

SCHAUERORTE LOGEN MORDE IN OBERBAYERN
Sightseeing noire – oder: Die Wallfahrt des Grauens

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Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN: 978-3-95894-260-8 (Print)
© Copyright: Omnino Verlag, Berlin / 2023
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VORWORT
DER BESONDERE ORT BEWEIST EIN WEITERLEBEN!
Die Schauergeschichten der Romantik und des späten 19.Jahrhunderts erleben eine prickelnde Wiedergeburt mit der Neuentdeckung des Real-Grusels. Das Unheimliche, das Magische, das Verlorene, es lockt, es „zieht an“. Lost Places haben Hochkonjunktur, vielleicht spiegelt dieser Trend eine Grundstimmung der Gegenwart wider: einer von Pandemie, Krieg und Kriegsangst, dazu von gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Niedergang geprägten Zeit.
Alles, was geschieht, damit auch das Schauerliche, ist auffällig ortsgebunden. Orte aber haben Kraft und Lebensenergie, auch wenn sie belastet und geistig-seelisch kontaminiert sind. Nicht ohne Grund spielen die meisten Geistersagen in alten Gemäuern, also an „Lost Places“. Alles spielt mit gutem Grund da, wo es geschehen muss. Kriege gehen um Orte und Länder – und um Ideologien und Religionen. Was unerklärlich bleibt, rutscht zumeist ab in den dunklen Zwischenbereich des Hexenhaften, Geisterhaften, des abgründigen Verbrechens – und ins Zwischenreich der angeblich überall lauernden Verschwörung.
Folgen Sie den Orten des Gruselns, den Plätzen mit Promi-Morden, den Hinrichtungsstätten der Mörder und
Märtyrer. Auf zu alten Gemäuern! Lassen Sie den Ort sprechen, denn Gruselorte sind große Erzähler! Entdecken Sie mahnende Gerippe und Zeugnisse von Schandtaten. Und staunen Sie.
All dies geschieht nicht zufällig. Und noch weniger zufällig dort, wo es geschieht. Der Ort spielt immer mit. Dann entdecken Sie staunend: Diese Plätze sind ambivalent, lockend, packend – sogar heilend. Warum? An solchen Orten können Sie sich in Gedankenformen einklinken, die vor langer Zeit hier gedacht sind. Gedanken und Aufträge der Ahnen: Was für ein lebendiger Beweis, dass es geistig ein Weiterleben gibt!
Fritz Fenzl1. DE OSA VILLA AM
STARNBERGER SEE
DER GÄRTNER WAR´S TATSÄCHLICH
„Die Villa ist verflucht …“, meint so mancher der hier Vorübergehenden. Denn in dieser Villa, die Augusta de Osa, Hamburger Witwe des kolumbianischen Botschafters hier errichten ließ (später Schön-Klinik) geschah die größte
Tragödie: Die Familie des Erben Fritz de Osa wurde in der Nacht zum 11.9.1951 ermordet. Es war der erzürnte Hausmeister, der sich in die schöne Tochter nicht standesgemäß verliebt hatte. Nach diesem Gewaltakt brachte der Mörder sich selber um. Weitere Hintergründe um diese schlossgleiche Zweiflügel-Villa bleiben auch bei hartnäckigem Fragen verborgen. Ein Erahnen des von geistigen Dunkelkräften gesteuerten Tuns drängt sich recht bald auf.
Hingehen lohnt, denn es handelt sich um einen klassischen „Magischen Ort“. Schön und schaurig zugleich. Die Villa ist opulent, ein schlossartiger erdgeschossiger Flügelbau im Stil des Neubarock. Der überkuppelte Mittelbau mit der plakativen Rotunde lässt an das Schloss Solitüde in Stuttgart denken. Von der malerischen Frontseite im Westen zum See hin ergießt sich ein raumgreifender Park. Der war auch viele Jahre „danach“ teilweise eine beliebte Kaffeeterrasse, angemessener Treff. Damals wie heute konnte sich eine derart repräsentative Villa am Ost-
ufer nur die wirkliche Oberschicht leisten. Lady de Osa hatte offensichtlich, wie man dies heute nennen würde, ein „Netzwerk“. Denn von der hochnäsigen Dame des Hauses zeugt ein Portrait des Malers Franz von Stuck. Das Bildnis im Vollprofil zeigt eine strenge Frau von herber Schönheit, das tizianrote Haar in Jugendstilmanier hochgesteckt. Und die Villa? Geist und Spuk bleiben. Wechselnde Besitzer, die Agirov-Klinik (betreuender Arzt von Franz Josef Strauß!), dann die Schön-Kliniken: Jetzt herrscht Leerstand. Der Magische Ort, der die Villa trägt, ist sehenswert – und für den Fühlenden eindeutig „besetzt“. Nicht weit von hier ist die Todesstelle Ludwigs II., noch weiter südlich die Geistervilla des Okkultisten Gabriel von Max. Und der Mord? Der Gärtner? Das wirkliche Motiv? Kollektives Schweigen. Nichts zu erfahren.
Adresse:
82319 Percha, Münchner Straße in südl. Richtung ca. 500 Meter am See entlang, gegenüber Bushaltestelle.
Anfahrt:
Ab München über die Autobahn A 95 Richtung Garmisch. Abfahrt Starnberg, vor Starnberg die Abfahrt Percha nehmen. Durch Percha, bei einer deutlich sichtbaren Abzweigung rechts Richtung See den großen Parkplatz finden.
Tipp:
Ab hier ein gemütlicher Weg am See entlang genau Richtung Süden, bald erscheint oben das magische Grusel-Areal, unten in der Nähe einer malerischen Freitreppe findet sich eine gut gemachte Informations-Tafel.
QUELLE, GEHEIMGÄNGE, GERIPPE
Zuerst in den Alto-Wald, dorthin, wo dereinst der Heilige Alto der Legende nach mit dem Stab (also der Wünschelrute) die legendäre Quelle fand: Genießen Sie den Klang der Stille, dazu das gurgelnd stoische Plätschern eines kühlen und erdig schmeckenden Quellwassers. Der bunten Mischung aus Geschichte und Legende folgend, soll hier im abgeschiedenen Grün des Alto-Hochwaldes kein Geringerer als Pippin, der Vater Karls des Großen, den einsamen Heiligen im Wald getroffen haben – und schon schenkte er ihm den Zauberwald. Daran erinnert ein dreieckiger Quellbau, der die lebensgroße Altostatue umschließt, die auf drei Wunder des einsamen Mystikers verweist. Von der Ortsmitte Altomünsters immer der Beschilderung „Altoquelle“ folgen. Dann aber zurück in den Ort, mittig das Münster selber thront hoch erhoben auf dem Berg, der richtunggebende Turm kilometerweit sichtbar. Es erwartet Sie Magie, Kraft und ein dunkles
Geheimnis des weltabgeschiedenen Birgittinen-Ordens. Zum Eingang der monumentalen Kirche müssen Sie immer „nach oben“, letztendlich ist es eine Art Himmelstreppe, die zur schweren und bewusst engen eisernen Tür und zur Schwelle führt. Denn nur die „enge Pforte“ führt ins Himmelreich. Dann aber sind Sie in einer seelengreifenden katholischen Gegenwelt. Das Innere der Kirche
hebt sich vom Eingang bis zum Altar um sechs Meter, sie müssen zwangsläufig nach oben schauen. Das wirkt. Der düstere Vorraum führt rechts in eine TodesangstChristi-Kapelle mit zahllosen Totenschädeln, rechts ist eine eher hebende Lourdes-Grotte. Unter dem rechten Seitenaltar entspringt die ursprüngliche Alto-Quelle, die unter der Oberfläche bis zur Lourdes-Grotte fließt. Über dem Hauptaltar die Hirnschale (!) des Alto. Brokat-verbrämte Skelette hinter Glasfenstern, gedenke des Sterbens – also lebe! Oben die Umgänge für Klosterleute, die nie eines Menschen von „außen“ ansichtig werden durften. Gerüchten nach stand ein Sarg im Eingang des Klosters. Memento mori pur. Ein lokaler Führer verrät: Zahllose Geheimgänge unter dem Hauptschiff. Rechts neben dem Presbyterium fand man bei Renovierungsarbeiten Skelette von Neugeborenen.
Adresse:
85250 Altomünster. Den Hinweisschildern im Ort „St. Alto-Quelle“ folgen.
Anfahrt: A 8 Richtung Stuttgart, Abfahrt Sulzemoos. Dann der Beschilderung nach Altomünster folgen.
Tipp:
Altowald, nicht nur die labende Quelle lädt zum Besuch. Verlieren Sie sich in der Magie der Schöpfung!
3. RUDOLPH MOSHAMMER
MANCHMAL BLEIBT DIE LUFT WEG
Paradiesvogel Rudolph wurde im Kriegsjahr 1940 in München geboren. Vater bald obdachlos. Extreme Mutterbindung an die liebevolle und zugleich dominante Mama Else. Der junge Rudolph absolviert eine Ausbildung zum Verkäufer und arbeitet im Mode-Einzelhandel. Bald eröffnet er mit Hilfe von Finanziers seine Boutique
„Carnaval de Venise“ an der Münchner Maximilianstraße. Glamour-Bilder aus dieser Zeit sind heute noch ein Leckerbissen. Herren-Krawatten ab 100 D-Mark. Inzwischen gibt es eine Verfilmung des SelbstdarstellungsGenies mit dem Titel “Der große Rudolph“. Daneben
soziales Engagement und Einsatz für Obdachlose. Doch der Schein war eben alles. Der „Modezar“, der nie eine echte Schneiderlehre absolviert hatte, war als Verkäufer
unschlagbar: Arnold Schwarzenegger, Carl XVI. Gustaf von Schweden, Friedrich Karl Flick, Thomas Gottschalk, Siegfried & Roy, Roberto Blanco und José Carreras gehörten zu den Kunden. Und der Abgrund: In dunklen
Nächten erschien der schöne Rudolph im Rolls-Royce und Chauffeur im Bahnhofsviertel auf der Suche nach schnellen und schlüpfrigen Männerbekanntschaften. Rudolph nimmt einen irakischen Aushilfskellner mit nach Hause.
Sexuelle Handlungen, Gezänk um den Lohn. Rudolph wird am nächsten Morgen von dem Chauffeur Kaplan
aufgefunden. Ein Telefon- oder Stromkabel ist um den Hals gezerrt. Hysterische öffentliche Anteilnahme bei einem breit angelegten Show-Begräbnis, Prozession in der Maximilianstraße, die dem Trauerzug bei Ludwig II. in nichts nachsteht. Mosi liegt präpariert in seiner ausladenden Gruft unter dem Tempel im Ostfriedhof, sein Präparator hat ein gutes Gefühl: „Eines Tages werden die beiden gut erhaltene Mumien sein. Ihre Gesichtszüge bleiben aber bestehen.“
Adresse:
Max Joseph-Platz 2, 80539 München. Die ehemalige In-Boutique war in der Maximilian-Straße, genau südlich gegenüber der Oper.
Anfahrt:
Alle U- und S-Bahnen zum Münchner Marienplatz. Von da aus 5-10 Minuten zu der Oper. Das Mausoleum findet sich auf dem Münchner Ostfriedhof. Immer den Pilgern folgen.
Tipp:
Auf die südlichen Stufen der Residenz setzen und von Mosi träumen.