GROOVE #118 - TECHNIK

Page 1

Technik

E N E I S H O C I AS -SYM B M S R NT E E L L M O U R R T T N S IN CO E N V I I N AT P LU G Betrachtet man die Erfolge, die Native Instruments in jüngerer Zeit bei ihrem Bemühen verbuchen konnten, die Barrieren zwischen Interface und Computer niederzureißen, dann muss man den Berlinern schon Respekt zollen. Gestartet wurde das Unterfangen mit dem integrierten Workstation-Konzept Kore, dem das Virtual-Vinyl-System Traktor folgte. Und nun gibt es Maschine: eine rechnergestützte Symbiose aus Plug-in und Controller, die wirkt, als sei sie in einem evolutionären Prozess der missing link zwischen MPC und Rechner. Wenn wir eines Tages die Enzyklopädie der Klangerzeuger schreiben müssten, hätten wir auf jeden Fall unsere liebe Not zu bestimmen, ob nun Software-Funktionen des Rechners in die Hardware gewandert sind oder umgekehrt. Te x t N U M I N O S

/

Maschine sieht nicht nur aus wie ein Drumcomputer, sondern lässt sich auch so bedienen – und wir können den Hinweis der Bedienungsanleitung, der den Nutzer ermahnt, dass er sich vom ersten Tag an tunlichst mit dem Controller und nicht mit der Software beschäftigen soll, nur dick unterstreichen. Denn der Maschine-Controller besitzt alle nötigen Bedienelemente, um damit stand-alone zu arbeiten. Und sobald man die Maus zu Hilfe nimmt, geht viel von der typischen Herangehensweise für Drumcomputer verloren, und man kommt zu anderen, eher rechnergestützten Ergebnissen. Dass man mit Maschine hervorragend autonom arbeiten kann, dafür sorgen neben den 16 anschlagsdynamischen Drumpads sowie nicht weniger als 41 beleuchteten Tastern und 11 Drehreglern vor allem die beiden Displays (64 x 256 Pixel), die wie bei Hardware üblich alle relevanten Informationen anzeigen. Die Zweiteilung resultiert allerdings weniger aus Design- denn mehr aus Kostengründen, da es sich bei den verbauten Anzeigen um StandardIndustriekomponenten handelt und die Eigenentwicklung eines Displays Maschine laut Native Instruments wesentlich teurer gemacht hätte. Ein Kompromiss also, der bis auf wenige Menüseiten nicht weiter stört.

Der Kontrast allerdings lässt sich nur per Software regeln – hier hätten wir uns, insbesondere für Liveauftritte, eine mechanische Komponente gewünscht. Die Bedienung ist logisch und stringent, teilweise sogar vorbildlich gelöst, sodass man wirklich in jenen Arbeitsfluss kommt, der Sample-Workstations so einzigartig macht: dass man nämlich einfach Pattern an Pattern reiht, ohne auch nur ein einziges Mal die Wiedergabe zu stoppen. Wer bereits Erfahrung im Umgang mit MPCs oder Artverwandtem hat, sollte mit Maschine bereits nach kurzer Zeit zu Ergebnissen gelangen. Aber auch Einsteiger dürften nach einem intensiven Maschine-Wochenende das Gerät im Griff haben. Pads, Taster und Potis geben in mechanischer Hinsicht keinen Anlass zur Kritik. Insgesamt wirkt die Hardware fast schon etwas abstrahiert, was auch daran liegt, dass die Taster von Maschine im Gegensatz zu vielen klassischen Klopfgeistern angenehmerweise nur mit maximal zwei Funktionen zugleich belegt sind. Anschlussseitig geht es mit einer USB-2.0- und einer Midi-In-/-OutBuchse aufgeräumt zu. Und trotz aufwendiger Lichtshow kann Maschine praktischerweise allein durch die Bus-Energieversorgung betrieben werden. K R E AT I O N E N V E R D I E N T E R PRODUZENTEN Die mitgelieferte Soundlibrary ist sowohl in Bezug auf den Klang als auch auf die stilistische Vielfalt schlicht und einfach überragend: Insgesamt warten 6500 Samples auf ihren Einsatz, die vom Schlagwerk der bekannten analogen Schlachtschiffe über multigemappte Instrumente bis zu eigens für Maschine produzierten Beat-Kreationen verdienter Produzenten wie Amon Tobin, Atom

Heart oder Matthew Herbert reichen. Einziger (sehr persönlicher) Kritikpunkt dabei: So sehr ich auch bespielsweise Stefan Bodzin als Ausnahmeproduzenten schätze – in tiefste Produktionsmeditation versunken stört ein Samplename wie „Bodzin-Kick1“ für einen Augenblick meine gedanklichen Kreise. Aber das kann auch eine Profilneurose sein. Klanglich ist das Material, wie von Native Instruments nicht anders zu erwarten, über jeden Zweifel erhaben und kann in jeder Hinsicht als „produktionsfertig“ bezeichnet werden. Durch die Sampling-Option, die jeden korrekt in das System integrierten Wandler als Audioeingang nutzen kann, stehen dem Nutzer indes alle Möglichkeiten offen, klanglich eigene Wege zu beschreiten oder Maschine als Sampling-Workstation einzusetzen. Das Schneiden und das Mappen von Samples gehören dann auch zu jenen seltenen Arbeitsschritten, bei denen man die Visualisierung auf dem Monitor der direkten Arbeit am Gerät vorzieht. Doch schon beim Zerstückeln von Loops wird der Anwender durch die automatische Beat-Slicing-Funktion so umfassend unterstützt, dass er sich sicher gerne wieder dem Gerät zuwendet. Das wirklich Fette am Speck ist unserer Meinung nach aber die Effektsektion. So lassen sich jeweils zwei Effekte auf den Master, auf jede Gruppe und auf jeden (!) einzelnen Sound legen – rein rechnerisch ergibt das mehr als 1024 einzelne Effektinstanzen, falls der Rechner nicht vorher die Segel streicht. Ferner sind die Auswahl und Parametrisierung der Klangverbieger passgenau auf die Ästhetik und Erfordernisse zeitgemäßer elektronischer Musik ausgerichtet: Alle Effekte klingen extrem frisch, sind auf spektakuläre Klangmanipulation ausge-

7 0 / GRO OV E

k.technik_118_neu.indd 70

01.04.2009 19:06:01 Uhr


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
GROOVE #118 - TECHNIK by NAVAP - Issuu