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WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN WGO
Wie lässt sich die ärztliche Versorgung bewerten? Valérie Gloor a , Christian Ambord b , Monique Lehky Hagen c , Luc Fornerod a , Arnaud Chiolero a a
Walliser Gesundheitsobservatorium (WGO), Sitten; b Dienststelle für Gesundheitswesen, Sitten; c Walliser Ärztegesellschaft (VSÄG), Sitten.
Mehr Ärzte – doch für welches Angebot?
rekt zu evaluieren. Beispielsweise wird die ärztliche Versorgung in einer gegebenen Region sehr unterschiedlich
Ärzte dazu tendieren, ihr Arbeitspensum zu reduzieren
in den letzten 20 Jahren stark zugenommen: laut Statis-
[6], kann eine Zunahme der Ärztezahl mit einer gleich-
tiken der FMH von 20 030 im Jahr 1990 auf 34 348 im Jahr
bleibenden oder sogar abnehmenden effektiven ärzt-
2014 [1]. In derselben Zeitspanne hat die Ärztedichte von
lichen Versorgung einhergehen.
3,0 auf 4,1 Ärzte pro 1000 Einwohner zugenommen.
Obschon die FMH Statistiken über sämtliche Ärzte in
Diese Ärztedichte unterscheidet sich jedoch stark von
der Schweiz, die FMH-Mitglieder sind, erstellt, geben
Kanton zu Kanton. Im Jahr 2014 gab es im Kanton Zürich
diese nur teilweise Auskunft über das Arbeitspensum
beispielsweise 4,9 Ärzte pro 1000 Einwohner, in der
und machen keinerlei Aussagen zu geplanten Ände-
Waadt 4,6 und im Kanton Freiburg 2,6. Mit 2,8 Ärzten
rungen der Tätigkeit. Um dem Bedarf einen Schritt vor-
pro 1000 Einwohner weist das Wallis eine relativ geringe
aus zu sein und geeignete Massnahmen zu ergreifen,
Ärztedichte auf.
ist es wichtig, die Situation auf Ebene der einzelnen
Für eine Einschätzung der ärztlichen Versorgung reicht
Kantone – und sogar auf Ebene der Regionen – genau
es jedoch ganz klar nicht aus, die Ärztezahl mit der
zu evaluieren. Verfügt man nämlich über abschlies
Bevölkerungszahl ins Verhältnis zu setzen [2–5]. Ange-
sende Daten zu allen Ärzten, kann man die oftmals
sichts der Faktoren, welche die Entwicklung des Versor-
lokalen Probleme, welche Massnahmen auf regionaler
gungsbedarfs bestimmen, müssen nämlich auch die
bzw. kommunaler Ebene erforderlich machen, nach-
Veränderungen auf demographischer Ebene und in
vollziehen.
Bezug auf die Ausübung des Ärzteberufs berücksichtigt
Im Wallis hat das Gesundheitsdepartement eine Ex-
werden. Die Alterung der niedergelassenen Ärzte, die
pertenkommission «Ambulante Pflege und Grund-
Reduzierung des Arbeitspensums und die zunehmende
versorgung» ernannt, um die Situation der ärztlichen
Anzahl Frauen im Arztberuf sowie die sinkende Attrak-
Grundversorgung zu analysieren und der öffentlichen
tivität des Hausarztberufs (Grundversorger) sind alle-
Hand diesbezügliche Empfehlungen abzugeben [7, 8].
samt Faktoren, die zu berücksichtigen sind, wenn man
Hierzu benötigte die Kommission Informationen über
die Entwicklung der ärztlichen Versorgung nachvoll-
die Tätigkeit der Ärzte. Infolge der verschiedenen Ände-
ziehen will. Ausserdem sind die in der Schweiz berufs-
rungen der Reglementierung über die Einschränkung
tätigen Ärzte relativ alt, was bedeutet, dass kurz- oder
der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit
mittelfristig viele von ihnen ihr Arbeitspensum verrin-
zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversi-
gern oder ihre Tätigkeit niederlegen werden. Diese Ver-
cherung [5] ist es für die Walliser Dienststelle für Ge-
änderungen lassen befürchten, dass es schwierig sein
sundheitswesen (DGW) unentbehrlich geworden, über
wird, die ärztliche Versorgung aufrechtzuerhalten [2, 3].
qualitativ hochstehende und umfassende Informatio-
Diese Schwierigkeit widerspiegelt sich bereits im zu-
nen über die Tätigkeit der Ärzte zu verfügen. Eine gute
nehmenden Rückgriff auf im Ausland ausgebildete
Zusammenarbeit mit der Walliser Ärztegesellschaft
Ärzte (im Jahr 2014 gemäss FMH 30,5% der Ärzte [1]).
(VSÄG) wurde als grundlegend erachtet, weshalb diese
Zusätzlich zu den Besonderheiten im Zusammenhang
eng in die Überlegungen miteinbezogen wurde. Das
mit der Organisation des lokalen Gesundheitssystems
Walliser Gesundheitsobservatorium (WGO) wurde be-
und der saisonbedingten Schwankungen des Versor-
auftragt, in enger Zusammenarbeit mit der DGW und
gungsbedarfs (z.B. im Zusammenhang mit dem Touris-
der VSÄG eine Umfrage zur Tätigkeit der Ärzte durch-
mus) muss daher unbedingt das Arbeitspensum der Ärzte
zuführen, deren Ergebnisse nachstehend aufgezeigt
berücksichtigt werden, um die ärztliche Versorgung kor-
werden.
sich unter www.saez.ch → Aktuelle Ausgabe oder → Archiv → 2016 → 12–13.
2016;97(12–13):456– 459
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI
Die Literatur findet
dieselbe Anzahl Ärzte bloss drei Tage arbeiten. Da die
det. Die Zahl der berufstätigen Ärzte hat in der Schweiz
ausfallen, ob die Ärzte nun sechs Tage die Woche oder ob
mals die absolute Ärztezahl und die Ärztedichte verwen-
Zur Evaluation der ärztlichen Versorgung werden oft-