StorY
Von Jens Hausmann
World Sinfonia Al Di Meola · ob er nun tatsächlich der schnellste Gitarrist der Welt ist oder nicht: Seit den Siebziger Jahren zählt er zu den weltweit populärsten Gitarristen des Jazz-rock. Mit seinem Projekt „World Sinfonia“ zeigt sich Mr. Meola von einer anderen Seite. ach dem Karriereeinstieg in der Band von Chick Corea hat Al Di Meola mit Paco de Lucia und John McLaughlin an einem berühmt gewordenen Freitagabend in San Francisco allen Gitarrenliebhabern ein Konzert von legendären Ruf geschenkt. Seither greift der scheinbar alterslose Virtuose immer häufiger zur akustischen Gitarre. Sein Repertoire hat sich dabei zugunsten von zeitgenössischen Komponisten wie Astor Piazzolla in Richtung Tango und Weltmusik verschoben. Eine Entwicklung, die sich mit seinem ersten World Sinfonia-Projekt Anfang der Neunzigerjahre nachvollziehen lässt und die nun in der Arbeit mit Orchester eine logische Konsequenz findet. Nach dem umjubelten Dortmunder Konzert mit den Internationalen Symphonikern unter Maestro Arkady Berin trafen wir auf einen gutgelaunten Solisten.
Auf der Bühne kam ausschließlich deine Conde zum Einsatz, wie auch auf dem aktuellen Album. Haben die spanischen Nylonsaiten deine Ovation Steelstring abgelöst? Man könnte fast sagen, es ist ein Aufstieg, die Conde zu spielen. Eine große Umstellung auf alle Fälle. Sie ist schwerer zu spielen, aber belohnt mit einem reichen und komplexen Klangbild. Genau das, was ich für diese Musik brauche, ob mit oder ohne Orchester. Von Zeit zu Zeit vermisse ich meine Ovation, aber ich glaube, das, was ich jetzt gespielt habe, hat wunderbar funktioniert. Mit der Ovation habe ich auch mehr mit Effekten und Elektronik gearbeitet. Das ist gefährlich, denn
Herzlichen Glückwunsch zu einem wunderbaren Konzert. Al Di Meola: Danke. Gerade nach so einem Abend würde ich mir wünschen, dass das häufiger gelingt; heute lief es hervorragend. Jahrzehntelang konnte man Al Di Meola mit Band erleben, insofern war das schon ein besonderes Event mit einer solch hochkarätigen Besetzung. Das öffnet mir die Türen Al Di Meola: zu neuem Publikum, ist Inspiration und musikaZum Herzen lische Herausforderung der Hörer gleichermaßen.
mit Elektronik schafft man auch Distanz und rückt damit weiter weg vom Herzen der Hörer. An der Conde fasziniert mich der pure, direkte Ton. Sie braucht keine Elektronik, sie hat auch so schon all die Schönheit, die sie braucht. Das erste Set war mit Orchester und Band, das zweite dann ohne Orchester, wie auf der CD. Kannst du etwas zu den Unterschieden in der Arbeitsweise sagen? Im Laufe der Zeit komme ich mit der Situation im Orchester immer besser zurecht. Anfangs war ich sehr nervös. Mein musikalischer Ausdruck kommt dem Angestrebten immer näher, ich fühle mich damit inzwischen wohl. Auf der einen Seite bringe ich rhythmische Freiheiten und Improvisation in die zeitgenössische klassische Musik, andererseits nähert sich meine eigene Kompositionsweise mit mehr Gegenbewegungen in den Stimmen diesem Überschneidungsfeld. Wie gehst du an Stücke von Barrios oder Piazzolla heran, wenn du sie bearbeitest? Jeder Takt hat seine eigene harmonische Grundlage. Sobald die klar ist, hat man die Basis für Improvisation und Interpretation. Wir versuchen, die improvisierten Linien wie einen Bestandteil der Komposition klingen zu lassen; das war heute Abend besonders bei ‚Verano
aktuelle Produktion Al Di Meola World Sinfonia: La Melodia Live In Milano (2008, Valiana) Thematisch knüpft diese Live-Aufnahme an Meolas ‚Diabolic Inventions and Seduction For Solo Guitar‘ und die ältere ‚Al Di Meola Plays Piazzolla‘sowie an die diversen ‚Word Sinfonia’-Veröffentlichungen. Als Trend ist deutlich erkennbar, dass Meolas Musik reifer und komplexer geworden ist und zudem wesentlich an Wärme gewonnen hat. Von vordergründiger Technik und teils klischeehaft eingängiger Melodik vergangener Zeiten hat er sich längst freigemacht. Während sein Spiel wie immer brillant ist, trägt hier das Zusammenspiel maßgeblich zum Gelingen des Album bei. Der Freiraum, den vor allem Akkordeonspieler Fausto Beccalossi genießt und mit inspirierenden Passagen ausfüllt, ist ein weiteres Highlight. Klar, auf so einer Live-CD hat auch ein Hit wie ‚Mediterranean Sundance’ seine Berechtigung. Dazu gibt es viel von Piazzolla wie ‚Café 1930’ oder mit ‚Cinema Paradiso’ romantische Filmmusik von Ennio Morricone. ‚Live In Milano’ gehört zum Besten, was Meola bisher veröffentlicht hat. Und das will was heißen. Jens Hausmann
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akuStik Gitarre 2/09
Porteño‘ eine spannende Sache. Der Dirigent Arkady Berin hatte es vorgeschlagen, unter anderem wegen des wunderbaren Solos der Geigerin Eugenia Gelen. Es erfordert viel Erfahrung, um geschmackvoll damit umgehen zu können. Gehst du dabei mit dem Blick eines Jazzmusikers heran? Ja, die klassische Seite ist für meinen Geschmack oft zu geradlinig und
Foto: SPV
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