Felix E. Müller: Ein Zürcher Quartier und seine Zunft. Geschichte der Zunft Fluntern

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Felix E. Müller

Ein Zürcher Quartier und seine Zunft

Die Zunft Fluntern, gegründet 1895, entstand wesentlich aus dem Bedürfnis, den Charakter des alten Dorfs auch im neuen Grosszürich zu erhalten. Ihre Geschichte zeigt exem­ plarisch, wie das Zürcher Zunftwesen den Sprung in die ­Moderne geschafft hat. Ursprünglich stark am klassischen Vereinsleben orientiert, näherten sich die neuen Quartier­ zünfte den historischen Zünften an. Felix E. Müller ver­mittelt einen Einblick in die innere Orga­nisation einer Zunft und in die zunehmende Historisierung der Zürcher Zünfte. In der anekdotenreichen Zunftgeschichte widerspiegeln sich aber auch die soziodemografischen Ver­änderungen des ­Zürichbergs in den vergangenen 125 Jahren. Viele Fotos, ­Karten, Faksimiles und ein vollständiges Inventar des Zunft­ schatzes runden das Buch ab.

Ein Zürcher Quartier und seine Zunft

GESCHICHTE DER ZUNFT FLUNTERN

Felix E. Müller ISBN 978-3-03810-479-7

NZZ Libro www.nzz-libro.ch



Gemeinde Fluntern Ansicht von 1891, zwei Jahre vor der Eingemeindung.


Neues Wahrzeichen  Die neue Kirche, erbaut im Jahr 1920. Die Überbauung des Zürichbergs mit gehobenerem Wohnraum schreitet rasch voran. Bild aus den 1920er-Jahren.



Inhalt

10  12

Vorwort Einleitung

Fluntern – eine Gemeinde wird ein Stadtquartier

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Gründung der Zunft Fluntern

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Wachstum und Rückschläge

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Zunftmeister Albert Sieber Zunftmeister Rudolf Gujer-Müller Zunftmeister Robert Strässle senior Zunftmeister Armin Schweizer

87

1895–1921 1921–1930 1930–1940 1940–1944

108

Aufschwung und neue Blüte

44  61  72

179

1944–1961 1961–1973 1973–1980 1980–1996 1996–2005

200

Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert

108 132 148 163

200 217

224 230

Zunftmeister Heinrich Wagner Zunftmeister Robert Strässle junior Zunftmeister Sigmund Widmer Zunftmeister Hans Rosenberger Zunftmeister Hans-Rudolf Weber

2005–2016 Zunftmeister Felix E. Müller 2016– Zunftmeister Urs Berli Schluss Anhang


58

D A S WA P P E N D E R Z U N F T

68

KULINARISCHES

82

ZUNF TMUSIK

93

MITGLIEDER

129

D I E H O DL E R- B I L DE R DE S Z U N F T SA A L S

144

D E R Z U N F T S C H AT Z

157

FINANZEN

174

R E I T E RG RU P P E

188

FA M I L I E N

211

DIE FLUNTERMER ZUNF TGESELLEN

219

P L AT T E N G A R T E N


Vorwort

D

ieses Buch stellt die Geschichte der Zunft Fluntern erstmals umfassend dar. Ihre Gründung anno 1895, vor 125 Jahren, fiel in bewegte Zeiten – und war kein Zufall. Erst zwei Jahre zuvor war Fluntern im Rahmen der ersten Eingemeindung zum Zürcher Stadtquartier geworden, wie zehn weitere ehemalige Gemeinden an der Peripherie der historischen Stadt. Dieser kühne Entwicklungsschritt war nicht einfach, und er stiess auch nicht überall auf Begeisterung. Doch aufhalten liess sich die Modernisierung, die damals alle Lebensbereiche erfasste und für die Zürich schweizweit stand, nicht mehr. Handelten die zehn Fluntermer, die sich anschickten, eine Quartierzunft zu gründen, angesichts dieser stürmischen Veränderungen nicht hoffnungslos unzeitgemäss? Ganz und gar nicht! Wie andere Zeitgenossen begriffen sie, dass es gut funktionierende gesellschaftliche Verbindungskanäle brauchte, damit das bäuerlich und gewerblich geprägte Umland mit der Altstadt zu etwas Neuem zusammenwachsen konnte. Mit dem Zunftwesen erschlossen sich die ehemaligen Dörfer einen solchen Kanal. Aber keinen x-beliebigen. Sondern einen, der gar nicht städtischer und zürcherischer sein konnte. So hatten die Zunftgründer denn auch die Feier des Sechseläutens sowie die Pflege der Geselligkeit und der Freundschaft im Blick. Hinzu kam die Förderung der Interessen des Quartiers. Aber das war nicht alles: Schon zu Beginn kam zum Ausdruck, dass man in Fluntern nicht vorhatte, die historischen Zünfte einfach zu kopieren. Die neue Vereinigung, so hiess es im ersten Aufruf im Quartier, sollte «etwas liberalere Tendenzen verfolgen als die bisher bestehenden Zünfte der Altstadt». Angesichts des erwähnten Umstands, dass man sich inmitten des liberalen Aufbruchs der Schweiz befand, kann dieses – wenn auch noch zaghafte – Bekenntnis zum freiheitlichen Denken nicht überraschen. Bis heute hat sich an der Ausrichtung der Zunft Fluntern nichts Grundlegendes geändert. Ihre Mitglieder verstehen sich als eine liberale Gemeinschaft, in der die Eigenverantwortung und das Engagement füreinander gross-

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geschrieben werden. Etwas verschoben hat sich der Fokus in Bezug auf das Quartier. Standen in den frühen Jahren noch handfeste politische Interessen der ehemaligen Dorfgemeinschaft im Vordergrund, so gilt das Augenmerk heute eher den Quartierfesten und -jubiläen, bei denen sich unsere Zunft gerne engagiert – oder dem Weinbau, der das Gebiet am Zürichberg während Jahrhunderten prägte. Der Zunft Fluntern anzugehören, empfinde ich als grosses Privileg. Das Sechseläuten zieht Jahr für Jahr Zehntausende in seinen Bann und strahlt als Frühlingsfest weit über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus. Gerade heute, wo im Rauschen von «anything goes», Individualisierung und Digitalisierung das Augenmass und der Respekt für das Gegenüber und die Traditionen zu erodieren scheinen, setzt das Zunftleben einen wohltuenden Kontrapunkt. Denn: Ohne Herkunft keine Zukunft, Werte müssen gepflegt werden. Sei es in einer Zunft oder anderswo. Ein ganz besonderer Dank gebührt an dieser Stelle dem Initiator und Hauptautor dieses Buchs, unserem Ehrenzunftmeister Dr. Felix E. Müller. Seinem grossen Engagement verdanken wir dieses Werk, das die Entwicklung der Zunft umfassend und anschaulich darstellt und analysiert. Besonders freut mich, dass uns der Text Begegnungen mit vielen faszinierenden Persönlichkeiten ermöglicht, welche die Zunft seit ihren Anfängen geprägt haben. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich eine interessante und bereichernde Lektüre. Ich bin überzeugt: Wer immer sich vertieft über unsere Zunft informieren will, wird künftig zur Fluntermer Zunftchronik greifen. Sie hilft entscheidend mit, das Wissen über unsere Vereinigung zu bewahren und zu erweitern – und dadurch auch den Kreis ihrer Freundinnen und Freunde. Urs Berli Zunftmeister

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Einleitung

D

ie Zunft Fluntern feiert im Jahr 2020 das 125-Jahr-Jubiläum ihrer Gründung. Dies ist für eine zivilgesellschaftliche Organisation eine respektable Wegmarke, auch wenn die historischen Zünfte natürlich viel älter sind. In diesen 125 Jahren hat sich die neue Zunft vollständig ins Zunftleben der Stadt Zürich integriert. Dass sich dieses nach wie vor als derart vital erweist, ist auf den ersten Blick erstaunlich. Denn der Umsturz von 1798 brachte die historischen Zünfte um ihre politische und wirtschaftliche Rolle, die sie während Jahrhunderten gespielt hatten. Zwar erhielten sie nach 1800 nochmals gewisse politische – aber bezeichnenderweise keine wirtschaftlichen – Privilegien zurück. Nur liessen sich diese nicht mehr lange halten. Warum haben sich die Zünfte in Zürich dann nicht einfach aufgelöst, so wie dies andernorts der Fall war? Die plausibelste Erklärung setzt bei der Beobachtung an, dass in nur wenigen anderen Städten die Zünfte über eine derart starke Stellung verfügten wie in Zürich. Sie besassen die absolute politische, wirtschaftliche und juristische Macht, sie bildeten die Grundstruktur des gesellschaftlichen Lebens, sie waren sogar in der Lage, während der Reformation über das zu entscheiden, was die Bevölkerung glauben sollte. Während mehr als 450 Jahren – von 1336 an – führte in Zürich an den Zünften kein Weg vorbei. Damit waren sie offensichtlich derart stark im Bewusstsein und auch im Alltag der Zürcher eingebrannt, dass nach dem Umsturz von 1798 eine Auflösung nicht infrage kam. Die Zünfte entschieden sich, ihre gesellschaftliche und staatspolitische Tradition weiterzuführen, als private Vereinigungen nun, die den tragenden Familien und einflussreichen Personen einen sozialen Austausch ermöglichten. An diesem Vorbild knüpften die Quartierzünfte an, die sich nach der Eingemeindung von 1893 bildeten. Doch jede dieser neuen Zünfte verband die Gründung mit spezifischen Vorstellungen über die Zielsetzung der neuen ­Organisation – nirgendwo wohl ausgeprägter als in Fluntern. Die ehemalige

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Gründung  Erste Seite des ersten Chronikbuchs. Die Gründer machen mit ihren Plänen Ernst.

Gemeinde am Zürichberg fügte sich nämlich nur widerwillig in das Schicksal, in der grossen Stadt Zürich aufzugehen. Die Zunft Fluntern sollte von diesem Geist getragen sein. Heute aber ist das Quartier Fluntern oder der Zürichberg ein einigermassen normaler Teil der Stadt Zürich, mit einem speziellen Be­ völkerungsprofil vielleicht. Und die Zunft Fluntern ist völlig in das Zürcher Zunftleben integriert. Wie es dazu kam, zeigen die folgenden Seiten.

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Zusammengewachsen  Der Quartierteil Platte (linke Bildhälfte) ist auf diesem Luftbild des Ballonfahrers ­Spelterini von 1909 schon ganz mit der Stadt zusammengewachsen. Vom Bellevue führt die Rämistrasse zur Platte und dann weiter Richtung dem heutigen Standort der Universität, die noch nicht erbaut ist. Auch die heutige Gloriastrasse ist noch nicht erstellt. Die Zürichbergstrasse bildet in der linken Bildhälfte die Diagonale. In der Mitte das alte Kantonsspital (1842–1951) mit dem Park.


Fluntern – eine Gemeinde wird ein Stadtquartier

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Vorderberg, Dorf

um 1910

Der Vorderberg entwickelte sich zu einem Zentrum von Fluntern, weil er sich auf halber Strecke zwischen Platte und Allmend befand.

Gesellenhaus  Das Gesellenhaus (links) wurde mit dem Anbau einer Wirtschaft ergänzt. Um 1900 trug diese den Namen «Zum Weingarten».

Alte Kirche  Um 1910: Lange Zeit mussten die Fluntermer in die Stadt für den Gottesdienst. Erst 1763 erhielten sie eine eigene Kirche am ­Vorderberg.

1896

Vorderberg  Blick auf das Gesellenhaus aus der Bergstrasse. Der Vorderberg wirkt bereits weniger dörflich. 24

1915


Reben und Aussicht  Der Blick von der oberen Zürichbergstrasse Richtung See mit zwei Merkmalen, die typisch sind für Fluntern – Reben und Aussicht.

1917

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Gründung der Zunft Fluntern

D

ie Gründung der Zunft Fluntern hängt direkt mit der grossen Eingemeindung von 1893 und dem damit verbundenen Verlust der Eigenständigkeit der Gemeinde Fluntern zusammen. Beim Zentralkomitee der Zürcher Zünfte ( ZZZ ) hatte man Überlegungen angestellt, wie sich das Zunftwesen im Allgemeinen und das Sechseläuten im Speziellen – schon damals ein sehr populäres Fest – in einer künftigen Grossstadt Zürich verankern liesse, damit das Zunftwesen im Leben der Stadt nicht marginalisiert würde. Man kam zum Ergebnis, am besten wäre, es würden sich in den ehemaligen Ausgemeinden neue Zünfte bilden. 1894 forderte deshalb der damalige Präsident des ZZZ, Oberst Jakob Wirz-Nägeli, die neuen Quartiere sollten dem Beispiel von Riesbach folgen. Dort hatte sich, als Weiterentwicklung aus einer Fasnachtsgesellschaft, bereits 1887 eine Zunft formiert. Indem das Sechseläuten künftig in der gesamten Stadt gefeiert werden sollte, wollten die Zürcher Zünfte einen Beitrag zum Zusammenwachsen des neuen Gemeinwesens leisten. In Fluntern fiel der Aufruf auf fruchtbaren Boden, allerdings aus etwas anderen Motiven. Auch wenn die Zustimmung zur Eingemeindung, die mit 66 Prozent relativ deutlich ausfiel, zeigt, dass die Notwendigkeit dieses Schritts wenig bestritten war, gab es eine Gruppe von Bürgern, für die der 1. Januar 1893 keinen Freudentag darstellte. Es handelte sich dabei um alteingesessene Fluntermer, um Gewerbetreibende, Gastwirte, Handwerker und Bauern, die den Verlust der politischen Selbstständigkeit bedauerten. Die Befürchtung war gross, dass Fluntern nun noch stärker in den Sog der rasch wachsenden Stadt geraten und so seine Identität erst recht verlieren würde. Im Sommer 1890 etwa spricht der Fluntermer Gemeinderat in einer Antwort an den Regierungsrat von «unheimlichen Gefühlen», die das Eingemeindungsprojekt wecke, er habe «in Ermangelung jeder Lust zur Mitwirkung bei einer solchen Zentralisation und Abtretung urdenklicher selbstständiger Rechte […] am liebsten auf jede Prüfung bezüglicher Vorlagen verzichtet».

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Am Familientisch des damaligen Gemeinderatspräsidenten Albert Heinrich Sieber muss dies ein ständiges Thema gewesen sein. Als das Unvermeidliche feststand und die Degradierung von der politischen Autonomie zu einem Quartier einer zentral regierten Grossstadt terminlich absehbar war, trat er 1892 als Gemeinderatspräsident zurück. Es oblag folglich seinem – bloss noch einige Monate amtierenden – Nachfolger Karl Nägeli, die aus Siebers Sicht offensichtlich schmähliche Aufgabe zu übernehmen, die Schlüssel der Gemeinde sinnbildlich im Stadthaus unten an der Limmat abzugeben. Die Befürchtungen, was den Verlust der Autonomie betraf, sollten sich für die F ­ amilie Sieber in der Folge durchaus direkt erfüllen. Sie war später in einige juristische Auseinandersetzungen mit den städtischen und eidgenössischen Behörden verwickelt, die bei der Planung von Strassen oder dem Bau der Sternwarte der ETH Zürich nicht speziell viel Rücksicht auf die Interessen der Landeigner nahmen. D I S TA NZ Z U DE N H I S T O R I S C H E N Z Ü N F T E N

Treibende Kraft hinter der Gründung einer Zunft in Fluntern war aber nicht der alt Gemeinderatspräsident, sondern dessen Sohn Dr. iur. Albert Sieber, der 1895 gerade 28 Jahre alt war. Ihm schlossen sich nicht weniger als drei Mitglieder des letzten Fluntermer Gemeinderats an, nämlich der Bäckermeister Rudolf Schenkel, der Buchdrucker Jean Frank-Lymann und Adolf Schmid, der Wirt im Restaurant Allmend. Dieses Quartett verschickte am 28. März 1895 an ausgewählte Kreise eine Einladung zu einer Informationsversammlung, wo das Projekt einer Zunft vertieft diskutiert werden sollte. Der Text lautete: «Sehr geehrter Herr! In einer Gesellschaft von Einwohnern der ehemaligen Gemeinde Fluntern ist unlängst die Frage der Gründung einer Zunftgesellschaft erörtert worden, welche etwas liberalere Tendenzen verfolgen würde als die bisher bestehenden Zünfte der Altstadt, dabei aber auch die Förderung der Inter­ essen des Quartiers durch Besprechung aller wichtigen Angelegenheiten bezwecken sollte.» Die wenigen Zeilen sind in zweierlei Hinsicht aufschlussreich: Mit der Formulierung «liberalere Tendenzen» signalisierten die Einladenden eine gewisse Distanz zu den historischen Zünften der alten Stadt. Diese erschienen aus Fluntermer Sicht offenbar als etwas konservativ, um nicht zu sagen – als etwas verknöchert. Oben am Hang des Zürichbergs wehte eine offenere und freiheitlichere Brise. Und dass man in Aussicht stellte, die «Interessen des Quartiers» fördern zu wollen durch «Besprechung aller wichtigen Angelegen-

Gründung der Zunft Fluntern

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Aufnahmeinstanz  Das Zentralkomitee der Zünfte Zürichs (ZZZ) musste über das Aufnahmegesuch aus Fluntern entscheiden.

Quartierzünfte  Im Jahr 1897 war es so weit. ­Fluntern wird aufgenommen, als dritte der Zünfte aus den neuen Stadtquartieren.

heiten», zeigt, wie sehr die Initianten der Meinung waren, die künftige Zunft habe auch eine politische Rolle zu spielen. Sie sollte die Interessen des Quartiers bündeln und diese gegenüber den städtischen Instanzen vertreten und damit ein wenig ersetzen, was mit dem Wegfall der politischen Selbstständigkeit verloren gegangen war. Für den jungen Albert Sieber stellte dies ein zentrales Motiv dar, was sich auch an der Tatsache ablesen lässt, dass er gleichzeitig Präsident des noch jungen Quartiervereins wurde, nachdem dieser 1898 durch eine Fusion mit dem Gemeindeverein der ehemaligen Gemeinde wesentlich gestärkt wurde. Dieses Amt übte er während vieler Jahre aus. Den Initianten ging es also gerade nicht darum, mit der Gründung einer Zunft einen Schritt zur besseren Integration in die neue Grossstadt zu leisten. Sie strebten vielmehr an, auf diese Weise eine gewisse Distanz zu markieren und so die Eigenständigkeit des neuen Quartiers zu verteidigen. In dieses Bild passt ja auch, dass die gleichen Kreise unbedingt am seit dem 17. Jahrhundert gepflegten Brauch des Bürgertrunks in Fluntern festhalten wollten – einem

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von der Gemeinde gespendeten Gratisumtrunk, der aus dem Legat eines grosszügigen, längst verstorbenen Mitbürgers finanziert wurde. Die Stadt hatte ein wenig Verständnis für diesen Wunsch und erlaubte die Fortführung der Tradition, aber nur noch während 25 Jahren. Danach sollten das Zinngeschirr der ehemaligen Gemeinde und die Wappentafel der Fluntermer Bürgerschaft von 1875 definitiv dem Stadtarchiv übergeben werden. Der Bürgertrunk fand dann effektiv 1917 in der Turnhalle des Schulhauses zum letzten Mal statt. Danach verschwand der alte Brauch. Tatsächlich sollte die junge Zunft nach ihrer Gründung bald einmal einen Anlauf nehmen, um sich auch als politisch aktive Organisation zu profilieren. Sie lud 1898 zusammen mit zwei anderen Vereinen alle interessierten Bürger zu einer Versammlung ein, um politische Fragen zu diskutieren, Forderungen des Quartiers zu formulieren und sie an die Mandatsträger des Quartiers weiterzuleiten –mit der Bitte, diese in den politischen Prozess einzubringen. Die Versammlung war gut besucht, doch das Resultat scheint kein durchschlagender Erfolg gewesen zu sein. Auf jeden Fall blieb es bei diesem einmaligen Versuch. In seiner Sechseläutenrede von 1913 kam Zunftmeister Sieber nochmals auf das Thema zurück, indem er sagte, zur Existenzberechtigung der Zünfte gehöre, dass sich diese am öffentlichen Leben beteiligen würden. Speziell bei Wahlen und Abstimmungen wünschte er sich, die Zünfte würden aktiver auftreten, als «Sammelpunkt der Angehörigen aller bürgerlichen Parteien». Doch den Worten folgten keine Taten – die statutarisch postulierte Aufgabe, die Zunft Fluntern müsse auch ein Kristallisationspunkt der Quartierpolitik sein, hatte nie eine realistische Chance, in die Realität umgesetzt zu werden. G RÜ N DU N G I N N E RT 17 TAG E N

Am 2. April 1895 trafen sich zwölf Männer im Restaurant Plattengarten zu einer ersten vorbereitenden Versammlung. Nach einem Referat und einer ausführlichen Diskus­sion wurde beschlossen, dass die Gründung einer Zunftgesellschaft Fluntern anzustreben sei. Diese sollte im Wesentlichen drei Zwecke verfolgen: die Feier des Sechseläutens, die Pflege der Geselligkeit und Freundschaft sowie die Besprechung und Förderung von wichtigen Quartierinteressen. Nun ging es zügig. Schon am 19. April traf man sich zur Gründungsversammlung im «Plattengarten». Dort unterzeichneten zehn Fluntermer Persönlichkeiten die Gründungsurkunde. Es handelte sich um:

Gründung der Zunft Fluntern

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Vorderberg, zunehmend städtisch Mit dem Wachstum kamen bauliche Veränderungen, kam der Verkehr. Gerade der Vorderberg verlor deswegen ­seinen dörflichen Charakter immer mehr.

1930

Hangaufwärts  Die Wohnbauten wuchsen an dieser begehrten Wohnlage rasch hangaufwärts Richtung Allmend. Überbauung an der Toblerstrasse.

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1934

Das Alte weicht  Wohn- und Geschäftshaus am Vorderberg.

1963

Die Moderne kommt  Ersatzbau aus den sechziger Jahren. Ob es sich um einen ästhetischen Fortschritt handelt, ist allerdings fraglich.

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Wachstum und Rückschläge

1895–1921 Ein Pionier mit Ausdauer

Gründungszunftmeister Albert Sieber (1867– 1940) war einer der zwei Söhne des zweitletzten Ge­ meindepräsidenten von Fluntern, Heinrich Sieber (1836–1908), der Landwirt war, im Quartier Reben besass und den eigenen Wein kelterte. Während der ältere Sohn Heinrich Sieber-Weinmann (1860– ZUNFTMEISTER 1908) den elterlichen Hof übernahm, studierte der A L B E RT jüngere, Albert, Jus, war dann zunächst als Bezirks­ SIEBER richter tätig (von 1896 bis 1911) und führte ab 1918 eine eigene Anwaltskanzlei. Politische Mandate übernahm er früh. Als Vertreter der FDP wirkte er von 1898 bis 1913 im Grossen Stadtrat (Parlament) mit und präsidierte diesen in der Periode 1906 / 07. Von 1902 bis 1911 war er auch Mitglied des Kantonsrats. Zudem stand er während etwa 30 Jahren an der Spitze des Quartiervereins Fluntern. Mit bloss 28 Jahren übernahm er auch die Leitung der neu gegründeten Zunft und sollte diese erst 26 Jahre später, am Sechseläuten 1921, einem Nach­ folger übergeben. Er stand vor der Aufgabe, der jungen, mit viel Enthusiasmus

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gestarteten Organisation ein Leben einzuhauchen und Strukturen zu geben. Beides war für ihr längerfristiges Überleben unerlässlich. Ihm standen letztlich zwei Vorbilder zur Verfügung: zum einen das Zunftleben der historischen Zünfte, von denen man sich aber, wie die Formulierung «liberalere Tendenzen» zeigt, eher etwas distanzieren wollte – und zum anderen das typische Ver­ einsleben der damaligen Zeit, das auch in Fluntern florierte. Turnverein, Ge­ sangsvereine, Schiessvereine, Theatervereine prägten in dieser Zeit das gesell­ schaftliche Leben in Fluntern. Mit der jungen Zunft gab es da vielfältige Überschneidungen, weil sie ihre Mitglieder in den Anfangsjahren nicht zuletzt bei diesen Vereinen rekrutierte. G E L I E H E N E R B E C H E R F Ü R DE N Z U N F T M E I S T E R

Um im Kreis der anderen Zünfte als vollwertiges Mitglied anerkannt zu wer­ den, strebten die Gründer danach, sich möglichst rasch mit den wichtigsten Insignien einer Zunft auszustatten. Als Erstes dachte man an die Beschaffung eines Zunftbechers und eines Banners im Hinblick auf die erste offizielle Teil­ nahme am Sechseläuten im Jahr 1897. Da Metzgermeister Rudolf Gujer-Mül­ ler, ein regelmässiger und grosszügiger Wohltäter der Zunft, die Kosten für ein Banner übernahm, verursachte bloss dessen Gestaltung einige Schwierigkeiten, die aber schliesslich knapp und auf Termin noch gemeistert werden konnten. Was den Zunftmeisterbecher betraf, waren die Zunftmitglieder mit den ersten Entwürfen nicht zufrieden. Sie wünschten sich etwas Originelleres. Ein zwei­ ter Vorschlag, der die Fluntermer Lilien und den Zürcher Löwen künstlerisch verarbeitete, fand dagegen grosse Zustimmung und wurde umgesetzt, obwohl der Becher, mit mehr als einem Kilo Silber gefertigt, die für damalige Verhält­ nisse enorme Summe von 520 Franken kostete. Die Zunft musste danach diese Rechnung über einige Jahre abstottern. 1899 kam ein zweiter Becher dazu, ge­ stiftet von den drei Vertretern der Familie Sieber und geschmückt mit deren Wappen, 1903 ein dritter, weil Goldschmied Heinrich Bruppacher, der Schöp­ fer des kunstvollen Meisterbechers, der Zunft den für das erste Sechseläuten 1895 ausgeliehenen Becher zum Geschenk machte. Eine minimale Einheitlichkeit im Auftritt sollte eine einheitliche Kopf­ bedeckung schaffen, wie der Vorstand 1898 vorschlug. Verschiedene Muster wurden geprüft, bis man sich für die Anschaffung von 50 blauen Tellerkappen mit weissen Stofflilien entschied. Sie zierten erstmals am Sechseläuten 1899 die Häupter der Fluntermer Zünfter und erhielten den Übernamen «Chinese­

Wachstum und Rückschläge

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chappe». Ein Anfang war gemacht, verstärkte aber nur den Wunsch, das Er­ scheinungsbild der Fluntermer bei ihren öffentlichen Auftritten möge noch etwas farbiger werden. So begann eine Diskussion um die Anschaffung von Kostümen. Der damaligen Historienbegeisterung entsprechend, dachte man ursprünglich an Ritterrüstungen, mit denen ein Bezug zu den Edlen von Flun­ tern geschaffen werden sollte. Diese hatten zwar einst auf der Platte eine Burg besessen, dürften aber kaum Ritterrüstungen getragen haben. Überhaupt er­ wiesen sich diese als viel zu teuer, weshalb man sich schliesslich für eine Bau­ erntracht aus dem Knonaueramt entschied. Weshalb es gerade ein Bauernkos­ tüm und dann noch aus dem Knonaueramt sein musste, wird in der Chronik nicht weiter begründet. Eine Verbindung zu Fluntern stellt sich auf jeden Fall nicht unmittelbar her. Für die Zünfter bestand aber kein Zwang, eine solche beschaffen und tragen zu müssen, sodass die Farbigkeit des Auftritts zwar zu­ nahm, aber die Mehrzahl der Zünfter noch während Jahrzehnten im Anzug und mit Zunftmütze am Sechseläuten teilnahmen. Diejenigen, die Freude am Tragen der Säuliämtler Bauerntracht bezeugten, sollten diesen Kostümen je­ doch bis 1950 treu bleiben. Z U R U N T E R H A LT U N G E I N K L AV I E R SP I E L E R

Anregungen zur Weiterentwicklung zünftiger Sitten und Gebräuche erfolgten weiterhin vor allem von aussen. Zunftmeister Sieber führte 1898 eine Delega­ tion der Zunft an, die von der Zunft Hottingen zum «Rechenmähli» – wie das Martinimahl zuweilen auch genannt wurde – eingeladen worden war. Im Mit­ telalter markierte der 11. November, der Martinstag, den Beginn der Fastenzeit. Gleichzeitig war es der Tag, an dem Bilanz über die Ernte gezogen und die Zehnten bezahlt wurden. Die Zünfte begingen diesen Tag traditionellerweise mit einem opulenten Festessen. Beim «Rechenmähli» der Hottinger war die Verpflegung vielleicht nicht ganz so reichhaltig. Aber man habe dort «recht ge­ mütliche Stunden» verbracht, wie die Chronik vermerkt, sodass die Gäste aus Fluntern kurzerhand beschlossen, dem Beispiel zu folgen. Schon im folgenden Jahr, am 18. November 1899, fand das erste Martinimahl der Zunft Fluntern statt. Es war ein voller Erfolg. Für nur 1.50 Franken erhielten die Anwesenden Erbsensuppe, Gansbraten und Kartoffelsalat. Zudem war «zur Belebung der Unterhaltung ein Klavierspieler engagiert worden». Zwar fand eine Wieder­ holung vorerst nicht in jedem Jahr statt. Aber rasch etablierte sich das Martini­ mahl als herbstlicher Fixpunkt im Leben auch der Zunft Fluntern, was es bis

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Kinderfreundlich  Von Anfang an machten die Kinder am Sechseläuten mit. Hier eine Gruppe von 1932 in Knonauer Bauernkostümen.

Marschbereit  Die Zunft stellt sich am Sechseläuten 1911 an der unteren Zürichberg­ strasse für den Abmarsch in die Innenstadt auf. Erstmals trägt sie die Knonauer ­Bauerntracht.

Wachstum und Rückschläge

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1952

Spital mit Park  Das Kantonsspital im Jahr 1952 mit den Neubauten an der Rämistrasse und viel Grün.

Adieu «Plattengarten»  Dem 1959 erstellten Schwesternhaus musste das alte Zunftlokal Plattengarten weichen.

1963

198


Wachstumsschub  Ein neuer Masterplan für eine weitgehende Neubebauung des gesamten Hochschul- und Spitalviertels wird das Quartier bis 2035 gewaltig verändern. Modell von 2019.

2019

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Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert

2005–2016 Mit journalistischer Verve

Verfasst von Rainer Feh, Ehrenzünfter Am Hauptbott 2005 wurde Felix E. Müller zum 10. Zunftmeister der Zunft Fluntern als Nachfolger von Hans-Rudolf Weber gewählt. Felix E. Müller oder fem., um das Kürzel aus ZUNFTMEISTER seiner journalistischen Tätigkeit zu verwenden, ist F E L I X  E . gebürtiger Winterthurer mit Jahrgang 1951. Er beMÜLLER suchte das Gymnasium Rychenberg, nahm das Studium der Chemie an der ETH in Angriff, wechselte dann aber an die Universität Zürich, um Germanistik, Musikwissenschaft und Mathematik zu studieren. 1978 promovierte er über neuere Schweizer Literatur. Während seiner Studentenzeit arbeitete er als Lehrer an verschiedenen Gymnasien in Winterthur und Zürich. Zudem spielte er bei Yellow Winterthur Handball in der obersten Liga. 1978, also gleich nach der Promotion, stieg fem. bei der damals bekannten Zürcher Gratiszeitung Züri Leu als Journalist ein. Das war der Beginn einer steilen und erfolgreichen Laufbahn: Schon 1981 wurde er stellvertretender

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Chefredaktor. 1982 wechselte er zur Weltwoche und zeichnete als Chef der Inlandredaktion, später berichtete er als Auslandkorrespondent aus Washington, USA, dann wurde er stellvertretender Chefredaktor und Chefredaktor ad interim (von 1996 bis 1997), bis er Ende 1997 zur NZZ wechselte. Ab 2000 bis 2001 übernahm er dort die Leitung des Ressorts Stadt und Kanton Zürich. Höhepunkt seiner Karriere war sicher die Gründung der NZZ am Sonntag, deren Chefredaktor er von 2002 bis 2016 war. Heute ist er als Senior Advisor weiterhin für die NZZ tätig. Auch in der Armee blieb Müller seinen beruflichen Wurzeln treu und absolvierte seine Dienstpflicht in der Abteilung Presse und Funkspruch (APF) bei der Stabstelle Bundesrat, dies bis ins Jahr 2001. In den Überblick über Müllers berufliche Tätigkeiten gehört auch sein Engagement für die Ausbildung junger Menschen. Seit 2006 ist er Präsident der Freien Evangelischen Schule, einer der traditionsreichsten Zürcher Privatschulen. Müllers zünftiger Werdegang unterscheidet sich anfänglich kaum von demjenigen anderer Fluntermer Zünfter. Zugang zur Zunft fand er über seinen Schwiegervater und damaligen Zunftmeister Sigmund Widmer, der ihn 1978 zum ersten Mal zur Teilnahme am Sechseläuten einlud. Müller fand rasch Anschluss in zünftigen Kreisen, sodass 1993 einer Aufnahme in die Zunft nichts im Wege stand. Bald wurde die Vorsteherschaft auf Müllers Fähigkeiten aufmerksam. 2002 wurde er als Nachfolger von Walter E. Hunsperger zum 1. Zunftschreiber gewählt und schon drei Jahre später folgte er Hans-Rudolf Weber auf dem Zunftmeisterstuhl nach. F R AU E N S TÄ R K E R E I N B E Z I E H E N

Müllers Wirken als Zunftmeister prägte die Zunft Fluntern in verschiedenerlei Hinsicht. Es entspricht ganz seinem analytischen Wesen, Dinge, und seien sie noch so stark in Traditionen verankert, zu hinterfragen und nach möglichen Verbesserungen zu suchen. So ist es nicht verwunderlich, dass er schon bald nach seinem Amtsantritt die Vorsteherschaft zu einer Retraite über die Zukunft der Zunft einlud. Gedanken hat man sich damals über die traditionellen Aktivitäten der Zunft, über mögliche Veränderungen oder Ergänzungen gemacht. Es sollte auch nach Wegen gesucht werden, eine bessere Durchmischung innerhalb der Zunft zu erreichen sowie Zünftersgattinnen und Partnerinnen besser in das Zunftleben einzubeziehen. Mit einer Umfrage wurde die Meinung der Zünfter zu diesen Fragen eruiert. Das Resultat dieser Bemühungen waren veränderte oder auch gänzlich neue Aktivitäten.

Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert

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Interessiert  Margrit Feh (rechts aussen in der Mitte) und Franziska Widmer Müller (links vorn) lancieren einen neuen Anlass für kunstinteressierte Zünftersdamen. Im Jahr 2016 stand ein Besuch der MirÓ-Ausstellung im Kunsthaus auf dem Programm.

Als Erstes ist an dieser Stelle der neue Anlass nur für Zünftersfrauen und Zünfterspartnerinnen zu erwähnen, der durch ZM-Gattin Franziska Widmer Müller und Vorstehersgattin Margrit Feh aus der Taufe gehoben wurde. Gestartet wurde 2005 mit einer Führung durch die Sammlung des neu renovierten Kunsthauses. Seither finden jährlich Führungen im Bereich Kunst und Kultur mit anschliessendem Nachtessen statt. Ähnlich beliebt ist der neu geschaffene, ebenfalls jährlich stattfindende «Stamm mit Damen». Müller und die Vorsteherschaft nahmen dann die Aufgabe in Angriff, das Erscheinungsbild der Zunft nach aussen zu vereinheitlichen, das heisst eine Corporate Identity ( CI ) zu schaffen. Zudem initiierte man 2006 die Neugestaltung der Homepage der Zunft. Müller lag, nicht zuletzt wegen seiner beruflichen Herkunft, viel daran, das Informationskonzept zu erneuern. Zwei wichtige Informationsträger sollten künftig das Informationsbedürfnis abdecken: die Homepage als primäre Informationsquelle und eine jährlich erscheinende Chronik. Der alte Fluentermer Zöifter, erstmals 1976 erschienen, wurde unter der Führung des 2. Zunftschreibers, Rainer Feh, zu einer völlig neu ge-

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stalteten, farbigen und reich illustrierten Jahreschronik, die erstmals am Hauptbott 2008 auflag. Gleichzeitig erfuhr auch die interne Organisation eine Modernisierung. Erstmalig wurden für sämtliche Chargen in der Zunft Stellenbeschriebe und Pflichtenhefte erstellt. Damit einher ging die Straffung des Aufnahmeprozesses und die Überarbeitung des Weissbuchs, das Richtlinien für die Aufnahme neuer Zünfter sowie die Einladung von Gästen enthält. Schliesslich wurde als wahrscheinlich wirkungsvollste Neuerung 2012 ein internetbasiertes Administrationssystem mit Dokumentenablage ( CRM ) aufgegleist, dies mit der wertvollen Unterstützung des damaligen Beisitzers und derzeitigen Zunftmeisters Urs Berli. KO N TA KT M I T Ä LT E R E N Z Ü N F T E R N P F L E G E N

Neuerungen ergaben sich auch im Bereich der Infrastruktur. Leider musste sich die Zunft aus dem mitten in Fluntern gelegenen Traditionslokal Vorderberg verabschieden. Mehrere Wirtewechsel und damit verbundene zunehmende Schwierigkeiten waren die Ursache dafür, dass die Zunft gezwungen war, sich nach einem neuen Versammlungslokal umzusehen. So trafen sich die Zünfter ab 2005 im «Alten Klösterli» für den Hauptbott und im Restaurant Oberhof für Sitzungen und Stamm. Einen Kauf der Liegenschaft «Vorderberg» als Zunfthaus lehnte die Vorsteherschaft 2010 aus finanziellen Gründen ab. Der Vortragssaal des Kunsthauses blieb die Zunftstube für Sechseläuten und Martinimahl. Eine sehr grosszügige testamentarische Spende von Ehrenzünfter Fritz König bot die Möglichkeit, den Saal und vor allem den Eingangsbereich aufzuwerten und neu zu gestalten (2013). Dass die Zunftstube aber von 2017 bis 2020 nicht zu benützen war, zeichnete sich 2015 nach der Erteilung der Baubewilligung für die Erweiterung des Kunsthauses ab. Vergeblich suchte die Vorsteherschaft nach einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Kunsthaus für die Benützung des Vortragssaals als Zunfthaus. Zurzeit (2019) laufen Verhandlungen mit den Verantwortlichen des Kunsthauses, die Situation vertraglich neu zu regeln, nachdem das Hauptbott 2019 mit grosser Mehrheit für den Verbleib an diesem Ort votiert hatte. Felix E. Müller konnte für das vierjährige Exil das Restaurant Metropol an der Ecke Börsenstrasse / Stadthausquai als Ersatzquartier gewinnen. Was wäre das zünftige Leben ohne Geselligkeit? Diese zu stärken war eines der Anliegen von Felix E. Müller. Deswegen schuf er, zusammen mit sei-

Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert

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Anhang

Bildnachweis Baugeschichtliches Archiv Zürich, BAZ: 6, 14, 14, 15, 15, 16, 16, 16, 17, 22, 24, 24, 24, 25, 26, 26, 26, 27, 27, 40, 41, 41, 42, 42, 43, 50, 79, 90, 104, 105, 105, 106, 106, 107, 107, 197, 198, 198, 219 ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv: 53, 120, 122, 196 Feldmusik Baar, Jubiläumsschrift 2011: 84 Fluntern. Werner Angst. Jubiläumsbuch Zunft Fluntern 1995: 36, 66 Keystone-SDA, Beutler: 197 Keystone-SDA, Leanza: 199 Keystone-SDA, Photopress-Archiv: 72, 110, 155 Keystone-SDA, Schmidt: 182 Kunsthaus Zürich, Geschenk Erben A. Rutsch, 1929: 131 Schweizerische Nationalbibliothek (NB), Bern. K. Jauslin: Festumzug Schweiz. Landesmuseum, 1898. ­Lithografie, Ausschnitt Bildtafel VI: 60 Privat: 44, 61, 132, 179, 183, 188, 189, 190, 192, 193, 194, 195 Ringier Bildarchiv, Lindroos, StAAG/ RBA: 110 Ringier Bildarchiv, Snozzi, StAAG/ RBA: 148 Stadtarchiv Zürich, SAR VII.159.1.3.: 30 Tagblatt der Stadt Zürich: 220

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Wildfremd, hautnah. Rea Brändle. Rotpunktverlag, 2013. Sammlung RB: 220, 221 Zentralbibliothek Zürich, Kartensammlung: 4 Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv: 17, 59 Zunft-Fotoarchiv: 70, 70, 71, 85, 86, 100, 102, 129, 144–147, 177, 200, 202, 204, 205, 205, 208, 211, 212, 214, 215, 217, 218, 218, 226, 226, 227, 227, 229 Zunftarchiv Fluntern: 13, 32, 35, 47, 47, 55, 60, 64, 65, 68, 69, 69, 69, 71, 74, 83, 87, 93, 94, 97, 108, 113, 113, 114, 116, 117, 127, 133, 135, 136, 137, 141, 141, 151, 158, 161, 163, 165, 167, 172, 175, 176, 222, 223


DE R AU T O R

Felix E. Müller (*1951), Dr., wuchs in Winterthur auf, studierte Germanistik, Musikwissenschaften und Mathematik an der Universität Zürich und promovierte 1978. Er spielte Handball in der Nationalliga A, stieg beim Züri Leu in den Journalismus ein, wechselte zur Weltwoche, war Auslandkorrespondent in Washington D. C. und von 1996 bis 1997 Chefredaktor a. i. Seit Ende 1997 bei der NZZ tätig, als Autor, Leiter des Ressorts Zürich und ab 2002 Chefredaktor der im gleichen Jahr lancierten NZZ am Sonntag. 1993 wurde er als Tochtermann Mitglied der Zunft Fluntern, im Jahr 2002 erster Zunftschreiber. Von 2005 bis 2016 war er Zunftmeister der Zunft Fluntern. Müller ist verheiratet mit Franziska Widmer und Vater dreier erwachsener Töchter. Heute ist er als Senior Advisor weiterhin für die NZZ tätig.

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Felix E. Müller

Ein Zürcher Quartier und seine Zunft

Die Zunft Fluntern, gegründet 1895, entstand wesentlich aus dem Bedürfnis, den Charakter des alten Dorfs auch im neuen Grosszürich zu erhalten. Ihre Geschichte zeigt exem­ plarisch, wie das Zürcher Zunftwesen den Sprung in die ­Moderne geschafft hat. Ursprünglich stark am klassischen Vereinsleben orientiert, näherten sich die neuen Quartier­ zünfte den historischen Zünften an. Felix E. Müller ver­mittelt einen Einblick in die innere Orga­nisation einer Zunft und in die zunehmende Historisierung der Zürcher Zünfte. In der anekdotenreichen Zunftgeschichte widerspiegeln sich aber auch die soziodemografischen Ver­änderungen des ­Zürichbergs in den vergangenen 125 Jahren. Viele Fotos, ­Karten, Faksimiles und ein vollständiges Inventar des Zunft­ schatzes runden das Buch ab.

Ein Zürcher Quartier und seine Zunft

GESCHICHTE DER ZUNFT FLUNTERN

Felix E. Müller ISBN 978-3-03810-479-7

NZZ Libro www.nzz-libro.ch


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