Industrielandschaften. Auch Städte und Dörfer sowie Verkehrs-, Ver- und Entsorgungsinfrastrukturen sind Teil der Kulturlandschaft“. Hier besteht sicherlich noch Forschungsbedarf zur Entwicklung geeigneter Operationalisierungswege in der räumlichen Planungspraxis. Demgegenüber sind die historischen Kulturlandschaften als Schutzgut bereits länger in der raumpolitischen Diskussion und im ROG verankert, auch wenn hier seit der Novellierung von 2009 nicht mehr von „historischen Kulturlandschaften besonderer Eigenart“ sondern von „historisch gewachsenen Kulturlandschaften“ die Rede ist. Schmidt et al. (BfN 2010a: 15) sehen in der Begründung der Novelle allerdings „keine veränderte inhaltliche Intention des Gesetzgebers“: Hiermit sei weiterhin „eine Auswahl besonders wertvoller historischer Kulturlandschaften“ gemeint; insgesamt würde der Begriff der historischen Kulturlandschaften weitgehend einheitlich gehandhabt. Nach Gesetzeskommentaren sind darunter „räumlich abgrenzbare Teile der Landschaft, die durch geschichtlich bedeutsame Kultur-, Bauund Bodendenkmale geprägt sind“ (Marzik/Wilrich 2004: 73) oder darüber hinausgehend anderweitige Zeugnisse geschichtlicher Ereignisse, Epochen oder Entwicklungen beinhalten (Gassner et al. 2003) (zitiert nach BfN 2010a: 15). Der Unterausschuss Denkmalpflege der Kultusministerkonferenz definierte auf seiner 23. Sitzung am 19./20. Mai 2003 in Görlitz die historische Kulturlandschaft als einen „Ausschnitt aus der aktuellen Kulturlandschaft, der sehr stark durch historische, archäologische, kunsthistorische oder kulturhistorische Elemente und Strukturen geprägt wird. In der historischen Kulturlandschaft können Elemente, Strukturen und Bereiche aus unterschiedlichen zeitlichen Schichten nebeneinander und in Wechselwirkung miteinander vorkommen. Elemente und Strukturen einer Kulturlandschaft sind dann historisch, wenn sie in der heutigen Zeit aus wirtschaftlichen, sozialen, politischen oder ästhetischen Gründen nicht mehr in der vorgefundenen Weise entstehen, geschaffen
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würden oder fortgesetzt werden, sie also aus einer abgeschlossenen Geschichtsepoche stammen. Die historische Kulturlandschaft ist Träger materieller geschichtlicher Überlieferung und kann im Einzelfall eine eigene Wertigkeit im Sinne einer Denkmalbedeutung entfalten. Wesentlich dafür sind ablesbare und substanziell greifbare Elemente und Strukturen in der Landschaft, welchen man geschichtliche Bedeutung zumisst, ohne dass sie selbst denkmalwürdig sein müssen. Die historische Kulturlandschaft ist zugleich das Umfeld einzelner historischer Kulturlandschaftselemente oder Denkmale. Die Erhaltung einer historischen Kulturlandschaft oder Teilen davon liegt in beiden Fällen im öffentlichen Interesse.“ (Kultusministerkonferenz 2003) In jedem Falle ist zwischen Kulturdenkmälern gemäß § 3 des rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetzes (DSchG) und historischen Kulturlandschaften im Sinne des ROG zu unterscheiden. Letztere beziehen sich explizit auf ganzheitliche landschaftliche Kontexte, in die in der Regel Kulturdenkmale eingebettet sind. Der Begriff ist damit weiter gefasst und impliziert einen raumbezogenen Regelungsinhalt. Dabei trägt die normative Wertung historischer Kulturlandschaften als Schutzgut des öffentlichen Interesses sowohl den gesetzlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) und des ROG als auch der Bedeutung, die ihnen von einem Großteil der Bevölkerung zugeschrieben wird, Rechnung: „Historische Kulturlandschaften sind vor allem zu schützen und zu pflegen, sie zählen zu den größten kulturellen Schätzen unseres Landes. Schwieriger gestaltet sich im Einzelfall allerdings ihre konkrete Abgrenzung“ (BfN/BBSR 2011: 9). Konsens bleibt: „Es muss verantwortlich umgegangen werden mit der über Jahrhunderte gewachsenen Kulturlandschaft und ihren unverwechselbaren Stadtund Ortsbildern. Die Schönheit und Einmaligkeit gilt es zu erhalten und gleichzeitig zu stärken.“ (ISM 2010: 13)
Konkretisierung der landesweit bedeutsamen historischen Kulturlandschaften zur Festlegung, Begründung und Darstellung von Ausschlussflächen und Restriktionen für den Ausbau der Windenergienutzung (Z 163 d) | Fachgutachten | Juli 2013