Ostvision - Januar 2019

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560 | JANUAR 2019

Monatszeitschrift der Christlichen Ostmission

DANKE FÜR 107 300 WEIHNACHTSPÄCKLI Persönlich Christine Schneider | Nepal «Jeymasi»: Ehre dem Messias | Indien 11-Jähriger in Mumbai aufgefunden | Neu erschienen: Das Buch zu «Wir Kinder von Moldawien»


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editorial

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Gutes zu tun und mit andern zu teilen vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott. Hebräer 13,16

Nr. 560: Januar 2019 Jahresabonnement: CHF 15.–

Liebe Missionsfreunde Moldawien war eine Perle der Sowjetunion, den Menschen dort ging es gut. Wer die Chance hatte, sich nach Moldawien versetzen zu lassen, nahm sie wahr. Moldawien war zusammen mit der Ukraine die Kornkammer der Sowjetunion. Das Land blühte und versorgte viele Menschen mit wunderbaren Früchten. Heute liegen sowohl Moldawien als auch die Ukraine am Boden. Moldawien ist geteilt, nach einem Krieg spaltete sich Transnistrien ab. Das Land ist hin- und hergerissen zwischen Ost und West und gibt ein düsteres Bild ab: Die Infrastruktur ist marode, die Wirtschaft serbelt, Armut und Hoffnungslosigkeit sind weit verbreitet. Unzählige sehen das Auswandern als einzige Möglichkeit zu überleben und das reisst viele Familien auseinander. Genau hier helfen wir. Warum? Weil wir als Christliche Ostmission es als unsere Berufung ansehen, diesen Menschen materielle und auch geistliche Hilfe anzubieten. Unter materieller Hilfe verstehen wir Lebensmittel, Heizmaterial, Schuhe für Kinder usw. Geistliche Hilfe bedeutet, dass wir das Evangelium, die Kraft Gottes, weitergeben und damit Hoffnung säen und neuen Lebensmut entfachen. Ein wunderbares Zeugnis dieser Hoffnung gibt das eben erschienene Buch von Georges Dubi. Am Beispiel von Kindern zeigt es, was unsere Hilfe bewirkt, wie sie Leben verändert. Wir verschenken das Buch. Einen Bestelltalon finden Sie auf der hintersten Seite.

wird monatlich herausgegeben von der CHRISTLICHEN OSTMISSION (COM), Worb

Auch die Ukraine ist in einer sehr schwierigen Situation: Gebiete im Osten des Landes kämpfen für eine Abspaltung, Russland hat die Krim annektiert, weitere Eskalationen im Konflikt sind zu erwarten. Was tun wir? Wir teilen mit Notleidenden, Vertriebenen und Entmutigten. Über unsere Partner in der Region bringen wir Lebensmittel in entlegene Gebiete. Kleider, Schuhe, Esswaren und Weihnachtspäckli sind willkommene Hilfen. Seit 2014 helfen wir, in Nepal Familienbetriebe aufzubauen. Das Land war lange verschlossen für das Evangelium. Durch Missionare und durch Nepalesen, die aus dem Exil zurückkehrten, kam die Botschaft der Bibel ins Land. Seither sind viele Kirchen entstanden. Sie sind noch sehr jung, aber dynamisch. Der Bericht über die Familienbetriebe gibt einen Einblick. All dies wäre nicht möglich ohne Sie, liebe Missionsfreude. Wir danken herzlich für die Unterstützung im vergangenen Jahr. Es motiviert uns und unsere Partner sehr, dass Menschen teilen und so unsere Arbeit ermöglichen. Wir freuen uns, wenn wir auch im neuen Jahr auf Ihre Unterstützung zählen können. Mit herzlichen Segensgrüssen aus Worb

Redaktion: Georges Dubi, Beatrice Käufeler, Thomas Martin, Christine Schneider, Petra Schüpbach, Gallus Tannheimer Adresse: Christliche Ostmission Bodengasse 14 3076 Worb BE Telefon: 031 838 12 12 Fax: 031 839 63 44 E-Mail: mail@ostmission.ch Internet: www.ostmission.ch Postkonto: 30-6880-4 Bankkonto: Spar + Leihkasse Münsingen, 16 0.264.720.06 Kontrolle der Bücher: Unico Treuhand AG, Burgdorf Spenden sind in allen Kantonen steuer­ abzugsberechtigt. Nähere Auskünfte er­teilt unser Sekretariat. Gehen für ein Projekt mehr Spenden als benötigt ein, werden diese für ähnliche Zwecke ein­gesetzt. Bildquelle: COM Wenn nicht anders vermerkt, haben die abgebildeten Personen keinen Zusammenhang mit den erwähnten Beispielen. Gestaltung: Thomas Martin Druck: Stämpfli AG, Bern Papier: Das Magazin ist auf chlorfrei gebleichtem und FSC-zertifiziertem Papier gedruckt. Geschäftsleitung: Georges Dubi, Missionsleiter Gallus Tannheimer Stiftungsrat: Mario Brühlmann, Orpund, Präsident Pfr. Thomas Hurni, Madiswil, Vizepräsident Lilo Hadorn, Selzach Pfr. Matthias Schüürmann, Reitnau Thomas Haller, Langenthal Beauftragter des Stiftungsrates: Günther Baumann

Gallus Tannheimer Leiter Projekte Mitglied der Geschäftsleitung

Das unabhängige Gütesiegel der Stiftung Ehrenkodex attestiert eine umfassende Qualität der Arbeit sowie einen sorgsamen Umgang mit Spendengeldern.

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persönlich

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Christine Schneider Schweiz

MENSCHEN unterwegs mit uns

Wer Publikationen der Christlichen Ostmission liest, kennt meinen Schreibstil. Seit rund einem Dutzend Jahren redigiere ich die Beiträge, die in der Zeitschrift «Ostvision» erscheinen. Über meinen Schreibtisch laufen auch Spendenaufrufe der COM, Prospekte und vieles mehr. Ich heisse Christine Schneider, wohne mit meinem Mann im Zürcher Unterland und bin Texterin und PR-Redaktorin. 2006 kam ich mit der Christlichen Ostmission in Kontakt und bald darauf begann unsere Zusammenarbeit. Der erste Text, den ich verfasste, war ein Inserat. Als nächstes folgte ein Artikel für die Zeitschrift, die damals «Christus dem Osten» hiess. Daraus ist eine beständige, gute Zusammenarbeit gewachsen, die mit der Pensionierung von Georges Dubi noch intensiver wird. Ich verfasse jetzt auch selbst Texte, werde also von der Redaktorin zur Autorin. Die Stationen meines Lebenswegs haben mich vieles gelehrt, was mir in meiner Arbeit für die COM zugutekommt. Ich wuchs in der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) auf und wurde als Teenager Mitglied. Kirchliche Sprache habe ich also fast schon mit der Muttermilch aufgesogen. Wie Christinnen und Christen reden, ist mir vertraut; was sie sagen wollen, kann ich mir in der Regel vorstellen – oder meine es immerhin.

Netzwerk für Mission und Diakonie der EMK, davon längere Zeit als Präsidentin. Heute bin ich in diversen Gremien der weltweiten EMK tätig. Weiter war ich lange in Kommissionen, die Projektanträge an «Brot für alle» prüften. Die meisten Themen, die bei der COM vorkommen, sind mir also nicht fremd, seien es andere Kulturen, Hilfsprojekte oder die Situation von Kirchen in anderen Ländern. Ich habe ein ausgeprägtes Sprachtalent, das ich lange nur im Zusammenhang mit Fremdsprachen nutzte. Daraus sollte sich doch auch beruflich etwas machen lassen, sagte ich mir eines Tages und bastelte erste PR- und Werbe­ texte. Anfänglich war ich im Bekanntenkreis und im kirchlichen Rahmen tätig. Später, nach einigen Kursbesuchen, führte ich erste Kundenaufträge aus. Meine Texte fanden Anklang, daher nahm ich zusätzliche, umfangreichere Weiterbildungen in Angriff und machte mich schliesslich selbständig.

«Wenn sich die Lesenden anstrengen müssen, um einen Text zu verstehen, habe ich etwas falsch gemacht.»

Liebe deinen Leser und deine Leserin wie dich selbst, ist mein Motto beim Schreiben. Wenn sich die Lesenden anstrengen müssen, um einen Text zu verstehen, habe ich etwas falsch gemacht. Es ist an mir, klare Worte zu finden, verständliche Sätze zu bilden, Gedanken logisch aneinanderzureihen.

Während sechs Jahren arbeitete ich für die EMK im Kongo, der damals noch Zaïre hiess. Ich war Sekretärin des Bischofs und begleitete soziale Projekte der Kirche. Nach meiner Rückkehr in die Schweiz absolvierte ich eine Nachdiplomausbildung in Entwicklungsstudien. Danach engagierte ich mich während vieler Jahre bei Connexio, dem

Kommunikation hat mich immer interessiert, auch die Kommunikation der Christen und der Kirchen. So helfe ich gerne mit, dass die Botschaft der COM klar ist und verstanden wird.


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«JEYMASI»: EHRE DEM MESSIAS IN NEPAL


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Verwundert reibe ich mir die Augen. Wenige Minuten nach dem Start zum Annapurna-Trekking in Naypul macht mich ein Begleiter auf das Schild «Free Evangelical Church» aufmerksam. Sogar hier, denke ich, treffen sich Christen. Das Schild weist auf eine der vielen kleinen Gemeinden hin, die in den letzten Jahren in Nepal entstanden sind. Ich hatte das Vorrecht, auf einer von der Christlichen Ostmission organisierten Reise im Herbst 2018 ein paar von ihnen zu besuchen.

ten in die Heimat zurück und begannen kleine Hauskirchen. Einheimische haben also die nepalesische Kirche gegründet und tragen sie heute zum grossen Teil.

Urchristliche Situation Der christliche Glaube vermochte in Nepal erst vor rund 60 Jahren Fuss zu fassen, bei den heutigen Christen handelt es sich also höchstens um die dritte Generation. Es ist eine fast urchristliche Situation. Nepal war lange vom Rest der Welt abgeschottet, 80 % der Einwohner waren Hindus, 10 % Buddhisten und die übrigen gehörten religiösen Minderheiten an. Kaum eine Missionsgesellschaft interessierte sich für die Menschen in der Nähe des Himalaya-Gebirges oder im Tiefland.

Rasches Wachstum Die Kirche in Nepal wächst beständig. Prozentual gesehen steigt die Zahl der Christen so schnell wie in kaum einem anderen Land, obschon ein Gesetz den Religionswechsel offiziell verbietet. Zählte man um die Jahrtausendwende rund 100 000 Christen, waren es vor acht Jahren bereits etwa 370 000. Mittlerweile gibt es bei einer Gesamtbevölkerung von ungefähr 30 Millionen um die 800 000 Jesus-Gläubige. Unsere Reiseleiterin, eine Buddhistin, nennt mit Bedauern in der Stimme sogar eine doppelt so hohe Zahl. Wir fragen nach den Gründen für den Zuwachs. Sie hat keine Erklärung, vermutet aber, den Menschen werde Geld geboten.

Wie heute wanderten schon früher viele Nepalesen aus, manche fanden in der Fremde zum Glauben an Jesus Christus. Etliche kehr-

Die Kirche in Nepal wächst beständig.

Der christliche Glaube vermochte in Nepal erst vor rund 60 Jahren Fuss zu fassen.


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chen Ostmission teilnehmen. Sie bestätigen, was ich über die nepalesische Kirche gehört hatte. Klar wird auch: Gott wählt ganz unterschiedliche Wege, um Menschen zu rufen, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Dhil gründete vor zehn Jahren in seinem Heimatdorf eine Gemeinde.

Eine andere Erklärung hat Ashis Kadkha, Leiter der COM in Nepal. Das Kastendenken ist in den Köpfen der nepalesischen Bevölkerung tief verankert, auch wenn die entsprechenden Gesetze abgeschafft wurden. Es teilt die Gesellschaft streng hierarchisch ein. Ein niedriger Rang wird als Fügung des Schicksals akzeptiert. Für Angehörige minderwertiger Kasten und Kastenlose, die auf der gesellschaftlichen Leiter zuunterst stehen, ist die christliche Lehre revolutionär: Sie erkennen sich auf einmal als wertvolle, geliebte Geschöpfe. Durch den Glauben an Jesus Christus werden sie frei von dämonischen Bindungen. Sie erleben körperliche und psychische Heilungen und damit Wiederherstellung. Ashis Kadkha fügt einen weiteren Grund an: Viele Christen wenden sich vom Alkohol- und Tabakkonsum ab, wodurch ihnen mehr Geld bleibt. So können sie auch einmal Menschen in Not unterstützen. Das wecke Neugier und ermutige andere dazu, selbst in eine Kirche zu gehen. Viele Wege führen zum Glauben Auf meiner Reise besuche ich Familien, die am Familienbetriebe-Programm der Christli-

Wir sitzen in Dhils Hütte in einem Bergdorf östlich von Kathmandu. Bevor er Christ wurde, suchten Menschen mit körperlichen, mentalen und spirituellen Problemen bei ihm Hilfe und Rat. Sie glaubten, er könne sie vom bösen Zauber befreien, den sie als Ursache ihrer Probleme sahen. Eines Tages hörte er das Wort «Jeymasi». Ohne zu wissen, dass es sich um einen christlichen Gruss handelt, benutzte er es fortan. Ein Christ sprach ihn darauf an und erklärte ihm, was das Wort bedeutet, nämlich «Ehre dem Messias», und wer dieser Messias ist. Das löste bei Dhil, dem es zu jener Zeit sehr schlecht ging, etwas aus. Später, durch die Begegnung mit einem Pfarrer, bekehrte er sich. Nach einem Bibeltraining gründete er in seinem Heimatdorf eine Gemeinde. Damals, vor zehn Jahren, waren sie zu viert, heute über fünfzig. Zwei Tage später treffen wir Lok. Er leitet eine Gemeinde mit fast fünfzig Mitgliedern. In seinem Fall war ein Bruder die Verbindung zum christlichen Glauben. Dieser besuchte eine Bibelgruppe. Lok war nicht einverstanden, dass sein Bruder sich dieser Lehre aussetzte, die er als fremd und ausländisch ansah. Die Grossmutter hatte das Sagen in der Familie und Lok bestürmte sie, sie solle dem Bruder den Besuch der Bibelgruppe verbieten. Was an der christlichen Lehre schlecht sein solle,

Lok ist Pastor und Mentor für Familienbetriebe.


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konnte er allerdings nicht sagen. Später hörte er, wie jemand von Jesus erzählte, und wollte es nun herausfinden. Er fragte und fragte – und kam zu neuen Erkenntnissen: Gott hatte ihn, Lok, geschaffen und bot ihm an, sein Kind zu sein. So kam er zum Glauben an Jesus Christus. Er besuchte eine Bibelschule und kehrte danach voller Begeisterung in sein Dorf zurück und begann zu predigen. Doch die Früchte blieben aus, kaum jemand liess sich überzeugen. So zog Lok weiter und gründete andernorts eine Kirche. Sein Herz schlug jedoch weiterhin für die Menschen in seiner Heimat. 2013 kehrte er zurück und seither ist die Gemeinde gewachsen.

Christen als Unternehmer – ein starkes Zeugnis Das Engagement der COM für Familienbetriebe trägt Früchte: Nepalesen, die durch den christlichen Glauben vom Fatalismus des Kastendenkens befreit werden, nehmen ihr Schicksal in die Hand. Begleitet von Mentoren, welche die COM ausgebildet hat, gründen sie Familienbetriebe. Damit können sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, vielleicht zum ersten Mal im Leben. Das bleibt nicht unbemerkt. Wenn Menschen sehen, dass es Christen besser geht, werden sie neugierig und manch einer entscheidet sich früher oder später selbst für den christlichen Glauben. So wächst die Kirche und so gibt es immer mehr Nepalesen, die als Kleinunternehmer für sich und ihre Familien, aber auch für ihr Land zum Segen werden.

Dies sind zwei von vielen eindrücklichen und glaubwürdigen Zeugnissen von Männern und Frauen im Berggebiet und im tropischen Süden Nepals, denen unsere Gruppe im September 2018 begegnete. Dazu kann ich nur sagen: «Jeymasi – Ehre dem Messias». Daniel Aebersold, Bischofszell Der seit kurzem pensionierte Daniel Aebersold war lange Diakon der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Bischofszell-Hauptwil, welche die Arbeit der Ostmission seit Jahren äusserst grosszügig unterstützt.


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Kinder

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29. Juni 2018, Mitternacht. Unser lokales Team ist unterwegs und sucht Kinder, die auf Bahnhöfen in der 18Millionen-Stadt Mumbai gestrandet sind. Auf dem Lokmanya-Tilak-Bahnhof, wo viele Fernverkehrszüge ankommen, findet das Suchteam einen müden, verängstigten und verwirrten Buben. «Woher kommst du?» Der Bub reagiert nicht. Er lässt sich aber von unseren Leuten mitnehmen. Sie bringen ihn aufs Büro der Bahnpolizei, wo sein Auffinden registriert wird. Er heisse Golu* und sei elf Jahre alt, sagt der Bub bei der Befragung. Mehr finden die Beamten nicht heraus. Ob er zuhause ausgerissen ist, ob gar seine Familie ihn geschickt hat, damit er in der Grossstadt arbeite – man weiss es nicht. Klar ist nur: Golu ist sehr hungrig und durstig, so bekommt er etwas zu essen und Wasser. Es folgt eine medizinische Untersuchung in einem staatlichen Spital. Golu hat unter seinem rechten Auge einen Bluterguss, der genauer abgeklärt wird. Zwei Tage und Nächte bleibt er im Spital. Jemand von unserem Team ist immer bei ihm. Langsam fängt Golu an zu reden. Einmal sagt er, er komme aus Bhairawa. Den Namen seines Vaters kann er aber nicht nennen und auch nicht seine Schule. Ein hoffnungsloser Fall? Als Golu aus dem Spital entlassen wird, bringen ihn unsere Mitarbeiter zur Kinderschutz-

11-JÄHRIGER IN MUMBAI AUFGEFUNDEN INDIEN


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behörde. Dort wird er wieder registriert. Auf dem Areal der Behörde hat es ein Heim für aufgefundene Kinder, wo Golu untergebracht wird. Über hundert Kinder teilen sich dort einen grossen Raum, wo sie essen und schlafen.

Die wenigen Hinweise, die er gibt, helfen nicht weiter. Unser Team besucht Golu regelmässig und versucht, mehr aus ihm herauszubekommen. Die wenigen Hinweise, die er gibt, helfen nicht weiter. Auch die Kinderschutzbehörde und die Kinderberatungsstelle sind ratlos oder schlicht überfordert, denn ähnliche Fälle stapeln sich zu tausenden auf den Tischen von Beamten. Der Durchbruch Golus Fall scheint hoffnungslos, aber unser Team gibt nicht auf. Es insistiert immer wieder bei den Behörden, bis schliesslich Golus Fingerabdrücke genommen werden. Dieser Schritt führt endlich weiter. Es gelingt, ­Golus Identität festzustellen und schliesslich seine Heimadresse herauszufinden. Alle sind hoch erfreut. Golus Familie lebt in Mirzapur, einem Distrikt in Uttar Pradesh.

herzlich. Ein paar Gespräche werden geführt, administrative Auflagen müssen erfüllt werden. Dann wird Golu seinem Vater übergeben. Unser Team bezahlt die Heimfahrt. Seitdem ist es immer wieder in Kontakt mit den beiden. Golu geht es gut, er geht wieder zur Schule. Er ist jetzt in der fünften Klasse. Warum er in Mumbai landete, haben weder die Beamten noch unser Suchteam je herausgefunden.

Das im Artikel erwähnte Suchteam gehört zum Projekt «Early Encounter», welches durch die Christliche Ostmission unterstützt wird. Es will Kinder, die alleine in der Grossstadt stranden, auffangen, bevor ihnen Schlimmes geschieht. Solche Kinder laufen nämlich grosse Gefahr, an Menschenhändler oder andere Kriminelle zu geraten.

* Name und Bild wurden zum Schutz der Betroffenen geändert.

Erst nach über einem Monat gelingt es, Golus Vater telefonisch zu erreichen. Er ist überglücklich über das Lebenszeichen von seinem Sohn. Er habe eine Vermisstenanzeige aufgegeben, erzählt er bewegt, aber sie habe nichts gebracht. Seine Frau, Golus Mutter, sei vor ein paar Jahren gestorben, erzählt er. Er selber sei ein armer Bauer. Der Vater borgt sich Geld für das Zugsbillet und fährt nach Mumbai, um seinen Sohn nach Hause zu holen. Jemand hilft ihm, die Kinderschutzbehörde zu finden. Das Wiedersehen von Vater und Sohn ist rührend und

Viele vermisste Kinder landen in der Stadt Mumbai.


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HERZLICHEN DANK! AKTION WEIHNACHTSPÄCKLI

Der Einsatz hat sich gelohnt: Unzählige Menschen in Not haben ein Weihnachtspäckli erhalten und sich darüber riesig gefreut. Das Geschenk bringt Hoffnung in den harten Alltag. Alt werden ist nichts für Feiglinge, sagt der Volksmund. Nadeshda aus Moldawien und ihr Mann könnten ein Lied davon singen. Efim hört fast nichts mehr, ein uraltes Hörgerät hilft mehr schlecht als recht. Man kann Fragen wiederholen, so oft man will, er lächelt meistens einfach und sagt: «Verzeih mir bitte, ich habe dich nicht verstanden.» Nadeshda selbst hört gut, aber sieht praktisch nichts mehr. «Vielleicht leben wir ja nicht mehr lange», sagt sie. Oft betet sie, Gott möge sie von der Qual des Lebens erlösen. Efim war früher Fahrer in einem Forstbetrieb und auch Nadeshda arbeitete ihr Leben lang. «Ich hatte Kraft im Überfluss», erinnert sie sich und bedauert, dass sie schwach geworden ist und kaum noch ihr Häuschen in Ordnung zu halten vermag. 1954 brachte Nadeshda ihren einzigen Sohn zur Welt. Er wurde Ambulanzfahrer, doch mit der Wende verlor er seine Stelle – wie unzählige andere auch. Seither schlägt er sich mit Gelegenheitsjobs durch und kann kaum seine eigene Familie versorgen, geschweige denn die Eltern unterstützen.

Nadeshda hat in ihrem Leben kaum je Geschenke bekommen.

Rente reicht nirgends hin Die beiden versuchen, mit ihrer mickrigen Rente auszukommen, doch für viel mehr als Strom und Wasser reicht das Geld nicht. Auf den Kauf von Brennholz müssen sie meistens verzichten und so bleibt es oft kalt im Haus.


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«Schlimm, dass man nach lebenslanger Arbeit eine so ärmliche Rente bekommt!», meinen sie. Bis vor kurzem sammelten sie Brennholz in den Grünanlagen der Stadt. Heute ist das streng verboten. Wer auch nur einen vom Wind abgebrochenen Zweig mitnimmt, wird gebüsst. Nun müssen sie schauen, wo sie sonst Brennbares ergattern können, um nicht zu frieren. Ein Weihnachtspäckli bedeutet sehr viel Für Leute wie Nadeshda und Efim ist ein Weihnachtspäckli eine riesige Sache. In ihrem langen Leben haben sie kaum je ein Geschenk bekommen. Dank Mehl, Zucker, Reis und Teigwaren im Paket rechnen sie, für etwa zwei Monate genug zu essen zu haben. Was sie sonst fürs Essen ausgeben müssten, können sie in dieser Zeit sparen und sich dafür öfter einmal etwas Brennholz leisten und so ihr Häuschen heizen.

Nadeshda und Efim leben in einfachsten Verhältnissen.

Gut tut den beiden auch, dass jemand sie in ihrer Not wahrnimmt und sie besucht. Meistens sind sie allein, niemand fragt nach ihnen. «Die Menschen, die uns diese Sachen schenken, haben etwas sehr Wertvolles getan», erklärt Nadeshda. Und Efim fügt an: «Ich danke von ganzem Herzen und umarme alle, die diese Geschenke gesammelt, schön eingepackt und zu uns gebracht haben. Möge der Herrgott sie segnen, dass sie nie im Leben Armut, Not und Leid erleben müssen.»

«Die Menschen, die uns diese Sachen schenken, haben etwas sehr Wertvolles getan.» Efim und sein Weihnachtspäckli

Danke! In der diesjährigen Aktion Weihnachtspäckli haben Einzelpersonen und Kirch­ gemeinden 107 300 Päckli zusammengetragen. Ganz herzlichen Dank. Ihr grosser Einsatz hat sich mehr als gelohnt: Empfängerinnen und Empfänger – Arme, mittellose Betagte, chronisch Kranke und kinderreiche Familien in Ost­ europa – haben neue Hoffnung geschöpft. Die Geschenke erleichtern ihren harten Alltag für Wochen oder gar Monate. Viele Beschenkte fragen neu nach Gott, weil sie im Geschenk ein Zeichen Seiner Liebe erkennen.


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NEU ERSCHIENEN: DAS BUCH ZU «WIR KINDER VON MOLDAWIEN» Die Geschichten der Kinder, die in den Tages­ zentren von «Wir Kinder von Moldawien» einund ausgehen, würden ein Buch füllen, hat sich Missionsleiter Georges Dubi schon lange gesagt. Schliesslich sammelte er solche Geschichten und verarbeitete sie zu einem Buch. Seit kurzem liegt es vor.

Das Buch erzählt von Kinderschicksalen und zeigt auf, wie sie sich zum Guten wenden, wenn Kinder in einem Tageszentrum Zuwendung und praktische Hilfe bekommen. Zu Wort kommen auch einige der vielen Freiwilligen in Moldawien, ohne deren selbst­ losen Einsatz es keine Tageszentren gäbe. Ergänzt werden die Geschichten von einigen kurzen Texten über Moldawien und das Engagement der Christlichen Ostmission in diesem Armenhaus Europas.

Buchbestellung Bitte senden Sie mir kostenlos das Buch «Wir Kinder von Moldawien».

Anzahl Bücher Name Vorname Strasse PLZ Ort OV 01/19 Talon einsenden an: Christliche Ostmission Bodengasse 14 3076 Worb oder an mail@ostmission.ch

Kürzlich haben wir Ihnen, den Empfängerinnen und Empfängern der Zeitschrift «Ost­ vision», das Buch geschickt. Möchten Sie das Schicksal der Kinder in Moldawien anderen Menschen in Ihrem Familien- oder Freundes­ kreis ans Herz legen? Wir stellen Ihnen dazu gerne gratis weitere Exemplare zu. Rufen Sie uns an auf 031 838 12 12, senden Sie ein E-Mail an mail@ostmission.ch oder füllen Sie den nebenstehenden Talon aus und schicken Sie ihn ein.


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