Oranienburger Stadtmagazin (Ausgabe 11, März 2013)

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foto: annagarten

BUNTES ORANIENBURG

Der Annagarten Vom einstigen Mädchenheim zur modernen Wohnanlage für Menschen mit Behinderungen.

foto: privatbesitz renate buß

1924 wurden im Berliner Polizeikranund nach dem Zweiten Weltkrieg wurkenhaus Reinickendorf inhaftierte krande der „Annagarten“ Zufluchtsstätte für ke Frauen behandelt. 15 Diakonissen beWaisen und Flüchtlinge. treuten ab Januar 1925 rund 100 Frauen. Immer stärker rückte der Fokus auf die Weil viele der entlassen Mädchen und Betreuung von Alten und Kindern. Ende Frauen rückfällig wurden, wollten sie der 1950er legte die DDR-Regierung eine Baracke als Anlaufstelle errichten jedoch fest, dass gesunde Kinder nicht und suchten ein Haus nahe Berlin. Unter in kirchlichen Einrichtungen untergeden Angeboten fand sich der „Annagarbracht werden sollten. In dieser Zeit ten“ bei Oranienburg. Das gleichnamige wurden die ersten geistig behinderten Mädchenheim wurde 1926 eingeweiht Mädchen und Frauen aufgenommen. und ein neues pädagogisches KonCirca 60 geistig und mehrfach behinderzept ausprobiert. Die Neuvandsburger te Bewohnerinnen wurden nun von 14 Schwester Emilie SteiSchwestern betreut. ner leitete es von 1930 Nachdem Emilie Steibis 1976. Meist kamen ner 1976 erkrankte, die Bewohnerinnen übernahm Schwester aus erschütternden Renate Buß die LeiVerhältnissen. Im Antung. Als 1975 der nagarten wurden sie Stall abbrannte, benicht nur seelsorgeschlossen die Mitarrisch betreut, sondern beiter, an seiner Stelle erhielten auch eine ein Therapiegebäude Ber ufsausbildung , zu bauen, das 1981 etwa als Schneiderin, eingeweiht wurde. Emilie Steiner leitete den Köchin oder KrankenZu dieser Zeit kümAnnagarten von 1930 bis 1967. schwester. Zu Beginn merten sich 13 Diakowurden 20 Frauen aufnissen um 85 Frauen genommen, doch die Kapazität verdopzwischen 13 und 88 Jahren, heute sind pelte sich in den kommenden Jahren. die Bewohner mindestens 18 Jahre alt. Kamen die Mädchen und Frauen in der Eine neue Küche wurde 1979 angebaut, Anfangszeit freiwillig, änderte sich das ein neuer Brunnen 1980 gebohrt. Um während des Nazi-Regimes. Junge Fraudie Bauarbeiten zu finanzieren, arbeiteen wurden zwangsweise in den „Annaten die Schwestern und einige Bewohgarten“ oder andere Heime eingewiesen. nerinnen in der Eden-Mosterei oder auf Viele von ihnen versuchten zu flüchten, dem Luisenhof. Gemeinsam wurde aber was die Arbeit erschwerte. Während auch gefeiert, gesungen, gespielt und Heute leben auch Männer im Wohnverbund.

gebastelt. Zudem sollten die Bewohnerinnen einmal im Jahr für zwei Wochen mit Familienangehörigen in den Urlaub fahren. 1993 übernahm das Evangelische Johannesstift Berlin die Trägerschaft für den „Annagarten“. Seitdem sind auch Mitarbeiter ohne Kirchenzugehörigkeit beschäftigt, die letzten Diakonissen gingen 2003 in den Ruhestand. In den vergangenen Jahren wurden barrierefreie Häuser gebaut. Sie gruppieren sich um den nach der früheren Leiterin benannten „Emilienhof “. Die Bewohner, unter denen nun auch Männer sind, leben seitdem in Einzelzimmern. Acht Personen teilen sich ein Haus. Zudem gibt es den „Annagarten“ auch innerhalb der Stadt als „Wohnverbundsystem Annagarten – Stadtnetz“. In angemieteten Wohnungen leben Menschen, die ambulant versorgt werden können. Quelle: Werner Liedtke: „Der ,Annagarten‘ – mehr als eine blühende Landschaft.“, in: Bothzowia, Band 2, „Stadt u. Kultur“ (2009).

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