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FC Augsburg – Interview mit Torhüter Rafal Gikiewicz

“ I C H B I N N I C H T R O B O C O P ! ”

Interview mit F C A - T O R H Ü T E R R A F A L G I K I E W I C Z

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Seit dem Weggang von Marwin Hitz im Jahr 2018 zu Borussia Dortmund herrschte beim FC Augsburg ein echtes Vakuum zwischen den Pfosten. Mit Rafal Gikiewicz scheint dieses Problem jetzt aber gelöst, denn der “positiv verrückte” Pole präsentierte sich bisher als echter Rückhalt. Von Walter Sianos.

er FCA hat wieder einen Torwart!”, konnte man in den letz-Dten Wochen überall in der Presse und in den sozialen Netzwerken lesen. Mit deinen überragenden Leistungen hast du einen großen Anteil daran, dass der FCA so gut wie noch nie in eine Bundesligasaison gestartet ist.

So etwas mag ich gar nicht hören! Es geht hier nicht um Gikiewicz, denn wir sind ein Team und man gewinnt oder verliert zusammen. Im Fußball dreht sich alles sehr schnell und man kann sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Wenn wir zwei- oder dreimal hintereinander verlieren, dann wird auch wieder die Kritik lauter werden. So ist das nun mal.

Du hast dich in Rekordzeit in Augsburg akklimatisiert.

Ich habe zwei Tage dafür gebraucht (lacht). So etwas geht bei mir sehr schnell, denn ich bin ein umgänglicher Typ und habe schnell gesehen, dass hier vieles stimmt. Ich spiele schon im siebten Jahr in Deutschland und kann schon jetzt sagen, dass ich mit meinem Wechsel nach Augsburg die richtige Entscheidung getroffen habe.

Du bist ein “positiv Verrückter”, wie du auch selbst über dich sagst. Du bist aber auch sehr ehrgeizig und ein Musterprofi. Stimmt es, dass du keinen Alkohol trinkst?

Ja, das stimmt. Torhüter sind ja ein bisschen bekloppter als Feldspieler. Ich habe als Jugendlicher in meiner Heimat schon immer auf Eurosport die Bundesliga geschaut, zu einer Zeit, als polnische Spieler wie Tomasz Hajto, Tomasz Waldoch oder Artur Wichniarek aktiv waren und es war immer mein Traum, einmal selbst in dieser Liga zu spielen. Ich habe unglaublichen Spaß an meinem Beruf und freue mich Woche für Woche darauf, mich mit den besten Spielern messen zu können. Ein Torwart muss mental sehr stark sein. Woher nimmst du diese Stärke, Kraft und Ausgeglichenheit?

Jeder Spieler, der es bis in die Bundesliga schafft, muss mental stark sein, sonst könnte er auf diesem Niveau gar nicht spielen. Aber es stimmt natürlich, dass man gerade als Torwart mehr im Fokus steht. Ein Fehler kann über Sieg oder Niederlage entscheiden, doch ich habe keine Angst davor, Fehler zu machen. Ich bin nicht Robocop, kein Mensch ist fehlerfrei!

Fehler können natürlich auch mal deinen Vorderleuten passieren. Wenn Blicke töten könnten, dann müssten schon einige deiner Kollegen die Radieschen von unten betrachten. Hast du deinen Blick schon mal im TV gesehen? (Lacht). Ich bin ein sehr emotionaler Typ. Wenn ich auf dem Platz stehe, dann mit vollem Herzen! Ich kenne diesen Blick, aber wenn ich so schaue, dann ist das nicht böse gemeint. Ich will meine Mitspieler damit pushen, sie unterstützen, ihre Konzentration hochhalten und ihnen positive Energie geben. Gerade Fehler von Uduokhai, Gouweleeuw oder mir können schwerer ins Gewicht fallen, aber ich will den Jungs auch vermitteln, dass sie sich auf mich verlassen können, dass ich

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da bin! Du hast bis 2014 erfolgreich in Polen gespielt, bist dort Meister und Pokalsieger geworden und hast den Supercup gewonnen.

Es lief ganz gut, aber meine letzte Saison bei Slask Wroclaw war von einer schweren Verletzung geprägt. Ich konnte vier Monate kaum trainieren und habe die meiste Zeit im Kraftraum verbracht. Mein Vertrag lief zum Sommer aus und da kam das Angebot von Eintracht Braunschweig zu einem dreitägigen Probetraining. Nach dem ersten Tag haben sie mir ein Angebot gemacht, ich bin geblieben und es war eine sehr gute Entscheidung.

2016 bist du zum SC Freiburg gegangen. Aber da stand Alexander Schwolow zwischen den Pfosten. Ich bereue diesen Schritt trotzdem nicht, denn ich habe in Freiburg tolle Menschen kennengelernt,

“Torhüter sind ein bisschen bekloppter

als Feldspieler

hatte ein super Trainerteam und habe dort viel lernen und mitnehmen können. Und ich war im Europapokal dabei. Es war zwar nicht leicht, auf der Bank zu sitzen, aber ich habe meine Rolle akzeptiert und im Training immer Vollgas gegeben. Das wurde auch so wahrgenommen, Christian Streich hat sich jedenfalls bei mir für meine Loyalität bedankt.

Nach weiteren zwei Jahren führte deine Reise dann zum 1. FC Union Berlin.

Dort war ich endlich wieder die Nummer 1, wir sind in die Bundesliga aufgestiegen und haben im Jahr darauf den Klassenerhalt geschafft. Mehr war in dieser Zeit wohl kaum möglich.

Du warst bisher zweimal im Kader der polnischen Nationalmannschaft. Ist es ein Traum von dir, einmal für die “Biało-Czerwoni” aufzulaufen?

Ich bin jetzt 32, aber das Nationalteam ist immer noch mein ganz großes Ziel und darauf arbeite ich hin. Man muss immer bereit sein, weil sich im Fußball alles sehr schnell drehen kann. Wenn man in der Bundesliga spielt, steht man im Fokus und deshalb rechne ich mir ehrlich gesagt schon noch etwas aus.

Das ist ein ambitioniertes Ziel mit jetzt 33 Jahren, dennoch hat man bei dir nicht den Eindruck, dass du ein Träumer bist.

Ich habe zwei Beine und mit denen stehe ich felsenfest auf dem Boden. Unser Ziel ist es, am Ende besser dazustehen als letzte Saison, nur darum geht es! Wichtig ist mir, wo wir nach dem 34. Spieltag stehen.

G I M M E 5

01. Bist du abergläubisch oder hast du ein bestimmtes Ritual vor den Spielen? Mehrere! Das erste Ritual findet schon auf dem Weg vom Hotel ins Stadion statt. Ich höre auf meinen Kopfhörern relaxte Musik wie etwa Andrea Bocelli. In der Kabine läuft dann alles über rechts! Also rechter Socken, rechter Stutzen, rechter Handschuh zuerst. Und kurz bevor es losgeht, schaue ich mir auf meinem Handy noch Bilder von meiner Familie an. 02. Hast du einen Spitznamen? Giki oder Beton. In Berlin haben sie mich Beton getauft, weil ich mir in den ersten Spielen kein Gegentor eingefangen habe. Und dieser Name ist mir bis heute geblieben.

03. Wer war dein Idol als Jugendlicher? Ein wirkliches Idol hatte ich jetzt nicht, aber ich fand den dänischen Keeper Peter Schmeichel von Manchester United immer ganz gut.

04. Welche Klamotte hast du dir zuletzt zugelegt? Ich war erst im FCA-Fanshop und habe mir ein Gikiewicz-Trikot gekauft (lacht). Allein letzte Woche habe ich vier davon nach Polen geschickt.

05. Für welches Produkt wärst du der perfekte Werbeträger? Wenn ich an das Spiel Union gegen Hertha denke, als Ultras den Platz stürmen wollten, dann würde ich sagen, dass ich für eine Security-Firma eine gute Figur machen würde.

„tyll“ von Daniel Kehlmann ab 30.11.

Mit seinem Erfolgsroman „Tyll“ ist Autor Daniel Kehlmann ein beeindruckendes Epos über den Dreißigjährigen Krieg gelungen und zugleich die Neuerfindung einer legendären Figur: Gemeinsam mit der Bäckerstochter Nele zieht Tyll Eulenspiegel als Teil des „fahrenden Volks“ durch ein von Religionskriegen verheertes Land. Auf ihren Wegen streifen sie die Leben von Gelehrten, Fanatikern und einfachen Soldaten und schließlich wird Tyll sogar Gaukler am Hof den Pfalzgrafen Friedrich, dessen Ungeschick den Krieg einst ausgelöst hatte. Bis zum Sommer 2022 präsentiert das Staatstheater Augsburg den gesamten Roman in sechs Kapiteln. Kapitel 1 wird gelesen von Schauspieler Thomas Prazak. Der Schauspieler, Illustrator und Cartoonist Klaus Müller ergänzt mit seinen Zeichnungen kongenial die Erzählung einer aus den Fugen geratenen Welt. Premiere ist am 30.11. Für Quereinsteieger: Zu Beginn jedes neuen Kapitels gibt es eine „Was bisher geschah“- Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse.

Abraxas: Aktuelle Poesie in Augsburg

„Wir sind aus der Zeit gefallen“ am 20.11.

Gleich zu Beginn der Pandemie rief der Autor und Schauspieler Matthias Klösel den Literaturkanal Augsburg ins Leben und schuf mit ihm die Möglichkeit, Dichter*innen und Publikum vernetzt zu halten und poetisches Leben in Augsburg weiterhin sichtbar zu machen. Die von der Autorin Theresa Klesper (Bild) präsentierte Veranstaltung „Wir sind aus der Zeit gefallen - Aktuelle Poesie in Augsburg“ im Kulturhaus abraxas holt die Dichter*innen nun größtenteils wieder real und live zurück auf die Bühne für eine literarische Wiederbegegnung. Sechs Künstler*innen präsentieren ihre poetischen Werke und wollen die Augsburger Lyrik-Szene neu beleben. Teilweise mit Werken, die speziell für den Literaturkanal entstanden sind. Dabei sind Carmen Achter, Birgit Merk, Alke Stachler, Claudia Kohlus, Martyn Schmidt und Theresa Klesper. Der Abend verwebt Worte, Klänge und Bilder zu einem poetischen Ritt auf dem Rücken der Zeit – neben der Lesung lyrischer Texte werden Gedichte gesungen und Poesie-Kurzfilme gezeigt. Freitag, 20.11. um 19.30 Uhr im abraxas Theater.

Out of Augsburg: Volkstheater München

„Herkunft“ nach Saša Stanišić ab 03.11.

Geboren wird er in einem Land, das es nicht mehr gibt – der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Nach deren Zerfall flieht Saša Stanišić mit seinen Eltern nach Deutschland. Als neugieriger Teenager lernt er das Land und seine Sprache kennen und verbringt seine Freizeit an der ARAL-Tankstelle mit anderen, die ebenfalls mehrere Heimaten haben. Der erwachsene Stanišić schreibt Romane und 2019 mit Herkunft, das mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, ein Hybrid aus autobiografischer Erzählung und Meta-Roman. Der die Frage „Woher kommst du?" entwaffnend und berührend umschreibt, ohne auf einfache Antworten zu setzen. Saša Stanišić gehört wohl zu den besten (mindestens) deutschsprachigen Autoren unserer Zeit. Umso neugieriger kann man darauf sein, was das Volkstheater aus seinem grandiosen Roman macht. Regie führt Felix Hafner. Mit: Jakob Immervoll, Jan Meeno Jürgens, Jonathan Müller, Pola Jane O´Mara, Nina Steils, Anne Stein. Im November z.B. am 03., 04. und 27.

Mehr: www.muenchner-volkstheater.de

Parktheater im Kurhaus Göggingen:

Bergpredigt – andreas rebers und die Wellküren am 29.11.

Bei diesem etwas anderen Gottesdienst von Andreas Rebers und den Wellküren wird musiziert, gestritten und gebeichtet. „Was nützt das Dach über dem Kopf, wenn ein unzufriedenes Weib darunter haust?“ So lesen wir es in der Heiligen Schrift. Reverend Rebers ist ein emsiger Arbeiter im Pointenberg des Herrn, und er bringt frohe Kunde zu den Menschen. Dieses Mal nehmen auch die Wellküren an seinem Gottesdienst teil, um Buße zu tun und um ihrem zänkischen Treiben vor der Gemeinde zu entsagen. Denn sie wissen um ihren Ungehorsam, und Vergebung erfahren nur die Einsichtigen. Ob ihre Einsicht auch wirklich „nachhaltig“ ist, wird sich zeigen ... Moni, Burgi und Bärbi Well stehen für die weibliche Synthese aus Volksmusik und Kabarett in Bayern. Sie touren seit 30 Jahren als „Wildererinnen“ in der traditionellen bayerischen Musik durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Tickets für die Rebersche-Wellsche Bergpredigt am 29.11. um 16.30 Uhr sind bis auf Weiteres nur direkt beim Ticketservice des Parktheaters erhältlich, entweder vor Ort oder telefonisch unter 0821-9062222.

Sensemble Theater:

Lebenslinien 2.0 – „Die Zurückgewiesenen“ am 08.11.

„Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 08. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern.“ So lautet Artikel 116 des deutschen Grundgesetzes - in der Praxis wurden und werden jedoch viele Anträge abgelehnt – mit Begründungen, die an die NS-Zeit erinnern. Viele Nachfahr*innen kämpfen bis heute um die Zuerkennung der Deutschen Staatsbürgerschaft. Bei der Matinee am 08.11. um 11.00 Uhr im Gedenken an den Novemberpogrom 1938 wird ein*e geladene*r Expert*in im Gespräch mit Museumsdirektorin Barbara Staudinger und Theaterleiter Sebastian Seidel von den Schwierigkeiten und Kämpfen auf dem Weg zur rechtlich zustehenden Staatsbürgerschaft berichten. Die Augsburger Regisseurin und Schauspielerin Daniela Nering wird aus behördlicher Korrespondenz lesen und damit konkrete Beispiele aufzeigen. Für die musikalische Umrahmung sorgt Cellist Dominik Uhrmacher. Außerdem im November im Sensemble: Das neue Stück „Der Mitmacher“ von Dürrenmatt (06., 07., 13., 14.11), der Liederabend zu 30 Jahre Wiedervereinigung – „Born in the GDR“ (20., 21.11.), „Kochs Klub der Idealisten“ (19.11.), u.a. mit den Mufuti-Twins, und vieles mehr. Check: www.sensemble.de

Selfies im 16. Jahrhundert im Maximilianmuseum

„Dressed for Success“ ab 28.11.

Im Jahr 1520, lange vor Instagram & Co, begann Matthäus Schwarz (14971574), ein junger Kaufmann aus Augsburg, ein ungewöhnliches Tagebuch anzulegen. Für die nächsten 40 Jahre seines Lebens ließ er sich in kostbaren, oft extravaganten Kleidungsstücken porträtieren, die er zu verschiedensten Gelegenheiten für sich fertigen ließ. Dieses „klaidungsbuechlin“ spiegelt anschaulich die Männermode des 16. Jahrhunderts wider. Matthäus Schwarz machte Karriere und wurde Hauptbuchhalter der Fugger. Sein Style-Tagebuch präsentiert ihn in kleinen Miniaturen als selbst- und standesbewussten Kaufmann, dessen Modeentscheidungen eng mit seiner beruflichen und sozialen Karriere verbunden waren. Nach 500 Jahren kehrt es im Rahmen Ausstellung an den Ort seiner Entstehung zurück. Aus konservatorischen Gründen voraussichtlich das letzte Mal. Die Ausstellung „Dressed for Success. Matthäus Schwarz. Ein Augsburger Modetagbuch des 16. Jahrhunderts“ ist vom 28.11.2020 bis 28.02.2021 im Maximilianmuseum zu sehen.