GROOVE #125 - TECHNIK

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Technik

Presonus Studio One Artist/Pro 1.5 Digitale Audio Workstation (PC/Mac)

Es gehört schon ein gutes Stück Verwegenheit dazu, sich angesichts des fett an der Spitze thronenden Triumvirats aus Cubase, Live und Logic hinzusetzen und eine komplett neue Digital Audio Workstation aus dem Boden zu stampfen. Am besten gelingt das, wenn ein schlagkräftiges Entwicklerteam geschlossen zu neuen Ufern aufbricht. Ein Glücksfall also, dass Presonus für Studio One eine Handvoll verdienter Steinberg-Coder für das Vorhaben gewinnen konnte. Te x t N u m i no s

Dabei tritt Studio One mit einer ambitionierten Zielsetzung an: Schlank und schnörkellos soll es sein, gleichzeitig aber leistungsfähig genug, um sämtliche Produktions­aufgaben inklusive Mastering und Filmvertonung zu meistern – und dabei nicht zuletzt eine überragende Klangqualität liefern. Wir haben die – erfahrungsgemäß entscheidende – 1.5er-Version abgewartet, um den DAW-Revoluzzer zu testen. Inbetriebnahme Tatsächlich bescheidet sich Studio One, wenn man die Demosamples und -songs weglässt, mit gerade mal 50 Megabyte Plattenspeicher. Kein Wunder also, dass der Programmstart auf unserem Testrechner (i5, 2,26 MHz) keine fünf Sekunden braucht. Hiernach wird man von einem Startscreen begrüßt, der einem neben der Wahl, einen neuen oder bestehenden Song, beziehungsweise ein Projekt zu öffnen, eine Möglichkeit bietet, die Audio- und Midi-Hardware zu konfigurieren. Wer sich von solcherlei Assistenz eher genervt fühlt, hat die Möglichkeit, mit einem Blanko-Song zu starten. 7 6 / GRO OV E

Das Screen-Layout von Studio One ist auf Anhieb verständlich: Zuoberst residiert eine Werkzeugleiste, über welche die Basis-Werkzeuge sowie Takt- und Quantisierungs-Funktionen, aber auch die Controller-Midi-Verknüpfungseinstellungen erreichbar sind. Darunter stapeln sich Audio- und Midi-Spuren im Arrangementfenster. Rechts schwebt ein BrowserFenster, das – ähnlich wie Ableton Live – via Drag’n’Drop Zugriff auf jedes beliebige Medium (Audio, Instrumente, Effekte und so weiter) bietet. Dabei ist Drag’n’Drop hier wörtlich umgesetzt, denn die Bewegung funktioniert in beide Richtungen. So lässt sich beispielsweise eine gelungene Kanaleinstellung als komplette Effekt-Chain einfach aus dem Mixer in den Browser ziehen – und dann entsprechend einfach wieder auf einen anderen Kanal anwenden. Zuunterst findet sich der Kontext-Editor, der entweder das Mischpult oder den Midi-/ Audio-Editor zeigt. Hier macht sich dann auch das Ein-Fenster-Konzept positiv bemerkbar: Egal welche Änderung erforderlich ist, man bleibt gewissermaßen „im Song“ und verliert sich zu keinem Zeitpunkt in irgendwelchen Fenstern, die vor, hinter oder neben dem Arrangement-View rumlungern. Auch der Midi-Editor kann punkten: Unter der klassischen PianoRoll-Ansicht bietet er eine sehr gute Visualisierung der Controller-Daten, und Eingriffe in Hüllkurven-Verläufe gehen sicher von der Hand. Derzeit noch nicht auf der Höhe der Zeit ist der Audioeditor. Er bietet zwar rudimentäre Schnitt-, Fade- und Lautstärke-Funktionen, weitergehende Manipulationsmöglichkeiten wie Hitpoints oder Audio-Warp sucht man aber (derzeit noch – denn hier ist laut Wolfgang Kundrus, dem Mastermind hinter Studio One,

einiges in der Pipeline) vergeblich. Studio One versteht sich als AufnahmeKomplettlösung, und ein Blick in die serienmäßige Plug-in-Ausstattung bestätigt diesen Anspruch: Zwanzig durchweg hochwertig klingende, sehr praxisgerecht gestaltete und einfach bedienbare Plug-ins, die den gesamten Bereich der Klangbearbeitung – von EQs über Dynamikbearbeitung bis zu Effekten – abdecken, warten hier auf ihren Einsatz. Auch an internen Klangquellen besteht kein Mangel: Beginnend bei dem soliden Drumsampler Impact über die polyfonen Sampleplayer Presence und Sample One bis zum virtuellen Synthesizer Mojito – allesamt selbsterklärend benutzbar und ab Werk mit durchweg guten Librarys ausgestattet – lässt sich out-of-the-box zur Tat schreiten. Wobei man insbesondere das Attribut „selbsterklärend“ fett unterstreichen muss: Dem Entwicklerteam (alle nebenbei selber Musikschaffende) und vornehmlich dem Designer der grafischen Benutzeroberfläche, Florian Veer, ist der Spagat gelungen, Studio One zu einer zugleich leistungsfähigen wie auch komplett ohne Handbuch-Lektüre benutzbaren Audio-Software zu machen. Dass hier Musiker am Werk waren, merkt man vor allem im Bereich des Mischpults und Routings. So simpel lässt sich zum Beispiel eine Subgruppe erstellen: einfach die gewünschten Kanäle anklicken, rechte Maustaste, Befehl „Bus erstellen“, fertig – das Produzentenleben kann so einfach sein. Fazit Vielleicht ist es die Gnade des späten Markteintritts: Presonus gelingt es mit Studio One tatsächlich, die besten Konzepte aus etablierten DAWs (unter anderem integrierter


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