GROOVE #118 - STUDIOINTERVIEW

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Technik

T H C RS I A R M E N OB O I D E U S ST MOU

Seit nunmehr 16 Jahren machen Andy Toma und Jan Werner als Mouse On Mars Musik, und in dieser Zeit sind sie dank ihrer Funken sprühenden Freigeistigkeit zu so etwas wie dem guten Gewissen der doch oft stereotypen ElektronikmusikWelt geworden. Wir haben Werner und Toma während der Arbeit an ihrem elften Album getroffen – und bekamen einen gewohnt ironisch formulierten Zwischenstand zu hören. Te x t N U M I N O S

Fotos C A R L A & B I A NC A

/ Denn vor allem sind Andi Toma und Jan Werner eins: albern – und das nicht im Sinne von lächerlich, sondern im positiven Sinne einer ungezügelten Selbstironie und Experimentierfreude. Und eben das ist im Kern die vielleicht einzige und zugleich beste Stilkonstante von Mouse On Mars. „Ich finde, man muss als Musiker wie mit einem Einkaufswagen durch die Stile gehen und sich alles reinpacken“, sagt Jan Werner. „Es müssen Willkür und Völlerei herrschen – man sollte sich von nichts und niemandem beschränken lassen. Am Ende des Tages bleibt sowieso nur ein kümmerlicher, erbärmlicher Rest, weil man ja ohnehin schon beschränkt genug ist.“ Er grinst süffi-

sant und ergänzt: „Ich glaube, so eine gewisse Klangbefreiungsethik haben wir schon – so richtig echte Dogmatik trauen wir uns allerdings nicht zu, weil wir letztlich noch nichts gefunden haben, was wir wirklich hätten vertreten können.“ Dieser freien, spielerischen Haltung entsprechend reichhaltig ist das Mouse-OnMars-Studio ausgestattet. Die zentrale Schaltzentrale ist eine 32-Kanal-Soundcraft-InlineKonsole, die wegen ihrer sättigenden, übersteuerbaren Eingangsverstärker die erste Anlaufstelle für alle Sounds ist. Dabei ist vor allem das wiederholte Bouncen von der digitalen in die analoge Hardware für den plastischen Klang vieler Tracks von Mouse On Mars entscheidend, wie Andi Toma verrät: „Das Soundcraft zerrt echt schön, was man immer gut als Effekt einsetzen kann. Manchmal nehmen wir das Ergebnis dann sogar noch mal in den Rechner und spielen es wieder in die Konsole.“ Seiner Aussage zufolge finden Mouse On Mars einfach jeden Prozess gut, der dazu dient, das Material auseinanderzunehmen und neu zu kombinieren: „Das endet nie, denn wenn alles schon gemischt ist, schneiden wir aus verschiedenen Sessions etwas zusammen und wenn es keine zu komplexen Taktarten waren, fügen wir noch weitere Sounds hinzu

und dann geht das alles wieder ins Pult. So wächst das, es wird für uns griffig.“ Und fraglos lässt sich mit dem hochwertigen Sammelsurium edler Analoghardware und seltener Klangerzeuger, das man im Mouse-On-MarsStudio findet, einiges anstellen, um Produktionen mit einem warmen, analogen Sound auszustatten. DIALE KTI SC H VORB ILD LICH Damit lässt sich klanglich auch hervorragend kaschieren, dass viele der Sounds von Mouse On Mars in jüngerer Zeit aus dem Rechner stammen, wobei hauptsächlich Massive und Reaktor von Native Instruments zum Einsatz kommen. Die Programme werden von Jan Werner – dialektisch vorbildlich – im selben Atemzug lobend erwähnt und gründlich kritisiert: „Die schmieren uns einfach kräftig, denn wenn wir was brauchen, geben die uns das sofort, weshalb wir diesen Namen so gerne erwähnen. Klar ist das Design absolut hässlich, und dann noch dieser ganze RichieHawtin-Scheiß ... Ich habe neulich mit einem Designer gesprochen, der am liebsten alle Werbekampagnen von NI machen würde, der meinte, dass es genau der falsche Weg ist, dass die in ihren Anzeigen immer hoch profilierte und etablierte Produzenten zeigen und

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01.04.2009 19:13:06 Uhr


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