Test Traudt

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D u r c h gecheckt

Reich tönende Eleganz: Traudt „Aimé“

Reif Atelier Traudt „Aimé“ Von Franz Holtmann

Cornelia Traudt ist selbstständige Gitarrenbaumeisterin und arbeitet im elsässischen Petersbach, nicht weit von der deutschen Grenze entfernt. Die pastorale Landschaft der Nordvogesen hat es ihr angetan und gibt ihr Kraft und Inspirati-

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ach Lehr- und Gesellenjahren bei Hopf, Sandberg und Schack erstellt Cornelia Traudt heute Instrumente nach eigenen Vorstellungen und in enger Zusammenarbeit mit ihren Kunden. So zählt z.B. David Qualey zu den Musikern, denen sie aktuell eine Gitarre in die Hand gebaut hat. Die sorgfältige und detailgenaue Handfertigung braucht Zeit, und so erblicken nur etwa zwölf Gitarren im Jahr das Licht der Welt. Neben den traditionellen Tonhölzern versucht sie gelegentlich auch heimischen Materialien wie Ahorn, Kirsche oder Pflaume gute Klänge abzuringen. Das vorliegende Konzertmodell „Aimé“ setzt allerdings auf eine bewährte Holzkombination.

Konstruktion

Auf den ersten unscharfen Blick sehen ja alle Konzertgitarren irgendwie gleich aus. Das liegt an der formalen Enge der bewährten, aber auch allgegenwärtigen traditionellen Norm. Näher betrachtet finden sich allerdings doch oft entscheidende bauliche und klangformende Details. So zeigt Cornelia Traudt bei der „Aimé“ eine besondere Exklusivität und handwerklich aufwendige Arbeit, die uns an den Geigenbau erinnert. In die Decke aus feiner, sehr parallel gemaserter Zeder ist an den Rändern eine Hohlkehle, vergleichbar den Geigendecken, eingearbeitet. Das Instrument bekommt darüber eine sehr interessante Kontur; ob es klangliche Auswirkungen hat, wird sich zeigen. Schön geAnzeige

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zeichneter ostindischer Palisander wurde zum Korpus geformt, der am Boden spiegelbildlich aufgeschlagen und über einen blau eingefärbten Fugenspan verbunden ist. Dieser azurne Zierspan findet sich an mehreren Stellen der Gitarre wieder, zieht sich quasi wie ein „blauer“ Faden durch das Konzept, umschließt die Decke und den Boden unter dem Palisanderbinding, ist dezente Zier im mit Palisander verblendeten Kopf, im Steg aus Ebenholz und in der sehr schön und als kunstvolles Mosaik gestalteten Schalllochrosette. Der Hals aus Cedro ist auf der Rückseite zu einem flachen „D“ profiliert und mit einem planen Griffbrett aus Ebenholz ausgestattet, das seine Nase bis über das Schallloch hält und damit einen weiteren Ton, das hohe C, anbietet. Die Kopfplatte ist angeschäftet und mit güldenen Mechaniken von Schaller ausgestattet. Sattel und Stegeinlage aus Knochen zeigen sorgfältige Arbeit. Auch der Blick in die Innenwelt beweist mit fein beschliffener Bebalkung und filigranem Ausbau handwerkliche Klasse. Eine hervorragende Schellack-Handpolitur gibt der „Aimé“ rundum wertvollen Glanz.

Spiel- und Klangeigenschaften

Zunächst gefällt der handfreundliche Hals mit einer tiefgelegten und dennoch schwingungsfreien Saitenlage. Nur bei sehr festem Anschlag „zisselt“ gelegentlich eine Basssaite an den Bünden. Die rückseitig stark abgeflachte „D“-Form des Halses entspricht einem modernen Trend, wird aber wohl nicht jeder Spielhaltung gerecht. Kein Problem,

Fotos (2): Schulz

on für das künstlerische Handwerk.

denn das Halsshaping wird bei einer Einzelfertigung ja keineswegs dem Zufall überlassen, und der Gewöhnungsfaktor ist darüber hinaus auch nicht zu unterschätzen. Die Bespielbarkeit der „Aimé“ ist jedenfalls auffallend gut und gewährt gute spieltechnische Aktionsfreiheit. Die klangliche Gestalt unserer Kandidatin ist allgemein gesprochen von einer klar zeichnenden, kraftvoll-lebendigen Struktur geprägt. Der hervorragende Bassbereich beweist mit langem Atem und schöner Farbigkeit seine Klasse. Tief und rund tönend zeigt er nach schnellem Reflex auf den Anschlag gute Kontur und trotz der satten Substanz eine


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