Wasserstoffversorgung: Handlungsoptionen

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Wasserstoffversorgung:

Handlungsoptionen

Bei der Transformation hin zu einer klimaneutralen Industrie setzen viele Unternehmen auf den Einsatz von Wasserstoff anstelle fossiler Rohstoffe und Energieträger. In einigen Fällen ist er prozesstechnisch alternativlos, in anderen ist die Versorgung mit alternativen Energieträgern nicht gewährleistet oder das Unternehmen möchte seine Energieversorgung diversifizieren. In der Regel ist sowohl eine Elektrifizierung als auch der Wasserstoffeinsatz technisch möglich. In der aktuellen Situation des Wasserstoffhochlaufs, in der Initiativen sich meist noch im (Vor-)Projektstatus befinden, ist jedoch nicht immer klar ersichtlich, welche Schritte und Maßnahmen im Einzelfall unternommen werden müssen. Die folgenden Handlungsoptionen geben Antworten und basieren auf Projektanalysen zur Wasserstoffversorgung.

Der Inhalt dieser Publikation entstand im Rahmen der Arbeit des Industriepakts. Es wird damit die Diskussion im Industriepakt abgebildet, wobei dies nicht zwingend die Position einzelner IN4climate.NRW-Partner oder des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen wiedergibt.

Möglichkeiten zur Versorgung mit Wasserstoff

Industrieunternehmen können sich über unterschiedliche Wege mit Wasserstoff versorgen (siehe Abb. 1). In einigen Fällen ist eine Anbindung an eine Pipeline denkbar (siehe Abschnitt „Wasserstoffkernnetz in NRW“), in anderen kann die Versorgung mit einem Elektrolyseur anvisiert werden. Verbrauchsseitig kann zwischen einer Einzellösung, bei der ein Unternehmen eigenständig einen Elektrolyseur aufstellt und betreibt, sowie einer Clusterlösung unterschieden werden. Bei der Clusterbildung können Unternehmen entweder die bestehenden Strukturen eines Industriegebiets nutzen, um dort die Verbräuche bestehender Unternehmen zu aggregieren und ein (Bestands-) Cluster zu bilden, oder sie können sich gemeinsam mit anderen Verbrauchern zu einem Neubaucluster zusammenschließen.

Elektrolyseur

Pipelineanschluss

Elektrolyseur

Pipelineanschluss

Neubau mit Elektrolyseur oder Pipelineanschluss

Einzellösung mit Elektrolyseur oder Pipelineanschluss

Elektrolyseur

Pipelineanschluss

Clusterbildung mit Elektrolyseur oder Pipelineanschluss

Abb. 1: Darstellung verschiedener Möglichkeiten zur Wasserstoffversorgung

Berücksichtigte Projekte

Die Checkliste wurde anhand mehrerer Projekte abgeleitet, die unterschiedliche Ansätze der im Abschnitt „Möglichkeiten zur Versorgung mit Wasserstoff“ aufgeführten Optionen verfolgen. Dazu zählen:

a Der Klimahafen Gelsenkirchen ist ein Cluster, das die Anbindung an mehrere Pipelines in Erwägung zieht und gleichzeitig die anteilige Versorgung mittels eines Elektrolyseurs prüft.

a In dem Projekt MaxHygen wird die anteilige Versorgung des Stahlwerk Thüringens mittels Elektrolyseurs geprüft.

a Das Projekt Zukunft RuH2r beinhaltet die Versorgung mehrerer Industrieunternehmen in einem bestehenden Industriegebiet mit einem Elektrolyseur, inklusive der Umwidmung bestehender Erdgaspipelineinfrastruktur.

a Im Rahmen des Next Energy Campus werden der Bau eines Elektrolyseurs und eine Neuansiedlung vorangetrieben.

Wasserstoffkernnetz in NRW

Im November 2023 haben die Fernleitungsnetzbetreiber den aktuelle Planungsstand für ein überregionales Wasserstoffkernnetz in Deutschland mit einem Planungshorizont bis 2032 veröffentlicht. Dieser Stand ist von der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes abhängig, sodass sich noch Veränderungen ergeben können. Der Planung liegen 309 gemeldete Projekte zugrunde und es wird insgesamt von einer Ausspeiseleistung von 87 GW ausgegangen.1

Das Wasserstoffkernnetz bildet den Startpunkt für den Wasserstoffhochlauf. Weitere über die o. g. Projekte hinausgehende Bedarfe sollen im Rahmen des zukünftigen Regelprozesses für eine integrierte Netzentwicklungsplanung Gas und Wasserstoff gemeldet und berücksichtigt werden.

Einspeisung

Ausspeisung

Ein- und Ausspeisung Umstellungsleitung

Neubauleitung

Düsseldorf Stuttgart München Erfurt Berlin Hannover Hamburg
Abb. 2: NRW-Ausschnitt der H2-Kernnetz Karte (Planungsstand Juni 2023)1

Checkliste Clusterbildung

Generell stehen alle Ansätze zur Wasserstoffversorgung vor der Kernaufgabe Produzent, Transporteur und Abnehmer zu vereinen. Diese Punkte lassen sich nach aktuellem Stand nicht linear umsetzen, sondern müssen sowohl parallel als auch iterativ angegangen werden.

Folgende Themen gilt es vorab zu betrachten:

a Berücksichtigung des 4-Stufen-Modells und Reduzierung von Verbräuchen

a Ermittlung von Bedarfen, die sich nicht mit Erneuerbaren Energien abdecken lassen

a Untersuchung der Auswirkungen von H2 auf den Prozess oder das Produkt

a Frühzeitige Generierung von Aufmerksamkeit und Akquise von Partnern durch Pilotprojekte

Sobald ein Konsortium zu einer Versorgungsoption tendiert, müssen die folgenden Punkte berücksichtigt werden:

a Planung der werkseigenen Infrastruktur

a Berücksichtigung von Speichern bei der Planung

a Eruierung von Umrüstmöglichkeiten bestehender Infrastruktur, bspw. für die Umrüstung bestehender Erdgaspipelines

Die Energieversorger sollten kontaktiert werden. Generell kann die Teilnahme an Marktabfragen dazu führen, dass potenzielle Clusterpartner aufmerksam werden. Häufig haben sich auch „Round Tables“ mit folgenden Akteuren als vorteilhaft herausgestellt:

a Derzeitiger Stromlieferant

a Derzeitiger Gasversorger

a Verteilnetzbetreiber (VNB) Strom und Gas

a Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) Gas

a Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Strom

Die folgenden Punkte waren allen Projekten gemein:

a Ein starker Cluster-Initiator steigert die Erfolgsaussichten.

a Wasserstoff-Bedarfsabfragen sollen genutzt werden.

a Lokale Behörden müssen möglichst früh mit eingebunden werden.

a Das bestehende Netzwerk muss ebenfalls möglichst früh eingebunden werden, um weitere Abnehmer oder aber auch Produzenten und Transporteure zu identifizieren.

a Die Optionen „Pipelineanbindung“ und „Elektrolyseurbetrieb“ sollten parallel verfolgt werden.

Hat sich aus einer der Maßnahmen ein Konsortium herauskristallisiert, müssen die folgenden Punkte Berücksichtigung finden:

a Die relevanten Verbrauchsdaten sollten aggregiert werden. Ggf. kann dies unter Inanspruchnahme einer neutralen Stelle geschehen (bspw. gemeinsamen Energieversorgern), sodass die individuellen Verbräuche innerhalb eines Konsortiums nicht offenliegen.

a Ggf. sollten verschiedene Optionen für einen Elektrolyseurbetrieb betrachtet werden: Contracting, Energie-GmbH, Eigenbetrieb etc.

Zur Ermittlung der regionalen Gegebenheiten muss die Nachbarschaft eingebunden und analysiert werden. Auch hier waren „Round Tables“ häufig erfolgreich:

a Benachbarte Betriebe/Unternehmen a (Lokale) Behörden

a Lokale Wirtschaftsförderung

a Lokale Netzwerke

Quellenangaben

1 fnb-gas.de

Kontakt

industriewaerme@energy4climate.nrw industriepakt@energy4climate.nrw

Diese Publikation entstand im Rahmen des Industriepakts. Sie dient der Orientierung, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Der Industriepakt ist Teil der Landesinitiative IN4climate.NRW. IN4climate.NRW ist als Initiative der Landesregierung Nordrhein-Westfalens eine zentrale Arbeitsplattform rund um Klimaneutralität in der Industrie. Unter dem Dach der Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz NRW.Energy4Climate bringt der Thinktank Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammen, um die klimaneutrale Transformation der produzierenden Branchen voranzutreiben. Mittlerweile engagieren sich mehr als 70 Industriepartner in verschiedenen Arbeitsformaten in der Bearbeitung der zentralen Transformationsthemen.

IN4climate.NRW lebt von der Diskussion und den verschiedenen Standpunkten der beteiligten Unternehmen, Verbände und Forschungseinrichtungen. Diese Diskussionen werden in unterschiedliche Arbeitsprodukte überführt und können innerhalb von Arbeitsgremien der Initiative von einzelnen Mitgliedern zur Veröffentlichung ausformuliert werden. Die Geschäftsstelle von IN4climate.NRW stellt Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten sicher.

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Stand: 3/2024

Bildnachweis:

Titel: NRW.Energy4Climate

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