ÖTK Klubmagazin 3/2010

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Eduard Fischer v. Röslerstamm Biographische Notizen von Walter Wenzel

Eduard Fischer von Röslerstamm stammte aus dem nördlichsten Zipfel des Königreiches Böhmen an der Grenze zu Sachsen. Dort hat sein Vater Joseph Emanuel Fischer gemeinsam mit dessen Onkel Ignaz Rösler (auch die unrichtigen Schreibweisen Rössler bzw. Rößler kommen in der Überlieferung vor) in der Ortschaft Nixdorf ( heute Mikuláåovice/Tschechien) eine Feinstahlfabrik gegründet, wegen deren Bedeutung Nixdorf auch das „österreichische Solingen“ genannt wurde. Kaiser Franz erhob die beiden Herren 1819 in den Adelsstand; der kinderlose Ignaz Rösler erhielt das Prädikat „von Ehrenstahl“ und sein Neffe Joseph Emanuel Fischer jenes „von Röslerstamm“ (auch die unrichtigen Schreibweisen Rösslerstamm bzw. Rößlerstamm kommen in der Überlieferung vor). Dieser Adelstitel hat sich auf den am 20. Mai 1814 in Nixdorf geborenen Sohn Eduard übertragen. Eduard kam als Schüler erstmals nach Wien um am Polytechnischen Institut zu studieren und war betrübt die Berge nur aus der Ferne sehen zu können, während er in der sächsischböhmischen Schweiz gerne unterwegs war. Nach dem WienAufenthalt besuchte er noch in Dresden eine Lutherische Bildungsanstalt und trat 1830 in die Fabrik in Nixdorf ein. Im Jahre 1831 lernte er seine spätere Ehefrau Amalie Liebisch (*13.10. 1812, †18.1.1870) kennen; nach der Heirat am 14. November 1836 in Nixdorf übersiedelte das Paar 1837 nach Wien. Hier baute sich Eduard Fischer eine Existenz als selbständiger Unternehmer auf und versuchte sich im Laufe der Zeit mit der Herstellung der verschiedensten Erzeugnisse, wie zum Beispiel Rasiermesser, Bleistifte, Mehlspeisen, Makkaroni und Weinessig. Zu den wirtschaftlichen Sorgen der Eheleute kamen noch schwere familiäre Schicksalsschläge hinzu: die erstgeborene Tochter kam 1837 tot zur Welt, 1842 kam ein Sohn tot zur Welt und die beiden Töchter Anna ( *1838) und Amalie ( *1840) starben im April 1843 innerhalb weniger Tage an Scharlach. Erst ab Herbst 1843 hatte das Ehepaar Glück mit dem Nachwuchs, denn es kamen noch drei Kinder zur Welt, die gesund blieben und sich gut entwickelten. Von Wien aus konnte Eduard Fischer nun seinen touristischen und alpinistischen Vorlieben frönen, so bestieg er zum Beispiel gleich 1838 mit Freunden den Schneeberg, den er im Laufe seines Lebens rund hundert Mal erklomm.Von den Bergen der Monarchie fanden sich noch so manche Namen in seinem Tourenverzeichnis und man bedenke die damaligen Verkehrsmittel und Reisemöglichkeiten: Riesengebirge, Kleine Karpaten, Hohe Wand, Raxalpe, Schneealpe, einige Gipfel des Gesäuses, Großer Bösenstein, Großglockner, Monte Piano, Dobratsch, Zirbitzkogel, Hochlantsch, Ötztaler Alpen, Zillertaler Alpen, etc. Eduard Fischer hatte einen Sohn, Eduard jun. (*1848), sowie zwei Töchter, die allesamt die touristischen und alpinistischen Neigungen ihres Vaters teilten. Tochter Anna (*1843) war mit dem Buchhändler Alfred Grenser verheiratet, Tochter Amalie (*1845) mit dem Kunsthändler Valentin Heck; die beiden Herren hatten ebensolche Interessen. Als sich in den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts die ersten alpinen Vereine in Österreich gründeten, weckte dies Eduard Fischers Interesse. Im „Steirischen Gebirgsverein“ in Graz ab 1874 und im „Verein der Naturfreunde in Mödling vom Jahre 1877“ ab dessen Gründungsjahr war er nur Mitglied; doch in den drei in Wien ansässigen Vereinen war er nicht nur ab dem jeweiligen Gründungsjahr Mitglied sondern auch in verschiedenen Funktionen 74

ehrenamtlich tätig (siehe Anhang). Jedem dieser Vereine hat er durch sein Engagement zu Erfolgen verholfen. Außerdem hat er eine Vielzahl an Vorträgen gehalten und Beiträge für Zeitschriften verfaßt. Als der „Oesterreichische Touristen-Club“ (OeTC ) am 6. Juli 1873 seine beiden Schneeberghäuser – Baumgartner-Haus und Damböck-Haus – eröffnen konnte, steckte viel Arbeit von Eduard Fischer dahinter, der als Obmann-Stellvertreter des OeTC und guter Kenner des Schneebergs auch zwei Jahre im sogenannten „Schneeberg-Comité“ mitgewirkt hatte. In diesem Jahr erschien auch sein Wanderführer über den Schneeberg. Gastwirt Georg Jörg aus Maria Schutz legte 1874 einen 2160 Klafter (1 Klafter = 1,896 m) langen Weg mit 40 Serpentinen auf den Sonnwendstein an und erbat vom OeTC eine Unterstützung von 100 fl. (Gulden), die Hälfte davon zahlte Eduard Fischer aus Privatmitteln. Bei der Eröffnungsfeier am 4. Juli 1875 dankte der OeTC mit der Namensgebung „Fischer-Steig“. Außerdem setzte sich Herr Fischer 1874 dafür ein, daß das Führerwesen von Alpenverein und OeTC gemeinsam geregelt wird und am 4. Oktober 1874 bei der Eröffnung der HochschwabHütte des Steirischen Gebirgsvereins leitete er die OeTC-Delegation und hielt eine Ansprache.Von diesem Verein bekam er übrigens ein Anerkennungsdiplom für seine Verdienste um das Touristenwesen. Die 1874 aus dem Österreichischen Alpenverein und der Sektion Wien des Deutschen Alpenvereins entstandene „Sektion Austria“ des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins beschloß den Bau der Rudolfshütte beim Weißsee sowie die Anlegung eines Saumpfades vom Enzingerboden über den Kalser Tauern ins Dorfertal. Zur Durchführung dieser Bauten wurde ein Comité bestellt, dem außer Vorstand und Vorstand-Stellvertreter der Sektion nur mehr Eduard Fischer angehörte; auf ihm ruhte die Hauptlast, denn er sorgte für die Feststellung der Wegroute, die Aufnahme der Arbeiter sowie für die Leitung und Überwachung der Arbeiten. Er war es, der am 25. August 1875 die Rudolfshütte eröffnete und gleichzeitig damit den Wegabschnitt von Fellern bis zum Kalser Tauern. Im Jahr 1876 wurde ÖTZ Juni/Juli 2010


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