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MEDIZINISCHES CANNABIS Informationen für Patienten und Angehörige

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MEDIZINISCHES CANNABIS Informationen für Patienten und Angehörige

Hinweis im Sinne des Gleichberechtigungsgesetzes Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechts­ spezifische Differenzierung (z. B. Patient/Patientin) verzichtet. Ent­ sprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichberechtigung für alle Geschlechter.


Seit März 2017 können Ärzte unter bestimmten Voraussetzungen medizinisches Cannabis verordnen. Der Einsatz von Cannabinoiden wird in Deutschland insbesondere für Patienten mit chronischen Schmerzerkrankungen in Erwägung gezogen. Medizinisches Cannabis kann in verschiedenen Formen wie getrock­ neten Blüten oder Extrakten mit den Inhaltsstoffen → Tetrahydro­ cannabinol (THC) und → Cannabidiol (CBD) verschrieben werden. Über die genaue Anwendungsart entscheidet der behandelnde Arzt. Dieser Pocket Ratgeber bietet Patienten und Angehörigen eine erste Orientierung vor oder während einer Behandlung mit medizini­ schem Cannabis. Der erste Teil beinhaltet allgemeine Informationen zur Cannabispflanze, dem Einsatz und der Verordnung von medizini­ schem Cannabis. Einen FAQ-Part mit häufigen Fragen und Antworten, ein Glossar mit den wichtigsten Begrifflichkeiten sowie Empfehlun­ gen für Adressen und Anlaufstellen finden Leser im zweiten Teil.



Medizinisches Cannabis – Was ist das? Cannabis ist eine Hanfpflanze und ihre Inhaltsstoffe werden schon seit Jahrtausenden für die Behandlung verschiedener Erkrankungen und Beschwerden eingesetzt. Da sich aus den getrockneten Blüten und Blättern der Pflanze auch Rauschmittel herstellen lassen, war die Einnahme von Cannabis als Arzneimittel lange umstritten.1 Erst in den 90er Jahren wurde wissenschaftlich bewiesen, dass Can­ nabisprodukte im menschlichen Körper an körpereigenen (endo) Cannabisrezeptoren binden. Diese Erkenntnis ist wichtig für das Ver­ ständnis einer spezifischen Wirkweise von Cannabis. Vor dieser Er­ kenntnis hatte man die Vorstellung, dass Cannabis unspezifisch als sogenannte „dirty drug“ an vielen Rezeptoren bindet. Die weltweit am meisten verbreitete Cannabis Art ist → Cannabis sativa L.. Sie enthält zwischen 400 und 500 Inhaltsstoffe; über 80 da­ von zählen zur Gruppe der → Cannabinoide.2


Die medizinischen Wirkungen von Hanf gehen vor allem auf die In­ haltsstoffe → Tetrahydrocannabinol (THC) und → Cannabidiol (CBD) zurück. THC wirkt berauschend und muskelentspannend, es kann Übelkeit und Brechreiz lindern. CBD wirkt zudem angstlösend und entzündungshemmend.3 Im März 2017 ist das Gesetz „Cannabis als Medizin“, das sogenannte → „Cannabis-Gesetz“, in Kraft getreten. Der Einsatz von Cannabis­ arzneimitteln als Therapiealternative bei schwerwiegenden Erkran­ kungen wird in diesem Gesetz geregelt.4 Cannabishaltige Arzneimittel werden in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten (z. B. Ölen) in standardisierter Qualität an­ geboten (§ 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V). Alle Arzneimittel unterliegen Höchstverschreibungsmengen gemäß § 2 BtMVV (→ Betäubungsmit­ tel-Verschreibungsverordnung).5


Unterscheidung verschreibungspflichtige und freiverkäufliche Präparate Zu den freiverkäuflichen Präparaten zählen → Cannabidiol-haltige Öle (CBD-Öle) oder Tinkturen, die einen THC-Gehalt von unter 0,2 % aufweisen. Sie können als Nahrungsergänzungsmittel, Lebensmittel oder Kosmetik auch außerhalb von Apotheken verkauft werden. → THC-haltige Cannabis-Öle mit einem THC Gehalt > 0,2 % sind in Deutschland verschreibungspflichtig. Ohne ärztliche Verordnung ist der Konsum von THC-Öl (→ „Hasch-Öl“) illegal.6



Für wen darf Cannabis verordnet werden? Laut § 31 Abs. 6 SGB V können Ärzte Cannabis als Arzneimittel in stan­ dardisierter Qualität Patienten verordnen, die an einer schwerwie­ genden Erkrankung leiden. Darunter sind Krankheiten zu verstehen, die lebensbedrohlich sind oder die Lebensqualität auf Dauer nach­ haltig beeinträchtigen. Bedingung ist zudem, dass alternative Therapieverfahren nicht zur Verfügung stehen oder nicht angewandt werden können. Außerdem muss die Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome bestehen. Es muss also erste wissenschaftliche Erkenntnisse geben, die einen Therapie-Erfolg durch → Cannabinoide bei der konkreten Krankheit erwarten lassen.7


Bisher wurde medizinisches Cannabis vor allem bei folgenden Krank­ heiten und Beschwerden eingesetzt:8 • • • • • • • • • • • • •

Schmerz Spastiken Anorexie (Magersucht) Übelkeit/ Erbrechen Depression ADHS Appetitmangel Entzündliche Darmkrankheiten Tic-Störungen / Tourette-Syndrom Epilepsie Restless-Legs-Syndrom Schlafstörung Unruhe


Was muss bei der Verschreibung beachtet werden? Bei der Verordnung von medizinischem Cannabis für Menschen mit einer schwerwiegenden Erkrankung gelten folgende Rahmenbedin­ gungen: Genehmigung durch die Krankenkasse Zu Beginn entscheidet der Arzt, ob die Behandlung mit einem Canna­ bisarzneimittel für den Versicherten in Frage kommt. Grundsätzlich kann er – nach Behandlungsversuchen der Krankheit mit anderen Me­ dikamenten – ein Privatrezept ausstellen, mit dem der Patient auf ei­ gene Kosten medizinisches Cannabis in der Apotheke erwerben kann. Damit die Krankenversicherung die Therapiekosten übernimmt, muss der Versicherte bei der erstmaligen Verordnung eines Canna­ bispräparates zunächst die Genehmigung seiner zuständigen Kasse einholen. Dafür sollte er direkt bei der Krankenkasse nachfragen, wie er eine Kostenübernahme beantragen kann und welche Unterlagen dazu relevant sind.


Allgemein sollten in einem Antrag auf Kostenübernahme die zuvor genannten Voraussetzungen festgehalten werden, dass • der Patient unter einer schwerwiegenden Erkrankung leidet, • eine alternative Therapiemethode nicht zur Verfügung steht oder angewandt werden kann und • eine wissenschaftlich erwiesene Aussicht auf positive Wirksamkeit besteht Die Krankenkasse muss über den Antrag innerhalb von 3 Wochen ab Antragseingang entscheiden. Ist eine gutachterliche Stellungnahme erforderlich, verlängert sich die Frist auf 5 Wochen (§ 13 Abs. 3a SGB V). Erfolgt die Verordnung im Rahmen einer ambulanten Palliativver­ sorgung oder einer stationär begonnenen Therapie, die ambulant fortgeführt werden soll, muss die Krankenkasse innerhalb von 3 Ta­ gen eine Entscheidung treffen. Nur in begründeten Ausnahmefällen darf die Krankenversicherung den Antrag ablehnen.9


Teilnahme an einer Begleiterhebung Laut Gesetz ist der Patient während der Cannabis-Einnahme dazu verpflichtet, an einer Begleiterhebung des Bundesinstituts für Arz­ neimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilzunehmen. Die Studie zielt darauf ab, mehr über die Wirkung von medizinischem Cannabis zu erfahren. Der behandelnde Arzt klärt den Patienten über die Erhebung auf und übermittelt elektronisch die für die Studie erforderlichen Patienten­ daten an das BfArM. Die Angaben werden anonymisiert, sodass sie der behandelten Person nicht zugeordnet werden können. Zu den Patientendaten zählen z. B. Alter, Geschlecht und Diagnose. Zusätzlich macht der Patient Angaben zu vorherigen Therapien bzw. Therapiemisserfolgen. Darüber hinaus werden die genaue Dosis, mögliche Nebenwirkungen sowie die Auswirkung des Arzneimittels auf die Lebensqualität erfragt.


Die Daten werden ein Jahr nach Therapiebeginn oder – wenn die Behandlung weniger als 12 Monate dauert – nach Therapieende er­ hoben. Der Erhebungszeitraum der Studie wurde auf 5 Jahre festgesetzt. Nach Auswertung der Patientendaten wird beschlossen, ob oder in welchem Umfang medizinisches Cannabis eine Leistung der gesetzli­ chen Krankenversicherung bleibt.10 Verordnung auf Betäubungsmittelrezept Getrocknete Cannabisblüten und -Extrakte sowie Arzneimittel mit → THC werden auf einem Betäubungsmittelrezept verordnet. Gemäß § 9 der → Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) müs­ sen auf dem Rezept die genaue Arzneimittelbezeichnung, die Abga­ bemenge sowie die Gebrauchsanweisung mit Einzel- oder Tagesan­ gabe angegeben sein.11


Wie wird es eingenommen? Medizinisches Cannabis kann inhaliert oder oral aufgenommen wer­ den. Der behandelnde Arzt entscheidet abhängig von der Indikation, möglichen Begleiterkrankungen sowie den Wünschen des Patienten über die individuelle Verabreichung. Inhalative Therapieform Medizinisches Cannabis kann Patienten in Form getrockneter Blü­ ten verordnet werden. Die Cannabisblüte ist ein Vielstoffgemisch mit wechselnder Zusammensetzung und Qualität. Daher kann sie Unter­ schiede zwischen den Sorten sowie dem → THC- oder → CBD-Gehalt aufweisen. Patienten können die Blüten, oder alternativ standardi­ sierte → Vollspektrum-Extrakte (ethanolische oder ölige Lösungen), mit speziellen → Vaporisatoren inhalieren. Dazu werden die Blüten in der Apotheke gemahlen, gesiebt und mit einer Dosierhilfe oder vor­ portioniert abgegeben.


Hinweis: Zur Verordnung eines Vaporisators oder eines Dosierlöffels müssen Patienten aktuell einen Einzelfallantrag bei der Krankenkasse stellen.12 Das → Rauchen von Cannabisblüten in Kombination mit Tabak ist für die therapeutische Anwendung ungeeignet, da dabei gesundheits­ schädliche Verbrennungsprodukte entstehen. Orale Therapieform Eine Alternative zu Cannabisblüten sind standardisierte Canna­ bisextrakte, aus denen die Apotheke ein → Rezepturarzneimittel zur oralen Anwendung in Form von öligen Lösungen, Kapseln oder Sprays herstellt. Dabei handelt es sich um → THC-Rezepturen oder → Vollspektrum-Extrakte.



Orale vs. inhalative Cannabistherapie Auch wenn sich die Wirkstoffe beider Therapieformen ähneln, lassen sich dennoch einige Unterschiede z. B. in der Dosierbarkeit, Wirkdau­ er und Handhabbarkeit festmachen. Rezepturen oder Extrakte zur oralen Anwendung können exakt dosiert werden und wirken in der Regel nach etwa 1– 2 Stunden. Die Wirkdauer hält etwa 6 – 12 Stun­ den an und die Lösungen oder Kapseln können überall mitgeführt und diskret eingenommen werden. Bei der inhalativen Therapie wird zur Dosierung der Cannabisblüten eine Feinwaage benötigt. Bereits 5–10 Minuten nach der Einnahme wirkt das Arzneimittel im Körper. Der Effekt hält etwa 2 – 4 Stunden an. Die Handhabung gestaltet sich ein wenig umfangreicher als die der oralen Therapie, da die Inhalato­ ren Strom benötigen und der zeitliche Aufwand höher ist. Bei der Einnahme von → Fertigarzneimitteln müssen Patienten die jeweilige Fachinformation berücksichtigen.


Genaue Dosierungsschemata gibt es für medizinisches Cannabis nicht, da die Dosierung individuell an die Bedürfnisse des Patien­ ten angepasst wird. Studienberichten zufolge benötigt ein Großteil der Anwender etwa 1 bis 3 Gramm medizinische Cannabisblüten pro Tag. Generell gilt, dass bei erstmaliger Verordnung die Einnahme Tag für Tag individuell gesteigert wird, um die optimale Dosierung zu fin­ den.13

FAQ Darf ich während der Einnahme von medizinischem Cannabis am Straßenverkehr teilnehmen? Es liegen keine ausreichenden wissenschaftlichen Informationen zu dieser Frage vor, allerdings wird insbesondere zu Beginn der Thera­ pie und in der Eingewöhnungsphase von einer aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abgeraten. Bei stabiler Dosierung muss in jedem


Einzelfall mit dem Arzt abgeklärt werden, ob eine Teilnahme am Stra­ ßenverkehr möglich ist.14 Grundsätzlich dürfen Cannabis-Patienten am Straßenverkehr teilnehmen, wenn sie aufgrund ihrer Medikation nicht in ihrer Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sind. Betroffene sollten eine Ausfertigung des → Betäubungsmittel-Rezeptes oder eine Be­ scheinigung des Arztes mitnehmen, wenn sie ein Fahrzeug führen.15 Welche Nebenwirkungen können auftreten? Zu den akuten Nebenwirkungen zählen vor allem die → psychotropen Wirkungen wie Sedierung (Müdigkeit) und Euphorie (→ „high“-Gefühl). Weitere häufige Nebenwirkungen sind Konzentrationsschwäche, Schwindel, Blutdruckabfall, Herzbeschwerden, Mundtrockenheit, Stimmungsschwankungen, veränderte Zeitwahrnehmung, trockene Augen, Muskelschwäche, gesteigerter Appetit. Lebensbedrohliche Komplikationen sind nach einem medizinischen Einsatz von Canna­ bis bisher nicht bekannt.16


Gibt es Langzeitfolgen? Nach einer Langzeittherapie mit → Cannabis kann es zu einer Gewöh­ nung, der sogenannten → Toleranz, kommen. Patienten brauchen dann höhere Dosierungen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen und können nach dem Absetzen Entzugserscheinungen wie Angst, Unruhe, Schlaflosigkeit oder Durchfall bekommen. Bei einer ent­ sprechenden Veranlagung kann als Folge einer Langzeitbehandlung mit Cannabis die Entwicklung einer Psychose beschleunigt werden. Diese gravierenden psychischen Folgen lassen sich laut Studien al­ lerdings eher bei missbräuchlichem Konsum von Cannabis, selten jedoch bei einer therapeutischen Anwendung beobachten.17


Gibt es Kontraindikationen? Medizinisches Cannabis sollte bei schweren Psychosen, Persönlich­ keitsstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie bei Schwange­ ren und stillenden Müttern nicht verordnet werden. Bei Kindern und Jugendlichen vor der Pubertät sollte aufgrund fehlender Studiener­ gebnisse gewissenhaft abgewogen werden.18 Mögliche individuelle Kontraindikationen und Wechselwirkungen bei Einnahme anderer Arzneimittel sollten Patienten vor Therapiebeginn sorgfältig mit dem behandelnden Arzt erörtern. Darf man medizinisches Cannabis in der Öffentlichkeit rauchen? Die Inhalation nach Verbrennung als Joint wird wegen möglicher Ge­ sundheitsschäden nicht empfohlen.19 Ordnet der behandelnde Arzt diese Anwendung dennoch an, sollten Patienten möglichst nicht im öffentlichen Raum rauchen. Für Außenstehende ist es nämlich nicht erkennbar, ob es sich um medizinisches oder illegales Cannabis han­ delt.20


Muss das Cannabis zuhause auf bestimmte Weise (kindersicher) gelagert werden? Betroffene sollten cannabishaltige Arzneimittel gesondert aufbe­ wahren und vor dem Zugriff von Kindern schützen. Bei Kindern oder Personen, für die das Arzneimittel nicht verschrieben wurde, können durch versehentliche Einnahme schwere gesundheitliche Schädi­ gungen auftreten.21 Cannabis-Blüten und -Extrakte sollten außerdem lichtgeschützt und unter 25 °C gelagert werden.22 Wie wird der Cannabis Anbau in Deutschland kontrolliert? Anbau, Ernte, Verarbeitung, Qualität und Verpackung von Cannabis sowie seine Abgabe an Großhändler, Hersteller und Apotheken in Deutschland werden durch die „Cannabisagentur“ (eine Abteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM) kontrolliert. Der Anbau erfolgt europaweit durch Unterneh­ men, die von der Cannabisagentur ausgewählt werden. Es wird aus­ schließlich für medizinische Zwecke angebaut.23


Was muss bei Auslandsreisen beachtet werden? Das Reisen mit medizinischem Cannabis ist wie auch bei anderen → Betäubungsmitteln möglich. Patienten dürfen es ausschließlich für den eigenen Bedarf und für die Dauer der Reise einführen. Bei Reisen in Länder, die dem Schengener Abkommen unterliegen, reicht eine ärztliche Bescheinigung aus (sog. Durchführungsabkommen). Wer in andere Länder reist, muss die ärztliche Bescheinigung von der obers­ ten Landesgesundheitsbehörde beglaubigen lassen. Diese ist dann 30 Tage lang gültig.


Glossar Betäubungsmittel (BtM) Sind Stoffe oder Zubereitungen, die aufgrund ihrer Wirkungsweise eine Abhängigkeit und einen Missbrauch hervorrufen können, wo­ durch die Gesundheit gefährdet werden kann. Cannabishaltige Arz­ neimittel müssen auf einem Betäubungsmittel-Rezept verschrieben werden. Cannabinoide Cannabinoide sind in der Hanfpflanze enthaltende Substanzen, die über körpereigene Rezeptoren – das endocannabinoide System – auf den Menschen einwirken. Cannabinoide können z. B. angstlösend, schmerzlindernd, krampflösend, appetitanregend und berauschend wirken. Die beiden bekanntesten Cannabinoide sind → Tetrahy­ drocannabinol (THC) und → Cannabidiol (CBD). Cannabinoide kön­ nen auch im Labor hergestellt werden.


Cannabis-Gesetz Umgangssprachlich für das Gesetz „Cannabis als Medizin“, welches 2017 in Deutschland eingeführt wurde. Es regelt den Einsatz von Can­ nabisarzneimitteln als Therapiealternative bei Patienten mit schwer­ wiegenden Erkrankungen. Cannabis sativa L. Gehört zu den Hanfgewächsen und ist die weltweit am häufigsten verbreitete Cannabis-Art. Aus ihr werden die → Cannabinoide für medizinisches Cannabis gewonnen. Cannabidiol (CBD) Ist eine natürliche, nicht-psychoaktive Substanz, die in der Hanfpflan­ ze vorkommt. Ihr werden u. a. muskelentspannende, schlaffördern­ de, entzündungshemmende und Übelkeit lindernde Eigenschaften nachgesagt.


Dronabinol Ist die teilsynthetische Variante des Wirkstoffes → THC der Cannabis­ pflanze und ein → Betäubungsmittel. Neben den → psychotropen Ei­ genschaften hat es u. a. schmerzlindernde, entzündungshemmende, appetitanregende und muskelentspannende Wirkungen. Fertigarzneimittel Arzneimittel, die durch ein pharmazeutisches Unternehmen herge­ stellt werden, in Packungen erhältlich und zur Abgabe an den Patien­ ten bestimmt sind (Unterschied → Rezepturarzneimittel). Haschisch Haschisch (umgangssprachlich Dope, Shit etc.) wird aus dem THC-hal­ tigen Harz der Blütenstände hergestellt. Das Harz wird mit anderen Bestandteilen der Pflanze sowie Streckmitteln zu Platten geformt. 2016 betrug der mittlere → THC Wirkstoffgehalt 17 %.


Haschischöl Ist ein teerartiger, hoch konzentrierter Auszug aus → Haschisch oder → Marihuana, der mit Hilfe organischer Lösungsmittel gewonnen wird. Der → THC Wirkstoffgehalt kann bis zu 30 % betragen. High (sein) Euphorisches Stimmungshoch, Glücksgefühle aufgrund von Drogen­ konsum. Marihuana Marihuana (umgangssprachlich Gras) werden die getrockneten Blät­ ter und Blüten der Cannabispflanze genannt. Laut Angaben der Bun­ deszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) lag der mittlere Wirkstoffgehalt im Jahr 2016 bei 10 % → THC. Nabilon Ist eine vollsynthetische Variante der → psychotropen Cannabis Sub­ stanz → THC und unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz. Es wird u. a. bei Übelkeit und Brechreiz z. B. in der Chemotherapie eingesetzt.


Psychotrop Als psychotrop oder psychoaktiv wird die Wirkung auf das zentrale Nervensystem bezeichnet. Dadurch verändern sich Psyche und Be­ wusstsein, z. B. gesteigerte Konzentration, Wachsamkeit und Appeti­ tanregung. Rezepturarzneimittel Arzneimittel, das in Apotheken nach Verschreibung durch einen Arzt, Heilpraktiker oder auf Verlangen eines Patienten individuell zube­ reitet wird. Es unterliegt nicht der Zulassungspflicht (Unterschied → Fertigarzneimittel). Tetrahydrocannabinol (THC) Natürliche Substanz, die in der Hanf-Pflanze vorkommt und zu den verschreibungspflichtigen → Betäubungsmitteln zählt. Sie ist haupt­ sächlich für das „mentale High“ und die → psychotropen Wirkungen verantwortlich.


Toleranz/Gewöhnung Bei Langzeiteinnahme von medizinischem Cannabis kommt es häu­ fig zu einer Toleranzentwicklung, wodurch die Wirkungen nachlassen und eine leichte Abhängigkeit entstehen kann. Ein abruptes Absetzen kann dann kurzzeitig zu milden Entzugserscheinungen führen. Vaporisator Ist ein spezielles Inhalationsgerät, mit dem medizinisches Cannabis inhaliert und somit über die Atemwege dem Körper zugeführt werden kann. Durch diese Anwendungsart wird der Magen-Darm-Trakt um­ gangen/geschont. Vollspektrum-Extrakte Werden aus der natürlichen Cannabis Pflanze hergestellt und bein­ halten neben den Hauptinhaltsstoffen → THC und → CBD sämtliche weitere Wirkstoffe der Cannabisblüte.


Wichtige Adressen und Ansprechpartner Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Das BfArM prüft die Zulassung von → Fertigarzneimitteln auf Grund­ lage des Arzneimittelgesetztes. Außerdem regelt das Institut die Erfassung, Auswertung und Bewertung von auftretenden Risiken bei der Verwendung von Medizinprodukten. Zudem ist die Bundesopium­ stelle Teil des BfArM. Diese erteilt die Erlaubnisse zum legalen Vertrieb von → Betäubungsmitteln und überwacht deren Herstellung, Anbau, Handel sowie Im- und Export. Zum Thema „Cannabis als Medizin“ stellt das BfArM hochwertige Informationen für Patienten, Apotheker und Ärzte zur Verfügung. www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/_node.html


Bundesärztekammer Auf der Webseite der Bundesärztekammer finden Interessierte eine FAQ-Liste zum Einsatz von Cannabis in der Medizin. www.bundesaerztekammer.de/aerzte/versorgung/ambulant/cannabis

Bundesministerium für Gesundheit Fragen zum Gesetz „Cannabis als Medizin“ beantwortet das Bundes­ ministerium für Gesundheit auf seiner Webseite im Artikel „Fragen und Antworten zum Gesetz ‚Cannabis als Medizin‘“. www.bundesgesundheitsministerium.de


Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Das IQWiG trägt mit seiner Webseite „Gesundheitsinformation.de“ im gesetzlichen Auftrag zur Aufklärung der Öffentlichkeit in gesundheit­ lichen Fragen bei. Das Onlineportal bietet ein breites wissenschaftli­ ches Informationsspektrum für alle Bürger. Die Gesundheitsinformationen sollen Patienten dabei helfen, Vorund Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung abzuwägen. Die Erkenntnisse können anschließend gemeinsam mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. www.gesundheitsinformation.de


patienten-Information.de patienten-Information.de ist eine gemeinsame Webseite der Bun­ desärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Das Onlineportal wird durch das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Me­ dizin (ÄZQ) betreut. Mit dem Ziel über Präventions-, Untersuchungs- und Behandlungs­ möglichkeiten aufzuklären sowie ärztliches Vorgehen nachvollzieh­ bar zu erläutern, bietet die Webseite verständliche, wissenschaftlich geprüfte, mehrsprachige, unabhängige sowie aktuelle gesundheitli­ che Informationen. www.patienten-information.de


Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) Die UPD ist eine gemeinnützige GmbH, die im gesetzlichen Auftrag zu gesundheitlichen sowie gesundheitsrechtlichen Fragen kostenfrei be­ rät und informiert. Für die Beratung zu gesundheitlichen Fragestellungen steht Patien­ ten ein fachlich breit aufgestelltes Beratungsteam zur Verfügung. Im Online-Artikel „Cannabis auf Rezept“ finden Interessierte weitere In­ formationen. www.patientenberatung.de/de Beratungstelefon: (0800) 0 11 77 22 Beratungszeiten: Mo. bis Fr. 8– 20 Uhr, Sa. 8– 16 Uhr


Literatur „Cannabis-Report“. Prof. Dr. Gerd Glaeske, Dr. Kristin Sauer. Universität Bremen, SOCIUM, 2018, S. 9 f.

1

„Faktenblatt: Rezepturarzneimittel mit Cannabis“. ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V, 2020. Verfügbar unter: www.abda.de/themen/ versorgungsfragen/medizinisches-cannabis

2

3

„Cannabis als Medizin?“. Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), 2020. Verfügbar unter: www.patienten-information.de/kurzinformationen/cannabis?utm_ source=Interaktiv+GmbH&utm_medium=email&utm_campaign=pressemitteilung-20 20%E2%80%9303%E2%80%9326&utm_content=Mailing_13588321

4

„Cannabis“. Bundesgesundheitsministerium, o. J. Verfügbar unter: www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/c/cannabis.html

5

„FAQ Liste zum Einsatz von Cannabis in der Medizin“. Bundesärztekammer, o. J. Ver­ fügbar unter: www.bundesaerztekammer.de/aerzte/versorgung/ambulant/cannabis „Cannabidiol ohne Rezept“. Deutsche Apotheker Zeitung, o. J. Verfügbar unter: www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2018/daz-34-2018/cannabidiolohne-rezept

6

7

„§ 31 SGB V. Rn. 75c-75i“. Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 2020.

„Cannabis als Medizin – Erste Erkenntnisse aus der Begleiterhebung“. Cremer-Schaeffer, Dr. med. P., 2019. Verfügbar unter: www.bfarm.de/DE/ Bundesopiumstelle/Cannabis/Begleiterhebung/_node.html

8


„Cannabis – was Ärzte bei der Verordnung wissen müssen“. Kassenärztliche Bundes­ vereinigung, 2020. Verfügbar unter: www.kbv.de/html/cannabis-verordnen.php

9

„FAQ Liste zum Einsatz von Cannabis in der Medizin“. Bundesärztekammer, o. J. Ver­ fügbar unter: www.bundesaerztekammer.de/aerzte/versorgung/ambulant/cannabis

10

11

„Hinweise für Ärzte“. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, o. J. Verfügbar unter: www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/Hinweise_Aerzte/ _node.html

„FAQ Liste zum Einsatz von Cannabis in der Medizin“. Bundesärztekammer, o. J. Ver­ fügbar unter: www.bundesaerztekammer.de/aerzte/versorgung/ambulant/cannabis

12

„FAQ Cannabisgesetz. Was hat sich durch das Gesetz zur Änderung betäubungs­ mittelrechtlicher und anderer Vorschriften geändert?“. Bundesapothekerkammer, Geschäftsbereich Pharmazie, 2018. Verfügbar unter: www.abda.de/suche/ ?tx_solr%5Bq%5D=FAQ+Cannabis&tx_solr%5Bfilter%5D%5B%5D=all

13

„Cannabis als Medizin, Hinweise für Ärzte“. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medi­ zinprodukte, o. J. Verfügbar unter: www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/ Hinweise_Aerzte/_node.html

14

„Fahrtüchtigkeit: Cannabispatienten dürfen Auto fahren“. Ärzteblatt, 2017. Verfügbar unter: www.aerzteblatt.de/archiv/187956/FahrtuechtigkeitCannabispatienten-duerfen-Auto-fahren

15

„Cannabis-Report“. Glaeske, Prof. Dr. G., Sauer, Dr. K., Universität Bremen, SOCIUM, 2018, S. 24 f.

16


„Cannabis-Report“. Glaeske, Prof. Dr. G., Sauer, Dr. K., Universität Bremen, SOCIUM, 2018, S.25 f.

17

„Medizinisches Cannabis, die wichtigsten Änderungen“. Müller-Vahl, K.; Grotenhermen, F., in: Deutsches Ärzteblatt, 2017, 114(8): A 352–6.

18

„Cannabis als Medizin, Hinweise für Ärzte“. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Verfügbar unter: www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/ Hinweise_Aerzte/_node.html

19

„Cannabis als Medizin, Hinweise für Patienten“. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Verfügbar unter: www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/ Hinweise_Patienten/_node.html

20

„Cannabis als Medizin, Hinweise für Patienten“. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Verfügbar unter: www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/ Hinweise_Patienten/_node.html

21

FAQ „Cannabisgesetz“. Bundesapothekerkammer, Geschäftsbereich Pharmazie, Stand: 28. März 2018.

22

„Cannabisagentur“. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“. Verfügbar unter: www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/Cannabisagentur/_node.html

23


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