LaKo 2008- Arbeitsprogramm 2008-2010

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Beschluss A1 Modern geht auch sozial – Für ein solidarisches NRW

Landesarbeitsprogramm der NRW Jusos 2008 - 2010 I. Standortbestimmungen

„Solidarität bedeutet wechselseitige Verbundenheit, Zusammengehörigkeit und Hilfe. Sie ist die Bereitschaft der Menschen, füreinander einzustehen und sich gegenseitig zu helfen. Sie gilt zwischen Starken und Schwachen, zwischen Generationen, zwischen den Völkern. Solidarität schafft Macht zur Veränderung“ (Grundsatzprogramm der SPD, Hamburg 2007)

„Es rettet uns kein höh‘res Wesen, kein Gott, kein Kaiser noch Tribun. Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun! Leeres Wort: des Armen Rechte, leeres Wort: des Reichen Pflicht! Unmündig nennt man uns und Knechte, duldet die Schmach nun länger nicht!“ Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind die Leitlinien einer am Menschen und seinen Bedürfnissen orientierten Politik. Erst wenn alle Menschen unabhängig ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihrer sozialen Stellung und ihrer Vorlieben gleiche Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung und gleiche Teilhabe am gesellschaftlich erarbeiteten Wohlstand haben, ist eine gerechte Gesellschaft verwirklicht. Die Menschen müssen in Selbstbestimmung und ohne Angst vor wirtschaftlicher oder sozialer Armut leben und arbeiten können. Die soziale Herkunft oder natürliche Unterschiedlichkeit darf Lebensläufe nicht vorweg festlegen und zum unausweichlichen sozialen Schicksal werden. Solidarität und Teilhabe obliegen nicht der Wohltätigkeit der Eliten, sondern sind das gesellschaftlich verbürgte Recht aller Menschen. Wir stellen fest, dass die gesellschaftliche Realität in den meisten Ländern dieser Welt anders aussieht. Ausbeutung und Diskriminierung, Zwang und Unterdrückung bestimmen noch immer in erheblichem Ausmaß den Alltag in weiten Teilen der Erde. Kapitalistische Wirtschaftsordnungen spalten Gesellschaften. Funktionslogik ist die individuelle Aneignung von Profit, nicht die Schaffung von gesellschaftlichem Mehrwert. Wir treten ein für eine internationalistische Politik und ein solidarisches Europa in einer friedlichen Welt. Unsere Vision einer besseren Gesellschaft ist der demokratische Sozialismus. 1. Gesellschaftliche und ökonomische Entwicklungen Die aktuelle Krise an den Börsen und auf den Finanzmärkten zeigt, wie wichtig gerade diese Einrichtungen für unser Wirtschaftssystem geworden sind. Politisch gewollte Liberalisierungen der letzten Jahre haben zu einem nahezu globalen Finanzmarkt geführt. Eine Kontrolle über die Aktivitäten von Fonds und Investmentgesellschaften findet so gut wie nicht statt. Die Ursache für Verwerfungen auf den Finanzmärkten mag noch in einem einzelnen Land liegen. Wie die Krise auf den Finanzmärkten im Frühjahr 2008 zeigt, sind die Folgen dann aber global zu spüren. Die Wichtigkeit von Währungsgeschäften aus rein spekulativen Gründen, und nicht zur Absicherung beispielsweise des Wechselkursrisikos bei einer tatsächlichen Investition im Land, hat zugenommen. Damit wird durch Währungstransaktionen keine reale Produktion unterstützt. Die Finanzmärkte werden so zu einer zunehmend von der Realwirtschaft abgekoppelten Sphäre. Zugleich werden für Unternehmen die von den Akteuren an den Finanz- und Aktienmärkten vorgegebenen Renditeziele immer wichtiger. Hinter dem Schlagwort von „Shareholder-Value“ verbirgt sich vor allem der Anspruch, jedes Jahr ein bestimmtes Renditeziel zu erreichen - ohne Rücksicht auf die langfristige Entwicklung des Unternehmens.

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Die Entlassung des Personals, selbst bei blendenden Geschäften, ist einer der Auswüchse dieses Mechanismus. Für die Volkswirtschaft eines Landes sind solche Entwicklungen fatal, da auch Investitionen in Forschung und Entwicklung gestrichen werden und die langfristige Innovationsfähigkeit der Volkswirtschaft abnimmt. In den vergangenen Jahren war die politische und gesellschaftliche Debatte über die Rolle des Staates zudem oft geprägt von Misstrauen gegenüber staatlichem Handeln, gegenüber aktiver Gesellschafts- und Sozialpolitik. Staatliches Handeln wurde mit Bevormundung der Bürgerinnen und Bürger gleichgesetzt, staatliche Verwaltung und kommunale Wirtschaft wurden als bürokratisches Monster und wuchernde Krake diffamiert. Unter dem Motto „Privat vor Staat“ strebten CDU und FDP, getrieben von marktradikalen Kräften in beiden Parteien und getragen von einer breiten Masse ihrer Basis, die völlige Entkernung des Sozialstaats an. Diese ideologischen Tiefschläge wurden letztlich sogar Grundlage der Koalitionsvereinbarung von Schwarz-Gelb in NRW und für die Programme von CDU und FDP zur Bundestagswahl 2005. Parlamente und Regierungen, Politik ganz allgemein, sollten auf bloße Rahmenvorgaben beschränkt werden, während der Markt nicht nur in der Wirtschaft, sondern bezogen auf alle gesellschaftlichen Bereiche Alles andere regeln soll. Der Staat soll Zug um Zug Zuständigkeiten und finanzielle Mittel verlieren und so seine Handlungsfähigkeit einbüßen. Demgegenüber ist in Hinblick auf den Arbeitsmarkt, das Wirtschaftswachstum und die Brandmarkung aller politischen Instrumente und Vorhaben der rotgrünen Vorgängerregierung die chronische Schwarzmalerei aus Oppositionszeiten einem Lobpreis auf die gegenwärtige Wirtschaftssituation und die Lage am Arbeitsmarkt gewichen. Angeblich erreicht der Aufschwung auch wirklich Alle. Angesichts der Armutsberichte und der wissenschaftlichen Analysen über die tatsächlichen Profiteure der gegenwärtigen politischen Prozesse und Entwicklungen ist dieser Strategiewechsel bemerkenswert und sollte politisch thematisiert werden. Die konservativ-liberale Landesregierung in NRW hat in den vergangenen zweieinhalb Jahren eine Politik der sozialen Spaltung betrieben und liefert Vorlagen für die Opposition am laufenden Band. Der Umgang mit der WestLB offenbarte auf drastische Art den Dilettantismus des Ministerpräsidenten und seines Kabinetts. Das KiBiz schränkt das Wahlrecht der Eltern ein und weist den Kommunen ein höheres Planungsrisiko zu. Die Änderung der Gemeindeordnung und die Vorhaben um ein neues Sparkassengesetz gefährden die Kommunen in ihrem Selbstverwaltungsrecht und ihrem Auftrag als Garant für die Daseinsvorsorge. Auch die BürgerInnen sind von diesen Veränderungen persönlich massiv betroffen. Der Abbau von Arbeitnehmerrechten, die Kürzungen bei sozialen Einrichtungen und die Auflösung der Versorgungsämter sind bittere Realität. Dennoch gebärdet sich ein durch und durch von einem elitären Gesellschaftsbild geleiteter Ministerpräsident medienwirksam als Arbeiterführer. Obwohl CDU und FDP eine Politik des Chancentods und der Manifestierung von sozialen Brüchen verfolgen, gelingt es der nordrhein-westfälischen SPD nicht, das Vertrauen einer Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in NRW zurück zu gewinnen. 2. Standortbestimmungen – Partei und Verband a) Die Partei Die Politik der SPD hat in den vergangenen Jahren viele Wähler enttäuscht. Soziale Spaltungen und die Ungleichverteilung von Wohlstand haben während der Regierungsjahre der rot-grünen Bundesregierung zugenommen. Von vielen Menschen wird die SPD nicht mehr als Garant für soziale Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe wahrgenommen. Während z.B. Spitzensteuersatz und Unternehmenssteuern deutlich gesenkt wurden, wurden die Bezugsbedingungen für Sozialleistungen zum Teil erheblich verschärft. Ein heterogenes und oft widersprüchliches Erscheinungsbild nach außen und nach innen, in der Öffentlichkeit ausgetragene Richtungsdebatten und oftmals intransparent zustande gekommene Direktiven führten zu Enttäuschung, Parteienverdrossenheit und mangelnder Zustimmung, aber trugen vor allem auch zu einer tiefen und nachhaltigen Verunsicherung unter Mitgliedern und Wählern bei. Konflikte wurden nicht intern ausgefochten oder mit der Kanzlerfrage einfach vom Tisch gefegt. Die Probleme sind nach der Bundestagswahl und der Bildung einer Großen Koalition noch größer geworden. Entscheidungen wie die Mehrwertsteuererhöhung und die Rente mit 67 waren der Glaubwürdigkeit der SPD abträglich. Hin und her gerissen zwischen den vermeintlichen Sachzwängen einer regierenden Partei und einer programmatischen Interessenvertretung hat die SPD wenig Fingerspitzengefühl für die Ängste der Bürger gezeigt. Hin und her gerissen zwischen der babylonischen Gefangenschaft in der Großen Koalition und dem vermeintlichen Tabubruch mit der Linken verspielt die SPD ihre strukturelle Mehrheitsfähigkeit. Die dringend gebotene inhaltliche Offensive gegen die oftmals populistischen Forderungen der Linkspartei wurde zu lange verschlafen und ist wenig bis gar nicht koordiniert worden. Es ist uns in der laufenden Legislaturperi-

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ode kaum gelungen, unsere Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität in der Regierungspolitik so deutlich zu machen, dass die Urheberschaft dafür auch in der Bevölkerung der SPD zugerechnet wurde. Die SPD hat es bis zum Hamburger Bundesparteitag nur selten verstanden, die solidarische Mehrheit der Bevölkerung hinter sich zu bringen, und somit konsequent und nachhaltig der von den Marktradikalen der Union betriebenen Politik der sozialen Härte und Deregulierung entgegen zu treten. Es greift deutlich zu kurz, die Ursache für den gravierenden Rückgang in der Wählergunst nur in der mangelhaften Kommunikation zu suchen. Die SPD muss den Weg des Hamburger Parteitags, den Weg hin zu einer nachhaltigen und glaubwürdigen Ausgestaltung eines neuen sozialen Projekts, konsequent und geschlossen weiter entwickeln. Programmatik sollte für die SPD mehr als die Rechtfertigung ihres Regierungshandelns sein. Eine fortschrittliche linke Reformpolitik wird ohne Partner nicht durchzusetzen sein. Die SPD braucht dabei Partner, die die Vorstellungen eines solidarischen Gemeinwesens teilen. Bei gesellschaftlichen Bewegungen und Gewerkschaften hat die SPD in den vergangenen Jahren dramatisch an Zustimmung verloren. Die Rechtfertigung des Anspruchs, linkeVolkspartei zu bleiben, wird sich an der glaubwürdigen Entwicklung eines neuen sozialen Projekts entscheiden. Die Sozialdemokratie muss vor sozialem Abstieg schützen und darüber hinaus den sozialen Aufstieg für Alle möglich machen! Sie trägt die Verantwortung für Alle, die an der Schwelle zur Armut leben und arbeiten, und in ständiger Angst vor dem sozialen Abstieg sind. Klar ist daher auch: Fortschrittliche Politik wird sich in Deutschland nur in einem Bündnis aus Mittelschichten und sozial benachteiligteren Schichten erkämpfen lassen. Gerade die im Rahmen der Hartz-Gesetzgebung erfolgte Kürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I sowie die finanzielle Ausgestaltung des Arbeitslosengelds II wirkten hier verheerend. Die schlechte Vermittlungssituation in den ARGEN und die vielen ungeklärten Kompetenz- und Finanzierungsfragen zwischen den beteiligten politischen Handlungsebenen tragen ein weiteres zur Verunsicherung und Vertiefung der sozialen Nöte der Betroffenen bei. Aber selbst eine mögliche Verbesserung der Verfahrensregeln vermag jedoch die gesellschaftspolitische Dimension der inhaltlichen Entscheidungen nicht zu überlagern. Die Angst vor sozialem Abstieg ist bis weit in mittlere soziale Schichten verbreitet. Ein modernes sozialdemokratisches Projekt muss daher eine Weiterentwicklung des Sozialstaats leisten, die sowohl sozialen Aufstieg organisiert, als auch Haltelinien gegen sozialen Abstieg errichtet. Für die strukturelle Mehrheitsfähigkeit im politischen Spektrum wird zudem eine strategische Öffnung von Koalitionsoptionen unabdingbar sein. Es macht mittelfristig überhaupt keinen Sinn, in einem sich entwickelnden 5-Parteien-System an überlieferten Koalitionsvorstellungen festzuhalten. Wer fortschrittliche Reformen durchsetzen will, braucht einen gesellschaftlichen Block aus fortschrittlichen Kräften in Gewerkschaft und Politik. Dies geht nur mit einer starken SPD, die die politischen Kräfte in der Mitte und links im Spektrum zusammenbindet. Dabei sind politische Mehrheiten kein Selbstzweck. Die SPD kämpft nicht nur für eine linke Mehrheit, sondern vor allem für die nachhaltige Umsetzung einer linken Politik! Wer an die Regierung kommt, muss auch wissen, was er dort tun will, und wer Partner auch für eine gesellschaftliche Begleitung und Unterstützung der Politik sind. Wir NRW Jusos wollen für die SPD als linke Volkspartei streiten. Dabei werden wir selbstbewusst unsere Themen in die innerparteiliche Debatte einbringen. Deshalb halten wir es für verfehlt, schon jetzt über Bündnisoptionen zu spekulieren. Wir wollen unseren Teil zu einem Wahlsieg der SPD beitragen – das geht aber nur mit einem linken Profil. Parlamentarische Mehrheiten allein reichen für erfolgreiches Regierungshandeln nicht aus. Nötig sind Mehrheiten auch in Bevölkerung und öffentlicher Diskussion. Nötig ist daher eine breite Diskussion mit allen fortschrittlichen gesellschaftlichen Kräften – Parteien, Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen – über Ziele und Handlungsoptionen für eine fortschrittliche Politik In Nordrhein-Westfalen vermag es die NRWSPD nicht, die fundamentale Schwäche der Landesregierung zu nutzen und ihre Positionen so zu beziehen, dass sie in der Bevölkerung breiter wahrgenommen werden. Dies gilt auch für die Kommunalpolitik. Die Landesregierung hat seit dem Jahr 2005 den Kommunen in NRW Beträge in Milliardenhöhe vorenthalten. Ausbaden müssen diese Misere trotzdem auch die sozialdemokratischen Politikerinnen und Politiker vor Ort, die Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, in

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Projekte zur Gestaltung zur Kommunen und zur Schaffung von Lebensqualität vor Ort nicht mehr tätigen können. Die NRWSPD muss wieder kampagnenfähiger werden. Die bildungspolitische Debatte im Sommer 2007, aus der sich eine Richtungsdebatte in der Schulpolitik ergab, hat ein Beispiel dafür gegeben, wie die SPD Aufmerksamkeit erzielt. Die NRWSPD muss ihre politische Schlagkraft deutlich verbessern in dem sie sich aus der Klammerbewegung löst, in die sie die politische Berichterstattung nimmt. b) Der Verband Aber auch bei uns Jusos haben sich in den vergangenen Jahren Prozesse vollzogen, die sowohl programmatisch als auch strukturell massiv Einfluss nehmen auf die politische Handlungsfähigkeit des Verbands. In den vergangenen 2 Jahren kamen viele junge Menschen in Partei und Verband, deren persönliche politische Erfahrung sich maximal in der Begleitung der rotgrünen Ära bis hin zur Großen Koalition erschöpfte. Allgemein haben Parteien und politische Jugendorganisationen seit einigen Jahren mit deutlichem Mitgliederschwund zu kämpfen. Die großen, mitgliederstarken Jahrgänge sind bei uns Jusos allmählich aus den Verbandsstrukturen herausgewachsen. Die relativ hohe Fluktuation in Hinblick auf die Aktiven spült jährlich viele neue Mitglieder, entsprechend aber auch viele neue Funktionsträger in den Verband. Mit den politischen Lagerkämpfen der 70er und 80er Jahre haben die neuen Mitglieder keinerlei Berührungspunkte. Aber auch die tradierten Richtungsstreitigkeiten der 90er haben viele der neuen Mitglieder weder persönlich miterlebt, noch gab es in den meisten Fällen die gestandenen Altvorderen, die ihnen diese Kontroversen selbst noch aus ihrer eigenen Erfahrungswelt hätten überliefern können. Die Sozialisierung neuer Mitstreiter hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert. Die einstige Bastion der Vorfeldstrukturen, vor allem in der Schülerarbeit, hat sich nahezu marginalisiert. Im Bereich der Hochschulgruppen ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, landesweit kampagnenorientierte Arbeit zu organisieren. Der Anteil der Aktiven ist selbst in den Hochburgen deutlich zurückgegangen. Hinzu kommt, dass die Verweildauer vieler Funktionsträger in den Strukturen unseres Verbands immer geringer wird. Viel zu schnell scheiden Multiplikatoren und Koordinatoren aus ihren Ämtern und hinterlassen in den seltensten Fällen konstante und wachsende Strukturen. Die mit der Strukturreform weg gebrochenen Bezirke mit ihren nahen Bildungs- und Betreuungsangeboten haben hier ein weiteres Loch gerissen. Sozialisierung über Bildungsarbeit ist ein richtiges, wenngleich nur noch unter erschwerten Bedingungen umsetzbares Konzept zur Politisierung der Basis. Dabei ist neben inhaltlichen Seminaren und Workshops mit der Verbandsakademie ein Instrument geschaffen worden, mit dem das politische Know How für die Arbeit vor Ort vermittelt werden kann. Gleichwohl muss festgestellt werden, dass die Teilnahme an allen Bildungsveranstaltungen des Landesverbandes gering ist, die Aktiven in den Unterbezirken mit diesen Formaten also nur unzureichend erreicht werden. Partielle Beteiligung an gesellschaftlichen Debatten, themenorientiertes Engagement in individuellen gesellschaftspolitischen Fragen, Mitgliedschaften in kampagnenorientierten Organisationen erfreuen sich eines stetig steigenden Zulaufs. Gleichzeitig ist es den NRW Jusos nicht hinreichend gelungen, neue Formen des Engagements in denVerbandsstrukturen abzubilden. Bündnisarbeit findet auf der Landesebene – wenn überhaupt – nur punktuell statt. Gerade mit jungen Gewerkschaftsmitgliedern ist kein organisierter und regelmäßiger Austausch gelungen. „Stellung der internationalen Arbeit im Verband“ Die Jusos sind ein internationalistischer Verband. Internationale Politik ist in den letzten Jahren immer stärker zu einer Querschnittsdimension für alle Politikfelder geworden. Der Landesvorstand benennt eine Kontakt- und Koordinationsstelle für internationale Arbeit. Diese muss in allen Diskussionen der Jusos NRW die internationale und europäische Dimension erkennen, benennen und entsprechend Einfluss nehmen. Wir unterstützen die Ausbildung einer originären Entwicklung einer Europäischen Außen- und Verteidigungspolitik. Die US-Amerikanische Politik des Erzwingens von Demokratie und Nationenbildung scheitert. Europäische Soft-Power, welche Stabilisierung und den Ausblick auf ökonomische und soziale Entwicklung verbindet, ist unsere Zielvorstellung. „Gleichstellung im Verband“ Ist die Gleichstellung von Frau und Mann in der Gesetzgebung mittlerweile verankert, so ist im alltäglichen gesellschaftlichen Leben das traditionelle Bild der Frau auch weiterhin präsent. Es sind immer noch

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vorwiegend Frauen, die zuhause bleiben und sich um die Erziehung der Kinder kümmern, pflegebedürftige Angehörige versorgen oder den Haushalt führen. Unumstritten leisten eben diese Frauen oft zum Lebensunterhalt der Familie ihren Beitrag, Zum einen ist die selbstbestimmte Erwerbstätigkeit von Frauen in einer gleichberechtigten aufgeklärten Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit, teilweise ist der Beitrag beider Partner finanziell unabdingbar und der einzige Ausweg aus der sonst vorprogrammierten Armut. In der Regel sind es dann die Frauen, die „nebenbei“ noch die familiären Aufgaben zu stemmen haben. Der Wiedereinstieg in den Beruf ist erschwert bis gänzlich unmöglich, und die Bezahlung erreicht oftmals nicht annähernd die untere Grenze eines Mindestlohnes. Frauen, die sich bewusst für eine berufliche Karriere entscheiden, müssen im Berufsalltag Ungleichheit und Ungerechtigkeit erfahren. Auch die NRWJusos und die NRWSPD sind in ihrer Mitgliederstruktur und in den Gremien zum großen Teil männlich geprägt. Frauen sind nach wie vor sowohl hinsichtlich der Mitgliedschaften als auch hinsichtlich der Führungsposi­tionen unterrepräsentiert. Die Steigerung des Frauenanteils ist erklärtes Ziel und ein wichtiger Bestandteil der Verbandsentwicklung. Dabei haben wir in den vergangenen zwei Jahren mit dem Frauennetzwerk und dem Frauenmentoring-Programm einen offenen Prozess angestoßen, mit dem es teilweise gelungen ist, jenseits der Funktionärshierarchie Frauen in die Verbandsarbeit zu integrieren sowie die beteiligten Frauen zu vernetzen. Dazu muss in den kommenden Monaten im Landesvorstand ausgewertet werden inwieweit sich die Gesellschaft sich verändert hat und die Bedürfnisse der Frauen entsprechen oft nicht mehr den alten Positionen eines „feministischen Richtungsverbandes“. Die NRW Jusos werden projektiert eine verbandsinterne Entwicklung in Gang setzen, die für den Verband festhält, 1. Wo und in wie weit sich Frauen in der Gesellschaft diskriminiert fühlen und welche Ansätze sie selbst für politisches Handeln sehen. 2. welche Themen der Verband besetzen muss, um die Bedürfnisse und Wünsche der Frauen besser zu besetzen und sie gezielter anzusprechen. II. Unsere Handlungsfelder 1. Politische Projekte a) Gute Arbeit und Ausbildung Erwerbsarbeit ist und bleibt zentral für die gesellschaftliche Integration, sie dient der selbstbestimmten Lebensführung. Wir NRW Jusos lehnen die These vom Ende der Erwerbsarbeit ab und halten am Ziel der Vollbeschäftigung fest. Gleichzeitig wissen wir, dass gerade in jüngerer Zeit nicht jede Arbeit gute Arbeit ist. Bedingt durch den zunehmenden Konkurrenzdruck durch eine verstärkte Finanzmarktorientierung der Unternehmen und daraus folgenden hohen Renditeerwartungen werden Arbeitnehmer immer mehr als reine Kostenfaktoren verstanden. In der Folge geraten die Beschäftigten immer mehr unter Druck: So sind in den vergangenen Jahren – im Gegensatz zu allen anderen europäischen Staaten – Reallohnverluste der abhängig Beschäftigten zu verzeichnen, gleichzeitig finden immer wieder Angriffe auf ArbeitnehmerInnenrechte statt. Eine Ausprägung dieser Entwicklung ist – auch bedingt durch politische Entscheidungen - eine stetige Tendenz zur „Prekarisierung“: So wird der Niedriglohnsektor immer mehr ausgeweitet und verfestigt. In den letzten Jahren hat die Zahl derjenigen Personen zugenommen, die trotz Erwerbstätigkeit auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Gleichzeitig sind immer mehr Arbeitsverhältnisse von Unsicherheit geprägt: Befristete Arbeitsverhältnisse, Leiharbeit und neue Formen von Schein-Selbstständigkeit sind weit verbreitet. Auch steigt die Zahl der Arbeitsverhältnisse, die vom Arbeits- und Sozialrecht (z.B. umfassender Kündigungsschutz) kaum geschützt sind. Doch auch die „Normalarbeit“ steht im Wandel der Zeit: „Normal“ bedeutet heute etwa 42 Arbeitsstunden pro Woche. Immer mehr Beschäftigte arbeiten am Abend, an Wochenenden oder immer öfter auch nachts. Dabei nehmen Belastungen wie Zeit- und Arbeitsdruck oder körperlich einseitige Arbeit stetig zu. Unser Ziel der Gleichstellung von Mann und Frau auf dem Arbeitsmarkt ist in Deutschland kaum verwirklicht. Noch immer sind die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen bei vergleichbarer Tätigkeit hoch. Außerdem finden nur wenige Frauen den Weg in Führungspositionen. Wir wissen, dass aufgrund der gestiegenen Qualifikationsanforderungen immer stärker die Möglichkeit, Aus- und Weiterbildungschancen wahrnehmen zu können, über die Chancen auf dem Arbeitsmarkt entscheiden. Aber es ist bislang nicht gelungen, allen jungen Menschen einen ihren Wünschen entsprechenden und qualitativ hochwertigen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig setzt sich

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im Bereich der Weiterbildung die hohe soziale Selektivität des deutschen Bildungssystems fort: Wer hat, dem wird gegeben. Vor diesen Hintergründen wollen wir NRW Jusos uns in den nächsten zwei Jahren verstärkt mit dem Thema ‚Gute Arbeit und Ausbildung‘ auseinandersetzen. Dabei wollen wir uns an der Lebenswirklichkeit junger Menschen orientieren und ihre wahrgenommenen Probleme bearbeiten. Unser Ziel ist es, konkrete und differenzierte Lösungsvorschläge zu erarbeiten und diese in die kommenden Wahlauseinandersetzungen zu tragen. Dabei werden wir gemeinsam mit jungen Auszubildenden klären, was gute Arbeit für junge Menschen aus einer linken Perspektive heute heißt. Wir NRW Jusos werden uns mit Konzepten für mehr Beschäftigung in NRW auseinandersetzen. Neben dem notwendigen makroökonomischen Diskurs wollen wir dabei insbesondere die Rolle der Landespolitik bei der Bewältigung des Strukturwandels in den Vordergrund stellen. Darüber hinaus wollen wir Vorschläge erarbeiten, wie ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor in den Kommunen für mehr Beschäftigung sorgen kann. Wir NRW Jusos werden uns für gerechte Löhne einsetzen. Klar ist: Wir halten einen flächendeckenden Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro pro Stunde, der allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Lohnniveau garantiert, das nicht unterschritten werden darf, für unverzichtbar. Ein gerechter Lohn ist aber mehr als der Mindestlohn. Gerade vor dem Hintergrund der zu verzeichnenden Reallohnverluste machen wir Jusos NRW uns für eine gerechte Beteiligung aller abhängig Beschäftigten am Wirtschaftswachstum stark. Wir NRW Jusos werden nach Wegen suchen, wie den Tendenzen zur Prekarisierung in Form von Leiharbeit, befristeter Beschäftigung, unbezahlten Praktika und Niedriglohn begegnet werden kann. Dabei ist es für uns ein besonderes Anliegen, die Arbeitsmarktsituation von jungen BerufseinsteigerInnen und Beschäftigten in den Fokus zu nehmen. Wir wissen: Auch sie wünschen sich einen sicheren und gerecht bezahlten Arbeitsplatz. Wir NRW Jusos machen uns für die Rechte von ArbeitnehmerInnen stark. Uns ist dabei klar, dass wir dazu alle politischen Ebenen einschließlich der europäischen in den Blick nehmen müssen. Wir machen uns für den Erhalt des Kündigungsschutzes stark und wir stehen einer Reform des Arbeitsrechts, die das Ziel einer besseren Verständlichkeit für die ArbeitnehmerInnen verfolgt, positiv gegenüber. Wir halten die Mitbestimmung für einen essentiellen Teil gelebter Wirtschaftsdemokratie, wir wollen gemeinsam mit jungen Beschäftigten und Gewerkschaften einen Ausbau von Mitbestimmungsmöglichkeiten erreichen. Wir NRW Jusos wollen erreichen, dass alle jungen Menschen einen Ausbildungsplatz erhalten, der ihren Anforderungen entspricht. Für die Schaffung von genügend Ausbildungsplätzen sind die Unternehmen verantwortlich. Deshalb halten wir am Ziel einer Ausbildungsplatzumlage fest. Wir wissen aber auch, dass wir in verschiedenen Branchen zu differenzierten Lösungen kommen müssen, die auch eine stärkere Verantwortung des Staates einschließen können. Diese Lösungen wollen wir diskutieren und in die Debatte einbringen. Ebenso werden wir uns für einen Ausbau von Weiterbildungsmöglichkeiten einsetzen. Auch hier stehen die Unternehmen in der Verantwortung, auch hier müssen wir Wege aufzeigen, wie sie dieser Verantwortung gerecht werden können. Gleichzeitig müssen aber auch öffentliche Weiterbildungsmöglichkeiten aus- statt abgebaut werden, hier sehen wir das Land und die Kommunen in der Pflicht. Wir NRW Jusos wollen die Gleichstellung von Frau und Mann auf dem Arbeitsmarkt erreichen. Das bedeutet für uns, dass gleiche Tätigkeiten gleich entlohnt werden müssen. Das bedeutet für uns auch, dass Frauen eine berufliche Karriere offen stehen muss. Wir werden hier Ansätze, die in anderen erfolgreicheren europäischen Ländern praktiziert werden, diskutieren und Lösungsansätze entwickeln. Das schließt auch Diskussionen über notwendige flankierende soziale Leistungen etwa im Bereich der Kinderbetreuung oder der Pflege mit ein. Wir NRW Jusos wollen diese Punkte in den nächsten beiden Jahren breit im Verband diskutieren, unsere Impulse in die SPD geben und selbst kampagnenfähig werden. Dabei suchen wir gezielt den Kontakt und den Austausch zu jungen Beschäftigten, Jugendauszubildendenvertretungen und den Jugendorganisationen der Gewerkschaften. Wir wollen das Bündnis mit den Gewerkschaften auf eine breitere Grundlage stellen. Dazu werden wir auch über geeignete langfristig angelegte Strukturen diskutieren. b) Soziales NRW Wir NRW Jusos stehen für ein soziales und gerechtes NRW. Gerechtigkeit, das heißt für uns zum einen Verteilungsgerechtigkeit. Von diesem Ziel sind wir weit entfernt: Die soziale Spaltung der Gesellschaft hat sich auch in NRW unvermindert fortgesetzt. Trotz statistischem Aufschwung erreicht dieser nur wenige Menschen. Der Großteil der Bevölkerung sieht keine gerechte Verteilung der vorhandenen Mittel. Insbesondere die Zunahme von Armut auf der einen Seite und der steigende Reichtum einzelner auf der anderen Seite führen zu diesem Gefühl der Ungerechtigkeit.

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Für die NRW Jusos ist es nicht hinnehmbar, dass über 33% der Alleinerziehenden und über 25% der Familien in Deutschland arm sind. Gerechtigkeit, das heißt für uns zum anderen Chancengleichheit: Jedem Einzelnen muss die Partizipation am gesellschaftlichen Leben- an Bildung, Arbeit, sozialer Sicherheit, Kultur und Demokratie- gleichermaßen ermöglicht werden. Kein Mensch darf aufgrund der Herkunft, des Standes, der Hautfarbe, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder Religion Ausgrenzung erfahren, die soziale Herkunft oder natürliche Unterschiedlichkeit darf Lebensläufe nicht vorweg festlegen und zum unausweichlichen sozialen Schicksal werden. Davon kann in NRW nicht gesprochen werden: Noch immer ist unser Bildungssystem sozial hoch selektiv, die Politik der Landesregierung hat diesen Trend noch verschärft. Noch immer zementiert unser Sozialstaat Geschlechterdifferenzen. „Verteilungsgerechtigkeit“ Nicht nur die Vorkommnisse der letzten Monate im Zusammenhang mit Liechtenstein zeigen sehr deutlich, dass es eine akute Schieflage in Deutschland gibt. Obwohl die Steuerbelastung unterdurchschnittlich ist, gab es in den letzten Jahren gerade für Unternehmen und Reiche massive Steuersenkungen. Dennoch versucht ein Teil der sog. Elite ihre Steuerbelastungen weiter zu senken und entziehen sich damit immer weiter der Verantwortung für die gesamte Gesellschaft. In diesem Zusammenhang wollen wir im Rahmen der Doppelstrategie mit vielen Partnern die Solidarische Einfachsteuer weiterdiskutieren und auch den Bereich der Unternehmenssteuern stärker beleuchten. Die letzten Jahre sind in den Sozialversicherungen durch eine Umverteilung von Oben nach Unten gekennzeichnet. Hierbei wird auch immer wieder eine weitere Privatisierung vorangetrieben, wie zum Beispiel bei der Einführung der Riester Rente. Dabei gilt es für uns Jusos Alternativen zur privaten Vorsorge zu entwickeln und aufzuzeigen. Mit der Bürgerversicherung haben wir ein solidarisches Modell für unser Gesundheitswesen entwickelt und das Modell der Arbeitsversicherung ist eine gerechte Alternative zur jetzigen Arbeitslosenversicherung. Beides gilt es weiter nach vorne zu bringen. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Themen, die nicht im Sinne der Jusos entschieden worden sind, wie zum Beispiel der Veränderung der Gemeindeordnung, oder die Streichung des Tariftreuegesetzes. Doch gleichzeitig hat die SPD es nicht geschafft sich klar gegen diese Entscheidungen zu positionieren. Es wird nicht klar genug, welche Positionen die NRWSPD vertritt bzw. in manchen Bereichen gibt es keine Positionen. Es reicht in einer Landtagswahl nicht, nur den Gegner anzuprangern und seine Fehler in den Vordergrund zu stellen, sondern man muss eigene Konzepte entwickeln und dies in die Öffentlichkeit tragen. Dies wollen wir in den nächsten Jahren bei den NRW Jusos vor allem im Hinblick auf die Landtagswahl 2010 schaffen. Wir wollen unsere Positionen weiter schärfen und daraus resultierend unsere Vorstellung von einem „sozialen NRW“ entwickeln und für die Wahlkämpfe aufbereiten. „Kinder- und Jugendpolitik“ Beinahe jedes vierte Kind in NRW im Alter von unter 18 Jahren lebt in einem einkommensarmen Haushalt bzw. wächst in Armut auf - insgesamt rund 815.000. Bei Alleinerziehenden und ihren Kindern liegt das Armutsrisiko bei 37,8 %. Dabei bleibt es nur selten bei finanzieller Armut. Häufig fehlt es an Bildung, Gesundheit und sozialen Beziehungen. Die verheerenden Auswirkungen von Kinderarmut liegen dabei auf der Hand. Als bildungsarm gelten Menschen, die keinen Hauptschulabschluss und/ oder keine berufliche Ausbildung haben. In Deutschland gelten demnach rund 10 Prozent der Bevölkerung als bildungsarm. Studien belegen auch, dass das geringe Bildungsniveau familienintern tradiert wird. Das Risiko arbeitslos zu werden, ist eng mit dem Bildungsstand verknüpft. Neben dem Bildungsabschluss wird noch die durch PISA aufgezeigte „Kompetenzarmut“ deutlich: Rund 22 Prozent der 15 jährigen SchülerInnen erreichen nur die unterste Kompetenzstufe und gehören somit zur sogenannten Risikogruppe. Darum fordern wir Jusos die Schaffung des Amtes eines Armutsbeauftragten der Landesregierung sowie zur individuellen Förderung den Ausbau des offenen Ganztags und die Gemeinschaftsschule. Wir NRWJusos werden im Rahmen der Doppelstrategie gemeinsam mit anderen Bündnispartnern aus der Wohlfahrtspflege und der Kinder- und Jugendarbeit Konzepte erarbeiten, die die Grundlage für einen Nationalen Pakt gegen Kinderarmut (Beitragsfreiheit bei Kindestagesstätten, Kostenfreiheit beim Mittagessen in Kindertagesstätten und Schulen, generelle Lernmittelfreiheit, kostenlose Teilname an Schulangeboten) bilden sollen. Kindern und Jugendlichen werden immer mehr Chancen genommen. Kürzungen und die Einführung des KiBiz haben die Situation in den Kindergärten und Kindertagesstätten erheblich verschlechtert. Größere

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Gruppen, weniger Betreuung und Abmeldungen auf Grund höherer Belastung für die Eltern bestimmen den Alltag. Unsere Zielvorstellung ist klar: Kleinere Gruppen, individuelle Betreuung und Förderung, Beitragsfreiheit sowie ein Pflichtjahr und die U3-Betreuung. Wir NRWJusos werden mit Aktionen und Materialien für die Umsetzung dieser Forderungen kämpfen. Auch in der Jugendarbeit liegt vieles im Argen: Chronische Unterfinanzierung durch einen unzureichenden Landesjugendplan und fehlende Gelder in vielen Kommunen verhindern eine ausreichende Arbeit mit und für Kinder und Jugendliche. Wir NRWJusos wollen über Veranstaltungen und Aktionen auf die schlechte Ausstattung in der Kinder- und Jugendarbeit aufmerksam machen und im Rahmen von Dialogveranstaltungen mit den Trägern der Kinder- und Jugendarbeit gemeinsam für eine Verbesserung der Finanzsituation zu kämpfen. „Mehr Bildungschancen für Alle!“ Die Teilhabe an Bildung wurde in den letzten Jahren immer weiter eingeschränkt. Die Aufhebung der Grundschulbezirke, Einführung von Kopfnoten, zu frühe Selektierung und das Abitur nach zwölf Jahren grenzen aus und nehmen Bildungschancen. Wir NRW Jusos stehen zur Gemeinschaftsschule und werden in den kommenden Jahren auch weiter dafür werben. Zusammen mit der LSV, der GEW und Elternvertretungen wollen wir für einen Wechsel in der Bildungspolitik streiten und die Landtagswahl 2010 für uns entscheiden. „Hochschulpolitik“ Die Förderung von Hochschulen, Studierenden und der Forschung sind in den letzten Jahren auch hinter den Versprechen aus dem Landtagswahlkampf zurückgeblieben. So führte die Einführung von Studiengebühren zu einem massiven Einbruch der Studentenzahlen in NRW. Es gab alleine 2006 knapp 10% weniger Studienanfänger in NRW, obwohl die Zahl der Studienberechtigten in den letzten Jahren massiv zugenommen hat. Gleichzeitig ist von der Innovationsoffensive, die auch durch die Studiengebühren finanziert werden sollte und das Land NRW in die internationale Spitze führen sollte, nicht viel zu merken. Stattdessen deklariert man jetzt die Früchte früherer wissenschaftlicher Forschungen, wie zum Beispiel den Nobelpreis für Physik etc., als eigene Verdienste. Alle Projekte, wie eine Neuansiedlung von Max-Planck Instituten, Science-Business Center wurden alle von der rot-grünen Vorgängerregierung ins Leben gerufen. Bildung muss kostenlos sein, die Aufnahme eines Studiums und somit auch die Berufswahl dürfen nicht von den finanziellen Ressourcen jedes/ jeder Einzelnen abhängig sein. Für die Abschaffung der Studiengebühren werden wir weiterhin einstehen. c) Öffentliche Daseinsvorsorge Die Öffentliche Daseinsvorsorge wird zu einem der wichtigsten Themen für die kommenden politischen Auseinandersetzungen werden. Das Spektrum der Daseinsvorsorge ist groß. Dazu gehören die Bereiche Bildung, Gesundheit, Pflege, Wasser- und Energieversorgung, ÖPNV, Kommunikation, sozialer Wohnungsbau, Umweltschutz, Sportund Kultureinrichtungen, Sparkassen und Banken. Die Spannungen in diesen Bereichen werden in Zukunft noch stärker zunehmen- die Frage, welche Aufgaben der Staat für seine Bürger ausführt, und wie der Zugang zu diesen Leistungen aussehen soll, wird z. Z. geprägt von einer beispiellosen Ökonomisierung der Angebote. Ziele wie der Umweltschutz, die ethische Qualität gerade medizinischer Leistungen und der Zugang für alle Menschen in einer Gesellschaft geraten in den Hintergrund gegenüber der Frage der Finanzierung. Dabei ist nicht das finanzieren können ausschlaggebend, sondern allein die Effektivität der eingesetzten Geldmittel. Diese lässt sich jedoch in kaum einem Bereich der Daseinsvorsorge sinnvoll ermitteln.  Gerade für junge Menschen müssen wir deswegen die Bereiche verteidigen, auf die wir in dieser Gesellschaft nicht verzichten können! Das sind beispielsweise nachhaltige, umweltfreundliche Energiegewinnung und nicht billiger Atomstrom. Das ist ein öffentlicher Personennahverkehr, der allen Menschen Mobilität garantiert und keine Fixierung auf wirtschaftlich lohnende Strecken betreibt. Das sind Sparkassen, bei denen auch wirtschaftlich leistungsschwächere Menschen ein Konto bekommen können, und nicht bloß Großverdiener. Und das ist auch ein anspruchsvolles Medienangebot gegenüber auf reiner Quantität basierender privater Anbieter von Rundfunk und Fernsehen.  Für uns Jusos geht es bei all diesen Aufgaben nicht um Dienstleistungen, die möglichst billig irgendwo eingekauft werden können, sondern um fundamentale Notwendigkeiten für die Stabilität und den Erhalt

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unserer Gesellschaft. Private Anbieter können und wollen nicht nach politischen oder wissenschaftlichen Maßstäben Dienstleistungen anbieten, sondern ihren Gewinn maximieren.  Deswegen ist es für uns Jusos wichtig, dass die Politik und die Gesellschaft die Maßstäbe setzten, nach denen die Aufgaben der Öffentlichen Daseinsvorsorge erfüllt werden. Die Art der Ausführung, ob in Kooperation mit privaten Anbietern oder staatlich organisiert, wird der Bereich sein, der bei zukünftigen politischen Auseinandersetzungen relevant wird. Hier wollen wir Jusos mit unseren Konzepten die Bürger überzeugen und die Marktradikalen in ihre Schranken weisen. d) Soziales Europa JungsozialistInnen in NRW blicken mit Stolz darauf, einer Bewegung anzugehören, die seit Jahrzehnten hart an der Europäischen Einigung arbeitet. Unbestritten ist für uns, dass die Europäischen Gemeinschaften uns Frieden und Wohlstand bescheren. Dabei wissen wir: Das Einigungsprojekt ist kein Automatismus. Durch mutiges politisches Handeln muss er immer weiter voran gebracht werden. Deshalb wissen wir, dass das erreichte nicht ausreicht. Die EU hat heute ein demokratisches Defizit und vernachlässigt ihre soziale Dimension. Auch ist unklar, wie en Detail ihre anspruchsvolle Rolle als Friedensmacht in der Welt ausgefüllt werden soll. Einem Europäischen Gesellschaftsmodell ist ebenso wie den Prinzipien des Rechtsstaates und der Demokratie das der Sozialstaatlichkeit innewohnend. Solidarische finanzierte Sozialsysteme, Zugang aller Bürger zu öffentlicher Daseinsvorsorge und teilweise Wirtschaftsdemokratie sind sich durch die Europäischen Staaten ziehende Merkmale. Wir wissen, dass die konkrete Umsetzung der Sozialstaatlichkeit in den Staaten jedoch unterschiedlich ist. Deshalb brauchen wir Mindeststandards und schließlich eine Harmonisierung nach oben in den Bereichen Arbeitszeit, Arbeitsschutz, Gesundheit, Bildungsinvestitionen und Lohnpolitik. Hier gilt es darauf zu achten, dass die Schaffung einer Europäischen Sozialunion als Antwort auf die drohende Unterbietungskonkurrenz nicht im Ergebnis dazu führen darf, dass aus einer Rücksichtnahme auf die wirtschaftlich schwächeren Mitgliedstaaten bei der Festlegung von Mindeststandards markante soziale Rückschritte in den stabilen starken Mitgliedstaaten resultieren. Der fatale Steuerwettbewerb der Mitgliedsländer untereinander nimmt heute den Nationalstaaten das Geld aus der Kasse, das sie bräuchten, um soziale und Bildungseinrichtungen zu unterhalten. Deshalb brauchen wir einen Mindeststeuerkorridor. Die Europäische Zentralbank muss neben der Stärke der Währung auch das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht im Fokus behalten. Die Zentralisierung der Geldpolitik macht eine verbindliche makroökonomische Koordinierung durch die EU erforderlich. Deshalb tut die Demokratisierung der EU und die Erhöhung der Transparenz der Entscheidungsfindung im Rat not. In den Verträgen muss die Vorfahrtstellung des Wettbewerbs zugunsten sozialer Rechte zurückgedrängt werden, indem alle Entscheidungen der EU-Institutionen unter sozialen Gesichtspunkten bewertet werden. Dies ist die Voraussetzung, um gesellschaftlichen Zusammenhalt in Europa zu erhalten und zu stärken. Inwieweit werden die einzelnen sozialdemokratischen Parteien in Europa zulassen, dass sozialpolitische Kompetenz in Brüssel zentralisiert wird und: Worin liegt eigentlich der Konsens über Ziele und Instrumente der Sozialpolitik zwischen den Sozialdemokratischen Parteien in Europa? Wird es bei den Europawahlen einen einheitlichen Europäischen Spitzenkandidaten geben? In diesen Fragen besteht noch erheblicher Diskussions- und Informationsbedarf. Die Stärkung der PSE/SPE und der ECOSY sind unser Anliegen. Dazu gehört für uns auch, dass wir im Bereich der Debatte um flexicurity die Deutungshoheit behalten und den Begriff prägen. Diese Debatte darf nicht von denjenigen übernommen werden, die in ihr den Abbau des Kündigungsschutzes und die Kürzung der Arbeitslosenunterstützung sehen. Die ambitionierte Lissabon Strategie mit ihrer unverbindlichen Offenen Methode der Koordinierung hat sich als ein zahnloser Tiger erwiesen. Die Union braucht Kompetenzen und Kontrollbefugnisse – auch im sozialen Bereich. Wir stehen dazu, dass hierfür nationale Kompetenzen abgegeben werden müssen. Die Europäische Linke muss nun – bald 10 Jahre nach Lissabon – Einigkeit beweisen und schon bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in 2009 für ein neues, die sozialen Herausforderungen annehmendes Konzept werben. Dafür ist die SPE – Sozialdemokratische Partei Europas – jedoch institutionell, politisch und personell zu schwach. Die nationalen Mitliederparteinen müssen sich kraftvoller einbringen, um über Beschwörungen eines sozialen Europas hinaus zu konkreten Forderungen und einer gemeinsamen Zielvorstellung zu kommen. Ein soziales Europa umfasst die Regulierung internationaler Finanzmärkte. Ein neues und hochaktuelles Phänomen auf unserer Tagesordnung sind Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften. Sie arbeiten jenseits der Börsen und außerhalb des Einflusses der Regulierungsbehörden. Dabei setzen sie auf kurzfristige Investitionen und streben eine jährliche Rendite von mindestens 15% an. Dies gefährdet langfristige

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Investitionen in Forschung und Entwicklung und gefährdet somit Arbeitsplätze und langfristige Mehrwertschöpfung. Wir wollen erörtern, welche Maßnahmen mit Blick auf Steuer und Rechtssetzung auf der nationalen und der Europäischen Ebene zweckmäßig sind, langfristige Investitionen zu stärken um die kurzfristige Logik eines Kasinokapitalismus einzudämmen. Die Rechte der Arbeitnehmervertreter klaffen in Europa weit auseinander: Die einen müssen nur informiert und konsultiert werden, die anderen bestimmen beispielsweise dann mit, wenn es um Personalfragen geht. Mitbestimmung kann aber auch so weit gehen, dass Arbeitnehmervertreter an unternehmerischen Entscheidungen und der Einsetzung des Managements beteiligt werden müssen. Wir NRWJusos werden im Rahmen der Kampagnenarbeit die Frage einer einheitlichen Europäischen Regelung zu Mitbestimmung und Betriebsräten in den Blickpunkt rücken und den Gliederungen hierzu Material und Argumentationshilfen zur Verfügung stellen Der Klimaschutz ist eine globale Aufgabe, dessen Motor Europa sein muss. Auf dem europäischen Energiemarkt muss die Transparenz erhöht werden. hier ist die Europäische Union gefragt. Deutschland und NRW muss hier seine einseitige Position zugunsten großer Energiekonzerne überwinden. Weltweit muss die Tropenabholzung gestoppt werden - der zweifelhafte Nutzen von Bio-Kraftstoffen und der Verbrennung von Biomasse ist deshalb europaweit zu überdenken. Für uns steht fest, das ein zurück zur Atomenergie auch im europäischen Rahmen nicht in Frage kommt. e) Energiewirtschaft, Klimawandel und ökologische Industriepolitik In den letzten Jahren hat sich der Zusammenhang zwischen der global fortschreitenden und sich wandelnden Industrialisierung und den damit verbundenen erhöhten Emissionen von Treibhausgasen sowie den Veränderungen des globalen Klimas immer deutlicher heraus kristallisiert. Die sich wandelnden klimatischen Verhältnisse sind eine wissenschaftliche Realität. Klar ist außerdem, dass wir diese Prozesse nicht mehr verhindern, sondern allenfalls noch abmildern können. Damit die Menschheit in der Lage ist mit den Folgen dieser Entwicklung - wie Überschwemmungen, Stürmen oder Dürreperioden und daraus resultierend Flüchtlingsströmen, Hungersnöten und Trinkwassermangel – umzugehen, muss die globale Erwärmung dauerhaft auf 2° Celsius begrenzt werden. Um diese Begrenzung zu erreichen müssen die Menschen in allen Ländern der Erde einen angemessenen Beitrag leisten. Ein weltweiter Bewusstseinswandel und ein neues Verhältnis zu Energieverbrauch und Umweltschutz sind zwingend notwendig. Wir Jusos in NRW betrachten Klimawandel und Umweltschutz nicht als von anderen Politikfeldern getrennte Themen. Neben dem Schutz unserer Erde, unseres Lebensraumes und den knapper werdenden Ressourcen, geht es für uns auch ganz explizit um die Einbettung von klima-, energie- und umweltpolitischen Maßnahmen in eine nachhaltige, zukunftsorientierte Industriepolitik. Ohne diese Herangehensweise sind notwendige, tiefgreifende Veränderungen der Energiewirtschaft und der Industrielandschaft nicht vermittelbar. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Aspekt der ökologischen Gerechtigkeit zu. Von der kommunalen über die staatliche bis hin zur globalen Ebene bedeutet dies, dass bei allen klima-, energie- und umweltpolitischen Forderungen die soziale Gerechtigkeit nicht vergessen werden darf. Die Jusos haben sich in der Vergangenheit nur zögerlich bis überhaupt nicht den Themen Klimawandel, Umweltschutz und Ökologie genähert. Grund dafür ist die Annahme, dass Klima- und Umweltpolitik im Gegensatz zu Wirtschafts- und Industriepolitik steht. Letztendlich also beschäftigungsfeindlich ist. Dieses Vorurteil wollen wir mit dem Ansatz „Klimawandel, Energiewirtschaft und ökologische Industriepolitik“ widerlegen. Wir sind keine Umweltbewegung und wir sind keine Industrielobbyisten. Wir sind die politische Jugendorganisation die sich mit einem integrierten Konzept für einen zukunftssicheren Umbau der Energiewirtschaft und eine nachhaltige ökologische Industriepolitik für NRW einsetzt. Nur so können wir den Bedürfnissen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger nach sozialer Sicherheit, wirtschaftlichem Erfolg und dem Schutz unser natürlichen Lebensgrundlagen nachkommen. Auf diesem Weg möchten wir mit unseren bestehenden Bündnispartner kooperieren und in einen Dialog treten. Zusätzlich müssen und wollen wir uns jedoch auch mit anderen Organisationen und Initiativen aus dem ökologischen Umfeld austauschen. Die drei Handlungsfelder Klimawandel, Energiewirtschaft und ökologische Industriepolitik bilden die Arbeitsgrundlage der Jusos in diesem Bereich. Der Landesvorstand treibt die diesbezügliche innerverbandliche Bildung und Qualifizierung voran und stellt die Kampagnenfähigkeit her. f) Migration Mehr als 15 Millionen Menschen in der Bundesrepublik haben einen „Migrationshintergrund“, das heißt sie selbst oder irgendeiner ihrer näheren Vorfahren wurde nicht in Deutschland geboren. Viele dieser Menschen haben die deutsche Staatsangehörigkeit, die meisten leben seit vielen Jahren oder seit Gene-

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rationen in diesem Land. Trotzdem sind viele Menschen mit Migrationshintergrund nach wie vor großen Diskriminierungen in nahezu allen Lebenslagen ausgesetzt. Dies fängt beim rechtlichen Status an. Auch ist die Arbeitslosenrate unter Menschen mit Migrationshintergrund höher als die unter Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft, und dies unabhängig von Bildungsabschlüssen und beruflicher Ausbildung. Zudem finden sich überproportional viele Menschen mit Migrationshintergrund auf Sonderschulen wieder oder auf der Hauptschule. Die Zahl der Schulabgänge ohne Abschluss ist entsprechend hoch, während die Anzahl abgeschlossener Berufsausbildungen im Vergleich zu Deutschen ohne Migrationshintergrund sehr gering ausfällt. Hinzu kommt eine verbreitete alltägliche Diskriminierung in der Öffentlichkeit sowie in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion. In der öffentlichen Diskussion hat sich der Schwerpunkt der Debatte nahezu völlig auf die Aufgaben der Menschen mit Migrationshintergrund, sich zu „integrieren“ verlagert. Die Versäumnisse der Mehrheitsgesellschaft werden allenfalls im Rahmen eines Gejammers über die Illusionen von „Multikulti“ und das verspätete Anpacken der Thematik angesprochen. Welche Aufgaben die Mehrheitsgesellschaft selbst hat, spielt hingegen keine Rolle. Dabei kann eine Beendigung der Diskriminierungen – alltäglicher oder institutioneller Art -, sowie eine wirkliche Gleichstellung in Sachen Bildungs- und Berufschancen eben nur durch Anstrengungen der Mehrheitsgesellschaft erreicht werden. Nur – das hätte dann auch die Aufgabe mancher eigener Privilegien von Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft zur Folge. Angeblich höhere Kriminalität, flächendeckende Diskriminierung der Frau und religiöser Fundamentalismus sind nur einige stets wiederkehrende Klischees in den Medien. Die tatsächliche Vielfalt der Lebensrealitäten und die Erfolgsgeschichten von Menschen mit Migrationshintergrund spielen keine Rolle. Lange wurde die SPD als die Partei angesehen, die auch die MigrantInnen in der Bundesrepublik repräsentiert, und durch die sich viele MigrantInnen repräsentiert fühlten. Eine tatsächliche theoretische und strategische Durchdringung des Themas Integration ist der SPD allerdings bis heute nicht gelungen, es wurde aber auch nie ernsthaft verfolgt Das tatsächliche Regierungshandeln der SPD war zudem zwiespältig. Von großen Hoffnungen 1998 begleitet machte sich die SPD zu Beginn ihrer Regierungszeit mit dem Projekt der Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts tatsächlich an eine fortschrittliche Integrationspolitik. Brachte der dann folgende Kompromiss mit der CDU noch einige Fortschritte, so blieb kaum eine der Maßnahmen der Folgezeit wirklich Fortschrittlich. Der nach dem 11. September 2001 beschlossene „Otto-Katalog“ traf vor allem MigrantInnen, neben stetigen Verschärfungen des Ausländerrechts wurden kaum fortschrittliche Projekte vorangetrieben. Dies hat einen zunehmenden Entfremdungsprozess zwischen Menschen mit Migrationshintergrund und SPD zur Folge. Programmatisch haben die Jusos wesentlich eher begonnen, sich mit dem Thema Integration auseinander zu setzen. Trotzdem bildet sich auch auf der Funktionärsebene im Verband der tatsächliche Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in der Gesellschaft nicht ab, und das weder in der Mitgliedschaft noch im Funktionärskörper. Trotzdem kommt das Thema Integration nur langsam in der Breite des Verbandes an. Mit der Einrichtung des Arbeitskreises Migration und Integration ist es dem Juso-Landesverband NRW seit dem Jahr 2006 gelungen, das Thema Integration verstärkt auf die Tagesordnung des Verbands zu setzen. Erste inhaltliche Positionierungen wurden erarbeitet, und Kontakte zu Bündnispartnern geknüpft. Wir NRWJusos wollen an der Arbeit der letzten Jahre anknüpfen. Um die kontinuierliche Beschäftigung mit dem Themenbereich und eine Anbindung der lokalen Arbeitszusammenhänge sicherzustellen, richtet der Landesvorstand eine Netzwerkstelle ein, die die notwendigen Arbeitsschritte koordiniert. g) Rechte Gewalt Wir Jusos beobachten mit tiefer Sorge, dass die rechtsextremen Parteien wieder vermehrt versuchen, in unserer Gesellschaft Fuß zu fassen. Sei es mit verlogenen Informationsveranstaltungen, Broschüren oder getarnten Kampagnen, Kundgebungen, polemischen Parolen, oder verstärkt auch über die neuen Medien und über die Musik. Wir haben es mit einer neuen Dimension einer alten Bedrohung zu tun! Die Rechtsextremisten versuchen, sich neu zu formieren – sie verändern ihre Erscheinungsformen, um neben der Werbung neuer Mitglieder und Anhänger über gezielte Wahlkämpfe auch den Weg in die Parlamente zu schaffen. Hier müssen wir Jusos zusammen mit der SPD und Bündnispartnern wie Attac, Antifa, Ida, in lokalen Aktionsbündnissen,

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gemeinsam mit Falken, Kirchen, Gewerkschaften und den anderen demokratischen Parteien gezielt Aufklärungsarbeit leisten und durch Kampagnen und Aktionen in den Unterbezirken aktiv werden! Alle demokratischen Parteien stehen in der Pflicht, gemeinsam öffentlich Position zu beziehen. Die Ideologie der Nazis widerspricht unserem humanistischen Menschenbild.Wir kämpfen auch weiterhin für die Demokratisierung aller Lebensbereiche, für die Gleichberechtigung von Frauen und gegen Fremdenhass, Homophobie und Nationalismus. Kein Fußbreit den Faschisten! Ein erster wichtiger Schritt ist hier die innerverbandliche Bildungsarbeit an: Die Genossinnen und Genossen vor Ort müssen in der Lage sein, die rechte Szene vor Ort richtig einzuschätzen und konkrete Aufklärungsarbeit zu leisten. Der Juso-Landesverband wird eine Netzwerkstelle einrichten, die die Arbeit in Unterbezirken und Regios koordiniert. Sie dient als Anlaufstelle für alle, die Interesse haben, aktiv mitzuarbeiten und Strategien, Kampagnen und Aktionsbeispiele gegen Rechte Gewalt zu entwickeln. In Seminaren und Workshops werden die Teilnehmer geschult und können sich austauschen. Die so gesammelten Erfahrungen und Ergebnisse sollen zukünftig zum Download auf der Homepage der NRWJusos veröffentlicht werden. Weiterhin soll der Reader zum Thema weiter aktualisiert und vervollständigt werden. Die Arbeitsgruppe soll Vorschläge erarbeiten, inwiefern eine eigene Internetplattform zum Thema eingerichtet und betrieben werden kann. Der Juso-Landesverband strebt die Gründung eines landesweiten Bündnisses von Parteien, Gewerkschaften, Verbänden, Kirchen etc. an, um auch medial dem Kampf gegen Rechtsextremismus mehr Aufmerksamkeit geben zu können. 2. Verbandsentwicklung „Bildungsarbeit als Kernkompetenz“ Der Landesverband legt in den kommenden 2 Jahren ein Innovations- und Qualifizierungsprogramm auf, das die wesentlichen Elemente der Bildungsarbeit mit den Zielen der Bündnisarbeit, der Frauenförderung und mit den Qualifizierungsbausteinen der Kampagnenplanung unter einem Dach zusammenführt. Die Bildungsarbeit der letzten zwei Jahre muss dringend kritisch überdacht werden. Für die kommenden Bildungsprogramme werden wir daher auf dem nächsten Landesausschuss ein Konzept entwickeln, welches sich an folgenden Punkten orientiert: 1. Wir setzten in den nächsten zwei Jahren auf Qualität statt auf Quantität. 2. In einem ersten wichtigen Schritt werden wir die TeamerInnen fortbilden – insbesondere diese von Seiten des Landesvorstandes und uns so fit machen für Seminare, die Teilnehmende auch gerne noch ein zweites Mal besuchen. Dabei werden wir verstärkt auf die Unterbezirke zugehen, die bereits hoch wertige Bildungsarbeit leisten um diese Ressourcen auch für den Rest des Landesverbandes zu nutzen. 3. In diesem Kontext werden wir die Bildungsarbeit in den Regionen weiter ausbauen und fördern. Es wird für die Regionen und Unterbezirke ein Seminar-Pool erstellt, welcher mindestens Methodisch-didak- tische Pläne sowie Arbeitsblätter für die häufig nachgefragten Seminare enthält. 4. Alle Bildungsangebote des Landesverbandes werden zu vergleichbaren Kosten für die Teilnehmenden angeboten. Wir NRWJusos haben den Anspruch, politische Projekte und Kampagnen von einer fundierten inhaltlichen Grundlage aus zu planen. Da der politische und wissenschaftliche Mainstream auch trotz eines scheinbaren nach links rücken der Parteien nach wie vor stark neoliberal gefärbt ist, muss unser Schwerpunkt in inhaltlichen Seminarangeboten liegen. Vor diesem Hintergrund ist das kritische Hinterfragen der gängigen „Wahrheiten“ des öffentlichen politischen Diskurses besonders wichtig. Die Bildungsarbeit der NRW Jusos will möglichst viele Schnittstellen mit den Vorstellungen und Interessen der Mitglieder an der Basis schaffen, dabei jedoch ein klares Profil und mehr Kontur durch das bewusste Setzen von Themenschwerpunkten aus der Kampagnenplanung auch in den Bildungsangeboten entwickeln. Hier müssen alle Beteiligen ihren Beitrag leisten. Ein Hauptanliegen muss sein, jungsozialistische Positionen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu vermitteln und zu diskutieren. Um gegen neoliberale Konzepte zu bestehen, brauchen wir eine „ökonomische Alphabetisierungskampagne“! Zu den für das Arbeitsprogramm vorgeschlagenen Kampagnenbausteinen führen wir schwerpunktmäßig Seminare und Exkursionen durch. Neben den sich aus der Arbeit der Netzwerkstellen ergebenden Seminarangeboten können die Gliederungen auch selbst Seminare on demand abrufen, sofern sie den politischen Ansprüchen und Zielsetzungen des Arbeitsprogramms genügen und eigenverantwortlich durchgeführt werden. Der Landesvorstand wird verstärkt Angebote zur Qualifizierung eigener TeamerInnen einrichten und in Abstimmung mit den Gliederungen einen Pool für ReferentInnen und TeamerInnen erstellen. Die Verbandswochenenden und Kampagnenforen sind integraler Bestandteil der Arbeit der nächsten zwei Jahre. Dabei wollen wir den Kontakt zu Experten

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und Akteuren aus Sozialen Bewegungen, SPD, Gewerkschaften, Medien und Wissenschaft suchen. Wir NRWJusos wollen umfangreiche und für den Gesamtverband relevante Fachtagungen organisieren. Diese sollen, gut und langfristig geplant, hochrangige Vertreter zur Diskussion zusammenbringen. Wir wollen nachhaltbare Ergebnisse in Form von Tagungs- und Anhörungsdokumentationen dieser Fachtagungen erarbeiten, welche die Handlungsoptionen und unsere Forderungen verdeutlichen. Diese Dokumentationen sollen abrufbar sein und gleichzeitig Teil des zukünftigen Verbandsmagazins. „Die Basis stärken“ Die Unterbezirke bilden das Rückgrat jeder Kampagne. Somit müssen sie auch in einem regelmäßigen aktiven Kontakt untereinander und mit der Landesebene vernetzt sein. Das Instrument der Unterbezirksvorsitzenden-Konferenzen soll zukünftig verstärkt eingesetzt werden, um zwischen den Wahlkämpfen und im Umgang mit Kampagnenbausteinen regelmäßig nachzuhalten und Informationen auszutauschen. Als Repräsentanten ihrer Unterbezirke sollen die UB-/Kreisvorsitzenden bei Listenaufstellungen und Wahlen künftig eine vorgeschaltete koordinierende Aufgabe übernehmen. Die Regionen wollen politisch wieder aufgewertet werden. Die Organisation der Regios obliegt dabei alleine de Regios selber. Der Landesverband unterstützt dabei ausdrücklich die Etablierung von Regio SprecherInnen. Die Regios können sich beim Landesvorstand um die Übernahme eines politischen Handlungsfelds für die regionale Arbeit bewerben. So können sie sich maßgeblich in die Arbeit der Arbeitskreise beim Landesvorstand einbringen und ein eigenes regionales Profil herausbilden. Die Regio-Sprecher nehmen beratend an den Unterbezirksvorsitzenden-Konferenzen teil. Der direkte Kontakt zwischen Landesebene und Basis soll auch fernab der Gremienarbeit stattfinden, Beispiele sind hier die Düsseldorfer Gespräche und die Landtagswoche. Die SchülerInnen-Arbeit und die Arbeit der Hochschulgruppen sind wichtige Stützpfeiler für die Zielgruppenarbeit, in den Wahlkampfphasen kommt ihnen dabei eine besondere Bedeutung zu. Der Landesvorstand unterstützt die Gremienarbeit von SchülerInnen und HSG`en und möchte in den kommenden Jahren neue Impulse für eine Wiederbelebung und flächendeckende Vernetzung der SchülerInnen- und Hochschulgruppen-Arbeit geben. Dazu sollen die Landeskoordinationen zeitnah eine Bestandsaufnahme machen und verbindliche Jahresplanungen vorlegen. Um einen kontinuierlichen Informationsaustausch sicherzustellen, sollen die Landeskoordinationen beratend an den Sitzungen des Landesvorstands sowie den kampagnenorientierten Veranstaltungen teilnehmen, und regelmäßige Berichte über die eigenen politischen Aktivitäten einbringen. „Netzwerke und Bündnisarbeit konkret“ Wir NRWJusos wollen die Schaffung der Vertrauensbasis zur Etablierung eines Kreises aus jungen Gewerkschaftlern und JungsozialistInnen in NRW vorantreiben. Dieser soll regelmäßig tagen, um beiderseitige Positionen argumentativ zu überprüfen und zugleich an gegebener Stelle gemeinsam zu handeln. Gleichzeitig wollen wir Vertreter der Jugendverbände, der Sozialen Bewegungen, der Gewerkschaften, der ökologischen Organisationen und der Wissenschaft zukünftig aktiver in unsere Arbeit einbinden. Dies gilt besonders für unsere Tagungen und Austauschprojekte. Wir wollen zur nachhaltigen Förderung junger Frauen in unseren Strukturen eine Netzwerkstelle einrichten, die in Abstimmung mit dem Bundesverband Konzepte zu praxisorientierter Genderpolitik, Geschlechtergerechtigkeit und besseren Vernetzungsmöglichkeiten für junge engagierte Frauen in Gesellschaft, Politik und im Verband entwickelt und in die Arbeit des Landesvorstands einbringt. Genderprogramme und gezielte Konzepte zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit sollen auch im Bildungsprogramm einen festen Platz einnehmen. Der Landesverband fördert Seminar- und Veranstaltungsanfragen aus Gliederungen bevorzugt bei Berücksichtigung von Gender-Aspekten. IminternationalenBereichrichtenwireineNetzwerkstellezurKoordinationderallgemeineninternationalenKooperationen, Austauschprojekte und nicht kampagnenspezifischen Themen ein. Der Landesvorstand stärkt im besonderen Maße die Zusammenarbeit mit dem Willy Brandt Zentrum Jerusalem und will einen regelmäßigen Austausch einstielen. Nach der Ausrichtung des großen Nahostgipfels 2004 in NRW und zahlreichen kleineren Gruppenbesuchen in Israel in den letzten Jahren ist der Empfang einer palästinensischen Delegation im Juni 2008 für den Landesverband NRW ein weiterer großer Schritt in diese Richtung.

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III. Unsere Kampagne 1. Die Wahlkämpfe In der Europäischen Union besteht ein Wettbewerb sehr unterschiedlicher Ideologien und Lager, die jeweils noch durch die regionalen Unterschiede und Landes-Spezifika untergliedert werden können. Neoliberale und Konservative Kräfte haben in den vergangenen Jahren immer mehr Gewicht in der EU bekommen. Europa ist für uns Keimzelle eines solidarischen und friedlichen Miteinanders, das Symbol für die Überwindung von Kleinstaaterei und Krieg. Unser Europa soll sozial sein, dem Einzelnen soziale Sicherheit und Teilhabe garantieren und der europäischen Gesellschaft Wohlstand und Frieden sichern. Dies geht langfristig nur, wenn die Bürgerinnen und Bürger eine europäische Identität empfinden, sich mit den politischen Zielen der EU auch selbst identifizieren können. Dazu braucht Europa ein soziales und friedliches Profil, mithin auch eine starke Sozialdemokratie, die den marktradikalen Kräften zu Gunsten der Bürger Einhalt gebietet. Zeitgleich steht mit der Kommunalwahl die Entscheidung über die Zukunft unserer Städte und Gemeinden an. Mit der Veräußerung kommunaler Besitztümer und Einrichtungen haben die schwarz-gelben Verwaltungsspitzen vielerorts für einen schnellen Euro das finanziell-wirtschaftliche Rückgrat der Kommune aufgegeben. Damit geraten die Haushalte langfristig unter enormen Druck, die Bürgerinnen und Bürger werden der Gefahr ausgesetzt, künftig noch stärker für Belange der öffentlichen Daseinsvorsorge zur Kasse gebeten zu werden, weil die Privaten nicht nach gesellschaftlichen Notwendigkeiten, sondern nach Profitmaximierungsgrundsätzen wirtschaften. Eine nachhaltige und solidarische Kommunalpolitik braucht eine starke öffentliche Hand zur Absicherung der Güter der Allgemeinheit. Die beiderseits ungeliebte und beide Blöcke hemmende Große Koalition ist keine Dauerlösung. Die Bürgerinnen und Bürger werden 2009 aufgerufen, über die Ausrichtung der Regierungspolitik für die kommenden 4 Jahre abzustimmen. Von dieser Entscheidung hängt ab, ob soziale Gerechtigkeit in der Bundesrepublik zukünftig vom Gutdünken der Eliten abhängt, oder ob eine solidarische Gesellschaftsordnung die Rechte der Schwachen ebenbürtig behandelt und einen sozialen Ausgleich schafft, um das Gefälle zwischen Armut und Reichtum nicht noch weiter auseinander driften zu lassen. Letztlich steht mit der Landtagswahl ein letzter Entscheid an, der neben den wirtschaftlichen und sozialen Nöten der Menschen auch für die Bildungspolitik von herausragender Bedeutung ist. Ob in NRW ein gleicher und freier Zugang zu Bildungsangeboten und Aufstiegschancen ermöglicht wird, oder ob wir zurückfallen in eine Zeit elitärer Bestandssicherung und geldbeutelabhängiger Bildungsangebote, hängt bei zwei so gegenläufigen politischen Konzepten von der Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger ab. Nur mit einer starken SPD und einer Durchbrechung der schwarz-gelben Landtags-Mehrheit kann der Raubbau in der Bildungs- und Sozialpolitik gestoppt werden. 2. Die Ziele Ziel der Kampagne ist es, zu den anstehenden Wahlen flächendeckend in NRW Positionen besetzen und mit abgestimmten Konzepten agieren zu können. Wir wollen für die Wahlkämpfe die Mobilisierungsfähigkeit und Schlagkraft vor Ort in den Unterbezirken und Arbeitsgemeinschaften erhöhen. Der Landesverband erarbeitet eine Kampagne, die die wesentlichen Forderungen und Konzepte unserer Handlungsfelderzusammenführt undwahlkampfspezifischeVeranstaltungsformateundAktionensowieMaterialien anbietet. Die so produzierten Materialien werden über die Homepage, das Verbandsmagazin und den Newsletter zur weiteren Verwendung der Gliederungen publiziert. 3. Die Schwerpunkte Unsere Kampagne soll die oben dargelegten Zielsetzungen, Forderungen und Handlungsaufträge so zusammenführen, dass in enger Abstimmung mit den Gliederungen Aktionsfahrpläne und Materialsammlungen entwickelt und zur individuellen Verwendung bereitgestellt werden. Wir wollen die politische Meinungsführerschaft in diesen Politikfeldern erlangen und als Jugendverband wieder mehr Kontur im Wettbewerb mit anderen Verbänden bekommen. Unsere Schwerpunkte sind: • Gute Arbeit und Ausbildung für junge Menschen • Ein starker Staat für ein solidarisches NRW

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• Energie für NRW – nachhaltiges Wirtschaften Die Kampagne soll über die 4 Wahlkämpfe hinweg unsere Vorstellungen einer solidarischen Gesellschaft in Kommune, Land, Bund und Europa, von einer Politik der sozialen Gerechtigkeit und Chancengleichheit und von nachhaltiger Wirtschafts- und Umweltpolitik herausarbeiten. Der Landesvorstand wird seine inhaltlichen Angebote auf diese Themenkomplexe fokussieren und fördert schwerpunktmäßig in diesen Bereichen die Arbeit der Gliederungen. 4. Die Instrumente • Landesvorstand • VWE • Kampagnenforen • Wahlkampfauftakt und Konferenzen • Homepage • Newsletter • Verbandsmagazin Der Landesvorstand hat neben seiner politischen Gesamtverantwortung als höchstes Gremium des Verbands zwischen den Konferenzen auch die individuelle Verantwortung für die Begleitung und Koordination der zentralen politischen Handlungsfelder. Hier laufen die organisatorischen und inhaltlichen Fäden zusammen. Um die Abläufe innerhalb des Gremiums zu erleichtern und arbeitsteilig handeln zu können, richtet der Vorstand Teams ein, die für die Betreuung einzelner Handlungsfelder verantwortlich sind. Sie bereiten die Workshops zu Verbandswochenenden und Kampagnenforen vor und geben dem Gesamtvorstand regelmäßig Berichte zu Entwicklungen in ihrem Handlungsfeld. Im Rahmen der Kampagne sind sie die Schnittstelle zwischen den Fachleuten und Interessierten aus der Basis und dem für die Kampagnenplanung zuständigen Landesvorstand. Insgesamt sollen die verschiedenen Verbandsebenen eigenverantwortlicher handeln. Die Arbeit der Unterbezirke und Gliederungen soll gefördert werden. Wir wollen ihnen mehr Mitbestimmung einräumen, sie aber gleichermaßen stärker in die Verantwortung für die Umsetzung politischer Konzepte nehmen. Das Landesbüro ist weniger Mädchen für alles, als vielmehr wissenschaftlicher Impulsgeber. Neben der organisatorischen Begleitung der Vorstandsarbeit unterstützen unsere JugendbildungsreferentInnen die verantwortlichen Teams und Netzwerkstellen mit inhaltlicher Recherche und wissenschaftlichen Eingaben zu den kampagnenrelevanten Themen sowie methodischen Impulsen für die Bildungsveranstaltungen. Das Konzept der Verbandswochenenden hat sich in den letzten Jahren als großer Erfolg erwiesen. Wir werden die Verbandswochenenden weiterführen und sie zu einem wesentlichen Bestandteil der Kampagnenplanung machen. Hier sollen im gemeinsamen, offenen Diskurs Konzepte besprochen und entwickelt werden. Hier können die Gliederungen sich gleichberechtigt in die inhaltliche Debatte einbringen. Die Vorstandsteams richten auf den Verbandswochenenden und Kampagnenforen Workshops ein und stellen für Teilnehmer und Interessierte eine kontinuierliche Mitarbeit und Kommunikation sicher. Neben den fachspezifischen Workshops der einzelnen Handlungsfelder soll als fester Baustein der Verbandswochenenden auch eine Kampagnenschule eingeführt werden, die den Teilnehmern konkrete umsetzungsorientierte Hilfestellungen und Ideen vermittelt. Wir brauchen in den kommenden Monaten einen regelmäßigen und intensiven Dialog mit Fachleuten und Interessierten aus den Gliederungen, wie auch einen intensiven Austausch mit Experten aus Wissenschaft, Politik und gesellschaftlichen Gruppen. Um die Phasen zwischen den Verbandswochenenden effektiv und sinnvoll nutzen zu können, sollen Kampagnenforen eingerichtet werden, die einzelne Fragestellungen näher diskutieren und Konzeptideen und voranbringen sollen. Wir wollen zu den zentralen Fragen unseres Arbeitsprogramms auch öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen anbieten, um unsere Forderungen und Konzepte einem breiteren Publikum näher zu bringen. Im Rahmen der Aktionsphasen vor den Wahlterminen sollen so langfristig Podiumsveranstaltungen vorbereitet werden, zu denen wir mit prominenten ExpertInnen über unsere Vorschläge diskutieren wollen. Eine moderne Kampagne braucht schnelle Kommunikation. In einer Welt, die geprägt ist von neuen Medien und rasantem Informationsaustausch, muss eine politische Kampagne auch diesen Bereich abdecken. Wir wollen unsere Homepage nutzen, um unserer Vorstellung einer Ideenbörse auch das passende Gesicht zu geben. Wir richten auf der Homepage ein Portal ein, in dem Materialien zur Verfügung gestellt werden, Diskussionen moderiert werden, und Informationen zu anstehenden Aktionen einsehbar sind.

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Den Newsletter und das Verbandsmagazin wollen wir ebenso wie die Unterbezirksvorsitzenden-Konferenzen und die Regio-Koordination nutzen, um einen optimalen Austausch der Gliederungen zu unterstützen. Das Konzept einer Ideenbörse soll hier tragendes Element werden. Gleichzeitig wollen wir mit aktuellen, themenorientierten Beiträgen Hilfestellung für die politische Arbeit vor Ort und praktische Argumentationshilfen geben. 5. Der Ablauf Eine politische Kampagne ist kein fertiges Konzept, das man den Beteiligten überstülpt und auf die Wirkung der gesetzten Botschaft wartet. Eine Kampagne lebt davon, dass sich viele mit ihren Ideen einbringen, dass Konzepte und Botschaften im Diskussionsprozess entwickelt und immer wieder hinterfragt und ergänzt werden. Kampagne ist nicht das Ziel, sondern der Weg, sie ist kein Selbstzweck, sondern ein Prozess. Unsere Kampagne beginnt mit einer Informationsphase, die nach der Landeskonferenz einsetzt. Im Landesvorstand sollen erste Bausteine erarbeitet werden, die im Verlauf der folgenden Verbandswochenenden und Kampagnenforen im Gespräch mit Interessierten aus den Gliederungen weiter entwickelt werden. Die Kampagne führt unsere politischen Forderungen, die wir auf den kommenden Veranstaltungen unter Beteiligung und in Abstimmung mit den Gliederungen aus den oben aufgeführten Handlungsfeldern durchdeklinieren müssen, unter einem Dach zusammen. Die so beschlossenen Veranstaltungsformate, Materialien und Aktionen werden in einem zweiten Schritt, der Qualifizierungsphase, den Gliederungen vor Ort vorgestellt. So sollen die Ziele und Forderungen vermittelt und auf breitere Füße gestellt werden. In dieser Phase geht es vor allem darum, die Unterbezirke und Arbeitsgemeinschaften vor Ort mit den entwickelten Thesen und politischen Konzepten, aber auch mit dem nötigen Handwerkszeug und organisatorischen Know How zu qualifizieren. Letztlich geht es in der Aktionsphase darum, das Erworbene im Rahmen der konkreten Wahlkampf-Auseinandersetzungen anzuwenden und in konzertierten, abgestimmten Aktionen eine Öffentlichkeit für unsere Konzepte und Forderungen herzustellen. Wir NRWJusos wollen mit flächendeckenden Aktivitäten in den heißen Wahlkampfphasen auf unsere politischen Leitideen und Konzepte aufmerksam machen. Wir wollen konstant vor Ort Präsenz demonstrieren; im Straßenwahlkampf, mit guten Materialien, witzigen, provokanten und eingängigen Aktionsideen und in der politischen Debatte. Wir NRWJusos wollen mit unserer Kampagne die politische Meinungsführerschaft in der jungen Generation zurückerobern und behaupten. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass Solidarität und soziale Gerechtigkeit wieder zu den leitenden Werten für unsere Gesellschaft werden. Wir NRWJusos kämpfen für eine Ablösung der schwarzgelben Landesregierung, einen Wahlsieg der SPD bei der Bundestagswahl und ein deutlich besseres Abschneiden bei den Kommunal- und Europawahlen!

„In Stadt und Land, ihr Arbeitsleute, wir sind die stärkste der Partei´n! Die Müßiggänger schiebt beiseite! Diese Welt muss unser sein! Unser Blut sei nicht mehr der Raben, nicht der mächt‘gen Geier Fraß! Erst wenn wir sie vertrieben haben, dann scheint die Sonn‘ ohn‘ Unterlass!“

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Beschluss A2

Für einen Gleichstellungsbericht in NRW Der Verband ist nach wie vor überwiegend männlich. Vor allem in den Leitungsfunktionen auf Unterbezirks-, Bezirks-, Landes und Bundesebene sind Frauen kaum zu finden. Um die Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen gibt es leider keinen Königinnenweg. Quoten, frauenspezifische Angebote und Mentoring haben sich jedoch als hilfreiche Instrumente erwiesen. Denn solange Frauen und Männer nicht in gleicher Weise Zugang zu politischer Macht haben, müssen Frauen in besonderer Weise gefördert werden. Den Jusos als feministischer Richtungsverband kommt dabei eine besondere Rolle zu. Wir müssen unsere Arbeit und die Strukturen immer wieder daraufhin überprüfen, ob sie geeignet sind, die Zahl der Frauen im Verband zu erhöhen und ihnen den Weg zu politischer Verantwortung zu ermöglichen. Der Landesvorstand der NRW Jusos verpflichtet sich deshalb, auf jeder Landeskonferenz einen Gleichstellungsbericht vorzulegen, in dem sowohl die Entwicklung der politischen Partizipation von Frauen, horizontal und vertikal, in Juso-Gremien auf Kreis-, Unterbezirks- und Landesebene darstellt, als auch die Instrumente zur Frauenförderung des Landesverbandes untersucht und Empfehlungen zur weiteren gleichstellungspolitischen Arbeit gibt. Gleichstellungsarbeit gehört in die Mitte des Verbandes.

Beschluss A3

Darstellung von Jusopositionen Die Landeskonferenz möge beschließen, dass sich der Landesvorstand um die Überarbeitung der Darstellung von Jusopositionen sowohl im Internet als auch in gedruckten Schriften kümmert. Ziel ist eine griffigere Formulierung und kürzere, prägnantere Darstellungsfor­men. Begründung: Wer sich auf der Homepage der Jusos NRW über unsere Positionen informieren möchte, bekommt zu großen Oberthemen wie „Familienpolitik“ oder „Bildungspolitik“ seitenweise Fließtext zu lesen, der nur sehr grob in feinere Themengebiete unterteilt ist. Dies wirkt auf alle Interessenten extrem abschreckend, hat doch kaum jemand Zeit und Lust sich durch seitenweise Politkauderwelsch zu lesen. Die neue Rubrik „kurz und knapp“ fasst die zentralen Punkte unserer Thesen bereits stark zusammen. Doch fehlen diese Zusammenfassungen noch für wesentliche Themen wie Wirtschafts-, Familien- und Umweltpolitik. Diese gilt es schnellstmöglich zu ergänzen. Darüber hinaus sollte eine tabellarische Anordnung aus Stichwörtern und der Position der Jusos in einem Satz verfasst werden, ähnlich wie es beim beliebten „Wahl-O-Mat“ der Fall ist. Beispiel:

Gemeinschaftsschule: Die Jusos befürworten ein gemeinsames Lernen bis zur Klassenstufe 10. Eine solche Darstellung, ansprechend gestaltet und auf Flyer gedruckt, wäre eine enorme Hilfe in den anstehenden Wahlkämpfen. Allerdings soll sie die Volltextversionen keinesfalls ersetzen, vielmehr dafür erstes Interesse wecken.

Beschlüsse Juso-Landeskonferenz 2008

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