Festschrift

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> Ein neuer Subventionsvertrag Während der Direktionszeit von Christoph Groszer 1986-1991 fand keine Uraufführung am Opernhaus Zürich statt; ein Ereignis war die Aufführung der «Europeras 1 & 2» von John Cage. Die neue Studiobühne bot die Möglichkeit, Stücke wie Udo Zimmermanns «Weisse Rose», Hans Werner Henzes «Pollicino» oder Bruno Madernas «Satyricon» zu spielen. Aber auch Händelopern («Xerxes» und «Deidamia») wurden dort gegeben. Joachim Herz, der in der DDR die Tradition Walter Felsensteins (der übrigens 1938-1940 als Regisseur am «Stadttheater Zürich» tätig gewesen war) fortgesetzt hat, inszenierte «Madama Butterfly». Die Berliner Lindenoper gastierte u.a. mit «Tannhäuser» (wohlgemerkt noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs). Yuri Ljubimow inszenierte Janácˇeks «Jenufa», mit dem 27-jährigen Christian Thielemann am Pult, Ruth Berghaus Strauss’ «Elektra». Michael Hampe war ein weiterer wichtiger Regisseur. Neben dem Monteverdi- und dem MozartZyklus mit Harnoncourt und Ponnelle hatte Claus Helmut Drese einen «Ring»-Zyklus in eigener Inszenierung (im Bühnenbild von Ul de Rico) geplant, der 1987-1989 ebenfalls unter Groszer umgesetzt wurde. Alfred Muff debütierte bei dieser Gelegenheit als Wotan. Weitere Künstler, die in dieser Zeit ans Haus kamen und der Zürcher Oper zum Teil für Jahrzehnte treu blieben, waren Edita Gruberova, Francisco Araiza, Deon van der Walt und Gösta Winbergh. Solche Sängerpersönlichkeiten zu binden, wurde durch ein modifiziertes Stagione-System möglich, das Christoph Groszer im Jahrbuch 1990/1991 so kommentiert: «Das Semi-Stagione-Theater hat das Opernhaus Zürich in den Kreis der internationalen Theater mit Besetzungen gebracht, die gleichermassen an der Met, an der Scala, der Staatsoper Wien, in München, Berlin oder Hamburg singen. Die sehr hohen Eintrittspreise setzen allabendlich hervorragende Besetzungen voraus. Finanziell ist es letztlich eine politische Entscheidung, ob sich Zürich eine Oper mit den angesprochenen Kriterien leisten will und kann.» An gleicher Stelle rechnete Groszer vor, dass sich, gemessen an den durch diesen Anspruch entstehenden Kosten, für 1990 aufgrund der im Jahre 1982/1983 eingetretenen Budgetkürzung ein Defizit von rund 9.1 Mio. Franken hochrechnen liess. Dieses Defizit konnte vermieden werden, da im Dezember 1989 die neuen Subventionsverträge zwischen der Stadt und den vier Kulturinstituten Opernhaus, Schauspielhaus, Tonhalle und Kunsthaus in Kraft traten. Die Subventionsperiode wurde auf jeweils vier Jahre festgelegt, wodurch endlich grössere Planungssicherheit gegeben war. Ein weiterer Punkt der Reform von nicht unerheblicher Bedeutung: Der Teuerungsausgleich für das Personal konnte von nun an direkt vom Stadtrat analog den Sätzen für das Staats- und Stadtpersonal festgelegt werden und musste nicht mehr jedesmal durch den Gemeinderat beschlossen werden. Die neuen Subventionsverträge waren bis zum Bundesgericht angefochten worden; dieses wies jedoch die anhängige Stimmrechtsbeschwerde endgültig ab. Vom fakultativen Referendum war kein Gebrauch gemacht worden. Das Konzept, mit dem Alexander Pereira seine Intendanz mit Beginn der Spielzeit 1991/1992 antrat, liess sich allerdings nur realisieren, indem vermehrt Sponsorengelder aufgebracht wurden (vgl. das Gespräch mit Alexander Pereira in dieser Festschrift).

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Chronik


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