Wie kam es zu dieser Kehrtwende ? War sie wirklich notwendig oder war sie das Ergebnis verpasster Gelegenheiten und einer kollektiven Überforderung der Schweiz ? Stefan Tobler rekonstruiert die Vorgänge, die zum Abschied vom Schweizer Bankgeheimnis führten, und bettet sie in die 100-jährige Geschichte von interna tionaler Kritik und nationaler Verteidigung ein. Mit einem Nachwort von Paolo Bernasconi, ehemaliger Tessiner Staatsanwalt, Prof. für Wirtschafts- und Strafrecht und Rechtsanwalt.
Stefan Tobler
Der Kampf um das Schweizer Bankgeheimnis
© Monique Wittwer
Stefan Tobler (*1969), Dr. phil., hat Soziologie, Politikwissenschaft und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Zürich studiert. Nach mehrjähriger Forschungs- und Lehrtätigkeit am Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich arbeitete er zwischen 2008 und 2016 bei der Schweizerischen Bankiervereinigung, zunächst als Leiter Stab Verwaltungsrat und Geschäftsstelle, später als Leiter Strategie.
Seit der Zwischenkriegszeit verteidigte die Schweiz ihr steuerliches Bankgeheimnis erfolgreich gegen alle Angriffe von innen und aussen. Als 2008 die Finanzkrise ausbrach und die internationale Staatengemeinschaft einen neuen Anlauf zur Austrocknung von Steueroasen unternahm, sagte der Bundesrat, die Angreifer würden sich am Bankgeheimnis « die Zähne ausbeissen ». Fünf Jahre später bekannten sich der Bundesrat und die Bankiervereinigung zum automatischen Informationsaustausch und gaben damit das Bankgeheimnis gegenüber aus ländischen Bankkunden auf.
Der Kampf um das Schweizer Bankgeheimnis Eine 100-jährige Geschichte von Kritik und Verteidigung Stefan Tobler
«An diesem Bankgeheimnis werdet ihr euch noch die Zähne ausbeissen.» Ehemaliger Finanzminister Hans-Rudolf Merz, 2008
Im mehrjährigen Steuerstreit mit dem Ausland mussten die Schweizer Banken Bussen in Milliardenhöhe bezahlen. Für das Aufgeben des steuerlichen Bankgeheimnisses gegenüber ausländischen Kunden erhielt die Schweiz keine Gegenleistung. Möglicherweise wäre es anders gekommen, wenn Bundesrat, Behörden und Banken die S ituation 2008 richtig eingeschätzt und die Banken zwei Jahre zuvor parallel zu ihren Wachstumsplänen auch eine Alternativstrategie entwickelt hätten. Eine gemeinsame Lagebeurteilung fand aber gar nicht statt und es gab auch keinen Plan B. Wie die Analyse von Stefan Tobler zeigt, waren weder die Banken noch die Behörden noch der Bundesrat damals in der Lage, rechtzeitig aus dem « Fall UBS » einen « Fall Finanzplatz Schweiz » zu machen. Die Schweiz war in ihre eigene Bankgeheimnisfalle gestürzt : Sie wurde im entscheidenden Moment ihrer Manövrierfähigkeit beraubt, weil die Politik mit ihrer eigensinnigen und im Ausland unverständlichen Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung das Bankgeheimnis zu Tode schützte und der Finanzplatz das Geschäft mit unversteuertem Schwarzgeld bis zur Grenze des nicht mehr Akzeptierbaren ausreizte.
ISBN 978-3-03810-283-0
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