2005-12_Akzente

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24 I Markt und Kunde I Akzente Dezember 2005

Weltzuckererzeugung und Verbrauch seit 1995/96 (Angaben in 1000 t Rohwert) Erzeugung

Verbrauch

160.000

140.000

120.000

Das heißt, der Verkäufer muss damit rechnen, den Zucker irgendwann innerhalb dieser Frist zu liefern. Man sieht also, eine Lieferung an, beziehungsweise vom Terminmarkt ist mit gewissen logistischen Unsicherheiten belastet. Dennoch werden sie in großem Maße genutzt. Von den „Professionellen“, also Zucker-Produzenten, Zucker-Händlern und Zucker-Verbrauchern in erster Linie, um Preise abzusichern. Der klassische Fall wäre ein Hersteller von Rohzucker in Brasilien, der für die Planung seiner Produktion, angefangen bei der Anpflanzung vom Rohr, einen verlässlichen Erlös kalkulieren muss – die Ware steht aber erst in zwölf oder gar 18 Monaten zur Verfügung. Dafür einen individuellen Käufer zu finden ist in aller Regel nicht möglich. Die Börse garantiert die korrekte Abwicklung Da liegt es nahe, sich des Terminmarktes zu bedienen, der für alle notierten Termine immer aktuelle und realisierTermingeschäfte aus Verarbeiterperspektive Der Zuckerverarbeiter, sagen wir, ein BonbonKocher in Singapur, wird sich mit einigen der technischen Fragen des Terminmarktes auseinander setzen müssen. Denn ob er die Ware in Hamburg, in Buenos Aires oder Ulsan (Süd-Korea) abholen muss, beeinflusst seine Kalkulation erheblich. So wird er wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt, wenn konkrete Verkäufer konkrete Partien anbieten, jemanden finden, der ihm die Ware da anbietet, wo er sie braucht, und so, wie er sie braucht, in Containern und mit einer bestimmten Sackmarkierung. Alles das, was mit dem starren Börsen-Reglement nicht zu vereinbaren ist. So wird unser Bonbon-Kocher eine Partie erwerben wollen, die ihm zum Beispiel von einer in Hamburg alteingesessenen Zucker-Handelsfirma angeboten wird – zum aktuellen Preis, der vielleicht US-$ 30,00 pro Tonne höher ist als der, den er am Terminmarkt bezahlt hat. Dieses Terminmarkt-Engagement verkauft er nun – und verdient

100.000 1995/96

1996/97

1997/98

1998/99

1999/2000

2000/01

2001/02

2002/03

2003/04

2004/05

Quelle: F. O. Licht, World Sugar Balances – 1995/96 - 2004/05

bare Kauf- und Verkaufskurse bietet. Durch den Verkauf einer entsprechenden Menge „Lots“, zum entsprechenden – späteren – Liefertermin weiß unser Produzent, wie viel Geld er für die Ware bekommen wird, und wenn er auch noch die börsen-gemäßen Lagermöglichkeiten hat, braucht er nichts weiter zu tun, als den Zucker zu produzieren und abzuwarten, dass zu gegebener Zeit der – bis zur Andienung anonyme – Käufer sein Schiff zum Laden stellt. Die korrekte Abwicklung beider Seiten wird durch die Börse garantiert, wofür sie sich wiederum von allen Beteiligten üppige Garantien stellen lässt. Die meisten Kontrakte werden vor dem Auslaufen wieder aufgelöst Der Terminmarkt erfüllt seinen Zweck voll, auch wenn die jeweiligen Engagedabei US-$ 30,00 pro Tonne, die er in seiner Kalkulation vom Preis, den er beim Hamburger Händler bezahlt hat, in Abzug bringen kann. Mit anderen Worten, für seine Planung ist weiterhin nur der Preis relevant, den er mal am Terminmarkt bezahlt hat, auch wenn er dieses Engagement zurückgehandelt hat. Termingeschäfte aus Handelssicht: größere Käufe preislich absichern Der Terminmarkt dient dem Handel, um größere Käufe oder Verkäufe, für die er nicht sofort einen “Gegen-Partner“ findet, preislich abzusichern. Nehmen wir an, Nordzucker meldet sich beim besagten Hamburger Händler, und bietet eine Partie von 5.000 Tonnen C-Zucker an, zum Preis von € 250,00. In US-$ umgerechnet ergibt das US-$ 294,00. Der März in London handelt gerade mit US-$ 295,00. Der Händler gibt seinem Broker in London die Order zum Verkauf von 100 lots = 5.000 Tonnen zu US-$ 295,00. Sobald diese Order ausgeführt wurde, bestätigt

ments vor dem Auslaufen des Termins wieder aufgelöst werden. Das ist bei dem überaus größten Teil der Transaktionen der Fall. Das normale „Volumen“ in New York kann an einem Handelstag, der nur drei Stunden dauert, zwischen 20.000 und 50.000 lots, also eine bis 2,5 Millionen Tonnen betragen, es gab auch schon Tage mit 150.000 lots (= 7,5 Millionen Tonnen). Aufs Jahr gerechnet ergeben sich so ohne weiteres Umsätze von 500 Millionen Tonnen oder mehr. Die „Andienungen“ beschränken sich dagegen meist auf einige 100.000 Tonnen. Eine halbe Million gilt bereits als ungewöhnlich groß. Finanzfonds blähen Terminmarkt-Umsätze auf Hierzu muss allerdings auf die Rolle der Händler der Nordzucker den Kauf. Die Zeiten sind schlecht, der Markt fällt, die Kundschaft in Übersee wacht auf und der Händler bekommt eine Anfrage aus Sri Lanka für 5.000 Tonnen Zucker. Der März in London notiert mittlerweile bei US-$ 265,00 der Händler kalkuliert Fracht- und andere Kosten von US-$ 50,00 pro Tonne und verkauft zu US-$ 320,00. Das entspricht einem Netto-Erlös von US-$ 270,00. Flugs erteilt er seinem Broker den Auftrag, 100 lots = 5.000 Tonnen März bei US-$ 265,00 zu kaufen. Aus der Terminmarkt-Operation (Verkauf US-$ 295,00/Kauf US-$ 265,00) entsteht ein Gewinn von US-$ 30,00. Aus dem Kauf von Nordzucker (= US-$ 294,00) und Verkauf nach Sri Lanka (netto US-$ 270,00) entsteht ein Verlust von US-$ 24,00. Gewinn US-$ 30,00 minus Verlust US-$ 24,00 gleich Netto-Netto-Gewinn von US-$ 6,00. Der „Umweg“ über den Terminmarkt hat es also möglich gemacht, an dieser Transaktion Geld zu verdienen, obwohl der Preis nach dem Kauf bei der Nordzucker erheblich gesunken ist.


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