FinTech & GenAI





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Erinnern Sie sich an die DotcomEuphorie der späten 1990er Jahre? In wenigen Jahren flossen Milliarden in eine Technologie, deren Revolutionspotenzial sich am Horizont zwar abzeichnete, aber noch kaum beziffern liess Fiel die Jahresbilanz negativ aus lautete das Mantra: Es wird sich auszahlen – es ist schliesslich das Internet.
Was passiert heute? Konzerne wie Apple, Alphabet und Microsoft investieren Milliarden in eine Branche, deren Ertragspotenzial sich erst andeutet: künstliche Intelligenz (KI). Auch im Fintech-Bereich ist der Investitionsdruck spürbar: Von Grossbanken bis zu Zahlungsdienstleistern will niemand den Anschluss verpassen
Das Muster ist historisch vertraut, die Protagonistin der aktuellen Investitionswelle ist jedoch eine andere, nämlich generative KI (GenAI). Sie gilt als neues Heilsversprechen, soll die Compliance unterstützen Transaktionen prüfen und aus Formularen dialogfähige Oberflächen machen. Wieder stellen sich die beiden Fragen: Kann GenAI die ersehnten Profite tatsächlich liefern? Oder stellt sich die Revolution des Fintech-Bereichs durch generative KI am Ende doch als weitere Blase heraus?
Um ein Mark Twain zugeschriebenes Bonmot zu bemühen: «History does not repeat, but it does rhyme.» Geschichte muss sich nicht exakt wiederholen, auch wenn sie ähnlich klingt. Den Milliardenfluss in Richtung GenAI erneut als reinen Hype zu deklarieren, wäre also verkürzt – der produktive Kern der Technologie ist unübersehbar.
Gerade deshalb ist es ein guter Zeitpunkt, innezuhalten und sich einen Überblick zu verschaffen. In dieser Beilage beleuchten wir das Potenzial und den aktuellen Stand generativer KI in der Fintech-Branche Wo entstehen echte Produktivitätsgewinne, wo dominieren Marketingversprechen? Wann erweist sich generative KI als Schatzkarte, die neue Ertragsquellen erschliesst – und wann wird sie zur vermeintlichen Kristallkugel? Sicher ist: Anno 2025 bleibt der grosse Profit aus KI-Investitionen vielerorts noch ein Sehnsuchtsobjekt –verlockend, aber ungewiss Wer bereits belastbare Geschäftsmodelle gefunden hat und wer noch auf der Suche ist, zeigen die Beispiele in dieser Beilage. Bleiben Sie interessiert, bleiben Sie neugierig
Marco Cousin, verantwortlich für den Schwerpunkt
Nach Jahren des Booms muss der Schweizer Fintech-Markt reifer werden International relevant bleiben die Firmen, die jetzt auf künstliche Intelligenz setzen, den Wandel zum Business-to-BusinessModell vollziehen und mehr Risikobereitschaft zeigen
MARK BAER
Die Schweizer Fintech-Branche befindet sich in einer tiefgreifenden Transformation. Nachdem in den Boomjahren das Kapital nahezu grenzenlos zur Verfügung stand und viele Ideen finanziert wurden, die sonst kaum eine Chance gehabt hätten, erleben wir heute eine deutliche Veränderung Der Markt wächst kaum noch, und die Investitionen sind stark zurückgegangen. Diese Marktsättigung in den bisherigen Strukturen sowie die Vorsicht der Investoren führen zu einem Rückgang des verfügbaren Risikokapitals
Der Fintech-Visionär Spiros Margaris sieht darin eine Herausforderung, welche die Unternehmen aus der Finanztechnologie nun zwinge, ihre Hausaufgaben zu machen. Laut des Gründers von Margaris Ventures müssen Firmen heute beweisen, «dass sie echten Kundennutzen schaffen und effizient wirtschaften» Der Markt verlange eine strategische Ausrichtung. Dies sei eine Chance für diejenigen, die langfristig denken. Der 60-Jährige ist überzeugt: «Wer jetzt überlebt, legt die Basis für die nächste Wachstumswelle.»
Die Dominanz der KI: vom Support zur Führung
Die entscheidende Rolle beim Auftakt dieser «nächsten Wachstumswelle» wird von der künstlichen Intelligenz (KI) gespielt werden Sie löst im Finanzsektor eine tiefgreifende Veränderung aus. Margaris spricht davon, dass wir in die Ära der «KI-first-Finance» eintreten; eine Finanzwelt, in der die KI nicht nur unterstützt, sondern aktiv führt Zudem gehe die grösste Revolution von agentischen KI-Systemen aus die Aufgaben selbständig planen und ausführen können Dadurch werden Kernbereiche wie Kreditprüfung, Risikomanagement, Compliance und Beratung intelligenter, schneller und präziser Zukünftig werden diese Systeme die Ergebnisse von Prozessen schon aufzeigen, bevor überhaupt eine Entscheidung getroffen wurde Ähnlich äussert sich Patrick Lemmens, Lead Portfolio Manager bei Robeco Er bezeichnet die KI einschliesslich der generativen KI (GenAI) und der agentenbasierten KI-Systeme, als das «Rückgrat des Fintech-Sektors» Die Geschwindigkeit, mit der KI-getriebene Startups wachsen, übertreffe sogar den Boom der frühen 2010er Jahre, als sich das Modell des «Software as a Service» etablierte Dabei wurden Anwendungen nicht mehr lokal installiert, sondern als Dienstleistung über das Internet angeboten
«Ich sehe mehr B2B und mehr Zusammenarbeit mit Institutionen bei Fintechs.»
Katka Letzing Gründerin Kickstart Innovation


Wer bei der nächsten Wachstumswelle dabei sein möchte,
Lemmens beobachtet, wie KI-Agenten im sogenannten «Agentic Commerce» selbständig innerhalb digitaler Ökosysteme handeln und damit die Art und Weise, wie wir suchen, einkaufen und bezahlen, grundlegend verändern. «Einige grosse Marktteilnehmer verzeichnen bereits deutliche Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen», so der Finanz- und Fintech-Experte Die CEO von Kickstart Innovation, Katka Letzing, sieht dies genauso und berichtet, dass in der Schweiz immer mehr Unternehmen mit Fokus auf KI, Daten und Machine Learning in den Markt eintreten. Diese Firmen seien ursprünglich oft keine reinen Fintechs, würden sich aber immer mehr mit Fintech-Anwendungsfällen befassen.Als Beispiel nennt die Startup-Expertin Anwendungen bei der Kreditbewertung, Betrugserkennung oder Compliance Das Zürcher Unternehmen Kickstart Innovation bringt seit zehn Jahren Startups und etablierte Firmen zusammen, um nachhaltige Innovationen schneller zu entwickeln und umzusetzen

Vom Verbraucher zum Unternehmen: der B2B-Wandel
Die stärkere Fokussierung auf KI geht Hand in Hand mit einem zweiten grossen Trend: dem Wandel vom Endkundengeschäft (B2C) hin zu Lösungen für Unternehmenskunden (B2B). Letzing bestätigt, dass neben einem starken B2C-Segment aktuell ein deutliches Wachstum bei B2B-Lösungen zu verzeichnen ist. Als Beispiel erwähnt die Kickstart-Mitgründerin Startups, die sich an Banken, Versicherungen, Vermögensverwalter und andere grosse Unternehmen richten.
Der Grund für den B2B-Wandel ist einfach: B2CFintechs haben zwar Pionierarbeit geleistet, doch ihr Modell ist teuer, da Marketing, Regulierung und Kundengewinnung enorme Summen verschlingen. B2B-Lösungen, die anspruchsvolle Unternehmen bedienen, sind hingegen weniger kapitalintensiv.
Spiros Margaris beschreibt diesen Wandel als einen «Übergang vom Fintech als Marke zum Fintech als System» B2B-Fintechs würden Banken und Unternehmen heute spezialisierte Technologien und wichtige Infrastrukturlösungen liefern. «Sie sind die stille Kraft im Hintergrund, deren Technologie die unsichtbare, aber unverzichtbare Grundlage der Finanzwelt bildet.»
Die Chefin von Kickstart stimmt zu und sieht insgesamt «mehr B2B, mehr Zusammenarbeit mit Institutionen und mehr KI-getriebene,
branchenübergreifende Konvergenz» Erfolgreiche
Schweizer Beispiele wie Yokoy mit seinem KI-gestützten Spesenmanagement oder Decentriq, das datenschutzkonforme Infrastruktur für Datenkollaboration bietet, zeigen, dass skalierbare B2B-Infrastruktur heute ein entscheidender Erfolgsfaktor ist.
Die Rolle der Nachhaltigkeit: gelebter Grundsatz statt Marketinginstrument
Neben KI und B2B gewinnt die Nachhaltigkeit stetig an Bedeutung Laut der Swiss Fintech Map gab es im vergangenen Jahr über 400 Fintech-Unternehmen in der Schweiz, davon etwa 50 im Bereich Sustainable Finance Damit macht dieses Segment mehr als zehn Prozent des gesamten Fintech-Ökosystems aus Hier mahnt Margaris jedoch zur Vorsicht. Fintechs sollten Nachhaltigkeit nicht als reines Marketinginstrument missbrauchen, sondern als gelebten Grundsatz integrieren.Viele ESG-Produkte hätten enttäuscht, weil sie mehr versprechen, als sie tatsächlich halten. Die Schweiz habe nun die Chance, mit ihrer traditionellen Stärke zu punkten, indem sie Technologie konsequent mit Transparenz verbinde Letztlich sei Nachhaltigkeit nichts anderes als ein Datenthema, sagt der St Galler Vordenker mit griechischen Wurzeln. «Wer ESG-Daten zuverlässig
«Schweizer müssen lernen, mutig zu scheitern und daraus zu wachsen».
Spiros Margaris Gründer Margaris Ventures

erhebt, prüft und integriert, ermöglicht bessere Investitionen und minimiert auch die Gefahr von Greenwashing.» Das passe zur Schweizer Stärke, die mit Präzision und Vertrauen verbunden wird. Die Schweiz bringt mit ihrer politischen Stabilität, ihrem Kapital, ihrem Wissen und den exzellenten Bildungseinrichtungen alle Voraus setzungen für einen Innovationsstandort mit.Trotzdem fehle es Helvetia oft an Mut und internationaler Ambition Der Fintech-Pionier Margaris diagnostiziert, dass die Schweiz zu vorsichtig und zu analytisch unterwegs sei.Andere Länder wie Singapur oder Saudi-Arabien würden hingegen gezielte Förderungen und offene Zusammenarbeiten zwischen Regulatoren, Banken und Startups schaffen Die Schweizer müssten lernen, «mutig zu scheitern und daraus zu wachsen». Gesetzliche Regulierungen sollten Sicherheit schaffen, aber Innovation nicht behindern Statt zu viele Kommissionen einzusetzen, brauche unser Land mehr Pilotprojekte, denn «Innovation braucht Tempo»
Der Appell von Spiros Margaris ist klar: Das grösste Risiko sei, gar kein Risiko einzugehen Die Schweiz nehme zwar eine Vorreiterrolle bei digitalen Vermögenswerten, Kryptowährungen und Tokenisierung ein, und die Schweizerische Nationalbank sei für ihre fortgeschrittene BlockchainExpertise anerkannt. «Doch die Schweiz braucht mehr Tempo, Kapital und Risikobereitschaft, um den Anschluss an jene Länder zu halten, die klare nationale Strategien für KI-first-Finance verfolgen.»
Das Fieber der Tech-Aktien: Grund für Vorsicht, aber keine Panik
Während die KI-Welle die Fintech-Welt überrollt, blicken Anleger weltweit mit Sorge auf die Bewertungen von verschiedenen Technologieaktien, insbesondere in den USA. Die starke Berichtssaison im dritten Quartal hat die Gewinnerwartungen der Analysten übertroffen und die Kurse im US-Tech-Sektor deutlich nach oben befeuert. Auch die Quartalszahlen des Chipproduzenten Nvidia haben nicht enttäuscht. Das bezüglich der Marktkapitalisierung wertvollste Unternehmen der Welt hat vor etwas mehr als einer Woche ein überraschend starkes Wachstum vermeldet. Nachdem der Nasdaq-Index in den letzten Monaten kräftig zugelegt hat, befinden sich die Bewertungen vieler Tech-Firmen in schwindelerregenden Höhen Einige Kommentatoren sprechen deshalb bereits von einer Spekulationsblase Sandro Merino, Chief Investment Officer der Bank Cler, rät zur Vorsicht, aber nicht zur Panik. Er sagt, es sei «ausserordentlich schwierig, eine Blase zu erkennen», und noch schwieriger, den Zeitpunkt für deren Platzen vorauszusehen. Da die Bewertungen auf stark steigenden realen Gewinnen beruhen, laute das Gebot der Stunde: «Mass halten bei der Exposition in sehr hoch bewertete Titel, ohne komplett auszusteigen.»
Spiros Margaris empfiehlt, in Firmen zu investieren, die KI als Kernkompetenz verstehen und nutzen, um Prozesse zu automatisieren, Risiken zu reduzieren und Kundenbeziehungen zu verbessern. Insbesondere Embedded Finance RegTech Cybersecurity und Zahlungsverkehr würden hier grosse Chancen bieten
Der Fokus sollte nicht auf kurzfristigen Bewertungen, sondern auf der strukturellen Relevanz liegen, erklärt der Experte, der selber zwei Finanzprodukte für Investitionen in Fintech- und KI-Unternehmen managt. «Wer heute auf B2BUnternehmen setzt, investiert in die Infrastruktur der kommenden Finanzära», ist der Venture Capitalist überzeugt
Im globalen KI-Wettbewerb geht die kleine Schweiz ihren eigenen Weg: dezentral, offen und getragen von einem pragmatischen «Freedom to Innovate»Ansatz. Was noch fehlt, ist ein dezidiertes «Buy Swiss Tech»-Bekenntnis.

ALEXANDER E. BRUNNER
Der Kampf um die Vorherrschaft in der KI-Branche ist heftiger denn je Länder wetteifern um die Spitzenposition und investieren erhebliche Mittel und Ressourcen. Angesichts der geballten Innovationskraft, wie sie die USA derzeit eindrucksvoll demonstrieren, fällt es kleineren Staaten schwer, Schritt zu halten. In diesem rasanten Wettlauf hat sich die Schweiz – mit nur neun Millionen Einwohnern – zu einem weitherum respektierten Mitbewerber entwickelt. Doch stellt sich die Frage wie sich die Schweiz in Zukunft schlagen wird. Das Buch «The Big Swiss AI Secret» (siehe Kasten) geht genau dieser Frage nach, wie die Schweiz in verschiedenen bahnbrechenden Technologien, von Krypto bis zu KI, weltweit vorne mit dabei sein kann. Das Buch beruht auf über 100 Interviews mit führenden Schweizer KI-Experten, von Unternehmern bis zu Investoren und von Politikern bis zu Professoren. Leser des Buches lernen nicht nur eine Vielzahl von KI-Anwendungen kennen, sondern auch, welche Erfolgsfaktoren für Innovationen entscheidend sind.
Krypto als Schlüssel
Um besser zu verstehen, wie die Schweiz in einem globalen KI-Wettbewerb bestehen kann, lohnt sich ein Blick auf eine andere Schweizer Erfolgsgeschichte aus dem Technologiesektor: den weltweiten Aufstieg des Crypto Valley in Zug Seit der Ankunft der ersten Kryptounternehmen hat sich die Schweiz zu einem führenden
Zentrum für Blockchain-Technologie entwickelt Die ersten Kryptounternehmen wurden 2013 gegründet, und Zug entwickelte sich rasch zu einem globalen Blockchain-Hub Bald folgten andere Kantone, die günstige Rahmenbedingungen boten: Zürich mit seinem starken Bankensektor, das Tessin als Startup-Hub sowie die französischsprachige Schweiz mit lebendigen Unternehmergemeinschaften. In nur einem Jahrzehnt hat sich das, was in Zug begann, auf das ganze Land ausgeweitet Die Online-Kryptopublikation Coindesk platzierte das Schweizer Crypto Valley bereits im Jahr 2023 auf Platz eins, noch vor den USA, Grossbritannien und der EU Dieser Erfolg wurde ohne nationale Kryptostrategie oder staatliche Investitionen erreicht, ganz im Gegenteil. Erst nachdem erste Erfahrungen mit der Blockchain gesammelt wurden, führte der Bund im Jahr 2021 ein BlockchainRahmengesetz ein, anstatt hastig mit einer unausgereiften Regulierung vorzupreschen
Das hochgradig förderliche Technologieumfeld der Schweiz hat nicht nur die Grundlage für den Erfolg des Crypto Valley gelegt, sondern auch für deren Expertise in der KI: Im «Global AI Index» von Tortoise Media rangiert die Schweiz bezüglich KI-Intensität, der KI-Kompetenz im Verhältnis zur Bevölkerung und Grösse der Wirtschaft, auf Platz vier, knapp hinter den USA. Die Schweiz beherbergt einige der erfolgreichsten KI-Startups, von denen viele aus der ETH hervorgegangen sind. In den vergangenen 51 Jahren hat die ETH 615 Ausgründungen
hervorgebracht, von denen viele heute führend in ihren Branchen sind. Viele davon sind auch im Finanzbereich mit KI-Lösungen unterwegs
Platzhirsche der KI-Branche
Aisot Technologies ist ein Zürcher ETH-Spin-off, das KI- und MachineLearning-Lösungen für Asset-Manager entwickelt Das Unternehmen bietet eine Plattform an, die Vermögensverwaltern dabei hilft, Portfolios schneller zu erstellen,Analysen zu automatisieren und bessere Anlageentscheidungen zu treffen. Mit Tools wie der «AI Insights Platform» oder dem «Investment Co-Pilot» analysiert das Unternehmen grosse Datenmengen, erstellt individualisierte Portfolios und liefert erklärbare Prognosen.
Unique AG ist ein weiteres Zürcher KI-Unternehmen, das sich auf agentische KI-Lösungen für Finanzinstitute spezialisiert hat, insbesondere im Wealth Management, im Private Banking und in der Vermögensverwaltung
Die Plattform automatisiert komplexe, datenintensive Prozesse wie Neukundenprüfung, Research, Due Diligence und Compliance und bietet eine breite Palette an individuell anpassbaren KI-Agenten an. Unique arbeitet bereits mit grossen Finanzhäusern wie Pictet, LGT und SIX Group zusammen. Im Februar 2025 konnte Unique in einer Series-A-Finanzierungsrunde 30 Millionen Dollar abschliessen und expandiert derzeit in die USA.
Das Schweizer Innovationsmodell setzt somit auf einen dezentralen, kollaborativen Ansatz, bei dem lo-
Grosse Firmen nutzen Schweizer KI-Lösungen nur bescheiden
kale Akteure gemeinsam Probleme lösen und Technologien weiterentwickeln. Dieses Modell, das auf kleinen, schnellen Iterationen basiert, steht im Gegensatz zu den zentral gesteuerten Grossprojekten vieler anderer Länder, wie sie derzeit in den USA mit ihrem Brute-Force-Innovationsansatz im Bereich der KI praktiziert werden. Der dezentrale Ansatz schafft ein wettbewerbsfähiges Umfeld, in dem Ideen schnell getestet und an lokale Bedürfnisse angepasst werden können. Diese Flexibilität ermöglicht es dem Schweizer KI-Ökosystem, sich rasch zu entwickeln und an technologische sowie globale Veränderungen anzupassen. Das Schweizer Gleichgewicht zwischen Freiheit und pragmatischer Regulierung macht das Land für TechUnternehmen attraktiv Diese Kultur der Offenheit und Dezentralisierung stärkt auch das KI-Ökosystem.
Freiheit und Pragmatik
Genau diese Kombination aus unternehmerischer Freiheit und pragmatischer Regulierung ist für Innovation äusserst entscheidend, wie Carl Benedikt Frey in seinem Buch «How Progress Ends» erläutert. Frey stellt detailliert dar wie unternehmerische institutionelle und kulturelle Kräfte Perioden des technologischen Fortschritts und der Stagnation auf der ganzen Welt geprägt haben. Dabei zieht Frey, ein Ökonom und Wirtschaftshistoriker, aktuelle Lehren für die heutigen politischen Entscheidungsträger im globalen KI-Wettbewerb heran. Für Frey eignen sich zentralisierte Systeme

ILLUSTRATION: SARA SPARASCIO
Unternehmen werden
gut zum Skalieren bekannter Technologien, dezentralisierte Systeme hingegen sind bei der Entdeckung neuer technischer Wege überlegen.
Wie wichtig die Balance zwischen unternehmerischer Freiheit und pragmatischen Rahmenbedingungen ist, haben auch die diesjährigen Wirtschaftsnobelpreisträger Joel Mokyr, Philippe Aghion und Peter Howitt in ihren Arbeiten aufgezeigt. Damit Innovationen wirken können, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Zu diesen gehört eine Gesellschaft, die offen gegenüber neuen Ideen ist und Innovationen nicht durch etablierte Interessengruppen blockiert. Im Weiteren ist eine solide wissenschaftliche Basis entscheidend. Zuletzt spielt eine grosse soziale Mobilität eine Rolle: Wenn nur wenige Zugang zu Bildung oder Möglichkeiten haben, wird das Innovationspotenzial nicht vollständig genutzt. Die unternehmerische Freiheit, die «Freedom to Innovate», ist somit das grosse Geheimnis der Schweiz, begründet auf einem stark föderalen politischen System und einer offenen Gesellschaft. Sie ermöglicht es der Schweiz, klug und interdisziplinär auf Technologietrends zu reagieren und dadurch den bescheidenen Binnenmarkt optimal auszunutzen.
Doch es gibt noch Verbesserungspotenzial. Obwohl Schweizer KI-Startups landauf, landab für ihre Innovationskraft gelobt werden, ist der Einsatz von Schweizer KI-Lösungen bei grossen Unternehmen wie der Verwaltung noch bescheiden. Denn Schweizer Startups in einem kleinen Binnenmarkt sind darauf angewiesen,
dass hiesige Unternehmen schnell zu Kunden werden. Andererseits müssen
Startups auch Wachstum über die Landesgrenzen hinweg suchen, dazu brauchen sie Wachstumskapital
Fokus auf hiesige Lösungen
Gemäss dem Swiss Tech Report 2025 werden jedoch ganze 96 Prozent der Finanzierungen im Late-Stage-Bereich von US-amerikanischen und europäischen Investoren ausgerichtet. Der Schweiz fehlt es somit nicht nur an hiesigem Wachstumskapital, sondern auch an einer starken inländischen Nachfrage, die das Wachstum von Startups beschleunigt. Wie wichtig dies ist, hat OpenAI in letzter Zeit durch weitreichende Partnerschaften mit Microsoft, Nvidia und vielen weiteren Firmen aufgezeigt
Um weiterhin weltweit im sich stark beschleunigenden KI-Wettbewerb bestehen zu können, braucht die Schweiz nicht nur Weltklasseforschung, sondern auch «Early Adopters» bei Schweizer Unternehmen und in der Verwaltung Hier kann die Schweizer Wirtschaft und Verwaltung unmittelbar ansetzen und dezidiert auf «Buy Swiss Tech» setzen, statt immer zuerst auf amerikanische Lösungen zuzugreifen. Dies würde auch das Schweizer KIÖkosystem signifikant beleben. Dafür braucht es nicht nur lobende Worte für die Schweizer Innovationskraft, sondern in erster Linie innovationsbegeisterte Kunden aus dem eigenen Land
Alexander Brunner ist Autor und CEO von Brunner Digital.
«Buy Swiss Tech», statt immer zuerst auf amerikanische Lösungen zu setzen.
Im schnelllebigen Rennen um die Vorherrschaft in der künstlichen Intelligenz hat sich die Schweiz mit nur neun Millionen Einwohnern zu einem respektierten Konkurrenten entwickelt Führende US-KI-Unternehmen wie Nvidia Google Microsoft, OpenAI und Anthropic haben dort Forschungszentren aufgebaut. Wie hat die Schweiz das geschafft? Um diese Frage zu beantworten, hat der Autor Alexander E. Brunner über 100 bekannte Gründer, CEOs, Investoren, Professoren, Politiker und weitere KI-Experten in der Schweiz interviewt Das Geheimnis der Schweizer KI hat er kompakt in seinem neuesten Werk «The Big Swiss AI Secret» aufbereitet. Er zeigt somit, dass Dezentralität und die «Freedom to Innovate» das grosse Erfolgsrezept der Schweiz sind. Diese ermöglichen der Schweiz, im Angesicht brachialer Innovationsmodelle intelligent und multidisziplinär zu agieren. Das ist ihr stärkstes Kapital, wenn es um Innovation geht «The Big Swiss AI Secret» ist bereits Brunners zweites Buch über das Schweizer Tech-Ökosystem. 2019 hat er «Crypto Nation Switzerland» veröffentlich, wo er einen Blick auf eine weitere Schweizer Tech-Erfolgsgeschichte wirft: den weltweiten Aufstieg des Crypto Valley in Zug Auch dort identifizierte Brunner das äusserst förderliche Schweizer TechÖkosystem als die Grundlage für das erfolgreiche CryptoValley Alexander E. Brunner studierte an der renommierten Universität St Gallen (HSG) in der Schweiz, bevor er internationale Erfahrung im Bereich alternative Anlagen und Hedgefonds sammelte Er ist CEO von Brunner Digital, einer Beratungsfirma, die mit globalen Technologieunternehmen und Regierungsbehörden zusammenarbeitet. Das Unternehmen unterstützt internationale Fintech-, Blockchain- und KI-Unternehmen beim Eintritt in den Schweizer Markt. Brunner tritt häufig als internationaler Sprecher auf und war zuvor Mitglied des Zürcher Gemeinderats sowie Offizier der Schweizer Armee
Alexander E. Brunner: The Big Swiss AI Secret Unveiling Switzerland’s WorldClass AI Ecosystem 2025 World Scientific Publishing, 234 Seiten ISBN 978-981-981537-1 Auch als E-Book erhältlich


Gastbeitrag Der KI-Boom sorgt weltweit für Aufbruchstimmung – aber auch für die Sorge vor einer neuen Blase.
Doch die starke, sichtbare Nachfrage und die disziplinierten Investitionen hochprofitabler Schlüsselakteure sprechen dafür, dass KI über Jahre hinweg erhebliches Wachstums- und Produktivitätspotenzial für Unternehmen und Konsumenten bietet.
STANISLAS EFFRONT
Künstliche Intelligenz ist lediglich der jüngste Schritt in einer langen Reihe technologischer Entwicklungen – und damit Teil wiederkehrender Investitionszyklen. Auf die Ära der Grossrechner folgten die Einführung des PCs, das Internet, der Aufschwung des Mobilfunks, das Cloud Computing und schliesslich die Verbreitung von KI Die Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 markierte den Beginn der jüngsten Innovationswelle und rückte KI im Allgemeinen generative KI im Besonderen, ins Zentrum der Aufmerksamkeit
Zwischen Euphorie und Skepsis
Diese technologische Neuerung dürfte sowohl bei Konsumenten als auch bei Unternehmen noch über Jahre hinweg ein dominantes Thema bleiben. Rückschläge und Herausforderungen sind allerdings nicht auszuschliessen. Investitionen fliessen in ein komplexes Geflecht wechselseitiger Abhängigkeiten, in dem der Aufbau enormer Rechenzentren im Zentrum steht. Solche Projekte verschlingen mitunter Milliardenbeträge und gelingen nur wenn alle Prozesse und Akteure reibungslos zusammenspielen.
In den vergangenen sechs Monaten haben sich die grossen Technologiekonzerne mit immer weitreichenderen Ausgabenplänen gegenseitig überboten. Dass bei Anlegern Zweifel am Umfang und an der Rentabilität dieser Investitionen aufkommen, überrascht daher kaum. Insbesondere zirkuläre
Finanzierungsmodelle nach dem Prinzip des Vendor Financing sowie Fremdund ausserbilanzielle Finanzierungen stehen in der Kritik
Trotzdem bleibt KI ein attraktives globales Anlagethema – auch wenn es Gewinner und Verlierer geben wird Für die Beurteilung, wo wir uns im Zyklus befinden, sind vor allem die Signale der Endnachfrage entscheidend – und diese fallen nach wie vor überzeugend aus.
Cloud-Ausbau trifft Nachfrage
Diese gute Visibilität verschafft grossen Cloud-Anbietern wie Google Amazon und Microsoft den nötigen Handlungsspielraum, um 2026 jeweils über 100 Milliarden Dollar zu investieren Dabei setzen sie auf vergleichsweise risikoarme Projekte: modulare Rechenzentren, die flexibel auf verschiedene Workloads reagieren können. Zudem lässt sich die Nachfrage zwischen internen Anwendungen – etwa KI-gestützte Übersichten oder Suchfunktionen – und externen Kundenbedürfnissen – etwa für Training oder Inferenz – ausbalancieren. Schwächt sich die Nachfrage ab, können die Investitionen rasch zurückgefahren werden.
Bislang rechtfertigen Nachfrage und Anwendungsbreite die Investitionen Bereits heute sind auf dem Markt für Grossunternehmen skalierte KIDienste verfügbar Ein Beispiel ist die Code-Generierung: KI-gestützte Assistenten steigern die Produktivität von Softwareentwicklern um durchschnittlich 20 bis 40 Prozent.Auch im Kundenservice lassen sich durch KI signifikante Effizienzgewinne erzielen – sowohl
harte als auch weiche Einsparungen. Weitere Anwendungsfelder umfassen Datenanalytik, Betrugserkennung, präventive Wartung und Asset-Management-Optimierung.
Unternehmen bereiten sich zunehmend auf eine KI-Zukunft vor Voraussetzung dafür sind eine beschleunigte Migration in die Cloud und eine umfassende digitale Transformation. Dies erfordert den Umstieg auf moderne, KI-fähige Datenbanksysteme –mit teils erheblichen Kosteneinsparungen. Um Kundenerwartungen zu erfüllen, müssen Daten hohe Integrität aufweisen und in Echtzeit verfügbar sein. Governance und Sicherheit gewinnen an Bedeutung – nicht zuletzt mit Blick auf eine zunehmend «agentenbasierte» Welt, in der autonome Systeme Aufgaben selbständig übernehmen. In diesem Kontext zeigt sich ein genereller Trend zu verstärkten Investitionen in Technologie
KI im Alltag braucht Hardware Parallel dazu wächst der Markt für verbraucherorientierte KI-Produkte rasant Nach dem Erfolg von ChatGPT gewinnen auch Googles KI-Übersichten und -Suchfunktionen an Akzeptanz Spotify stärkt mit der KI-DJ-Funktion die Nutzerbindung – bei minimalen Zusatzkosten.
Auch im E-Commerce ist KI auf dem Vormarsch Die Plattform Shopify übernimmt eine Vorreiterrolle: etwa Chatbots, Produktempfehlungen und ein vollständig agentengesteuertes Einkaufserlebnis, bei dem ein KI-Agent Artikelsuche und Kaufabwicklung übernimmt
Microsoft, Alphabet oder Amazon sind hochprofitabel. Ihre Investitionen richten sich nach realer Nachfrage.
Diese Entwicklung erfordert hohe Investitionen in Hardware. Im Unterschied zu gewissen Startups, die hohe operative und finanzielle Risiken eingehen, agieren Halbleiterhersteller und -ausrüster mit Bedacht. Anbieter wie Nvidia und AMD sind auf belastbare Lieferketten angewiesen. Auftragsfertiger wie TSMC stützen sich auf den engen Austausch mit Kunden und Endkunden, um die Nachfrage realistisch einschätzen zu können. Der Bau neuer Halbleiterfabriken dauert Jahre – entsprechend träge reagiert das Angebot auf eine veränderte Nachfrage.
Nachfrage spricht gegen Blase Pessimistische Anleger ziehen mitunter Parallelen zur Dotcom-Blase: unrealistische Erwartungen, massive Überbewertung, Spekulation statt Fundamentalanalyse, wenig profitable Firmen Dabei werden wesentliche Unterschiede ausgeblendet: Unternehmen wie Microsoft, Alphabet oder Amazon sind hochprofitabel. Ihre Investitionen richten sich nach realer Kundennachfrage – Engpässe in den Lieferketten eingeschlossen. Die globale KI-Lieferkette ist stark auf wenige zentrale Anbieter wie TSMC oder SK Hynix konzentriert, was hohe Preise plausibel erscheinen lässt.
Auch für 2026 ist mit einer anhaltend starken Nachfrage zu rechnen. Es spricht vieles dafür, dass immer mehr Verbraucher und Unternehmen die Potenziale von KI für sich entdecken werden
Gastbeitrag Stanislas Effront, Investment Manager Pictet Asset Management
Fred Hickey, Herausgeber des Investment-Bulletins «The High-Tech Strategist», befürchtet, dass der KI-Investitionsboom krachend scheitern wird Er erklärt, warum er lieber auf Edelmetalle setzt und wie er sich für die nächste Phase der Goldhausse positioniert
Herr Hickey, Sie verfolgen Aktien aus dem Technologiesektor seit mehr als 40 Jahren.Wie erleben Sie das gegenwärtige Marktumfeld?
Fred Hickey: Die Börsen in den USA werden in erster Linie von KI-Aktien getrieben Es fliesst enorm viel Geld in diesen Sektor, und alle stürzen sich auf die gleichen Namen. Künstliche Intelligenz hat viel Potenzial, die Technologie wird aber schon seit Langem ständig weiterentwickelt. Cuda beispielsweise, Nvidias Software-Ökosystem für KI-Rechenprozesse wurde vor mehr als zwei Jahrzehnten lanciert. Grosse Sprachmodelle, sogenannte generative künstliche Intelligenz, sind bloss eine neue Facette, die vor drei Jahren mit der Einführung von GPT 3.5 durch OpenAI prominent in den Vordergrund trat.
GPT 3.5 war das Grundmodell, auf dem die erste Version des populären KIDiensts ChatGPT basierte.Wie erklären Sie sich den massiven Hype um die Technologie?
Der Schlüsselfaktor war, dass Microsoft im Markt für Internetsuchen nichts gegen die Dominanz von Google ausrichten konnte. Microsoft sah im KI-Modell von OpenAI deshalb eine Chance, Anteile zu gewinnen und gab dafür riesige Summen aus Als die Konzernleitung von Google das erkannte, musste sie reagieren und begann ebenfalls, massiv zu investieren. Dann stiegen auch Meta Platforms, Amazon und schliesslich Oracle ein, womit sich eine Eigendynamik entwickelt hat: Jeder hat Angst, etwas zu verpassen, wobei auch Egomanie eine Rolle spielt. Einige dieser Tech-Grössen aus dem Silicon Valley zählen zu den reichsten Männern der Welt, und ihr überdimensioniertes Ego hat die Kontrolle übernommen.
Microsofts Versuch, Google im Kerngeschäft herauszufordern hat sich zu einem Wettlauf entwickelt, wer zuerst eine Art von Superintelligenz erreichen kann. Wird dies gelingen?
Superintelligenz ist ein faszinierendes Konzept, quasi ein heiliger Gral Doch mit generativer KI lässt sie sich in absehbarer Zukunft nicht erreichen Diese grossen Sprachmodelle sind selbst nach drei Jahren immer noch unzuverlässig, halluzinieren und geben falsche Antworten Selbst Sam Altman, der CEO von OpenAI, räumt ein, dass es nicht möglich ist, Halluzinationen zu beseitigen. GPT-5, das neuste Modell von OpenAI, stellte sich denn auch als grosse Enttäuschung heraus Meta hat mit der neuesten Version des KI-Modells Llama ähnliche Probleme, weshalb CEO Mark Zuckerberg einen nahezu kompletten Neustart versucht, indem er Spitzenleute mit millionenschweren Vergütungspaketen anwirbt Sie glauben also nicht, dass es bald zum grossen Durchbruch kommt? Es ist reine Geldverschwendung Der Boom bei KI-Investitionen wird in einem Desaster enden. Die grössten Tech-Konzerne stecken dieses Jahr annähernd 400 Milliarden US-Dollar in Projekte für generative KI, erzielen damit aber keine nennenswerten Einnahmen. Eine Umfrage der Hochschule MIT zeigt, dass 95 Prozent der Versuche von Unternehmen, die Technologie einzusetzen,


Für Fred Hickey steht fest: Wenn die Blase platzt, wird der gesamte Sektor mitgerissen.
ILLUSTRATION: SARA SPARASCIO
«Als Contrarian-Investor setze ich auf Sektoren, die derzeit am meisten gehasst werden: Energie und Rohstoffe.»
scheitern. Einige der besten KI-Forscher haben früh vorausgesagt, dass höhere Ausgaben kaum zu besseren Ergebnissen führen werden, und sie hatten Recht. Doch das können die führenden Köpfe im Silicon Valley nicht zugeben, weshalb einfach weitergemacht wird
Was bedeutet das für die Börsen?
Die Investoren werden offensichtlich etwas nervös Die Bewertungen sind gemäss fast allen Kennzahlen so
Fred Hickey gibt seit 1987 den vielbeachteten Investment-Newsletter «The High-Tech Strategist» heraus Darin analysiert er monatlich die wichtigsten Entwicklungen und Trends im Technologiesektor. Angesichts explodierender Staatsschulden und zunehmender Interventionen der Zentralbanken beschäftigt er sich seit vielen Jahren zudem intensiv mit Edelmetallen.
hoch wie nie zuvor, sei es das KursUmsatz-Verhältnis oder der BuffettIndikator der die Kapitalisierung des US-Aktienmarkts ins Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt stellt. Selbst das zyklisch adjustierte Shiller-KursGewinn-Verhältnis beträgt über 40 und nähert sich dem Niveau beim Ende der Dotcom-Blase an. Die Marktkapitalisierung der grössten Tech-Konzerne –Microsoft Cisco und Intel – erreichte damals einen Rekord von 500 bis 600 Milliarden US-Dollar. Nvidia, das derzeit wertvollste Unternehmen, hat einen Börsenwert von rund 5 Billionen US-Dollar, für Microsoft und Apple sind es jeweils etwa 4 Billionen USDollar. Das sind schwindelerregend hohe Zahlen; selbst unter Berücksichtigung dass sich die Preise seit dem Jahr 2000 inflationsbedingt etwa verdoppelt haben.
Inwiefern lässt sich die Internetblase mit den heutigen Entwicklungen vergleichen?
Es war damals nicht viel anders: Die Fantasie kannte keine Grenzen. Es etablierte sich das Narrativ, dass
vorherrschende Marktstimmung investiert.Anm der Red.), ziehe ich daher die Sektoren vor, die derzeit am meisten gehasst und vernachlässigt werden: Energie, Rohstoffe und ähnliche Anlagen. Ein bedeutender Teil Ihres Portfolios ist folglich in Edelmetalle investiert. Wie schätzen Sie dort die Perspektiven ein? Ich glaube nicht, dass der Bullenmarkt für Edelmetalle bereits vorbei ist. Ein Grund dafür ist, dass die grosse Euphorie bisher ausgeblieben ist, die kleine Minenaktien in der Schlussphase einer Hausse typischerweise erfasst. Es ist völlig klar, dass die Staatsfinanzen in den USA ausser Kontrolle sind Weltweit kaufen Zentralbanken, Staatsfonds und vermögende Privatpersonen deshalb Gold, um ihr Exposure gegenüber dem Dollar als globale Leitwährung zu reduzieren. Diese Verschiebungen zeigen keine Anzeichen einer Abschwächung.
Werden die Zentralbanken weiterhin in diesem Tempo kaufen?
In der ersten Jahreshälfte war ich etwas besorgt, zumal sich die Käufe verlangsamt hatten Im dritten Quartal gab es aber einen starken Anstieg. Zentralbanken kauften 220 Tonnen, ein Plus von 28 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal Dies, obschon Polen, einer der grössten Käufer der vergangenen Jahre, pausierte Die polnische Zentralbank hatte ihre Käufe temporär ausgesetzt, da der angestrebte Goldanteil von 25 Prozent an den Gesamtreserven erreicht war. Nun hat sie das Ziel auf 30 Prozent angehoben, was einem zusätzlichen Volumen von 104 Tonnen entspricht Auch Serbien hat unlängst angekündigt, die Reserven bis 2030 auf 100 Tonnen nahezu verdoppeln zu wollen. Das zeigt, dass Zentralbanken weiterhin viel Gold kaufen werden
Das Beste steht demnach noch bevor? Es gibt einen weiteren potenziellen Katalysator Präsident Trump wird das Gremium der US-Notenbank, einschliesslich des Chefpostens, mit Kandidaten besetzen, von denen er glaubt, dass sie sich für niedrige Zinsen einsetzen werden. Aufgrund anhaltend erhöhter Inflation besteht damit sogar die Möglichkeit eines Szenarios mit negativen Realzinsen, was äusserst positiv für Gold wäre. Und wenn die KIBlase platzt, was sich möglicherweise gerade abspielt, wird das Fed einmal mehr intervenieren und in grossem Stil Geld drucken, was den Goldpreis weiter in die Höhe treiben wird.
sich der Internetverkehr alle 100 Tage verdoppeln würde was sich aber als Illusion herausstellte Es resultierte ein Überschuss an Glasfaserkapazität, der erst zehn Jahre später abgebaut war Die Investitionen konzentrierten sich jedoch auf einen relativ engen Sektor, während die Tentakel des heutigen Booms viel weiter reichen. KI-Investitionen befeuern inzwischen die gesamte amerikanische Wirtschaft.
Worauf sollten Investoren jetzt besonders achten?
Die Unternehmen, die es am härtesten treffen wird, sind die mit strapazierten Finanzen. Meta und Oracle haben bereits beträchtliche Kursverluste erlitten, wobei besonders Oracle in einer heiklen Lage ist. Das Unternehmen hat sich zu stark verschuldet, und der Cashflow ist nicht vergleichbar mit dem Niveau von Microsoft oder Google Wenn eine Blase platzt, zieht es aber den gesamten Sektor nach unten: Investoren werden alle Tech-Aktien in den gleichen Topf werfen und nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen.Als Contrarian-Investor (Jemand, der bewusst gegen die
Wie drückt sich diese Zuversicht in Ihrer Investmentstrategie aus? Ich habe mein Engagement seit dem Sommer etwas reduziert – vor allem bei den grösseren Namen. Dies, weil sich meine Positionen erheblich aufgewertet hatten und die Stimmung etwas übermütig wurde Mein Anteil ist aber noch immer gross genug, sodass ich überaus glücklich wäre, wenn der Markt gleich umgehend nach oben geht. Ich möchte meine Positionen aber lieber wieder etwas ausbauen, und das Timing ist wichtig Saisonbedingt sind wir nicht in der günstigsten Zeit für Gold, denn der Preis ermässigt sich oft etwas von Ende Oktober bis Dezember Ich hoffe insgeheim, dass er auf ein Niveau fällt, auf dem ich mich mit Käufen nicht zurückhalten kann.
Interview: Christoph Gisiger

Dieser Text erschien am 19. November 2025 in ausführlicherer Form auf themarket.ch


