OSTpunkt University Magazine 02-2023

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«Spiele im Netz sind unbegrenzt verfügbar»

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Geldspiele erleben einen regelrechten Boom. Online sind sie jederzeit ­zugänglich, ­weniger kontrollierbar und anonym. Das inter­kantonale Präventionsprogramm «­Spielen ohne Sucht» zur Früherkennung von Spielsucht soll Betroffene und An­ gehörige sensibilisieren, informieren und im Bedarfsfall an Hilfeangebote vermitteln. Die Programmleitung für die Ostschweiz und das Fürstentum Liechtenstein liegt seit Anfang 2023 beim IFSAR Institut für ­Soziale Arbeit und Räume.

Lottoscheine am Kiosk, Spielcasinos, Sportwetten und ­eGames im Internet – Geldspiele sind überall leicht zugänglich. Vor allem der Konsum von Online-Geldspielen ist seit Corona beträchtlich gestiegen. «Wenn Spielende die Kontrolle über ihr Spielverhalten verlieren und das Spiel alle Lebensbereiche dominiert, wird Spielen zur Sucht. Problematisches Geldspiel ist wie Alkohol- und Drogenabhängigkeit eine anerkannte Suchterkrankung», erläutert Martin Müller vom IFSAR. «Betroffene geraten nicht selten in einen Teufelskreis: Sie verschulden sich wegen des Geldspiels, spielen weiter, um das verlorene Geld wieder zurückzugewinnen. Die Schulden werden immer grösser, die Spielenden nehmen einen Kredit auf, leihen sich bei Angehörigen Geld und betrügen oder stehlen im schlimmsten Fall, um an Geld zu kommen.» Die sozialen und psychischen Folgen sind massiv: zerrüttete Beziehungen, Arbeitsplatzverlust, gesundheitliche Probleme, Alkohol- oder Drogenkonsum, Suizidgedanken.

Problematisches Spielverhalten nimmt zu Lange Zeit waren Casinos hierzulande verboten, bis eine Volksabstimmung das Spielbankenverbot in der Bundesverfassung kippte. Heute hat die Schweiz mit 21 Spielbanken und rund 4500 Geldspielautomaten eine hohe Casinodichte. Und das Online-Angebot an Spielcasinos nimmt immer mehr zu. Das hat seinen Preis. Seit Inkrafttreten des neuen Geldspielge­ setzes (BGS) 2019 und der Liberalisierung des Online-Casinomarktes hat sich der Anteil der problematischen Spiele­ rinnen und Spieler in der Schweiz von 2,3 Prozent (2018) auf 5,2 Prozent (2021) verdoppelt, wie eine aktuelle Studie von Sucht Schweiz und Groupement romand d'études des addictions GREA (2023) zum Online-Spielverhalten der Schweizer Bevölkerung berichtet. Am stärksten von Geldspielsucht betroffen sind die 18- bis 29-Jährigen, darunter deutlich mehr Männer als Frauen. «Verantwortlich für die Intensivierung des Spielverhaltens sind verschiedene problematische Entwicklungen. So hat sich das Angebot insgesamt vervielfacht, die Spiele im Netz sind unbegrenzt verfügbar und potenzielle Nutzergruppen werden mit ausgeklügeltem Marketing und


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