Technik
Studiobericht
Studio Elektronische Musik des WDR
Regelmäßig besuchen wir an dieser Stelle Produzenten von populär-elektronischer Musik jüngeren Datums und stellen ihre Arbeitsräume, Gerätschaften und Methoden der Klanggestaltung vor. Ein noch frisches Jahr 2011 ist jedoch ein hervorragender Anlass, sich einmal einen kontemplativen Blick zurück in die Zeit zu erlauben. An einen Ort, wo Klänge in mühsamer Handarbeit geformt und nicht geklickt wurden, wo in kompositorischer und technischer Hinsicht Neuland betreten wurde. Dahin also, wo die bewahrenswerten Ursprünge dessen liegen, was wir heute als elektronische Musik kennen. Te x t N uminos
6 6 / GRO OV E
F o t o s A lfred J ansen
Als im Jahr 1951 das Studio Elektronische Musik des (damals noch) Nordwestdeutschen Rundfunks seinen Produktionsbetrieb aufnahm, war die heutzutage gängige Personalunion von Komponist und Techniker völlig undenkbar. Stattdessen herrschte seinerzeit eine strenge Dualität in Bezug auf die technische Umsetzung und die musikalische Struktur. Der Techniker war somit das Bindeglied zwischen den Visionen des Komponisten und der Hardware. Volker Müller ist der letzte aus der Fraktion der Toningenieure, die in jenem Studio, das offiziell im Jahr 2001 stillgelegt wurde, noch aktiv Produktionen durchführten. Der im sprichwörtlichen Unruhestand befindliche 67-Jährige ist nicht nur Zeitzeuge der Arbeit des untrennbar mit dem Studio verbundenen Komponisten Karlheinz Stockhausen († 2007), sondern auch der lebende Schaltplan und die menschliche Seele des Geräteparks. Da bis zum heutigen Tag noch eine Vielzahl ungesichteter Tonbänder aus jenen Pioniertagen vor sich hin schlummert, wurde das Studio auf Initiative des Programmchefs von
WDR 3, Professor Karl Karst, mit dem Ziel der vollständigen Archivierung wieder aufgebaut, und zwar in einer WDR-Dependance in einem tristen Industriegebiet vor den Toren Kölns. Dabei war der originalgetreue Aufbau der historischen Geräte unabdingbar für die einwandfreie Digitalisierung. „Nur so kann man die Werke, die ja teilweise in Zwölfkanaltechnik produziert sind (heutzutage würde man die im Kreisrund angeordneten Lautsprecher wohl Dolby 12.0 nennen), authentisch abhören und bewerten“, sagt Volker Müller. Gefragt, ob ihn die Tatsache, dass ein so außergewöhnlicher Gerätepark nicht mehr produktiv genutzt wird, nicht schmerze, entgegnet er: „Es war ja zu keinem Zeitpunkt böser Wille im Spiel – warum auch? Nein, das Studio Elektronische Musik und teilweise auch die Musik selbst sind in gewisser Weise einfach aus dem Bewusstsein geraten.“ Während er das sagt, zieht er schmunzelnd ein Spültuch mit der Aufschrift Westdeutscher Rundfunk aus dem Schrank, um die original Sechziger-Jahre-Tassen abzutrocknen, die er, wie so vieles in diesem Studio, über die Zeit