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Elke Stinnig
Leben nach dem Völkermord in Ruanda Wie kann Versöhnungsarbeit zwischen Opfern und Tätern aussehen und welche Bedeutung kommt dabei der Sozialarbeit zu?
Bild links: APPEAR-Projektpartner/innen und -Stipendiat/innen nahmen an der Konferenz teil. Bild rechts: Teilnehmer/innen beim Social March anlässlich des Weltsozialarbeitstages.
»Niemals wieder Genozid« – diese Worte vernimmt man oft in dem kleinen ostafrikanischen Land Ruanda. Doch wie kann so ein traumatisches Ereignis wie der Völkermord von 1994, bei dem innerhalb von 100 Tagen mehr als 800.000 Tutsi und moderate Hutu getötet und mehr als zwei Mio. Menschen zur Flucht gezwungen wurden, verarbeitet werden? Wie kann Versöhnungsarbeit zwischen Opfern und Tätern aussehen und welche Bedeutung kommt dabei der Sozialarbeit zu? Fünf Jahre nach dem Völkermord wurde das erste Institut für Sozialarbeit an der Universität in Ruanda auf Initiative von Prof. Mathilde Mukantaba gegründet. Sie lebte zu dieser Zeit in den USA und versuchte einen Weg zu finden, Überlebende und traumatisierte Menschen in ihrer Heimat zu unterstützen. Mit viel Engagement gelang es ihr, die Universität davon zu überzeugen, das erste und bisher einzige Institut im Bereich Sozialarbeit in Ruanda zu etablieren. Besonders in den ersten Jahren herrschte am Institut eklatanter Fachkräftemangel und die Studierenden wurden von Soziolog/innen und Psycholog/innen anderer Institute unterrichtet. Mittlerweile weisen mehrere Mitarbeiter/innen einen Master- oder PhD-Abschluss in Sozialarbeit auf. Am Department wurden im Rahmen des
Bachelorprogramms bisher über 800 Graduierte ausgebildet und derzeit wartet man auf die Akkreditierung des Master-Curriculums. Post-genozidäre Gesellschaft in Ruanda Trotz dieser Aufbauarbeit und der hohen Relevanz der Sozialarbeit für die post-genozidäre Gesellschaft in Ruanda ist die Disziplin noch wenig bekannt und wird oft unterschätzt. Daher war für das PROSOWO-Team, bestehend aus fünf ostafrikanischen Universitäten und der FH Kärnten, Kigali als Austragungsort der zweiten »International Social Work Conference« die logische Wahl. Die Konferenz zum Thema »Professionelle Soziale Arbeit und nachhaltige Entwicklung in Afrika« im März 2018 mit rund 500 internationalen Delegierten und der im Rahmen der Tagung organisierte »Social March« anlässlich des Weltsozialarbeitstages hatten daher auch zum Ziel, die Sozialarbeit in Ruanda zu stärken und sichtbar zu machen. Am Ende des »Sozialen Marsches« stand der Besuch des Kigali Genocide Memorials, dessen Leitgedanke »Erinnern und Lernen« ist. Dort befinden sich Massengräber von mehr als 250.000 Menschen sowie ein Museum, das die tragischen Ereignisse in Ruanda aufarbeitet, aber auch den
Alle Fotos der Doppelseite © Elke Stinnig | OeAD-GmbH
DI Elke Stinnig, BA ist Mitarbeiterin der Abteilung Bildung und Forschung für internationale Entwicklungszusammenarbeit bei der OeAD-GmbH.