-Kunst

06 Die Gesetze der Statik, die Möglichkeiten ihrer Sichtbarmachung und das Heraustreten aus der Fläche in den Raum interessieren die Malerin Claudia Busching in ihren dreidimensionalen Objekten. Eine Konstruktion aus Bambusstangen in Verbindung mit Gummibändern und zwei in die Wand geschraubten Haken findet ihr Gleichgewicht zwischen Hängen und Stehen.

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Ka Bomhardt Kleiner Schrecken, 2017 Rauminstallation, Draht, Papier, Farbe, Nylonfäden, Dinge, ca. 2 × 3 × 3 m © VG Bild-Kunst

07 Die Linie im Raum kann in viele Richtungen gehen, also aus vielen Richtungen betrachtet werden.

Mit der Bewegung des Betrachters ergeben sich unterschiedliche Ansichten, da sich die räumlichen Beziehungen der Linien untereinander ständig verschieben. Das eine inhaltlich gemeinte Bild aber erschließt sich erst am » richtigen « Standort.

Die installierten Striche stellen im » point of view « nicht nur Gegenstände dar, sondern sie sind selbst welche.

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4.3

IN DEN RAUM ZEICHNEN

08

Kerstin Ergenzinger Raumtaster [ Berlin ], 2017 Ortsspezifische Lichtzeichnung mit einem zur programmierbaren Zeichenmaschine modifizierten Overheadprojektor © VG Bild-Kunst

08 Licht ist sowohl konkret körperlich durch seine Präsenz und Wirkung auf unseren Organismus, gleichzeitig abstrakt, konzeptuell. Die Lichtlinien, die Kerstin Ergenzinger mit dem Raumtaster erzeugt, materialisieren flüchtige Möglichkeiten und Prozesse. Ihr Medium hinterlässt keine Spur, hat keinen Körper – die eigentliche Spur ist die, die sich in die Wahrnehmung einschreibt.

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Pommer | Dinges | Terfloth | Tokitsu | Sax Ausstellungsansicht III

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Ev Pommer Feld VIII, 2016 Holz/Pigment, 117 × 100 × 73 cm © VG Bild-Kunst

09 Ev Pommers lineare Gebilde sprechen über den Menschen, ohne diesen abzubilden. Oft vergegenständlichen sie den Bewegungsraum oder ein Energiefeld um den Körper. Die Spannung, die durch Biegen der Palmrispen entsteht, wirkt in den Raum und überträgt sich auf den Betrachter.

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Carola Dinges ( von links nach rechts ) Raumzeichnung, 2004 Stahldraht, 50 × 30 × 30 cm Leihgabe : Privatsammlung Berlin Ausblick, 2005 Stahldraht, 54 × 24 × 21 cm

10 In Carola Dinges' Metallskulpturen lenken Linien aus unregelmäßigem rostigen Stahldraht das Auge kreuz und quer, sie verknoten sich und beschreiben Räume, die sich bei näherer Betrachtung wieder auflösen oder scheinen, als seien sie miteinander verwoben. In einem Objekt sind also mehrere Zeichnungen und mehrere Räume enthalten, und nichts davon ist statisch.

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4.3

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Ursula Sax ( von links nach rechts ) OT, 1995 Eisen, Objektmaß : 197 cm OT, 1994 Eisen, Objektmaß : 154 cm OT, 1996 Eisen, Objektmaß : 130 cm OT, 1995 * Eisen, Objektmaß : 104 cm OT, 1995 Eisen, Objektmaß : 124 cm Leihgabe : Berlinische Galerie und *Eberhard Bosslet, Berlin © VG Bild-Kunst

11 Aus stabilem, schwerem, aber gut formbarem Eisen schafft Ursula Sax ihre optisch leichten Linienskulpturen. Sie besetzen den umgebenden Raum und machen ihn dadurch greifbar, erfahrbar.

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Bignia Wehrli Sonnenzirkel, 2016 7 Fotografien / Sonnenlicht auf Silbergelatine, 30,5 × 40,5 cm, Video 8 :12 Minuten

12 In der Arbeit von Bignia Wehrli verbinden sich zwei Bewegungen im Raum : die Strömung eines Flusses und die scheinbare Wanderung der Sonne am Himmel. Aus ihrem Zusammenspiel entstanden sieben fotografische Aufzeichnungen.

Während die mit Fotopapier bestückte Lochkamera ca. 20 km auf dem Fluss reiste und somit selbst eine Linie im Raum zurücklegte, hielt sie in ihrem Inneren – auf dem Fotopapier – die verschiedenen Sonnenstände in unterschiedlich großen kreisförmigen Aufzeichnungen fest.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Tokitsu | Bastigkeit | Hampke Ausstellungsansicht IV

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Olaf Bastigkeit conatus 2, 2017 Aluminium, Kunstfell, Schafsfell, Kunststoff, Lüftungsmotor, Steuerung, Schutzkontaktleitung, ca. 190 × 350 × 350 cm

13 Die Arbeit von Olaf Bastigkeit nähert sich dem Thema humorvoll an. Der geräuschvoll raschelnde Schlauch ist ganz klar eine sich bewegende Linie im Raum. Angetrieben durch einen Lüftungsmotor, versucht er sich aufzurichten und tastet dabei den Raum ab.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Johannes Pfeiffer Pentagramme en bleu nuit , 2017 Gummiseil, T-Profile, Maße variabel

14 Johannes Pfeiffers Linie bespielt den Raum, sie macht ihn wirklich, zeigt Dimensionen auf, die man erst anhand der gespannten Gummiseile überhaupt erkennen kann. Seine Arbeit bezieht sich auf den Ort in seiner historischen und jetzigen Bedeutung, u. a. befindet sich dort eine Musikschule. Das ganze Treppenhaus kommt in Schwingung und erzeugt einen visuellen Klang.

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Lineare Skulpturen im รถffentlichen Raum Stefanie Endlich

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LINEARE SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM

Lineare Skulpturen im öffentlichen Raum sind ein besonderes Thema. Sie zeichnen Formen, Umrisse, ohne das darin angedeutete Volumen körperhaft zu füllen.

So sind sie präsent und lassen doch die Blicke der Betrachter und Betrachterinnen durch sich hindurch auf die Umgebung zu. In ihrer Reduktion erscheinen sie – im Vergleich mit körperhaften Arbeiten – zarter und fragiler, selbst wenn sie groß dimensioniert sind und weit in den Raum ausgreifen. Haben sie es schwerer, sich in der oft verwirrenden Komplexität des Stadtraums zu behaupten? Oder gewinnen sie ihre Stärke gerade aus der Verknappung? Für sie mag in besonderer Weise gelten, dass die Wirkung der Kunst im öffentlichen Raum nicht von ihrer physischen Größe abhängt, sondern von ihrer Eigenart und ihrer künstlerischen Qualität. » Less is more «, der viel zitierte und bei Architekten und Architektinnen sowie bildenden Künstlern und Künstlerinnen der frühen Moderne besonders beliebte Spruch weist auch im Zusammenhang der linearen Skulptur darauf hin, dass die erforderliche Aufmerksamkeit beim genaueren Hinschauen den Blick oft gerade schärft, statt ihn abschweifen lässt. Nicht nur in der Musik verschaffen sich leise Töne oft leichter Gehör als Paukenschläge.

Lineare Skulpturen im öffentlichen Raum nehmen Grundfragen des Verhältnisses von Kunst, Architektur und Stadtraum auf, vor allem die immer neu gestellte Frage, auf welche Weise sich ein Kunstwerk im öffentlichen Raum behaupten kann. Sie schaffen ein Raumgefüge, das dazu motiviert, im Umhergehen immer neue Bildkonstellationen wahrzunehmen, Bilder, in denen Kunst und Umgebung aufs Engste miteinander verbunden sind. Architektur, Straßenraum, Grünflächen und Verkehr, die Bewegungen und Interaktionen der Passanten, die oft erdrückende Fülle weiterer visueller Angebote durch Werbung und mediale Reize fügen sich zu ständig wechselnden, immer neu zu verarbeitenden Eindrücken. Lineare Skulpturen können und wollen diese Vielfalt nicht durch Masse und Körperlichkeit verdecken oder in den Hintergrund treten lassen, sie beziehen sie vielmehr auf intelligente Weise mit ein. Während ein Galerieraum jene Konzentration ermöglicht, die sich ungestört auf das Kunstwerk vor weißen Wänden richten und den gedanklichen Dialog einleiten kann, stellt der Stadtraum mit seiner Vielfalt und Vielschichtigkeit für lineare Skulpturen eine Herausforderung dar, der sie am besten begegnen, wenn sie ihre Charakteristika mit Nachdruck betonen und ihre eigenen Mittel auf souveräne Weise einsetzen. Zu diesen Charakteristika gehören vor allem ihre filigrane Form und das Moment der Bewegung, mit dem die zeichnerische Linienführung ins Skulpturale erweitert wird.

Die 1950er-Jahre

Im Rückblick auf die Vielzahl der Werke, die seit der frühen Nachkriegszeit bis in die Gegenwart entstanden sind, wird deutlich, dass lineare Skulpturen im Stadtraum für lange Zeit aufs Engste mit der Entwicklung der abstrakten Kunst verbunden waren. Aus den Jahrzehnten der geteilten Stadt Berlin sind zahlreiche Beispiele im Westteil präsent, während im Ostteil die SED-offizielle Diktion der Gegenständlichkeit und der ideologischen Typisierung, die keine abstrakten Einflüsse tolerierte, dazu führte, dass so gut wie keine Arbeiten realisiert werden konnten. Auch abstrakte Elemente in Entwürfen zu jenen zahlreichen Skulpturen, Wandbildern und Denkmälern, die zugleich ideologische Botschaften verkünden sollten, wurden durch politische Eingriffe in den Planungsprozess meist zurückgedrängt oder gänzlich verworfen.

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Reg Butler, Modell für ein Denkmal des unbekannten politischen Gefangenen Foto : Gert Schütz Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 Nr. 005 4090

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Hans Uhlmann, Hansaplatz Foto : Stefanie Endlich

Zu den wenigen Ausnahmen linearer Kunst im öffentlichen Raum der DDR gehörte vor allem Hermann Glöckners konstruktiver » Mast mit zwei Faltungszonen « auf dem Campus der Technischen Universität Dresden aus dem Jahr 198, die erste, bereits 19 konzipierte groß dimensionierte abstrakte Stahlplastik im öffentlichen Raum der DDR. In Ost-Berlin sind keine Entsprechungen zu finden. Fritz Kühn, wie Glöckner ein Grenzgänger zwischen Ost und West, schuf einige abstrakte, jedoch nicht lineare Arbeiten im Kontext baukünstlerischer dekorativer Gestaltungen, zum Beispiel im Jahr 19 den » Schwebenden Ring « des Brunnens am Strausberger Platz in Berlin-Friedrichshain aus Kupferplatten, deren geometrische Elemente und Muster einen modernistischen Gegensatz zur traditionalistischen Platzbebauung setzen. Erst in den 1990er-Jahren entstanden lineare Skulpturen im ehemaligen Ostteil der Stadt.

So muss sich beim Blick auf Berlin die Darstellung bis zum Fall der Mauer auf die West-Berliner Entwicklung konzentrieren. Die folgenden Beispiele sind eine Auswahl, viele weitere lineare Kunstwerke müssen hier ungenannt bleiben.

Abb. 01 Ein höchst interessantes, allerdings nicht realisiertes frühes Projekt ist das » Denkmal des unbekannten politischen Gefangenen «. Der britische Bildhauer Reg Butler hatte den 1952 in London ausgeschriebenen offenen Wettbewerb gewonnen, mit dem ursprünglich die Opfer des Nationalsozialismus geehrt werden sollten. Die Jury, zu der prominente Bildhauer wie Henry Moore und Marino Marini gehörten, wählte seinen Entwurf unter 500 Einsendungen aus 5 westlichen Ländern aus : Eine turmartige, fragil wirkende Konstruktion aus dünnen Eisenstäben erhebt sich über einem Felsen, auf dem große Bronzefiguren stehen, gemeinsam mit den Besuchern. Sie blicken in die Höhe, in den » dramatischen Brennpunkt « der Skulptur, wie es Butler formulierte, die vielleicht als Galgen, als Kreuz oder als Wachturm gedeutet werden kann. Zum Standort wurde schließlich West-Berlin bestimmt, als » Insel der Freiheit « inmitten des sowjetischen Einflussbereichs – eine Entscheidung, die die ursprünglich antifaschistische Zielrichtung des Projekts, die in der Widmung für die Opfer von Bergen-Belsen und Dachau zum Ausdruck kam, in den Hintergrund drängte. Das Denkmal, dem der Berliner Senat 195 zustimmte, sollte nun den Opfern » totalitärer « Regime gewidmet sein, womit in der Frühzeit des Kalten Krieges immer die stalinistische Herrschaft gemeint war. 19 wurde das Projekt ad acta gelegt, 19 auf dem vorgesehenen Standort Humboldthöhe im Wedding das » Wiedervereinigungsdenkmal « des Bildhauers Arnold Schatz errichtet, die abstrakte Skulptur eines auseinandergebrochenen, von einem symbolhaften Ring zusammengehaltenen Körpers. Im Rückblick gilt der Wettbewerb von 1952 als wegweisend bei der Durchsetzung der abstrakten Kunst im öffentlichen Raum in der westlichen Welt.

Auf dem Hintergrund der Ost-West-Systemkonkurrenz entstand auch das Hansaviertel in Berlin-Tiergarten, Ergebnis einer städtebaulichen Neukonzeption des kriegszerstörten Quartiers für die » Interbau 195 «, mit frei im Grünen stehenden Wohnungsbauten renommierter Architekten nach dem Leitbild einer offenen Stadtlandschaft. Es sollte die Modernität der Form verkörpern, als Gegenbild zur traditionellen, am preußischen Klassizismus orientierten Bebauung der Stalinallee im Ostteil der Stadt. Abb. 02 Zum stadträumlichen Merkzeichen 1 Christine Fischer-Defoy, Opfer Hitlers, Opfer Stalins?

Der internationale Wettbewerb für ein Denkmal des unbekannten politischen Gefangenen und das Engagement

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der Akademie der Künste, in : Akademie der Künste und Hochschule der Künste Berlin ( Hrsg.), » Die Kunst hat nie ein Mensch allein besessen «, Berlin 199, S. 9 – 5.

LINEARE SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM

der » Interbau « wurde Hans Uhlmanns abstrakte Chromnickelstahl-Skulptur am Hansaplatz, ein fünf Meter hohes Raumspiel scharfkantiger Stützen, Stäbe und Kugeln, in der Mitte gebündelt und strahlenförmig in den Stadtraum ausgreifend. Trotz seiner Dimensionen wirkt es nicht monumental, sondern grazil. Als » Astronomie des Raums « interpretierte Werner Haftmann das Kunstwerk, das Assoziationen wecke » zu wissenschaftlichen Modellen vom kosmischen Zusammenhang «. Uhlmann selbst schrieb : » Durchsichtigkeit, Ausstrahlung in den Raum und Herbeiholen dieses Raums ist Sinn der Arbeit, die auch ein Gleichnis für die Offenheit und Aufgeschlossenheit der Stadt sein soll. « Wenige Schritte entfernt, südlich der Hansabibliothek des Architekten Werner Düttmann, steht die » Morgendämmerung Nr. 1 « von Berto Lardera. Eckig und kurvig geschnittene, braun und schwarz bemalte Stahlplatten mit ausgesparten Rundungen sind zueinander versetzt und ineinander verschoben, wodurch ein leichtes, fast schwebend wirkendes Raumgebilde entsteht – für unser Thema » lineare Skulptur « eher ein Grenzfall.

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Lothar und Gisela Klute, Bismarckstraße Foto : Stefanie Endlich

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Hans Uhlmann, Deutsche Oper Foto : Stefanie Endlich

Kunst am Bau und im Stadtraum der 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahre

Kunstwerke im öffentlichen Raum entstanden in jenen Jahren meist im Kontext von Kunst-am-Bau-Verfahren, damals in der Regel noch ohne Wettbewerbe, die erst später, mit der Berliner Kunst-amBau-Reform von 199, zur Regel werden sollten. Es waren die Architekten und Baubeamten, die die Künstler und Künstlerinnen – meist erst nach Fertigstellung des Gebäudes – vor allem für repräsentative oder orientierungsgebende Aufgaben heranholten, ihnen den Standort vorgaben und sie verpflichteten, den Vorstellungen des Auftraggebers zu folgen. So kann man im Rückblick den Eindruck gewinnen, dass Auseinandersetzungen mit der Architektur vornehmlich auf formaler Ebene geführt wurden : Sollte es eher um ästhetischen Gleichklang oder um kontrapunktische Spannung gehen? Abb. 03 Für Letztere ist die lineare Stahlskulptur von Lothar und Gisela Klute ( 19 ) ein zeittypisches Beispiel.

Die schwungvoll zum offenen Kreis gebogenen Edelstahlbänder, auf einer Kugel balancierend, bieten einen prononcierten Kontrast zur starren Geometrie der Bankhaus-Fassade.

Im Rückblick erscheint es allerdings auch, als hätten schon in dieser frühen Zeit gerade lineare Skulpturen ein besonderes Potenzial an Autonomie eingebracht. Abb. 04 Ein herausragendes Beispiel, zugleich ein Meilenstein der Kunstam-Bau-Entwicklung, ist Hans Uhlmanns 20 Meter hohe schwarze Stahlskulptur vor der Deutschen Oper. Sie ragt wie eine Pflanze in die Höhe, verknotet sich im mittleren Bereich und streckt zur Seite gekantete Elemente wie Blattfaltungen aus. Zur breiten, fensterlosen Beton-Kiesel-Fassade des Opernhauses von Fritz Bornemann baut sie eine vielfache Spannung auf : durch ihre Positionierung, die den goldenen Schnitt markiert, durch ihren exponierten Standort : freistehend auf dem Gehweg, durch die expressive Formensprache, die die Monotonie der Fassade bricht, und durch ihr wechselvolles Schattenspiel. In einem damals 2 Akademie der Künste ( Hrsg.), Hans Uhlmann, Leben und Werk, Berlin 195, S. 9 f.

3 Zu den Beispielen siehe auch : Stefanie Endlich/ Bernd Wurlitzer, Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin 1990.

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4 Stefanie Endlich, » Stählernes Ausrufezeichen für reinen Klang « – Uhlmanns Skulptur für Bornemanns Oper, in : Susanne Schindler unter Mitarbeit von Nikolaus Bernau ( Hrsg.), Inszenierte Moderne. Zur Architektur von Fritz Bornemann, Berlin 200, S. 8 – 1.

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

noch ungewöhnlichen Wettbewerb hatte sich der Entwurf gegen drei weitere durchgesetzt, die mit reliefartigen Applikationen die Fassade schmücken wollten.

Uhlmanns Skulptur hingegen wies durch ihre inhaltliche und räumliche Selbstbestimmtheit den Weg zu einem gänzlich veränderten Verhältnis von Bauwerk Hanspeter Fitz, Gropiusstadt und Kunstwerk.

05 Quelle : Martin Damus/Henning Rogge, Abb. 05 Ein bemerkenswertes Raumkunstwerk entstand 198 in der damals Fuchs im Busch und Bronzeflamme, München 1979, S. 103 neu erbauten, von Walter Gropius geplanten Großsiedlung Gropiusstadt. Für das von Gropius selbst als städtebauliche Mitte entworfene, damals höchste deutsche Wohnhaus gestaltete Hanspeter Fitz eine Metallskulptur aus transparentem gitterähnlichen Drahtgeflecht, aus Dreiecken asymmetrisch zusammengesetzt wie ein Papierfaltobjekt, an Stahlseilen aufgehängt in Höhe des dritten Stocks. Wie eine Wolke schien es im Hof des Gebäudes zu schweben, lenkte den Blick nach oben und machte auf die Höhe des Hauses aufmerksam. Es ist jedoch schon seit Jahren nicht mehr vorhanden ; an den Fassaden kann man noch die Befestigungshaken sehen. Abb. 06 Ein frühes, vielleicht das erste Beispiel für windkinetische Skulpturen im Berliner Stadtraum war Josef Erbens » Kreisender Stab « aus dem Jahr 19 am Moabiter Spreeufer. Ein zweifach geknickter Edelstahl-Stab liegt auf einem zweiten, ebenfalls geknickten Stab auf, der über einem Drehpunkt mit einem hohen Ständer verbunden ist. Die zarte Skulptur stand in spannungsvollem Kontrast zu dem orangefarben gekachelten TU-Institutsgebäude für Organische WerkJosef Erben, Kreisender Stab stoffe des Architekten Peter Brinkert. Das Kunstwerk gibt es 06 Foto : Josef Erben nicht mehr, auch das Gebäude wurde abgerissen. Wie bei seiner ebenfalls linearen Stahlskulptur » Ein Stab, ein Seil « 19 für die » Rostlaube « der Freien Universität und bei seinem späteren Projekt für den » Skulpturenboulevard « geht es dem Künstler um Gesetzmäßigkeiten und Kräfteverhältnisse von Punkt, Linie, Fläche und Raum. Abb. 07 Auch Hein Sinken, ein weiterer früher Protagonist windkinetischer Skulpturen, zu denen er von den Hein Sinken, Windobjekt Kurt-Pfennig-Platz Windmessern der Segelschiffe inspiriert wurde, schuf bereits 07 Foto : Stefanie Endlich seit 198 wunderbar zarte Kunstwerke aus Edelstahl für den Berliner Stadtraum, teils mit Scheiben, Halbkugeln, Lamellen, Flügeln, Rädern, teils mit konsequenter Linearität. Der kleine » Klassiker «, das Windobjekt von 19 vor dem ehemaligen Café Möhring am Kurfürstendamm, ein durch aufsteigende Bodenwärme bewegtes Bandelement auf schmaler, hoher Stange, steht seit 2005 auf dem Kurt-Pfennig-Platz in Neukölln ; die raumgreifende » Balance « mit ihren horizontalen Stäben von 1980 wurde durch Unachtsamkeit zerstört, als der Skulpturengarten unter dem Funkturm aufgelöst wurde und die Kunstwerke in der Stadt verteilt wurden. Der Bildhauer Rolf Lieberknecht, der sich ebenfalls auf windkinetische – manchmal allerdings auch auf mit Motoren betriebene – lineare Stahlskulpturen spezialisiert hat, brachte 1981 bis 198 ein Laser-Kunstwerk in den Stadtraum, das durch einen doppelten nächtlichen Strahl über die Straße des 1. Juni, die » historische Achse «, hinweg das Nord- und das Haus-Rucker-Co, Pyramide, TU Berlin Südgelände der Technischen Universität visuell miteinander verbinden sollten.

08 Foto : Stefanie Endlich Abb. 08 Im Garten des TU-Nordgeländes steht seit 1982 die » Pyramide « von HausRucker-Co, ein transparentes Gebilde aus grazilem Metallgitter, das, wie geplant, mittlerweile völlig überwuchert und als lineares Kunstwerk nicht mehr erkennbar

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LINEARE SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM

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Ansgar Nierhoff, Der Durchbruch, Robert-Koch-Institut Foto : Stefanie Endlich

Susanne Mahlmeister, 12 Speere … , Britzer Park Foto : Copyright Grün Berlin GmbH

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Bernar Venet, Bogen von 124,5 Grad, An der Urania Foto : Stefanie Endlich

ist. Auf dem TU-Südgelände markieren Reinhard Haverkamps lineare Skulpturen Eingangs- und Zugangs-Situationen : das windkinetische » Flügeltor « vor dem Hauptgebäude, die » Helix «, die den schmalen Zugang zum Campus-Garten überspannt, und der » Beluga « auf dem Weg zur Mensa.

Abb. 09 Im Jahr 19 realisierte Ansgar Nierhoff, bekannt durch seine mächtigen, schweren, massigen Stahlskulpturen, ein ganz anders konzipiertes Kunst-am-Bau-Projekt für das Robert-Koch-Institut im Wedding. » Der Durchbruch « ist ein mehrere Stockwerke hohes Gitterwerk, das – so hat es den Anschein – von einem den Alt- und den Neubau verbindenden Brückenbauwerk durchstoßen und zerfetzt wird. Die Dynamik des Durchbruchs wird in den scheinbar abgebrochenen, verbogenen Gitterstäben deutlich. Nierhoffs Kunstwerk lässt neue Ansätze der 190er- und 1980erJahre erkennen, mit denen Künstler und Künstlerinnen sich mit der Architektur nicht mehr vorrangig auf ästhetisch korrespondierende oder kontrastierende Weise, sondern mit lockeren, spielerischen und verfremdenden Konzepten auseinandersetzen und damit Raumstrukturen neu sichtbar machen. Ins Blickfeld rückten mit der Berliner Kunst-am-Bau-Reform von 199 auch weitere inhaltliche Themen von Architektur und Umwelt, vor allem die Zweckbestimmung der Gebäude, die Wünsche der Nutzer und Nutzerinnen sowie die Vergangenheit des konkreten Ortes. Hinzu kam, dass Kunstwettbewerbe nun wesentlich dazu beitrugen, das Spektrum der Stile und Handschriften von Kunst im öffentlichen Raum zu erweitern und die Künstler und Künstlerinnen aus der Vormundschaft der Architekten und Architektinnen herauszulösen. Der mit der Reform entstandene Fonds » Kunst im Stadtraum « ermöglicht Kunstprojekte, die nicht mehr an einzelne Neubauten gebunden waren.

Aus den Mitteln von » Kunst im Stadtraum « wurde 198 – 85 ein umfassendes Kunstprogramm für den zehn Jahre zuvor erbauten Flughafen Tegel durchgeführt.

Zehn Skulpturen gingen aus dem Wettbewerb » Technik und Fliegen « hervor, darunter – im Blick auf unser Thema – die Arbeit von Joachim Wendler » Traum vom Fliegen «, ein in biegsamer Eisenkonstruktion in den Raum gezeichneter Fesselballon mit Pilotenkorb, skurriles Gegenbild zum modernen Flugverkehr, und der stählerne » Prototyp « von Paul Pfarr, ein himmelwärts gerichteter Pfeil, aggressive Metapher der technisierten Welt und ihrer Gefährdung. Auch für die Bundesgartenschau 1985, mit der im Südosten der Stadt eine neue Parklandschaft mit Hügeln und Seen entstand, gab es ein Kunstprogramm, hier zum übergreifenden BUGA-Thema » Kosmologischer Park «. Abb. 10 Eine eindrucksvolle Arbeit steht bis heute östlich und westlich des Kalenderplatzes : Susanne Mahlmeisters » 12 Speere der Sonne entgegengeworfen – 12 Speere der Sonne hinterhergeworfen «. Von der Mitte des Kalenderplatzes scheinen die ( im Osten ) weißen und die ( im Westen ) schwarzen Speerbündel aus verzinktem Stahlrohr in einem Zufallswurf zu Strahlenbündeln zusammengefasst, Symbol für Tag und Nacht, Leben und Tod. Lineare Skulpturen entstanden auch als Stadtzeichen, so die beiden Säulen des damals letzten noch lebenden Bauhaus-Künstlers Max Bill, die zum 25-jährigen Bestehen des Bauhaus-Archivs in Tiergarten weithin sichtbar den nach Plänen von Gropius entstandenen Bau gewissermaßen abstecken ; die farbig emaillierten Metallröhren verweisen auf die Farblehre des Altmeisters. Abb. 11 Als Geschenk

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Andreas Reidemeister, Bogen Anhalter Bahnhof Foto : Andreas Reidemeister

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Erich Reusch, Bronzeform, Gedenkstätte Deutscher Widerstand Foto : Stefanie Endlich

Alf Lechner, Tetraeder-Substraktion, Neue Nationalgalerie Foto : Neue Nationalgalerie, 2014

Frankreichs zum 50-jährigen Berliner Stadtjubiläum 198 wurde auf dem Mittelstreifen gegenüber dem Urania-Veranstaltungshaus der » Bogen von 12,5 Grad « von Bernar Venet aufgestellt, eine monumentale liegende gekurvte Linie aus schwarzem Stahl mit einer Spannweite von 0 Metern, 20 Meter in die Höhe ragend. Das Kunstwerk bezieht sich, vielleicht in ironischer Weise, auf die in den 190er-Jahren » autogerecht « angelegte, ebenfalls gekurvte siebenspurige Verkehrs-Trasse An der Urania. Abb. 12 Für die Open-Air-Ausstellung » Mythos Berlin « auf dem Gelände des Anhalter Bahnhofs, die sich – ebenfalls zum Stadtjubiläum – künstlerisch mit der Abriss-Geschichte Berlins und der Leere des Raums auseinandersetzte, schuf Andreas Reidemeister am Südrand der damaligen Brachfläche einen weithin sichtbaren, silhouettenhaften stählernen Bogen als fragmentarische Nachzeichnung des südlichen Bahnhofsgiebels. Den riss man fünf Jahre später ab.

Abb. 13 Die stählerne Schwelle von Erich Reusch im Innenhof der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in der Stauffenbergstraße in Tiergarten ( 1980 ) steht ebenfalls im Kontext der Erinnerung, hier an den gescheiterten Aufstand der Offiziere des 20. Juli 19, die an dieser Stelle erschossen wurden. Mit seinem Beitrag im Wettbewerb zur Umgestaltung des Ehrenhofes schlug er vor, die Bronzeskulptur von Richard Scheibe aus dem Jahr 195 von ihrem Sockel herunter auf den Boden zu stellen und den Hof mit Granitsteinen zu pflastern ; seine » horizontale Form «, ein bronzener liegender Riegel, Balken oder Pfeiler, ist Auftakt und Gegenüber für die Skulptur aus der frühen Nachkriegszeit, die noch unübersehbar stilistische Merkmale der NS-Kunst trägt. Der vielfach geäußerten Deutung des Riegels als » Schwelle zum Widerstand « oder als artifizielle Nachzeichnung einer Erschießungssituation wollte Reusch – selbst Schüler von Scheibe – sich nicht anschließen. Ihm ging es ausschließlich um die Neustrukturierung des Raums und um den für die Wahrnehmung wichtigen Moment des Innehaltens.

Weitere lineare Skulpturen finden sich im Umfeld Berliner Ausstellungshäuser, so die windkinetische Arbeit » Four Lines in a T « von George Rickey, einem bedeutenden Vertreter des Konstruktivismus, aus dem Jahr 1985. Sie steht am Zugangsweg zum Martin-Gropius-Bau, aufgestellt von der Berlinischen Galerie, die damals noch im Gropiusbau ihre Räume hatte. Nadelförmig zugespitzte, horizontal ausgerichtete Stäbe auf filigranem T-Träger bilden immer neue Konstellationen. Abb. 14 Im Jahr 1990 fügte die Neue Nationalgalerie ihrer Skulpturenterrassen-Sammlung eine der streng reduzierten geometrischen Arbeiten von Alf Lechner hinzu, die 198 entstandene » Tetraeder-Subtraktion «. Die Stahlskulptur, die nicht die Kanten des Tetraeders, sondern deren kürzeste Schnittlinien nachzeichnet, kann auf unterschiedliche Weise aufgestellt werden, auch in leicht gekippter Balance.

Zum 50-jährigen Stadtjubiläum 198 wurden zwei Projekte realisiert, die unterschiedlicher kaum sein konnten, auch in ihrer finanziellen Ausstattung.

Beim » Skulpturenboulevard Kurfürstendamm – Tauentzien «, einer » Galerie auf Zeit «, konnten sieben Protagonisten der zeitgenössischen Bildhauerei Standort und Thema frei wählen und ihre Arbeiten anschließend auf dem Kunstmarkt 5 Stefanie Endlich, NS-Erinnerungsorte im geteilten Berlin, in : Günter Schlusche u. a. ( Hrsg.), Stadtentwicklung im doppelten Berlin. Zeitgenossenschaften und Erinnerungsorte, Berlin 201, S. 10 ff.

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6 Neuer Berliner Kunstverein ( Hrsg.), Skulpturenboulevard Kurfürstendamm Tauentzien : Kunst im öffentlichen Raum 17, Berlin 198.

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Olaf Metzel, 13.4.1981, Skulpturenboulevard Foto : Ulrich Göhrlich

anbieten, darunter George Rickey mit seiner bereits erwähnten kinetischen Berliner Version von » Two Lines Excentric « vor der Gedächtniskirche. Im Bildhauersymposium » Menschenlandschaft Berlin « am östlichen Rand Kreuzbergs schufen sieben Künstler und Künstlerinnen nach einem Gesamtkonzept einen heute noch existierenden Skulpturenweg vom Schlesischen Tor zur Oberbaumbrücke. In beiden Projekten entstanden Arbeiten, die den Ideen lineaJosef Erben, Pyramide, Skulpturenboulevard rer Kunst verbunden sind. Abb. 15 Auf ihrem Standort Kurfürstendamm/Ecke 15 Foto : Rainer Höynck Bleibtreustraße verblieb Josef Erbens filigrane » Pyramide « aus einem leicht gekrümmten Stahlblatt und einem über dessen Spitze geführten Stahlseil, eine himmelbezogene Arbeit mit Assoziationen an Welle oder Straßenschwingung.

Auch die riesige, torartige Skulptur » Berlin « von Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff auf dem Mittelstreifen des Tauentzien, für unser Thema eher ein Grenzfall, konnte nach einem Ankauf verbleiben. Durch Form und Thema wurde sie zum populären Fotomotiv : Zwei quasi organisch bewegte, aufeinander zustrebende Chromnickelstahl-Röhren sollen die Gespaltenheit und Zusammengehörigkeit des geteilten Berlin auf dramatische Weise symbolisieren. Abb. 16 Nach heftigen Bürgerprotesten abgeräumt und nach langjähriger Lagerung schließlich ans Spreeufer neben der Oberbaumbrücke versetzt wurde Olaf Metzels Installation » 1..1981 « aus vergrößerten Polizeiabsperrgittern, einem Supermarkt-Einkaufswagen und überdimensionierten Pflastersteinen. Metzel hatte sich mit dem Standort, der Kreuzung Kudamm/Joachimsthaler Straße, als Ort der Konfrontation von gewaltsamen Demonstrationen und Konsum, speziell im Krisenjahr der » zweiten RAF-Generation « 1981, auseinandergesetzt. Die Installation wird nun, Frank Dornseif, Großer Schatten mit Sockel, gewissermaßen domestiziert und in ihrem gesellschaftskri17 Skulpturenboulevard tischen Konzept kaum mehr erkennbar, auf einer Freifläche Foto : Edmund Kasperski Landesarchiv Berlin, F Rep. 2090 Nr. 00289 259 am Spreespeicher präsentiert. Abb. 17 Entfernt wurde leider auch Frank Dornseifs » Großer Schatten mit Sockel «. Sein kleines, aber einen 15 Meter langen, über die Fahrbahn hinweg laufenden Schatten werfendes Strichmännlein aus Baustahl, vom riesigem Terrazzo-Kubus heruntergestiegen und lässig oder müde an seinen ehemaligen Sockel mit dort verbliebenem » V «-Zeichen angelehnt, ironisiert überholte Pathosformen der Denkmalskunst und bezieht sich auf die damals beginnende Debatte zum Umgang mit der deutschen Vergangenheit. Abb. 18 Als einziger Beitrag zum Bildhauersymposion » Menschenlandschaft Berlin « an der Oberbaumbrücke steht Rudolf Valentas » Raumlinie « im Kontext der linearen Kunst. Die sechs Meter hohe Skulptur aus einer glänzenden gebogenen Nirostastahlröhre, auch die einzige abstrakte Arbeit im Ensemble, spannt sich wie ein Tor über den Skulpturenweg.

Entwicklungen nach dem Mauerfall

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Rudolf Valenta, Raumlinie, Teil von Menschenlandschaft Berlin Foto : Stefanie Endlich

Nach dem Fall der Mauer, der deutsch-deutschen Wiedervereinigung und der schnellen Überwindung kunstideologischer Barrieren konnte die ganze Stadt zum Schauplatz linearer Kunstwerke werden. Ost-West-Gegensätze spielen dabei keine wesentliche Rolle mehr. Zu beobachten ist ein immer freierer Umgang mit architekturbezogenen Aufgaben ; die Bindung an Kunst-am-Bau-Mittel ist oft nicht mehr erkennbar, zumal in Berlin diese Gelder auch im Zusammenhang mit Tiefbau-Vor-

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

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Ursula Sax, Looping Foto : Reinhard Friedrich

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Schang Hutter, Figurentanz, Beusselbrücke Foto : Rayan Abdullah

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Sol Lewitt, Würfelskulptur, Hallesches Ufer Foto : Stefanie Endlich

haben, also Straßen- und Platzumgestaltungen, und mit Grünanlagen veranschlagt werden können. Auch bei linearer Kunst treten stilistische Zuordnungen immer stärker zurück hinter konzeptuellen Ansätzen. Zum eigenen Arbeitsgebiet entwickelt sich Schriftkunst – in den Raum gestellte oder projizierte Worte und Sätze. Zu bemerkenswerten Projekten, die sich sehr von den früheren Formen linearer Kunst unterscheiden, führte der verstärkte Einsatz neuer Medien – schon früh begonnen zum Beispiel mit dem gläsernen Rüdiger Preisler, Schreitender Mensch, » Obelisken « von Heinz Mack am Europa20 Görlitzer Park Center ( 198 ) oder mit Norbert Radermachers Foto : Stefanie Endlich heute nicht mehr existierender computergesteuerter Licht-Schrift-Installation zur Erinnerung an das KZ-Außenlager in der Neuköllner Sonnenallee ( 199 ). Schließlich entstanden auch mit der Rückkehr der Bundeseinrichtungen in die alt-neue Hauptstadt eine größere Zahl linearer Kunstwerke in Neu- und Umbauten für Regierung und Ministerien.

Abb. 19 Der monumentale » Looping « von Ursula Sax ( 1992 ) in der Nordkurve der Avus, am Rand des Messegeländes, grüßt die motorisiert im Stadtzentrum Ankommenden schon aus der Ferne. Längst ist er zu einem Berliner Merkzeichen geworden. Über 120 Meter dehnt sich die weitgespannte, leuchtend gelbe, schwungvolle Stahlkonstruktion, entstanden als Kunst-am-Bau-Projekt für den Eingangsbereich der Messeneubauten : ein genialer Coup zur Sichtbarmachung der Kunst in einer stadträumlich extrem schwierigen Situation. Abb. 20 Weithin sichtbar ist auch Rüdiger Preislers » Schreitender Mensch « ( 1992 ) im Görlitzer Park. Die 1 Meter hohe konstruktiv-minimalistische Stahlskulptur überspannt den Mittelweg wie ein Tor und scheint sich beim Durchqueren selbst in Bewegung zu setzen. Eine im Ansatz vergleichbare Arbeit realisierte der Künstler 1999 auf dem Lossebergplatz in Weißensee, hier mit dem Titel » Paar «. Abb. 21 Auf dem Mittelstreifen der Moabiter Beusselbrücke steht Schang Hutters » Figurentanz « ( 1991 ). Mit zwei Gruppen von hohen, extrem schmalen, nach oben schwungvoll ausgreifenden Gebilden aus rot bemaltem Stahl trieb der Künstler sein lebenslanges » Veitstanz «-Thema fast bis zur Abstraktion.

Einige weitere Arbeiten machen die Spannweite des Themas » lineare Skulpturen « deutlich. Abb. 22 Sol Lewitts Kunst-am-Bau-Projekt für den Neubau des Familiengerichtes Tempelhof-Kreuzberg ( 199 ) korrespondiert mit dem für die Architektur von Oswald Mathias Ungers charakteristischen geometrischen Rastern. Die leuchtend weiß lackierte, modulare Gitterstruktur des Aluminium-Würfels zitiert die streng quadratischen Fassaden und Bauteile des dahinterliegenden Gebäudes und verweist darüber hinaus auf Prinzipien wie Ordnung und Gesetzmäßigkeit. Abb. 23 Eher konventionell wirkt Mark di Suveros Skulptur » Galileo « ( 199 ) am Piano-See im Daimler-Quartier, deren riesige, auseinanderstrebende Cortenstahl-Träger durch Ringe gebündelt werden. Wie weitere Kunstwerke auf Freiflächen der

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LINEARE SKULPTUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM

Potsdamer-Platz-Bebauung gehört sie zur Daimler Art Collection, die sich auf Abstraktion, Konstruktivismus und Minimalismus spezialisiert hat. Abb. 24 Mit ihrer filigranen, fast spielerisch wirkenden Arbeit » Elemente « ( 199 ) für Mark di Suvero, Galileo das Krankenhaus Am Friedrichshain ließ das Künstlerpaar 23 Foto : Stefanie Endlich Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff die für ihre Arbeit typischen, an vielen anderen Standorten realisierten geschwungenen Chromnickelstahl-Skulpturen hinter sich.

Abb. 25 Ein Blickfänger ist die leuchtend blaue Skulptur » handelundwandel « ( 2001 ) von Erika Klagge aus lackierten, gebogenen Stahlblechstreifen auf einer riesigen StraBrigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff, ßenkreuzung im Lichtenberger Ortsteil Friedrichsfelde, 24 Elemente, Krankenhaus Am Friedrichshain einst Treffpunkt von Handelswegen, jetzt VerkehrsknotenFoto : Angela Monika Arnold punkt. Das Thema Möbiusband als Endlosschleife stand Pate für ein Kunstwerk, das sich in der Hektik und in den Vibrationen des Ortes und seiner Tunnel-Unterführung nicht nur durch Größe und Farbigkeit, sondern auch durch seine neugierig machende Knäuel-Form behauptet. Abb. 26 Veronike Hinsberg schuf als Kunst-am-Bau-Projekt für die Staatliche Ballettschule und Schule für Artistik in Pankow ein transparentes Gebilde aus rot lackierten stählernen Lamellen ( 2012 ). Sein poetischer Titel » öffnen gleiten fließen lüften bauschen schließen « verweist auf das, was man darin erkennen könnte : einen Vorhang als Metapher für Ballett und Bühne, erstarrt in seiner Materialität und zugleich bewegt durch wechselnde, gleitende Betrachterperspektiven. Auch auf dem Standort Oberschöneweide der Hochschule für Technik und Wirtschaft realisierte Erika Klagge, handelundwandel, Friedrichsfelde Veronike Hinsberg, nun gemeinsam mit Olf Kreisel, eine lineare 25 Foto : Erika Klagge Arbeit mit dem Titel » Leitung und Linie « ( 201 ), hier in ungleich größeren Dimensionen : eine sich über das Gelände windende, im Boden ein- und wiederauftauchende Schlangenform aus leuchtend rotem Stahlrohr, die die disparaten Teile des ehemaligen Kabelwerks und heutigen Campus Wilhelminenhof miteinander verbindet.

Abb. 27 Ein höchst interessantes Beispiel für lineare Kunst ist im Bereich der Memorialkunst zu finden. Vor Plattenbauten aus dem letzten Jahr der DDR, am Standort der ehemaligen Reichskanzlei in Höhe des » Führerbunkers «, erhebt sich das » Denkzeichen « für Veronike Hinsberg, öffnen gleiten fließen lüften bauschen schließen, den Widerstandskämpfer Georg Elser ( 2011 ), 26 Ballettschule Pankow der 199 vergeblich versucht hatte, Hitler zu Foto : Stefanie Endlich töten, und selbst im KZ Dachau ermordet wurde. Die Stahlskulptur von Ulrich Klages, filigran wirkend trotz ihrer 1 Meter Höhe, lässt die Silhouette des Gesichts von Georg Elser über den Baumkronen in den Straßenraum hineinragen, weithin sichtbar vor allem nachts durch ihr LEDUlrich Klages, Denkzeichen für Georg Elser, Licht. Ungewöhnlich für unser Thema ist die abstrahierte, dennoch figürliche, 27 Wilhelmstraße weil porträtähnlich angelegte Form, eher Skizze als Zeichnung im Raum.

Foto : Stefanie Endlich

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IN DEN RAUM ZEICHNEN

Tyyne Claudia Pollmann, Leave a Trace, Charité Foto : Peter Stumpf

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Olaf Metzel, Entwurf für Niemandsland, Spreebogen Nachtmontage : Olaf Metzel / Hering Architekt

Abb. 28 Anders konzipiert als alle bisherigen Beispiele und doch dem Thema » In den Raum zeichnen « sehr nahe ist das Projekt » Leave a Trace « von Tyyne Claudia Pollmann ( 201 ) für das Hirnforschungszentrum der Charité Mitte. In einer interaktiven Installation werden die Bewegungen der Menschen im Lichthof des Gebäudes mit einer Kamera aufgezeichnet und in bewegte Linien transformiert, die auf einem Screen sichtbar werden, allmählich verblassen und hinter neuen Linien verschwinden. Das thematisch komplexe und ästhetisch spannende Computer-Kunstwerk bezieht sich auf Inhalte und Methoden des Forschungszentrums und auf Grundfragen der Wahrnehmung. Auch in Bezirken außerhalb des Stadtzentrums entstanden lineare Skulpturen, so in Marzahn-Hellersdorf und dort speziell im Rahmen von Kunstprogrammen zum Stadtumbau in den Großsiedlungen. Im Zentrum wiederum finden sich lineare Kunstwerke im weiteren Sinn in den Neubauten, Erweiterungs- und Umbauten für Regierung, Parlament, Ministerien und große Bundesinstitute wie dem Bundesnachrichtendienst. Als Symbol für die Wiedervereinigung wird die Skulptur von Eduardo Chillida vor dem Bundeskanzleramt mit zwei sich fast berührenden geschwungenen Cortenstahl-Elementen gedeutet. Die farbigen Neonlichtbänder von François Morellet im Foyer des Paul-Löbe-Hauses, die raumstrukturierenden Lichtlinien von Gunda Förster im Tunnel des Jakob-Kaiser-Hauses und – als Grenzfall – auch der » Brückenschlag « von Neo Rauch an der Ostfassade des Paul-Löbe-Hauses sind Beispiele für Neuinterpretationen des Themas » lineare Skulpturen « durch Lichtkünstler und -künstlerinnen. Robert Schads 0 Tonnen schwere Skulptur » Courante « aus zusammengeschmiedeten, abgeknickten Baustahl-Elementen wiederum im nördlichen Innenhof des Finanzministeriums, einst Reichsluftfahrtministerium, thematisiert wie viele andere lineare Kunstwerke das Spannungsverhältnis von Schwere und Leichtigkeit.

Unser imaginärer Rundgang zu ausgewählten Skulpturen im Berliner Stadtraum, der mit Reg Butlers unrealisiertem » Denkmal des unbekannten politischen Gefangenen « begann, endet mit einem ungewöhnlichen, nach langen Kontroversen ebenfalls nicht verwirklichten Projekt. Abb. 29 Im Rahmen der landschaftsarchitektonischen Gestaltung des Spreebogens zwischen Reichstagsgebäude und Kanzleramt sollte hier, am Rande des » Spreefensters « südlich des Hauptbahnhofs, eine riesige Skulptur von Olaf Metzel errichtet werden, Ergebnis eines Wettbewerbs im Jahr 2000. Ihr Titel » Niemandsland – Umsonst und draußen « verweist auf die Vergangenheit des Spreebogens als Stadtbrache in den Jahrzehnten der geteilten Stadt. Ein 1 Meter hoher Knäuel aus verzinkten geflochtenen Stahlrohren, leicht gekippt aufgestellt und schräg durchschnitten, mit gegeneinander verschobenen Kugel-Hälften, könnte an eine monumentale Garnrolle denken lassen, bezieht sich jedoch auf halbrunde und ovale Formen der Bebauungspläne von Schinkel und Lenné. In seiner durch Moiré-Effekte verstärkten geheimnisvollen Form könnte er jedoch auch als Metapher für fragile gesellschaftliche Zustände gedeutet werden. Die Realisierung scheiterte vermutlich an Bedenken des Bundes. So könnte dieses fast wagehalsige Projekt auch an manche andere nicht realisierte lineare Skulpturen erinnern. Denn über den physischen Raum hinaus ist der Stadtraum immer auch ein Raum der Möglichkeiten und Ideen.

7 Tyyne Claudia Pollmann, Leave a Trace, https ://leave-a-trace.charite.de/ [2.5.201].

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8 Siehe auch die Dokumentationsbände des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung : Kunst am Bau. Projekte des Bundes 2000 bis 200 und Projekte des Bundes 200 bis 201, Berlin 200 und 201.

Anhang

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Biografien der Künstlerinnen und Künstler

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Olaf Bastigkeit 198 geboren in Berlin, lebt in Berlin | Studium der Architektur an der Universität der Künste ( UdK ) Berlin und der Freien Kunst bei Astrid Klein an der HGB Leipzig www.olafbastigkeit.de

Hartmut Böhm 198 geboren in Kassel, lebt in Berlin | Studium an der Hochschule für Bildende Künste ( HBK ) Kassel bei Arnold Bode | Lehrte an der Fachhochschule Dortmund www.hartmut-boehm.de

Ka Bomhardt 192 geboren in Hamburg, lebt in Berlin | Studium derBildenden Kunst an der Hochschule für Bildende Künste (HdK) Berlin bei Herbert Kaufmann www.kabomhardt.de

Monika Brandmeier 1959 geboren in Kamen, lebt in Berlin und Dresden | Studium an der HBK Braunschweig und der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Erich Reusch | Lehrt an der HfBK Dresden www.monikabrandmeier.de

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Gisela von Bruchhausen 190 geboren in Berlin, lebt in Berlin und Damsdorf/ Brandenburg | Studium der Bildhauerei bei Phillip King und an der UdK Berlin bei David Evison | Lehrauftrag in Hangzhou/ China www.giselavonbruchhausen.de

Claudia Busching 195 geboren in München, lebt in Berlin | Studium der Malerei an der HfBK Berlin bei Hann Trier | Kuratiert u. a. die Ausstellungreihe Mehrzweckhalle www.claudiabusching.de

Jeongmoon Choi 19 geboren in Seoul/Süd-Korea, lebt in Berlin | Studium an der Sungshin University in Seoul und an der HBK Kassel bei Rob Scholte und Olaf Nicolai www.jeongmoon.de

Carola Dinges 19 geboren in Frankfurt am Main, lebt in Berlin | Studium der Bildhauerei an der UdK Berlin bei Harro Jacob www.caroladinges.de

BIOGRAFIEN DER KÜNSTLERINNEN UND KÜNSTLER

Kerstin Ergenzinger 195 geboren in Gomadingen, lebt in Berlin | Studium der Bildenden Kunst an der UdK Berlin und Medienkunst an der Kunsthochschule für Medien ( KHM ) Köln www.nodegree.de

Christoph M. Gais 195 geboren in Stuttgart, lebt in Orvieto/Italien und Berlin | Studium der Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste ( ABK ) Stuttgart bei K. R. H. Sonderborg und an der HdK Berlin bei Raimund Gierke www.christophmgais.com

Harriet Groß 19 geboren in München, lebt in Berlin | Studium der Malerei bei Marwan an der UdK Berlin und am Royal College of Art in London www.harrietgross.com

Renate Hampke 195 geboren in Braunschweig, lebt in Berlin | Studium HfBK Hamburg bei Richard Lindner, William Scott www.renatehampke.de

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Norbert Kricke 1922 geboren in Düsseldorf, gestorben 198 ebenda | Studium der Bildhauerei an der HfBK Berlin bei Richard Scheibe | Professor und Rektor der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf | Teilnahme an der Dokumenta II und III www.aurelscheibler.com/de

Axel Lieber 190 geboren in Düsseldorf, lebt in Stockholm und Berlin | Studium der Bildhauerei an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Irmin Kamp | Mitglied von inges idee, Kunst im öffentlichen Raum www.ingesidee.de

Angela Lubic 1958 geboren in Dresden, lebt in Berlin | Fachschule für Werbung und Gestaltung, Studium der Freien Kunst an der UdK Berlin www.angelalubic.de

Betina Kuntzsch 19 geboren in Berlin, lebt in Berlin | Studium der Buchgestaltung an der Hochschule für Grafik und Buchkunst ( HGB ) Leipzig www.element-video.de

A

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Matschinsky-Denninghoff Martin Matschinsky | 1921 geboren in Grötzingen, lebt in Berlin Brigitte Matschinsky-Denninghoff | 192 geboren in Berlin, gestorben 2011 ebenda | Studium an der Akademie der Bildenden Künste München und an der HfBK Berlin Teilnahme des Paares an Dokumenta, Biennale Venedig

Johannes Pfeiffer 195 geboren in Ulm, lebt in Berlin und Turin | Studium der Bildhauerei an der Accademia di Belle Arti in Rom und Carrara | 2008 Installation auf dem Olympiagelände in Peking www.pfeiffer-arte.com

Andreas Schmid 1955 geboren in Stuttgart, lebt in Berlin | Studium der Malerei an der ABK Stuttgart bei Paul-Uwe Dreyer und der Kalligraphie in Hangzhou/China Arbeitet raumbezogen und kuratiert chinesische Gegenwartskunst www.andreasschmid.info

Diana Sirianni 1982 geboren in Rom, lebt in Berlin | Studium der Philosophie in Rom und der Bildhauerei bei Gregor Schneider an der UdK Berlin www.dianasirianni.com

Susanne Specht Ev Pommer 198 geboren in Wriezen / Brandenburg, lebt in Berlin Studium der Bildhauerei an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ( KHB ) bei Baldur Schönfelder | Lehraufträge an der KHB für plastische Grundlagen und künstlerische Anatomie www.evpommer.de

1958 geboren in Saarbrücken, lebt in Berlin und Krefeld Studium der Bildhauerei bei Michael Schoenholtz an der HdK Berlin | Lehrt Gestaltungslehre und Dreidimensionales Gestalten an der Hochschule Niederrhein www.susannespecht.de

Beate Terfloth Ursula Sax 195 geboren in Backnang, lebt in Berlin | Studium der Bildhauerei an der ABK Stuttgart bei Willi Baumeister und an der HfBK Berlin bei Hans Uhlmann | Lehrte an der HdK Berlin, der HBK Braunschweig und der HfBK Dresden www.ursulasax.de

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1958 geboren in Hongkong, lebt in Berlin und Salzburg | Studium an der HdK Berlin bei Johannes Geccelli und der Kunstakademie München bei Günter Fruhtrunk | Lehrte am National College of Arts in Lahore/Pakistan | Lehrt an der Universität Mozarteum Salzburg

BIOGRAFIEN DER KÜNSTLERINNEN UND KÜNSTLER

Matthäus Thoma 191 geboren in München, lebt in Berlin | Studium der Malerei und Bildhauerei an der UdK Berlin www.matthaeusthoma.de

Asako Tokitsu 195 geboren in Tokio, lebt in Berlin und Yokohama | Studium der Bildenden Kunst und Kunsttheorie an der Tama Art University in Tokyo | Temporäre und permanente Arbeiten im architektonischen Kontext www.asakotokitsu.com

Bignia Wehrli 199 geboren in Uster / Schweiz, lebt in Berlin | Studium der Bildenden Kunst an der HfBK Dresden bei Monika Brandmeier | Lehrt an der Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Architektur und Landschaft www.bigniawehrli.de

Pomona Zipser 1958 geboren in Sibiu/Rumänien, lebt in Berlin | Studium an der Akademie der Bildenden Künste München und der HdK Berlin bei Lothar Fischer | Teilnahme Biennale Venedig | Skulptur Rudi-Dutschke-/Ecke Lindenstraße, Berlin www.pomonazipser.com

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A

Zu den Autorinnen und zum Autor

IN DEN RAUM ZEICHNEN

Monika Bartholomé 1950 geboren in NeukirchenSeelscheid, lebt in Köln Zeichnerin | Projektleitung : Museum für Zeichnung www.monika-bartholome.de www.museumfuerzeichnung.com

Stefanie Endlich 198 geboren in Dresden, Promotion, lebt in Berlin | Kunstpublizistin und Ausstellungsmacherin zu den Themen Kunst, Architektur, Stadtgeschichte, Erinnerungskultur. Lehrt seit 199 an der UdK Berlin, dort seit 200 Honorarprofessorin für Kunst im öffentlichen Raum.

Foto : Heinrich-Böll-Stiftung / Stephan Röhl cc by-sa

Robert Kudielka 195 geboren in Lindau im Bodensee, lebt in Berlin | 198 – 2010 Professor für Ästhetik und Theorie der Kunst an der UdK Berlin, Gastdozent am Royal College of Art in London und an der Pontifícia Universidade Católica in Rio de Janeiro.

Kunstkritiker und Ausstellungskurator.

Mitglied der Akademie der Künste BerlinBrandenburg.

Foto : Jan Sobottka

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Angela Lammert 190 geboren in Berlin, lebt in Berlin | Seit 2008 Leiterin für interdisziplinäre Sonderprojekte der Sektion Bildende Kunst der Akademie der Künste in Berlin und seit 201 Privatdozentin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Kunsthistorikerin und Ausstellungskuratorin.

Foto : Barbara Herrenkind

ZU DEN AUTORINNEN UND ZUM AUTOR | IMPRESSUM

Impressum

Der Katalog erscheint anlässlich der Ausstellungsreihe : In den Raum zeichnen umreißen  verdichten  spuren Galerie Parterre Berlin 2..– 18..201 Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten 20.5.– 2..201 Haus am Kleistpark 1..– 1.8.201 IDEE UND KONZEPT

Claudia Busching und Pomona Zipser FOTOS

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Beteiligte Künstlerinnen und Künstler, VG Bild-Kunst, Autorinnen und Autor, Fotografen

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KOOPERATIONSPARTNER

Der Katalog erscheint im Rahmen einer Ausstellungsreihe, die untersucht, wie sich Bildhauer, Maler, Video- und Medienkünstler im Dialog mit historischen Positionen den Raum aneignen.

Dem Diskurs über die Linie wird ein dreidimensionaler Kosmos zur Seite gestellt.

Die Ausstellungen sind ein Kooperationsprojekt über lineare Skulptur in Berlin mit der Galerie Parterre Berlin, der Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten und dem Haus am Kleistpark.

MIT TEXTEN VON

Stefanie Endlich, Angela Lammert, Robert Kudielka und einem Interview von Monika Bartholomé mit Claudia Busching und Pomona Zipser MIT ARBEITEN VON

Olaf Bastigkeit | Hartmut Böhm | Ka Bomhardt | Monika Brandmeier Gisela von Bruchhausen | Claudia Busching | Jeongmoon Choi Carola Dinges | Kerstin Ergenzinger | Christoph M. Gais | Harriet Groß Renate Hampke | Norbert Kricke | Axel Lieber | Angela Lubic Betina Kuntzsch | Matschinsky-Denninghoff | Johannes Pfeiffer Ev Pommer | Ursula Sax | Andreas Schmid | Diana Sirianni | Susanne Specht Beate Terfloth | Matthäus Thoma | Asako Tokitsu | Bignia Wehrli Pomona Zipser

ISBN 978-3-86331-347-0

9 783863 313470