ausblicke 2.11 - Erfolg: Magazin fuer laendliche Entwicklung

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ausblicke 2.11 Magazin für ländliche Entwicklung

Schwerpunkt

Erfolg Zwischen Erfolg und Misserfolg Erfolg und Umwelt | Erfolg und Gesellschaft | Erfolg und Wirtschaft Agrar.Preis 2011 Die besten landwirtschaftlichen Unternehmen Österreichs | Die Siegerprojekte Netzwerk Land Netzwerken 2011 | Leader-Regionen International Vernetzung und ländliche Entwicklung in Slowenien



Prolog ausblicke 2 |11

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Erfolgsrezepte und Erfolgsgeschichten Landwirtschafts- und Umweltminister Niki Berlakovich

Österreich nimmt heute im Umwelt- und Landwirtschaftssektor auf vielfache Art und Weise eine Vorreiterrolle ein. Ein gutes Beispiel dafür ist der Bereich erneuerbare Energien. Wir haben in Österreich ein enormes Potenzial an Wind, Sonne, Wasser und Biomasse. Daher setze ich mit dem „Masterplan green jobs“ Impulse, um krisensichere und umweltschützende „green jobs“ auch im Ökoenergiebereich gezielt fördern zu können. Durch Maßnahmen, die wir im Lebensministerium erarbeitet haben, können in den nächsten Jahren 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das ist für den heimischen Umwelt- und Klimaschutz sowie für den wirtschaftlichen Aufschwung ein großer Erfolg. Eine weitere Erfolgsgeschichte, die mir viel bedeutet, ist die Durchsetzung unserer Forderung nach der Erhaltung der beiden Säulen in der Gemeinsamen Agrarpolitik. Was wir heute als „ländliche Entwicklung“ bezeichnen, hat seinen Ursprung in der Neugestaltung der Landwirtschaftsförderung nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. Schon allein aufgrund der in Österreich vorherrschenden Landschaften und seiner Landwirtschaftsstruktur war klar, dass die erste Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik, die landwirtschaftliche Produktion, in Österreich eine andere Bedeutung haben würde als im Großteil der damaligen Mitgliedstaaten. Wir haben daher vor allem für die zweite Säule, die ländliche Entwicklung, ein neuartiges Konzept mit einem Schwerpunkt für benachteiligte Gebiete und eine Landwirtschaft im Einklang mit der Natur forciert. Bei der Diskussion über die Gemeinsame Agrarpolitik geht es um die Zukunft der europäischen Landwirtschaft in einer sich stark verändernden Welt. Auch und gerade für Österreich geht es dabei um sehr viel – um die Dynamik im ländlichen Raum, um die Fortführung des erfolgreichen österreichischen Wegs der Landwirtschaft und um die Zukunft der Bäuerinnen und Bauern.

Die Gemeinsame Agrarpolitik muss ein starkes Instrument für die Landwirtschaft in der EU bleiben, sie muss sich aber dynamisch weiterentwickeln, vor allem in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Lebensmittelversorgung und Klimaschutz. Wichtig dafür ist auch die Verbindung qualitativ hochwertiger Lebensmittel aus nachhaltiger Produktion mit Österreichs intakten Naturlandschaften. Eine Erfolgsgeschichte diesbezüglich ist die GENUSS REGION ÖSTERREICH: Das Ziel ist, die Kooperation von Landwirtschaft, Gewerbe, Gastronomie, Tourismus und Handel intensiver zu gestalten und so die regionale Wertschöpfung und Attraktivität des ländlichen Raumes zu steigern. Mit meiner Initiative „Unternehmen Landwirtschaft 2020“ möchte ich zusätzlichen Unternehmergeist in die Landwirtschaft bringen. Es geht dabei um die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft sowie um eine gesunde und sichere Lebensmittelversorgung. Schließlich tragen die landwirtschaftlichen Betriebe zu einem aktiven, lebendigen ländlichen Raum bei. Im Jahr 2009 gab es mit minus 28 Prozent einen dramatischen Rückgang der Bauerneinkommen. Daher ist es ein großer Erfolg, dass im vergangenen Jahr Zuwächse von 20 Prozent zu verzeichnen waren. Diese Steigerung reicht allerdings nicht aus, um den vorangegangenen massiven Einbruch zu kompensieren. Die Bäuerinnen und Bauern brauchen aber ihr Einkommen, um die von der Gesellschaft gewünschten Aufgaben erfüllen zu können. Sie stellen qualitativ hochwertige Lebensmittel her, pflegen die heimische Kulturlandschaft und produzieren erneuerbare Energie. Für mich ist daher klar: Wir brauchen eine starke Gemeinsame Agrarpolitik, die österreichische Bauernschaft braucht eine Perspektive, und der ländliche Raum braucht eine neue Dynamik. Ich kämpfe für Sicherheit und Leistung: Sicherheit für die Bäuerinnen und Bauern sowie für die Konsumentinnen und Konsumenten. Und für die Leistungen der landwirtschaftlichen Betriebe für die Gesellschaft. |||


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ausblicke 2 |11 Vorwort

Erfolglos mit Erfolg? Erfolg – unser Los!

„Erfolg“ – 110 Millionen Google-Treffer in 0,08 Sekunden. „Erfolg“ – Geld, Karriere, Sex, schlank werden, Ziele erreichen, ehemals ident mit „Sieg“ und „Glück“. Ist das alles? – Mit diesen „Erfolgsausblicken“ möchten wir Ihnen das breite Spektrum des Themas „Erfolg“ durch die ländliche Brille betrachtet unterbreiten. Wie viele verschiedene Arten von Erfolg gibt es? Was ist Erfolg überhaupt? Gibt es Erfolg in der Natur, bzw. was gilt dort als Erfolg? Ist Erfolg am Land etwas anderes als Erfolg in der Stadt? Wenn Erfolg heißt, dass auf bestimmte Handlungen etwas erfolgt, sozusagen als positive Konsequenz daraus, bedeutet in vielen Fällen Erfolg für eine Person/einen Bereich/eine Gruppe einen Misserfolg für andere, weil nicht alle zugleich etwas erreichen können oder weil der erreichte Erfolg im Widerspruch zu den Zielen anderer steht – also eine Quelle von Unzufriedenheit und Frust. Auch für die Erfolgreichen hat der Erfolg seinen Preis: Abgesehen von den Mühen und Anstrengungen, um ihn zu erreichen, stellt sich bei Zielerreichung oft eine Leere oder zumindest nicht die große Befreiung ein, sondern die Suche nach dem nächsten Ziel, dem nächsten Erfolg. Wo wäre unsere Gesellschaft, wenn wir nicht ständig etwas verändern wollten, von hier nach dort, aus den aktuellen Verhältnissen heraus wollten? Wäre sie glücklicher? Zufriedener? So betrachtet hat der Erfolg unserer Gesellschaft – sozial, wirtschaftlich, technisch – viel verändert, viel Leid erspart. Allein dass in Europa seit über sechzig Jahren kein flächendeckender Krieg mehr stattfand, ist eine (politische) Erfolgsgeschichte mit starkem wirtschaftlich-technischem Hintergrund. Wird das subjektiv als Erfolg

wahrgenommen, oder lebt Erfolg nur vom Unterschied (erst die Linderung oder Behebung von Leid ist ein Erfolg, aber nicht seine Verhinderung)? Und wie ist das mit dem menschlichen Erfolg und seinen Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen? Der Erfolg des Menschen ist der Misserfolg der Natur, könnte man meinen, wenn man die zweifelhaften Auswirkungen menschlichen Wirkens und Daseins auf den Globus anschaut. Daran könnte man die unstatthafte Frage anschließen, ob so viele Menschen auf dieser Erde ein Erfolg sind. Für die Medizin ist es jedenfalls ein Erfolg … Wir sind zum Erfolg verdammt! Nicht um zu überleben oder weil Misserfolg so schlecht wäre (auch aus Fehlern kann man lernen), sondern weil wir durch unsere Handlungen Folgen auslösen und daher immer Erfolge erzielen – ob positive oder negative. Der Homo faber, der schaffende Mensch, ist unsere Bestimmung, Erfolg unser Los, auch wenn viele Erfolge erfolglos sind, weil wir zum Weitermachen bestimmt sind. „Auf Erfolgen soll man sich nicht ausruhen!“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, in dieser Ausgabe der „Ausblicke“ versuchen wir – ob mit oder ohne Erfolg, bleibt Ihnen zu beurteilen überlassen und ist einerlei – die vielen Erfolgsaspekte aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Wenn es dazu führt, dass Erfolge für Sie relativer werden, ist es eine erfolgreiche Ausgabe – aber das ist schon wieder ein Widerspruch in sich. ||| Christian Jochum, Leiter von Netzwerk Land


Inhalt

1 Prolog 2 Vorwort

Agrar.Preis 2011 40 Die besten landwirtschaftlichen Unternehmen Österreichs Nicole Thurwachter

Zwischen Erfolg und Misserfolg 6 Es gibt keine Erfolgsrezepte Christian Fleck

Erfolg und Umwelt 10 Von der gesellschaftlichen Notwendigkeit, im Natur- und Umweltschutz erfolgreich zu sein Hemma Burger-Scheidlin 12 Erfolge im Zeichen des Widerstandes Gerhard Heilingbrunner 13 Indikatoren als Gradmesser des Erfolgs Elisabeth Schwaiger 14 Ergebnisorientierter Vertragsnaturschutz Wolfgang Suske und Klaus Wanninger

15 Das Artenschutzprojekt Zwergohreule – ein Beispiel erfolgreicher Umweltarbeit Roman Fantur

16 Erfolg und Misserfolg im Natur- und Umweltschutz

Erfolg und Gesellschaft 18 Wie ist es um den Erfolg der österreichischen Regionalpolitik bestellt? Wolf Huber

20 Prozessorientiertes Wirkungsmonitoring Konstantin Melidis 21 Und ewig grüßt das Murmeltier Heide Cortolezis 22 Dienst an den Menschen, nicht an den Mächtigen Ein Gespräch mit Josef Schett

24 Erfolg hat viele Facetten

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Kriterium „Besonders gute Strategie“ Kriterium „Besonders wirtschaftlich“ Kriterium „Besonders gute innerbetriebliche Organisation“ Kriterium „Besondere Lebensqualität“ Kriterium „Besonders lohnender Nebenerwerb“ Nebenerwerb als Hobby oder Profitcenter Christian Jochum

Netzwerk Land 50 Netzwerken 2011 Christian Jochum 51 Bewährte Methoden, engagierte Diskussionen, neue Themen Michael Proschek-Hauptmann 52 Leader-Vernetzung: Neue Angebote und ein Blick in die Leader-Zukunft Luis Fidlschuster 53 Eine wettbewerbsfähige Land- und Forstwirtschaft für die Zukunft Christian Jochum und Michaela Rüel 54 Der Österreichische Alpenverein als „Anwalt der Alpen“ Peter Haßlacher

55 Regionalmanagement Österreich – Erfolg durch Vernetzung Karl G. Becker

56 Leader-Region Ennstal: Hohe Berge, helle Köpfe Teresa Arrieta

58 Leader-Region Niederösterreich-Süd: Semmering, Schneeberg, Rax – zwischen Tradition und Aufbruch

Erfolg und Wirtschaft

Teresa Arrieta

26 Wachsen oder weichen? Gibt es für die Landwirtschaft einen dritten Weg? Jochen Kantelhardt und Martin Kapfer

28 Das Haushaltseinkommen zählt Leopold Kirner 30 Erfolgreiche Ideen für den ländlichen Raum Elisabeth Lenz 31 Erfolg ist relativ. Eine ganzheitliche Sicht der

International 60 Vernetzung und ländliche Entwicklung in Slowenien Matej Štepec

62 Internationale Termine

Berglandwirtschaft Irmi Salzer 32 Was ist Erfolg? Fünf Sichtweisen

34 Ernten die dümmsten Bauern wirklich die dicksten Kartoffeln? Michael Rosenberger

36 Die Kraft der Niederlage Toni Innauer

63 Literatur- und Webtipps 64 NWL-Veranstaltungen 65 Impressum


Zwischen Erfolg und Misserfolg


Im l채ndlichen Raum liegen Erfolg und Misserfolg oft eng beisammen. Da kann es schon vorkommen, dass der Erfolg des einen f체r den anderen Misserfolg bedeutet.


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ausblicke 2 |11 Zwischen Erfolg und Misserfolg

Es gibt keine Erfolgsrezepte Im Vergleich zu früher haben wir in unserer Gesellschaft viele Entscheidungsfreiheiten. Man denke etwa an die Berufs- oder Partnerwahl. Das bedeutet aber nicht, dass wir dank dieser Freiheiten beim Anpeilen unserer Lebensziele auch erfolgreich sein werden/ können. Christian Fleck

1930 veröffentlichte der Psychologe Gustav Ichheiser ein Buch mit dem programmatischen Titel „Kritik des Erfolges“. Der Autor vertrat darin die These, man müsse zwischen Leistungstüchtigkeit und Erfolgstüchtigkeit unterscheiden. Ersteres bezeichne die Anstrengungen des Einzelnen, mit dem zweiten Begriff benannte er deren Bedingungen. Ichheiser wollte damit darauf aufmerksam machen, dass unsere Anstrengungen auch durch die soziale Umgebung bestimmt werden, wir also nicht unseres Glückes Schmied sind.

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iese Botschaft gilt wohl immer noch. Warum? Seit dem Beginn dessen, was man gemeinhin Moderne nennt, hat sich eine Vorstellung von persönlicher Freiheit etabliert, die für jede/jeden Einzelne(n) zur Folge hat, dass sie/er die Verantwortung für das eigene Schicksal aufgehalst bekommt, die im vorhin zitierten Sprichwort zum Allgemeingut geworden ist. Diese Freiheit erlaubt es uns, unseren eigenen Wünschen zu folgen: Wir müssen nicht mehr einer bestimmten Religion angehören, wir können uns, sofern wir es uns leisten können, niederlassen, wo wir wollen, wir dürfen uns frei entscheiden, welcher Partei wir unsere Stimme geben, wen wir heiraten oder mit wem wir das Leben teilen wollen. Niemand darf uns Vorschriften machen, ob und wie viele Kinder wir in die Welt setzen wollen. All das und noch mehr ist uns heute so selbstverständlich, dass viele wohl denken, das sei immer schon so gewesen. Ein Blick in andere Ecken der Welt genügt allerdings, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. Diese Freiheit hat aber ihren Preis und ihre Kosten.

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rstens haben sich die Pläne, Wünsche und Absichten, die jede(r) Einzelne gerne als seine höchst eigenen sehen würde, auch unter dem Einfluss anderer geformt. Das gilt sowohl für die großen als auch für die kleinen Wünsche. Worin wir uns jeweils von anderen unterscheiden, ist die Mischung der vielen Wünsche und Absichten größeren und kleineren Kalibers, die zusammengenommen unseren individuellen Lebensplan ausmachen. Das Reservoir von Lebensentwürfen, aus dem wir uns den einen auswählen oder dem wir die Elemente verdanken, aus denen unser Lebensentwurf gezimmert wurde, haben andere vor uns gefüllt. Davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man ein Kind danach fragt, was es denn einmal werden will. Üblicherweise fallen die Antworten so aus, dass irgendwelche Personen des eigenen sozialen Umfelds genannt werden. Da Kinder heute einen viel größeren sozialen Raum überblicken können als, sagen wir, der Bergbauernbub Peter Rosegger, überraschen uns manche mit ungewöhnlichen Lebensplänen, die meist aus der Fernseh- oder heute zunehmend der Welt des Internets stammen. Die Reichhaltigkeit der Vorbilder und Idole erlaubt es dem Heranwachsenden, durch Kombination von Elementen zu durchaus originellen Lebensentwürfen zu gelangen. Reich wie Bill Gates, schön wie Angelina Jolie, stark wie Arnold Schwarzenegger und glücklich wie Oma. Weil die uns umgebende Kultur so reichhaltig, bunt und schnelllebig ist, ändern sich die mit Inbrunst verkündeten Lebensentwürfe der Heranwachsenden ungefähr in dem Tempo, in dem Starlets die Bühnen betreten und wieder verlassen. Doch selbst wer das Erwachsenenalter glücklich erreicht hat und meint, einen Lebensentwurf gefun-


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den zu haben, dessen Verwirklichung man sich nun widmen könne, dem ist keineswegs garantiert, dass sich seine Wünsche nicht auch noch einmal ändern können. Im Gegenteil! Das Wissen darum, noch einmal von vorne beginnen zu können, lässt viele eine für sie unerquickliche Gegenwart ertragen. Die Zeiten, in denen jemandes Lebensweg schon bei der Geburt fixiert war, liegen lange hinter uns – und es besteht kein Grund, ihnen irgendwie nachzutrauern. Die Sicherheit, als Sohn eines Schmieds dereinst die Werkstatt des Vaters zu übernehmen und sie später dem eigenen Sohn zu übergeben, wurde um den Preis der Unausweichlichkeit von Lebenswegen erworben. Die für alle gewonnene Freiheit der Wahl des eigenen Lebens brachte uns all jenen kulturellen und materiellen Reichtum, der das Ergebnis des Einfallsreichtums all derer ist, die etwas Neues ausprobierten und damit erfolgreich waren. Wir können uns das Leben heute ohne Auto und ohne Heimcomputer nicht mehr wirklich vorstellen. Allzu gerne vergessen wir darüber, dass es dem Genius eines Henry Ford zu verdanken war, dass man das mit einem Verbrennungsmotor betriebene Vehikel namens Automobil nicht nur für den Lasten- und Massentransport, sondern auch für die breite Bevölkerung herzustellen begann, und dass man denen, die das taten, Löhne zahlte, die es ihnen erlaubten, sich auch ein Ford-TModell kaufen zu können. Der Erfinder des ersten IBM-Heimcomputers wurde in seiner Firma nicht ganz ernst genommen: Wer will sich schon einen Miniaturrechner ins Wohnzimmer stellen? Und was soll man damit machen? Die autogerechte Stadt und die Zerstörung der Umwelt waren und sind die unerfreulichen Nebenfolgen solcher Innovationen; ein Optimist könnte sich daran erfreuen, dass die Nebenfol-

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gen des Heimcomputers zumindest ökologisch weniger bedenklich sind, während der Kulturpessimist wohl darauf beharren würde, dass die Proliferation von Bombenbauanleitungen und Pornografie politisch und kulturell vergleichbar katastrophal sind. Im kulturellen Sammelbecken glitzern aber auch noch andere Wünsche und Versprechungen. Nennen wir sie (in Anlehnung an die Lebens-) Saisonwünsche. Während wir uns bei Lebensentwürfen vielleicht noch zutrauen, eine Ordnung in sie bringen zu können (privat, beruflich, in jungen, mittleren und höheren Jahren, etc.), ist das kulturelle Angebot all dessen, was wir anstreben könnten, schier unübersehbar. Auf jedem Saisonwunsch klebt allerdings ein „Haltbarbis“-Etikett, und das Ablaufdatum ist von uns einzusetzen. Das Leben wäre leichter, gäbe es hier eine Einteilung wie im Supermarkt: low fat, keine Gentechnik, Fairtrade, Made in Austria … Doch bei Saisonwünschen müssen wir uns selbst zurechtfinden. Sollen wir ein Kind wollen? Sollen wir uns scheiden lassen? Sollen wir da- oder dorthin auf Urlaub fahren? Sollen wir lieber am Land oder doch in der Stadt wohnen? – Alle diese Entscheidungen müssen wir selbst treffen. Kein Kaiser und kein Kardinal nehmen uns das ab. Der französische Soziologe Émile Durkheim hat vor mehr als hundert Jahren für diese Überfülle an Wahlmöglichkeiten und das Fehlen von Ordnung den Begriff „Anomie“ eingeführt. Worauf er damit aufmerksam machen wollte, ist ein Merkmal aller modernen Gesellschaften: Dem Einzelnen wird nicht mehr mit zwingender Autorität vorgegeben, was er tun soll. Damit kommen nicht alle Menschen zurande. Freiheit ist ambivalent. Wir können wählen, aber wir wissen nicht, was wir wählen sollen, weil uns niemand mehr vorschreibt, was wir wollen sollen.

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weitens legen uns die uns umgebende Kultur und die Gesellschaft, deren Teil wir sind, einige Beschränkungen auf. Wir sind zwar frei zu wählen, was wir im Leben anstreben wollen, doch nicht alle Wege, die beschritten werden könnten, um diese Ziele zu erreichen, sind gleichermaßen erlaubt. Niemand verbietet uns beispielsweise, reich werden zu wollen, doch neben den legitimen Pfaden, auf denen wir versuchen können, dieses Ziel zu erreichen, gibt es ein weites unbekanntes Feld von Alternativen. Einige sind ein-


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deutig negativ markiert und bei anderen ist sich die Gesellschaft noch nicht einig geworden, ob sie akzeptabel sind oder doch verboten werden müssen. Im Graubereich zwischen positiv und negativ Sanktioniertem, Erwünschtem und Verbotenem findet Innovation statt, wird Neues erfunden, das nach einiger Zeit dann dem einen oder anderen Pol zugeordnet wird. Am Finanzmarkt wurde in den vergangenen drei Jahrzehnten eine derart unüberschaubare Menge „innovativer Produkte“ kreiert, die allesamt darauf zielten, bestehende Vorschriften zu unterlaufen, zu umgehen, sich jedenfalls der Kontrolle der Aufsichtsbehörden zu entziehen: Hedgefonds sind das mittlerweile bekannteste dieser Produkte, die sich, da sie nun schon einmal da und deren Nutznießer obendrein mächtig sind, vehement gegen eine Kontrolle durch die Finanzmarktaufsicht zur Wehr setzen.

geschah mit dem Internet (z. B. Facebook), dem Mobiltelefon und anderen Geräten, ganz zu schweigen von den Moden verschiedenerlei Zuschnitts. Das Problem, für das keine der gegenwärtigen Gesellschaften eine überzeugende Lösung gefunden hat, liegt darin, dass für den späteren Erfolg im Leben einige allgemeine Fertigkeiten offenkundig von entscheidender Bedeutung sind, von denen aber niemand zu sagen vermag, wie sie allen gelehrt werden könnten. Ausdauer, Verzicht auf rasche Befriedigung von Bedürfnissen, die Fähigkeit zu planen und eine realistische Beurteilung der eigenen Fertigkeiten lassen sich ebenso wenig in einem Lehrplan unterbringen wie die Aneignung von moralischen Qualifikationen wie Vertrauen und Aufrichtigkeit. Tugenden wie Verlässlichkeit, Strebsamkeit und dergleichen können nicht unterrichtet werden. Moral zu predigen ist ein zum Scheitern verurteiltes Bemühen. Einige moralisch zu nennende Qualitäten zu erlernen ist aber eine der ei der Verwirklichung von Lebensplänen und in Bedingungen, um Ziele, die man sich setzt, auch mit der Verfolgung der bescheidenen Saisonwünsche fin- Aussicht auf Erfolg erreichen zu können. den wir eine ganz ähnliche Situation vor. Der Wunsch, wie X zu werden, ist dann realistisch zu nennen, wenn es für den Heranwachsenden möglich ist, diese Perrittens: Was bedeutet das alles nun für den Erson so genau zu beobachten, dass eine Nachahmung folg und die Erfolgsrezepte? Nichts Gutes, könnte man möglich wird. Dazu bedarf es aber einer Nähe und simpel sagen, und das aus den folgenden Gründen: Dauer des Zusammenseins, die uns die fernen Idole f Welche Lebens- oder Saisonziele jemand als für der Unterhaltungsindustrie nicht einräumen (können). sich passend auswählt, er muss damit rechnen, Doch die Nähe und die Möglichkeit, am Modell zu lernicht der Einzige zu sein, der diese Wahl getroffen nen, wie das die Psychologen nennen, sind generell hat. Der Ökonom Fred Hirsch hat für einen Aspekt zur Mangelware geworden. Wir leben nicht mehr in dieses Herdenverhaltens vor Längerem den einer Welt, in der die Kinder sehen können, was und Ausdruck „Positionsgüter“ eingeführt, um jene Güter − im weitesten Sinne – zu fassen, die, weil wie ihre Eltern arbeiten, weil Arbeitsplätze und Wohnung meist getrennten Welten angehören. sie nicht allen in gleicher Qualität zur Verfügung stehen können, durch steigende Nachfrage entImmer mehr Berufe haben eine relativ lange wertet werden. Was gibt es Schöneres, als zu Ausbildung zur Voraussetzung, die an Orten stattfinzweit eine Meeresbucht zu genießen? Doch da det, die weder der Arbeitsplatz der Eltern noch die geviele das wollen, finden wir uns regelmäßig in meinsame Wohnung sind. Schulen nennt man jene InGemeinschaft dieser vielen an den als einsam stitutionen, in denen die jeweils nächste Generation beworbenen Stränden wieder. Ähnliches gilt für jene Fähigkeiten und Fertigkeiten lernen soll, welche modische Berufswünsche und Objekte der die ältere Generation für nötig hält, um erfolgstüchtig Alltagskultur. Nur wenige Güter wie Fußballspiele sein zu können. Doch oft genug halten Kinder und und Feuerwehrfeste gewinnen dadurch, dass Jugendliche das, was sie lernen sollen, für weniger man sie mit vielen anderen konsumiert. attraktiv als das, was sie sich selbst aneignen wollen und können. Als vor 25 Jahren der Heimcomputer f Andere anstrebenswerte Dinge weisen Merkmale von Pyramidenspielen auf: Die, die damit anfanauch bei uns Einzug hielt, waren die Jüngeren meist gen – und rechtzeitig aussteigen –, können sich schneller in der Lage, damit umzugehen, und dasselbe

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zu Lasten der später Kommenden bereichern. Der Erfolg der Ersten, die Erfolgs- und andere Ratgeber veröffentlichten, war unvergleichlich größer als der später auf diese Idee Aufspringenden. Pyramidenspiele sind wie Blasen auf den Aktienmärkten riskant für jene, die zu spät kommen; doch wann „zu spät“ ist, weiß man immer erst hintennach. Auch auf Arbeitsmärkten gibt es derartige Überfüllungsphänomene, wenn es um die angebliche große Nachfrage nach bestimmten Berufen geht, die eine relativ lange Ausbildungszeit zur Voraussetzung haben. Bis jemand als Arzt, Lehrer oder Informatiker zu arbeiten beginnen kann, ist die Nachfrage möglicherweise schon ausgedörrt und man hat auf das falsche Pferd gesetzt. Der deutsch-englische Soziologe Ralf Dahrendorf hat einmal gemeint, man fahre bei der Berufswahl am besten, wenn man sich für jene Tätigkeit entscheide, von der man überzeugt sei, sie so hingebungsvoll ausüben zu können, als hinge das Schicksal der Menschheit davon ab. Auch wenn jeder weiß, dass der Weltenlauf nicht davon abhängig ist, wie gut oder schlecht wir

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unseren Beruf ausüben, hält Dahrendorfs Empfehlung zwei Einsichten bereit, die es wert sind, ernst genommen zu werden. Wenn wir etwas tun, von dem wir überzeugt sind, dass es nicht nur uns Freude macht, sondern auch anderen dienlich ist, werden wir nicht nur Freude an der jeweiligen Tätigkeit haben, sondern vermutlich die Sache auch besser als jene ausführen, die ihre Arbeit als fremdbestimmte Last ertragen. Dennoch ist auch Dahrendorfs Empfehlung keine Garantie für Erfolg. Manche hochqualifizierte Berufe, die von hingebungsvollen Personen praktiziert wurden, fielen der technologischen Entwicklung zum Opfer. Die Verbreitung der Schreibmaschine etwa entwertete schlagartig die Kompetenz des Schönschreibens, die bis dahin den Sekretären und den damals noch wenigen Sekretärinnen ein sicherer Beruf zu sein schien. Gleiches erfuhren die Kutscher und später die Schriftsetzer und viele andere. Man könnte sagen, zu den Weisheiten einer wohl gestalteten Gesellschaft gehört die Möglichkeit, dass jenen, die in ihrem Streben einmal gescheitert sind, eine faire zweite Chance eingeräumt wird. Tatsächlich verfahren nicht alle Gesellschaften so, und selbst in jenen, die sich dieser Weisheit verschrieben haben, werden nicht alle Erfolglosen gleich behandelt. Heute kann jeder ein zweites oder drittes Mal sein Eheglück suchen, ohne deswegen scheel angesehen zu werden. In der Welt der Berufe sind wir zumeist noch zur Monogamie verpflichtet.

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a Erfolg immer auch ein Wettkampf ist, ist er nur um den Preis des Scheiterns einiger zu haben. Wie die Gesellschaft mit den Verlierern umgeht, bestimmt aber zugleich die Bereitschaft der nächsten Generation, sich um Erfolge zu bemühen. Wenn zu viele scheitern, kommt das Erfolgsspiel zum Stillstand und damit auch die Gesellschaft, sei es, weil die Gescheiterten die Läden der vermeintlich Erfolgreichen plündern oder sich kaum noch jemand etwas zu wagen getraut. ||| Christian Fleck, Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Soziologie


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Von der gesellschaftlichen Notwendigkeit, im Natur- und Umweltschutz erfolgreich zu sein

Wie in einer Gesellschaft mit Natur umgegangen und wie sie betrachtet wird, ist eine Frage der Kultur. Gesellschaften entwickeln ihre eigenen Vorstellungen von Natur bzw. Umwelt, wie mit ihr umzugehen ist und welche Bedeutung sie hat. Folglich hat jede Gesellschaft eigene Mechanismen und Regeln, die den Umgang mit der Natur lenken. Hemma Burger-Scheidlin

In der sogenannten westlichen Gesellschaft – und davon beeinflusst über den Erdball verteilt – gilt wirtschaftliches Wachstum nach wie vor als Grundlage für Wohlstand und Lebensqualität und somit als treibende Kraft im Umgang mit der Natur. Dass das Streben nach wirtschaftlichem Wachstum auf Kosten der natürlichen und sozialen Umwelt geschieht, wird auf der Suche nach Wirtschaftlichkeit im alltäglichen Geschehen gerne ausgeblendet. Die im Zuge der Gewinnmaximierung erfolgende Ausbeutung natürlicher Ressourcen reicht von der Abholzung der Urwälder bis zum Leerfischen der

Weltmeere. Die „plötzlich“ auftretenden Katastrophen, denen wir gerade in letzter Zeit ins Auge blicken müssen, sind Folgen dieses Wachstumstriebs. Die Explosion der Ölbohrplattform Deepwater Horizon im Jahr 2010, die zu einer massiven Verschmutzung des Golfs von Mexiko führte, sorgte ebenso für einen Aufschrei wie die Atomkatastrophe von Fukushima in Japan, wo ganze Landstriche verstrahlt und für den Menschen unnutzbar gemacht wurden. Die Folgen dieser Zerstörungen sind nicht nur ökologischer Natur – Naturzerstörungen setzen gesellschaftliche Umwälzungen in Gang und haben


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langfristige ökonomische Auswirkungen. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko etwa hat dazu geführt, dass ganze Industriezweige der Region, wie Fischerei und Tourismus, zusammenbrachen, in Fukushima mussten Tausende Menschen umsiedeln, ihr bisheriges Leben zurücklassen, und die gesundheitlichen Folgen der Atomkatastrophe sind noch nicht absehbar.

Sorgloser Umgang mit der Natur

wie leicht unvorsichtige und undurchdachte Handlungen die Natur und somit unsere Lebensgrundlage zerstören können.

Die Lebensgrundlagen sichern Natur- und Umweltschutz sind gesellschaftliche Bewegungen, die natürliche Ressourcen für den allgemeinen gesellschaftlichen Nutzen erhalten wollen und den nachhaltigen Umgang mit den Lebensgrundlagen des Menschen propagieren. Und um den geht es im Endeffekt. Plakativ gesprochen: Der Natur per se wird die Zerstörung egal sein, der Mensch ist von ihr abhängig. Natur- und Umweltschutz müssen also erfolgreich sein, um die Grundlagen der menschlichen Existenz zu sichern, aber auch um die Basis für ein lebenswertes Leben zu erhalten. Denn Lebensqualität basiert nicht allein auf materiellem Wohlstand (der Unersuchungen zufolge ab einem bestimmten Niveau gar nicht mehr zur Hebung des subjektiven Wohlbefindens beiträgt); sie wird auch in hohem Maß von Faktoren wie Ernährung, Gesundheit und Naturerlebnissen beeinflusst. Nur ein sorgsamer Umgang mit den Schutzgütern Biodiversität, Boden, Wasser und Klima kann dazu beitragen, funktionsfähige Ökosysteme und damit die Lebensqualität zu erhalten. Nur in intakten, resilienten Ökosystemen können wir auf Ökosystemleistungen wie Nahrungsmittel, sauberes Wasser, Hochwasser- und Erosionsschutz, ausgeglichenes Klima, gesunde Böden und die Befruchtung unserer Nutzpflanzen bauen. Ziel sollte es daher sein, in der ganzen Gesellschaft einen Umdenkprozess zu initiieren, nicht auf Wachstum, sondern auf eine nachhaltige, umweltverträgliche, ganzheitliche und systemisch ausgerichtete Entwicklung zu setzen. Nachhaltiges Denken und Handeln müssen im Kleinen, im Alltäglichen etabliert und so zur Norm werden. Lebensqualität sollte aber auch als Grundprinzip in politischen Leitbildern verankert werden. Denn Erfolg misst sich an der Lebensqualität, und Voraussetzung für den Erhalt von Lebensqualität ist der Schutz unserer Lebensgrundlagen. |||

Auch im Kleinen finden Veränderungen der Umwelt statt, die Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Die auch in Österreich nach wie vor fortschreitende Segregation in der Flächennutzung, die sich etwa in Flächenversiegelungen, im Rückgang des extensiven Grünlands, im Schwund von Landschaftselementen und in der zunehmenden Größe von Bewirtschaftungseinheiten in der Landwirtschaft zeigt, führt nicht nur zum Verlust traditioneller Kulturlandschaften, sondern auch zur Abnahme der Vielfalt in Flora und Fauna. Das kann zu Problemen oder Verlusten führen, die nicht oder nur mehr schwer rückgängig zu machen sind. Denn jede Tier- und Pflanzenart leistet einen Beitrag zur Stabilität der Ökosysteme, viele sind – direkt oder indirekt – Teil unserer Nahrung, manche, wie die Bienen, tragen gleich zweifach, durch Bestäubung und Honigproduktion, zu unserer Ernährung bei. Manche Tier- und Pflanzenarten sind Grundlage für Medikamente, andere sind Teil natürlicher Mechanismen, die vor Naturgefahren wie Überschwemmungen schützen. Wie viel müssten wir in Ersatzlösungen, in Technologien investieren, um all jene Funktionen von Ökosystemen zu ersetzen, die uns derzeit (noch) kostenlos zugutekommen? All diesen Problemen ist gemein, dass sie anthropogen bedingt sind. Wir sind zunehmend mit Krisen und Katastrophen konfrontiert, die wir selbst verursachen, die in einem sorglosen Umgang mit der Natur zu suchen sind und die uns vor Augen führen, Hemma Burger-Scheidlin, Umweltdachverband

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Erfolge im Zeichen des Widerstandes Erfolg hat Millionen Gesichter – eines davon zeigt sich im Widerstand, in der Verhinderung von Vorhaben, die unsere Lebensgrundlagen zerstören. Warum sind derartige Erfolge nötig, um unsere Gesellschaft weiterzubringen? Gerhard Heilingbrunner

1 Das globale Forschungsprojekt TEEB (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) steht unter der Schirmherrschaft des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und untersucht u.a. die ökonomischen Beziehungen zwischen Biodiversität, Ökosystemen und Ökosystemleistungen.

In Hainburg wurde vor 27 Jahren ein bedeutendes Kapitel der Naturschutzgeschichte geschrieben. Einer der letzten großen Auwaldlandschaften Europas drohte durch das Donau-Kraftwerk Hainburg die Vernichtung. Die größte Protestbewegung der Zweiten Republik widersetzte sich dem zerstörerischen Plan erfolgreich: Mit zahlreichen Aktivitäten verhinderten Tausende engagierte BürgerInnen den Bau des Kraftwerkes und bewahrten die Wildnis am Strom. Dies war wie auch die Auseinandersetzung um Zwentendorf 1978, die Besetzung des Reichraminger Hintergebirges 1984 (Voraussetzung für den Nationalpark Kalkalpen) oder der Kampf gegen das Großspeicherkraftwerk Dorfertal in Osttirol, der den Weg zum Nationalpark Hohe Tauern ebnete, ein Meilenstein nicht nur für die Wertschätzung der Natur, sondern auch für die auf zivilgesellschaftlichem Engagement bauende Identifikation von BürgerInnen mit ihrer unmittelbaren Lebensumwelt. Die NaturschützerInnen knüpften an das Motto der Anti-AKW-Bewegung an: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ Zehntausende ÖsterreicherInnen machten damals die Erfahrung, dass sich zu wehren – und zwar ausschließlich mit demokratischen Methoden und gewaltfreien Aktionen – zum Erfolg führen kann. Seither hat sich einiges geändert, auch zum Positiven. Allerdings haben wir trotz der Auseinandersetzungen in den 1980er-Jahren unsere Aufgaben in Sachen Natur- und Umweltschutz noch nicht gemacht. Klimawandel, Energieverschwendung, Biodiversitätsverlust, alles Horrorszenarien, mit denen sich niemand mehr wirklich auseinandersetzen will, sind aktueller den je. Als Resultat einer oft überdramatisierten Darstellung von negativen Entwicklungen einerseits und einer zunehmenden Hilflosigkeit angesichts der Komplexität der globalen Entwicklungen andererseits zogen sich viele Menschen zurück. Engagierte BürgerInnen wurden zu „Gutmenschen ohne

Realitätsbezug“ abgestempelt, gesunder Verhinderungsgeist wurde als Rückwärtsgewandtheit abgetan. Dabei ist die Grundüberlegung einfach: Eltern würden nicht auf die Idee kommen, ihr Vermögen durch Dritte gefährden zu lassen und dadurch die Zukunft ihrer Kinder aufs Spiel zu setzen. Natürlich ist das Gemeingut Natur nicht zwangsläufig mit dem Eigentumsgedanken vergleichbar. Dennoch ist der Bezug zu nachfolgenden Generationen aktueller denn je. Ökologische Schulden werden unsere Kinder besonders hart treffen. Daher ist eine ökologische Schuldenbremse mindestens so nötig wie eine im Bereich der Staatsfinanzen. Untermauert wird dies nicht zuletzt durch Berechnungen wie jene von Nicholas Stern in Sachen Klimawandel oder jene im TEEBBericht 1 zu Biodiversität und Ökosystemleistungen, die alle den Schaden durch „business as usual“ größer einschätzen als die nötigen Kosten für rechtzeitiges Gegenlenken. Zum Gegenlenken bedarf es eben auch des Muts, zu Vorhaben Nein zu sagen, die unsere Lebensgrundlagen gefährden. Dass sich Verständnis dafür regt, zeigt sich im Unwort des Jahres 2010: „Wutbürger“. Wenn sich Menschen überfahren fühlen, ist es ihr Recht, sich dagegen aufzulehnen. Sie reagieren damit auf die Unentschlossenheit, Inkompetenz und Interessengetriebenheit in der Politik. Nur die Auseinandersetzung mit Vorhaben in der Öffentlichkeit und die Delegation von Entscheidungen auf die Ebene der BürgerInnen bringen einen Gewinn für alle: für die jetzt Lebenden ein Mehr an Lebensqualität und für ihre Kinder den Erhalt ihres Erbes. Damit wird ein verhindertes Projekt nur zu einer „zweiten Option“ und die Wahl der ersten Option, die Nichtoder Andersrealisierung eines Vorhabens, zu einem Erfolg – für Umwelt und Gesellschaft. ||| Gerhard Heilingbrunner, Kuratorium Wald, Präsident des Umweltdachverbandes


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Indikatoren als Gradmesser des Erfolgs

Indikatoren sind Kenngrößen, die komplexe, nicht direkt messbare Sachverhalte in einfacher Weise darstellen. Umweltindikatoren veranschaulichen die Situation der Umwelt anhand von ausgewählten Kenngrößen. Sie sind wichtige Elemente einer zielorientierten Umweltpolitik. Elisabeth Schwaiger

Das Programm für die ländliche Entwicklung 2007−13, ein wichtiger Teil der EU-Agrarpolitik, zielt auf die „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft“, „die Förderung der Umwelt und Landschaft“ sowie auf die „Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft“ ab. Um das Programm EU-weit einheitlich zu bewerten und zu vergleichen, sieht die Europäische Kommission erstmals gemeinsame Indikatoren vor. Sie sind im Gemeinsamen Begleitungsund Bewertungsrahmen (CMEF − Common Monitoring and Evaluation Framework) definiert. Auch für die Bewertung des österreichischen Agrarumweltprogramms ÖPUL (Österreichisches Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft), dem im Zuge der Umsetzung des Programms für die ländliche Entwicklung eine zentrale Bedeutung zukommt, gibt es Indikatoren. Die Wirkung der zahlreichen Einzelmaßnahmen des ÖPUL auf die biologische Vielfalt wurde etwa im Rahmen der Halbzeitbewertung 2010 anhand der im CMEF vorgegebenen Baseline-, Input-, Output-, Ergebnis- und Wirkungsindikatoren abgeschätzt. Als Inputindikator werden die finanziellen Ausgaben, als Outputindikatoren die Anzahl der teilnehmenden Betriebe sowie das Ausmaß der teilnehmenden Fläche dargestellt. Diese werden mit den am Beginn der Programmperiode gesteckten Zielwerten verglichen. Die Überprüfung kann als erster Grad-

messer für den Erfolg der Maßnahmen herangezogen werden, der allein allerdings noch nicht aussagekräftig genug ist, um die tatsächlichen Auswirkungen des ÖPUL auf die biologische Vielfalt abschätzen zu können. Daher hat die Europäische Kommission auch den Farmland Bird Index (Population von auf landwirtschaftlichen Nutzflächen lebenden Vögeln) und den HNV-Index (High Nature Value Farmland; ökologisch wertvolle landwirtschaftliche Flächen) vorgesehen. Beide Indikatoren sind am Beginn und während der Programmperiode als Baseline-, Ergebnisund Wirkungsindikatoren darzustellen. Die Halbzeitbewertung 2010 zeigt, dass seit Beginn der Programmperiode der Farmland Bird Index gesunken und der HNV-Index gleich geblieben ist (Flächenentwicklung).1 Um die Wirksamkeit der ÖPUL-Maßnahmen auf die Biodiversität zu bewerten, sind zusätzlich unter anderem auch tierökologische Parameter vorgesehen, deren Trendauswertung in der laufenden Periode erfolgt. Indikatoren sind im Programm für die ländliche Entwicklung 2007−13 ein wichtiger Teil eines dynamischen Prozesses. Sie tragen dazu bei, den Erfolg der Maßnahmen abzubilden und die Umsetzung des Programms zu verbessern. ||| Elisabeth Schwaiger, Umweltbundesamt, Abteilung Landnutzung & Biologische Sicherheit

1 http://land.lebensministerium. at/article/articleview/ 86143/1/26580/


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Ergebnisorientierter Vertragsnaturschutz Konkretere Ziele – flexiblere Maßnahmen Wolfgang Suske und Klaus Wanninger

Österreichs Landwirtinnen und Landwirte leisten im Rahmen des Vertragsnaturschutzes einen essenziellen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität. Die Bedeutung guter Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz wächst von Jahr zu Jahr. Bei der Vertragsgestaltung werden Maßnahmen wie Mähzeitpunkte und Düngevorgaben vereinbart, die von den Betrieben mindestens fünf Jahre eingehalten werden müssen. Damit verbundene Einschränkungen werden über Prämien ausgeglichen. Oft geht es nicht um Geld, sondern vielmehr darum, dass die Betriebe manche Maßnahmen wie Mähzeitauflagen nach Jahr für Jahr gleichbleibendem Datum schlecht nachvollziehen können. Fokussiert man stärker auf die Ziele wie die Erhaltung einer bestimmten Artengarnitur in einer Wiese, wäre auch Flexibilität bei den Mahdterminen denkbar. Generell stellt sich die Frage, wie flexibel der Naturschutz bei den Maßnahmen sein kann, wenn die Vertragsziele konkreter sind.

Stärkere Orientierung an den Zielen

Betrieb, der mit seiner ganzen Kreativität und praktischen Erfahrung an die betriebliche Situation angepasste Maßnahmen gestaltet. In Europa hat sich für diesen Ansatz der Begriff „ergebnisorientierter (auch: erfolgsorientierter) Vertragsnaturschutz“ etabliert. Diesbezügliche Modelle gibt es in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden. In Baden-Württemberg müssen Landwirtinnen und Landwirte etwa eine bestimmte Artenzahl auf ihren Wiesen erhalten. Wie sie das konkret machen, ist nicht geregelt, kontrolliert wird das Ergebnis. In der Schweiz bringt das Vorhandensein bestimmter Wertelemente (Obstbäume, Steinhaufen etc.) Punkte, ab einer gewissen Punkteanzahl erhält der Betrieb eine Prämie. Wie diese Wertelemente erhalten werden, ist Sache des Betriebs. Derzeit versucht man auch in Österreich in Zusammenarbeit mit den Naturschutzabteilungen der Länder und mit dem Lebensministerium, ein derartiges Modell als Pilotprojekt auszutesten. Für die Betriebe würde der Naturschutz nachvollziehbarer und verständlicher werden; man würde sehen, wozu die Maßnahmen notwendig sind und wohin sie führen sollen. Und der Naturschutz hätte neben der erleichterten Evaluierbarkeit u.a. die Chance, von den Bäuerinnen und Bauern weiter zu lernen und daraus Inputs für Auflagen im Rahmen herkömmlicher Verträge zu bekommen. |||

Im Vertrag könnten zum Beispiel eine bestimmte prozentuale Ausstattung mit Lebensraumstrukturen (Offenbodenbereiche, Heckensäume etc.) oder die Erhaltung bestimmter Tier- und Pflanzenarten/Brutplätze festgelegt werden. Wie der Betrieb das Ziel erreicht, bliebe im Wesentlichen ihm überlassen. Das Reizvolle daran ist, dass sich Naturschutz und Landwirtschaft noch besser auf ihre Stärken konzentrieren könnten: der Naturschutz, der aus Kenntnis der ökologischen Wolfgang Suske, Suske Consulting, und Situation möglichst präzise Ziele formuliert, und der Klaus Wanninger, Büro LACON


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Ein Beispiel erfolgreicher Umweltarbeit

Das Artenschutzprojekt Zwergohreule Das Artenschutzprojekt Zwergohreule wurde Anfang der 1990er-Jahre von BirdLife Kärnten in der Gemeinde Köttmannsdorf initiiert, um zum Erhalt der vom Aussterben bedrohten Zwergohreule beizutragen. Seit 2007 fungiert Ernst Modritsch als engagierter Projektmotor vor Ort. Roman Fantur Ernst Modritsch, Vollerwerbslandwirt im Familienbetrieb und Betreiber der Buschenschenke Jaritz, koordiniert sämtliche Aktivitäten des Projekts und hat ständig neue Ideen. Nur er weiß, wie es ihm gelingt, sein vielfältiges Engagement für dieses Kulturlandschaftsprojekt par excellence neben seinen sonstigen Tätigkeiten unterzubringen. Da gilt es, Nistkästen zu bauen, aufzuhängen und zu kontrollieren, junge Zwergohreulen zu beringen sowie Hochstammobstbäume zur Förderung der Brutplatzsituation, aber auch zum Erhalt der alten Obstsorten zu züchten und auszupflanzen. In den 13 beteiligten Gemeinden müssen Informationsabende organisiert und durchgeführt, für Medien Berichte verfasst werden. Die 40 ÖPUL-WF-Betriebe der Gemeinde Köttmannsdorf wollen bei ihren Mehrfachanträgen unterstützt werden, und den Bewohnern der Region soll die Bedeutung einer reich strukturierten Landschaft für die Ökologie und Ökonomie der ansässigen Betriebe vermittelt werden. Nicht zuletzt bedarf es innerhalb der Verwaltung einer engagierten Person, um die entstehenden vielfältigen Ideen aufzugreifen, zu strukturieren und für ihre Umsetzung entsprechendes Lobbying zu betreiben. Die Zwergohreule ist Teil des Schauspiels auf der Bühne der Kulturlandschaft, und die Buschenschenke Jaritz ist als Info-Point bestens geeignet, um

den Menschen, die sich auf dieser Bühne bewegen, vielfältige Fachinformationen über Kulturlandschaften im Allgemeinen und die Zwergohreule im Speziellen zukommen zu lassen. Auch der gelungene Themenweg Zwergohreule trägt wesentlich zum Verständnis der Wechselbeziehungen in der Kulturlandschaft bei und soll uns von konsumgesteuertem Verhalten wegund zu einem respektvollen Umgang mit unserer unmittelbaren Umwelt hinführen. Ende April, wenn die einzige ziehende Eulenart aus Afrika in die Kärntner Brutreviere zurückkehrt, fragen die Bewohner Köttmannsdorfs einander: „Host du den Tschuk schon gheat?“ Wenn man feststellt, dass nicht nur eine NGO oder eine Handvoll Einzelpersonen, sondern eine ganze Kommune hinter der kleinen Eule und damit hinter der Idee eines reich strukturierten Lebensraums steht, dann weiß man, dass man es geschafft hat, dann haben sich 16 Jahre geduldige Arbeit ausgezahlt. Der Erfolg kann sich sehen lassen: In der Brutsaison 2010 wurden 60 Jungeulen beringt, und einige Nistkästen haben uns mit fünf gesunden Jungeulen überrascht.

Roman Fantur, Amt der Kärntner Landesregierung, Abteilung 8, Kompetenzzentrum Umwelt, Wasser und Naturschutz

Projekteckdaten 7 Jahre Laufzeit (2007–2013), 450.000 €, Maßnahme 323 a, 13 Gemeinden in der Region Carnica-Rosental, 400 Nistkästen, 3000 Hochstammobstbäume, 40 ÖPUL-WF-Betriebe im „regionalen Naturschutzplan Zwergohreule“, Themenweg Zwergohreule. Alle Details zum Projekt auf www.zwergohreule.at


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Erfolg und Misserfolg im Natur- und Umweltschutz Was als Erfolg und was als Misserfolg gilt, ist oft situationsabhängig, interessengeleitet, subjektiv – auch wenn ähnliche Ziele angestrebt werden. Die folgenden vier Statements belegen, wie vielfältig Erfolg und Misserfolg im Natur- und Umweltschutz erlebt werden können.

Erfolg als Weg der kleinen Schritte Birgit Mair-Markart, Geschäftsführerin des Naturschutzbundes Österreich

Laut Wikipedia bedeutet Erfolg „das Erreichen selbst gesetzter Ziele“. Was sind also die großen Ziele im Naturschutz, und wann kann man von Erfolg sprechen? Das Hauptziel ist wohl, der Natur dort möglichst viel Platz einzuräumen, wo sich vielfältigstes Leben (weiter-)entwickeln und Biodiversität entfalten kann. Die Etablierung der Nationalparks in Österreich, die Einrichtung des Natura-2000-Schutzgebietsnetzes und die Existenz der vielen Grundstücke des Naturschutzbundes sind bereits schöne Erfolge, die wir in jahrzehntelanger unermüdlicher Arbeit erreicht haben. Dass tagtäglich jedoch viele wertvolle Flächen verlorengehen, ist die Kehrseite der Medaille. Ein weiteres Ziel ist, den Menschen den Wert der Natur näherzubringen, ihnen zu zeigen, dass diese Vielfalt nicht Selbstzweck ist, sondern vor allem Voraussetzung für unser Überleben. Erfolg in diesem Zusammenhang heißt, viele PartnerInnen und UnterstützerInnen dafür zu gewinnen, in vielen Menschen die Liebe zur Natur zu entfachen. Und wenn wir Erfolg haben im Naturschutz? Letztlich wäre ja das Ziel unserer Arbeit, dass man uns

nicht mehr braucht. Ich fürchte, wir werden nie arbeitslos werden: Als Naturschutzbund wissen wir, wie schwer es ist, Erreichtes auch halten zu können, Naturwerte dauerhaft zu verteidigen. Immer wieder braucht es Anstöße, immer wieder braucht es Kampagnen, Gespräche, Informations- und Pressearbeit. Ein Firmenchef, der Kunden zum Naturschutz auffordert, ein Politiker, der sich gegen ein naturzerstörerisches Projekt einsetzt, eine Zeitung, die eine Kampagne unterstützt – das sind besondere Highlights. Unser Erfolg ist ein Weg der kleinen Schritte, manchmal auch mit unerwarteten Verbündeten – und wenn wir es schaffen, mehr Schritte nach vorne als zurück zu gehen. |||

Nachhaltige Waldbewirtschaftung Martin Höbarth, Landwirtschaftskammer Österreich, Abteilungsleiter Forst- und Holzwirtschaft, Energie

Das europäische Modell der multifunktionalen Waldbewirtschaftung ruht auf drei Säulen der Nachhaltigkeit. Es ist ein Erfolg, dass auch in bewirtschafteten Wäldern eine sehr große Biodiversität anzutreffen ist. Es ist ein Erfolg, dass bei einer deutlichen Steigerung des Holzeinschlags

auch der wertvolle Totholzanteil zugenommen hat. Es ist ein Erfolg, dass in Österreich insgesamt 26.000 WaldbesitzerInnen mit einer Fläche von über 2,46 Mio. Hektar an der PEFC-Waldzertifizierung teilnehmen und Einkommen aus der Waldbewirtschaftung erzielen. Zu denken geben muss, dass es bisher nicht gelungen ist, das europäische Modell multifunktionaler Waldwirtschaft auf globaler Ebene zu positionieren. Weltweit wird immer noch auf einer Fläche Vollschutz und auf einer anderen Fläche intensivster Plantagenholzbau nach Urwaldrodung betrieben. Derartige Modelle eignen sich nicht für Europa. Nationalparke haben ihre Berechtigung, es macht aber keinen Sinn, „Wilderness-Konzepte“ zu übernehmen. Ein Misserfolg ist, dass Politik und diverse Umweltorganisationen Holzprodukte nicht als den Lösungsansatz für eine CO2-arme Wirtschaft erkennen. Zwar pocht man darauf, den Wald doch vor den Folgen des Klimawandels zu schützen, gleichzeitig verhindert man aber eine Steigerung des Ersatzes CO2-intensiver Materialien durch Holz. Enttäuschend ist auch, dass trotz erfolgreicher Ansiedlung von Biber und Co. durch den Naturschutz keine bzw. völlig unzureichende Mittel zur Abgeltung von Schäden zur Verfügung gestellt


Erfolg und Umwelt ausblicke 2 |11

Im Nationalpark Hohe Tauern wird viel in die Partnerschaft mit den Schulen der Region investiert. Denn die Kinder werden es in wenigen Jahren in der Hand haben, die Chance Nationalpark zu erkennen und zu nutzen.

werden. Diese Defizite in Zukunft zu verbessern muss ein gemeinsames Ziel sein. |||

ÖPUL schützt die Natur Anja Puchta, BMLFUW, Abteilung II/8 – Agrarumweltprogramme

Dem Natur- und Umweltschutz kommt im Rahmen des ÖPUL, des österreichischen Agrarumweltprogramms, eine entscheidende Rolle zu; viele der derzeit angebotenen 29 Maßnahmen zielen direkt oder indirekt darauf ab. Durch die Kombination von breit wirksamen Maßnahmen und eher punktuellen Ansätzen ist es gelungen, eine hohe Akzeptanz bei Bäuerinnen und Bauern zu erreichen und so sehr gute Erfolge im Natur- und Umweltschutz zu verbuchen. Das haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Evaluierungen belegt, in denen auch die besondere Bedeutung bewusstseinsbildender Maßnahmen aufgezeigt wurde. Die sehr spezifisch wirkende „Naturschutzmaßnahme“ ist einer der wichtigsten Schwerpunkte zum Schutz von Natur und Umwelt aus landwirtschaftlicher Sicht im Rahmen des ÖPUL. Diese Maßnahme leistet durch den Erhalt und die Entwicklung von landwirtschaftlich genutzten und

Conservation of Nature anerkannt ist. Nach mehr als 25 Jahren Arbeit ist es gelungen, den Nationalpark nicht nur international, sondern auch national und regional zu positionieren. In allen relevanten Geschäftsfeldern vom Arten- und Ökosystemschutz über Wissenschaft und Forschung bis hin zu Bildung und Besucherinformation wurden Akzente gesetzt. Die nationale und regionale Aknaturschutzfachlich wertvollen zeptanz und Bekanntheit der NatioStrukturen einen wesentlichen Beinalparks sind sicherlich vor allem ein trag zur Ausgestaltung dieser Flächen Erfolg der intensiven Investitionen (Biotopsysteme, Aufbau und Fördein Besucherprogramme, Besuchereinrung der Artenvielfalt). Durch die richtungen und Marketing. Wenn Anlage von mehr als 5000 Hektar heute aber infolgedessen der Erfolg Trappenschutzflächen ist es beispiels- von Nationalparks fast ausschließlich weise gelungen, die Zahl der stark an den Zahlen der BesucherInnen gefährdeten Großtrappe in den letzvon Ausstellungen sowie der Teilnehten 15 Jahren fast zu verdreifachen. merInnen von Führungen und VeranDie wichtigen regionalen Erfolge staltungen gemessen wird, birgt dürfen jedoch nicht darüber hindas auch Gefahren, etwa im Hinblick wegtäuschen, dass die Artenvielfalt auf Investitionen in ebenso wichtige insgesamt im Rückgang begriffen ist. Kernbereiche wie Naturschutz und Die Feldvögelbestände, gemessen Wissenschaft. Rasch wird dann schon im Rahmen des europaweiten Indika- einmal eine nicht so populäre Fachtors Farmland Bird Index, nehmen tagung durch ein medienwirksames deutlich ab; das Biodiversitätsziel Event ersetzt. 2010 wurde verfehlt. Es ist daher von Ein Beispiel: die für ein Schutzgeenormer Bedeutung, das Ziel Naturbiet im Hochgebirge jahreszeitlich und Umweltschutz auch in zukünftizu früh angesetzten Tage der Artengen Agrarumweltprogrammen zu vielfalt 2010. Hier ging es nicht mehr verankern, durch geeignete Maßnah- um den wissenschaftlichen Ertrag, men durchführbar zu machen und sondern um den für die PR-Arbeit so langfristig zu sichern. ||| besten Termin. Stellt sich so eine Schieflage der Nationalparkidee, die eigentlich das Gleichgewicht von „Schützen und Nützen“ abbilden Nationalparks – Sonnensollte, ein? Die Vermarktbarkeit von und Schattenseiten Aktivitäten darf nicht Kriterium ihrer Popularität künftiger Nationalparkpolitik sein. Wolfgang Urban, Direktor des Nationalparks Nachhaltig erfolgreich sind NationalHohe Tauern – Salzburg parks nur dann, wenn es gelingt, Der Nationalpark Hohe Tauern ist der die Bedeutung aller Geschäftsfelder größte Nationalpark im Alpenraum, im Gleichgewicht zu halten und im der seit 2006 auch durch die Union for Gleichklang weiterzuentwickeln. |||

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Wie ist es um den Erfolg der österreichischen Regionalpolitik bestellt? Auf welche Ergebnisse kann die Regionalpolitik in Österreich verweisen? Diese Frage ist zwar berechtigt, aber gar nicht so leicht zu beantworten. Woran lassen sich erfolgreiche regionalpolitische Maßnahmen bemessen? Wolf Huber

Von der eigenständigen Regionalentwicklung …

Betrachtet man die gängigen Indikatoren zur Beschreibung der wirtschaftlichen Entwicklung der österreichischen Regionen, ist vorsichtiger Optimismus am Platz. Traditionell gibt es in Österreich (und in vielen anderen Staaten) zwischen städtischen Ballungsräumen und der Mehrzahl der eher peripheren Gebiete mit geringer Bevölkerungsdichte (der – vereinfacht – „ländlichen Regionen“) erhebliche Unterschiede in der Wirtschaftsleistung (Bruttoregionalprodukt − BRP) pro Einwohner und pro Beschäftigten (Arbeitsproduktivität). Diese Unterschiede haben sich jedoch in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur nicht verschärft, sie sind seit dem EU-Beitritt sogar etwas geringer geworden: In Summe ist das BRP pro Einwohner seit 1995 in Wien unterdurchschnittlich, in den übrigen Zentralräumen durchschnittlich und in fast allen ländlichen Regionen überdurchschnittlich gewachsen. Hinsichtlich der Zahl der Arbeitsplätze im Verhältnis zur Einwohnerzahl sind die ländlich-peripheren Gebiete zumindest nicht weiter zurückgefallen. Im Bereich der Produktion im weiteren Sinne (Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Gewerbe, Bauwirtschaft) gibt es heute zwischen Zentralräumen und ländlichen Regionen keinen Unterschied mehr. Sehr wohl besteht im Bereich der Dienstleistungen nach wie vor ein solcher (wenn auch ein geringerer als frü-

her); bei öffentlichen Dienstleistungen ist er weniger ausgeprägt als bei privaten. Letztere sind in den Ballungsräumen sowie in den touristischen Intensivgebieten in Westösterreich konzentriert – und werden das auch trotz gewisser Zuwächse im ländlichen Raum wohl längerfristig bleiben, weil viele Dienstleistungen nun einmal ein gewisses Maß an Zentralität als Standortvoraussetzung brauchen. Selbst die Bevölkerungsentwicklung in den ländlichen Regionen – in den Medien beliebter Gegenstand von Katastrophenmeldungen – ist bei näherer Betrachtung gar nicht so dramatisch: In den vier Nachkriegsjahrzehnten 1951−1991 wiesen nur das Waldviertel, das Weinviertel und das Mittelburgenland eine rückläufige Bevölkerungsentwicklung im zweistelligen Bereich auf; für die vier Jahrzehnte 1991−2030 wird nur für die Obersteiermark ein zweistelliger Bevölkerungsrückgang prognostiziert (übrigens trotz überdurchschnittlich guter wirtschaftlicher Entwicklungsdaten seit Mitte der 1990er-Jahre). Umgekehrt haben aktuellen Bevölkerungsprognosen zufolge nicht nur die Ballungsräume, sondern auch mehrere ländliche Regionen mit deutlich steigenden Einwohnerzahlen zu rechnen. Die insgesamt erfreuliche Entwicklung der österreichischen Regionen stellt sich noch ein wenig positiver dar, wenn man die gute Entwicklung Österreichs im europäischen Vergleich in Betracht zieht.


Erfolg und Gesellschaft ausblicke 2 |11

… zur EU-Regionalförderung

Viele Maßnahmen für Fördergebiete Können diese insgesamt erfreulichen Daten als Erfolge der (Regional-)Politik des Bundes und/oder der Länder angesehen werden? Das ist zwar nicht auszuschließen, aber – jenseits des einfachen, aber trügerischen ersten Augenscheins – gar nicht so eindeutig nachzuweisen. Zweifellos ist die gute Wirtschaftsentwicklung Österreichs auch einem günstigen Umfeld zu verdanken, mit dem Österreich wirtschaftlich eng verflochten ist: der dynamischen Wirtschaftsentwicklung in Süddeutschland sowie in den letzten zwei Jahrzehnten vor allem auch dem dynamischen Aufholprozess im östlichen Mitteleuropa, der von der österreichischen Wirtschaft (gerade auch in den Grenzregionen) sehr gut genutzt worden ist. Immerhin kann geltend gemacht werden, dass Bund und Länder nicht untätig geblieben sind und Maßnahmen gesetzt haben, um die Entwicklung auch in weniger begünstigten Regionen zu fördern und deren strukturelle Anpassung an die sich ändernden weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu unterstützen: f Der Rückstand in der Infrastrukturausstattung der ländlichen Regionen wurde bis in die 1980er-Jahre weitgehend abgebaut. f Seit den späten 1960er-Jahren wurden mit regionalen Sonderförderungen des Bundes (ERPRegionalprogramme) und der Länder sowie durch gemeinsame Bund-Land-Aktionen (100.000Schilling-Aktionen und Regionale Innovationsprämien der 1980er- und 1990er-Jahre) investive Projekte zum industriellen Strukturwandel und zur Erschließung neuer touristischer Potenziale in Problemregionen gefördert. f Die betrieblichen Investitionsförderungen wurden seit Ende der 1980er-Jahre durch überbetriebliche wirtschaftliche Strukturverbesserungen (z.B. Technologie- und Innovationszentren, touristische Vermarktungsinitiativen), aber auch durch Maßnahmen zur Stadt- und Dorferneuerung ergänzt. f Seit dem EU-Beitritt Österreichs kommen die betrieblichen und überbetrieblichen Investitionsförderungen des Bundes und der Länder in den Regionalprogrammen der EU-Strukturfonds mit Kofinanzierung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zum Einsatz.

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Seit 1995 wurde mit EFRE-Mitteln in der Höhe von 3,5 Mrd. Euro ein Projektkostenvolumen von mehr als 14 Mrd. Euro unterstützt. Durch EFREgeförderte betriebliche Investitionsprojekte wurden seither rund 56.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, fast ausschließlich in wirtschaftsschwächeren Regionen außerhalb der Ballungsgebiete. Seit Ende der 1970er-Jahre wurden unter dem Titel „Eigenständige Regionalentwicklung“ sektorübergreifend innovative regionale Initiativen gefördert. Damit wurde das Feld bereitet, auf dem Österreich seit 1995 erfolgreich die Fördermöglichkeiten der EU-Gemeinschaftsinitiative Leader nutzen konnte und kann. Auch in der Arbeitsmarktpolitik wurden seit Anfang der 1980er-Jahre in Österreich neue Wege beschritten (z. B. mit Arbeitsstiftungen) und seit 1995 mit Kofinanzierung aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) weiterentwickelt (z.B. territoriale Beschäftigungspakte). Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, vor allem in den Grenzregionen, wird seit 1995 von den Programmen der EU-Gemeinschaftsinitiative INTERREG (seit 2007: Europäische territoriale Zusammenarbeit) unterstützt.

In einer quantitativen Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen der österreichischen EFRE-Programme seit 1995 im Auftrag der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) hat das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) im Jahr 2008 − bei aller methodischen Vorsicht − einen positiven Zusammenhang zwischen öffentlicher Förderung und Entwicklung von Beschäftigung und Wirtschaftswachstum in den Fördergebieten festgestellt. ||| Wolf Huber, Bundeskanzleramt Österreich, Abteilung IV/4 − Raumordnung und Regionalpolitik

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Ein neuer Ansatz zur Abschätzung von Wirkungen in Projekten und Programmen

Prozessorientiertes Wirkungsmonitoring Mit dem Ende der laufenden EU-Finanzperiode öffnet sich auch ein Zeitfenster für anstehende Reformen der Kohäsionspolitik. Neben einer thematischen Konzentration und grundlegenden Verwaltungsänderungen bedarf es auch einer stärkeren Ergebnisorientierung. Konstantin Melidis

Statt an erbrachten Leistungen soll Erfolg nunmehr an erreichten Zielen und Wirkungen gemessen werden.1 Der EU-Regionalpolitik wird diesbezüglich kein gutes Zeugnis ausgestellt: Die Aufmerksamkeit hat sich bisher auf finanzielle Absorptionsmöglichkeiten und Unregelmäßigkeiten in den Förderprogrammen konzentriert (F. Barca, 2009). Als ein Grund für die mangelnde Auseinandersetzung mit Wirkungen wird das Fehlen geeigneter Methoden zu deren Messung gesehen. Die Methode „prozessorientierten Wirkungsmonitorings“ (PWM) hat sich in mehreren Fällen als vielversprechender Ansatz erwiesen, um Wirkungen auf den Grund zu gehen. PWM bildete bereits im Rahmen mehrerer Evaluierungen von Strukturfondsprogrammen sowohl ex ante (z.B. ETC South East Europe, Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit“ Kärnten) als auch begleitend (z. B. Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit“ Steiermark) den methodischen Schwerpunkt.

Im Fokus: Veränderungsprozesse

1 Europäische Kommission (Hg.), In Europas Zukunft investieren. Fünfter Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, 2010, S. XXIII.

besserte Beratungsangebote für Landwirtinnen und Landwirte) führt nicht automatisch zum erhofften Ergebnis (z.B. einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Gemüseproduktion), sondern muss erst von der Zielgruppe genutzt werden. Erst das bewirkt schließlich eine Veränderung (z. B. dass Landwirtinnen und Landwirte auf Basis der Beratungen ihre Verfahren verbessern). Diese Veränderungsprozesse werden im Vorfeld definiert und während der Umsetzung beobachtet. Der Vorteil: Die Prozesse setzen sofort ein. Die Wirkung der Intervention – egal ob beabsichtigt oder nicht – kann also sofort verfolgt werden. PWM sorgt so für das für eine erfolgreiche Steuerung einer Intervention nötige Feedback, und zwar zeitgerecht. Rein indikatorbasierte Ansätze sind „blind“ für nicht intendierte Wirkungen und liefern über das (Nicht-)Erreichen der Zielwerte erst spät Hinweise – oft zu spät, um steuernd eingreifen zu können. Selbst wenn bestimmte Zielwerte erreicht werden, ist das noch kein verlässliches Indiz dafür, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Ergebnis besteht. Denn viele externe Faktoren können dafür verantwortlich sein. Bei PWM hingegen stellt die Beobachtung der Veränderungsprozesse die kausale Verknüpfung sicher. Beim Aufbau eines PWM-Systems werden also implizit in der Interventionsstrategie enthaltene Wirkungshypothesen transparent gemacht und die Monitoringaktivitäten auf die Beobachtung dieser Hypothesen ausgerichtet. In Kombination mit klassischen Leistungs- und Ergebnisindikatoren entsteht so ein Managementsystem, das es ermöglicht, Vorhaben mit kontinuierlichem Blick auf seine Wirkungen zu steuern. |||

Während gängige Monitoringsysteme den Schwerpunkt auf die Leistung eines Programms legen und vor allem der Frage nachgehen, ob die Finanzmittel zugesichert worden sind und man die geplante Anzahl von Projekten umgesetzt hat, lenkt PWM die Aufmerksamkeit auf die Ergebnisse. Nicht das Eintreten der Ergebnisse wird beobachtet, sondern der Veränderungsprozess, der sich aus einer sinngemäßen Nutzung der Leistungen ergibt. Das ist der springende Punkt. Die erbrachte Leistung eines Projekts (z.B. ver- Konstantin Melidis, Gesellschafter der ÖAR-Regionalberatung


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Chancengleichheit in der Regionalentwicklung – eine Erfolgsgeschichte sieht anders aus

Und ewig grüßt das Murmeltier Studien in den Jahren 2003–2007 zeigten, dass Programme und Maßnahmen der Regionalentwicklung die Geschlechterrelevanz der betreffenden Prozesse weitgehend ignorierten, Regionalpolitik in ihrer Wirkung als geschlechterneutral wahrgenommen und Gender Mainstreaming mit Gleichbehandlung verwechselt wurde.

Den krönenden Abschluss zur Behebung des Problems bildeten ein EU-Fahrplan 2006−2010 für die Gleichstellung von Frauen und Männern und eine lesenswerte Studie der Fachabteilung Struktur- und Kohäsionspolitik des Europäischen Parlaments, die vor allem Verbesserungspotenziale beim Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und beim Kohäsionsfonds ortete. Auch in Österreich wurde in der letzten Förderperiode die Gleichstellung von Frauen und Männern im regionalpolitischen Kontext analysiert. Die Ergebnisse geben Aufschluss über unterschiedliche Auswirkungen auf die Geschlechter und das Ausmaß regionaler Geschlechterungleichheiten. Der strategischen Rahmenplan für die österreichische Regionalpolitik 2007−2013 betont die „Gender-Relevanz“ von Regional-, Innovations-, Technologie- und Wirtschaftspolitik.

Heide Cortolezis

Abwanderung junger und gebildeter Frauen

Männlichkeit“ (vgl. „Frauen und Politik am Land“ von T. Oedl-Wieser, 2006). Das setzt sich in allen Prozessen und Gremien regionaler oder lokaler Bedeutung fort.

Mangelnde Gender-MainstreamingKompetenz Der Grund für die Gleichstellungsblindheit liegt in der mangelnden Gender-Mainstreaming-Kompetenz, im fehlenden Commitment für Geschlechtergleichstellung und in der Programmgestaltung, die keine Ziele vorgibt. Also wurde in diversen Broschüren Gender Mainstreaming erklärt. Toolkoffer und Checklisten wurden erstellt. Und ewig grüßt das Murmeltier. Denn die Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten hat wieder zu spät begonnen, und der Einfluss auf die Gestaltung des Programms für die ländliche Entwicklung 2007−2013 (LE 07−13) war sehr gering. Die Evaluierung des Bereichs Chancengleichheit (G. Marchner und E. Pircher) und Begleitforschungen zur Halbzeitbewertung des Programms LE 07−13 zeigen, dass für die Strategie Gender Mainstreaming und die erforderliche Entwicklungsarbeit nach wie vor nur ansatzweise Verständnis gegeben ist. Für eine bessere Verankerung der Chancengleichheit von Frauen im Programm für die ländliche Entwicklung 2014−2020 wäre eine vielschichtige Strategie erforderlich. Einen Beitrag dazu soll das Fachtraining Chancengleichheit leisten, das 2011 in allen Bundesländern angeboten wird − damit künftig Chancengleichheit als strategisch wichtiges Thema erkannt wird. Hallo Murmeltier! Du schon wieder? |||

Statistiken in ganz Österreich zeigen, dass vor allem junge gebildete Frauen aus den Regionen in die Städte und ihr Umland abwandern; in vielen Verwaltungsbezirken leben bereits signifikant weniger Frauen zwischen 20 und 29 Jahren als gleichaltrige Männer. Die wichtigsten Gründe für einen Wohnortwechsel sind mangelnde Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten sowie den Bedürfnissen nicht genügende Infrastruktur. Dennoch wurden die Arbeits- und Lebensbedürfnisse von Frauen weder in SWOT-Analysen ausreichend berücksichtigt, noch wurden Frauen in die Entscheidungs- und Planungsprozesse der Regionen Heide Cortolezis, Geschäftsführerin von nowa und für das genügend eingebunden. Gemeinden sind fest in Männerhand, und der Gender-Mainstreaming-Projekt des Landes Steiermark Agrarbereich zeigte sich als Bereich „hegemonialer „GeM Steiermark“ zuständige Projektleiterin


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ausblicke 2 |11 Erfolg und Gesellschaft

Dienst an den Menschen, nicht an den Mächtigen Mit der Natur im Einklang leben, immer wieder neue Wege beschreiten und die Lebenszeit so gut wie möglich nutzen – Josef Schett liebt es, in seinem Osttiroler Heimattal vieles möglich zu machen. Mehr über seine Ideen verrät er im folgenden Interview mit Teresa Arrieta.

Herr Schett, Sie sind ein erfolgreicher und innovativer Unternehmer und haben in Ihrer Heimat in Osttirol viel bewegt. Wieso bezeichnen Sie sich selbst als Spinner? Wenn ich kein Spinner wäre, würde ich immer noch in der Bank arbeiten, wäre ein kleiner Nebenerwerbsbauer, würde nach der Arbeit fünf Bier trinken und danach zu Hause mit der Frau schimpfen. Aber man lebt nur einmal. Ich möchte die Zeit nützen, die mir zur Verfügung steht, und das tue ich mitunter auf unkonventionelle Art und Weise.

Wie nützen Sie Ihre Zeit am besten? Manchmal verlasse ich die ausgetretenen Pfade. Es kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein, dass viele aus unserem Tal abwandern. Ich wollte immer schon in einem größeren Kontext etwas bewegen. Als ich damals eine Alm auf 2000 bis 3000 m Seehöhe zur Nutzung als Schafweide gekauft habe, hat man mich für verrückt gehalten. Aber ich habe die Wirklichkeit immer schon mit anderen Augen betrachtet.

Wie kamen Sie auf die Schafzucht in einer Zeit, in der das noch nicht im Trend lag? Ich habe bei meiner Tante auf der Alm bereits mit fünf Jahren Kühe und Schafe gehütet. Es war hart, aber ich hatte eine intensive Beziehung zu den Tieren. Ich war Teil dieser Almnatur: Ich habe die Murmeltiere beobachtet, die sich von Kräutern ernährt haben. Fühlte mich dort oben sehr geborgen. Später habe ich den Markt in Österreich studiert und gemerkt, dass es

eine große Nachfrage nach Schaffleisch gab. Aber bei uns im Tal galt Schaffleisch als „Schepsernes“, als Arme-Leute-Essen.

Sie waren damals bereits ein Vordenker, haben Trends vorausgespürt. Ich habe den Trend zur Regionalität und zur Lammzucht in Osttirol mitgepusht. Eines meiner großen Erfolgserlebnisse war, dass ich das Wiener Hotel Imperial mit Lammfleisch beliefern durfte. Wobei das meinen Werten entgegensteht, denn ich vermeide lange Transportwege: Wer mein Lammfleisch verspeist, sollte einen Bezug zu der Gegend haben, aus der es kommt.

Ab wann hatten Sie das Gefühl, es geschafft zu haben? Bis heute bezweifle ich, ob ich erfolgreich bin, denn ich kämpfe immer noch. Persönlicher Erfolg war mir nie wichtig. Erfolgreich fühle ich mich, wenn möglichst viele Leute im Tal daran teilhaben. Beispielsweise fanden die Leute in meiner Jugend bei uns fast keine Arbeit, und junge Madln mussten auswärts um einen Hungerlohn in der Gastronomie arbeiten. Diese Missstände gibt es heute nicht mehr. Ein weiteres Erfolgsindiz wäre, wenn mein Unternehmen auch nach meinem Abtreten weitergeführt wird. Derzeit hängt alles zu stark an meiner Person, das ist mir nicht recht. Ausschlaggebend für meinen unternehmerischen Erfolg waren jedenfalls die großartigen Berater von der ÖAR und Willi Dungl, der mich die Kniffe der Vermarktung lehrte.


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1991 wurden Sie zum parteilosen Bürgermeister gewählt.

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Was bedeutet heute für Sie Erfolg?

Das Gespräch mit Josef

Harmonie in der Familie ist für mich das Wichtigste. Glücksmomente erlebe ich oft: Wenn ich mit meiner Frau frühmorgens in Ruhe Tee trinke. Oder wenn Lämmchen auf die Welt kommen. Oder wenn ich das Gebäude meiner Firma betrete. Erfolg bedeutet für mich, sich mit Dingen zu beschäftigen, die man sich selbst ausgesucht hat. Von Menschen und Dingen umgeben zu sein, mit denen mein Herz voll ist.

Schett führte Teresa Arrieta,

freie Journalistin, Ö1-SenMir war stets klientelfreie Politik wichtig. Es geht mir dungsgestalterin und Filmeum den Dienst an den Menschen und nicht an den macherin. Mächtigen. Damals gab es einen riesigen Medienskandal, weil ein Wilderer ermordet wurde und unser Tal negative Schlagzeilen machte. Die Leute schämten sich, zu sagen, dass sie aus Villgraten kommen. Da hab ich als Bürgermeister eine geistige Dorferneuerung angestrebt und 1992 mit vielen gescheiten jungen Menschen aus dem Tal die Villgrater Kultur- Wie verbringen Sie Ihre Freizeit? wiese eingeführt. Am Wochenende steigen wir im Sommer oft auf die Alm. Das sind 1000 m Höhenunterschied. Damit halte Das hat damals viel Aufsehen erregt. ich mich fit. Oben schauen wir nach den Schafen und Es gab zeitgenössische Kulturveranstaltungen auf der laden unsere Batterien auf. Vor ein paar Tagen hab Alm, im Stadel, im Sägewerk, auf der Straße: Musik, ich in der Früh einen steilen Hang mit der Sense geLesungen, Theater – es war ein Riesenerfolg, man- mäht, auf dem Gras lag noch Tau. Da hat mich auf einches war auch provokant. Es gab viele Nächtigungen mal ein solcher Kräuterduft umgeben, unfassbar! Das mit hochwertigem Publikum. Die Talbewohner waren sind für mich wahre Glücksmomente: dass ich in wieder stolz auf ihre Heimat. Wir haben auch die Kon- diesem Tal leben darf. Und auch, dass ich mir beim servativen eingebunden, aber dann wurde unser im Denken keine Schranken auferlege. Nur wer viel Aufbau befindliches Kulturhaus über Nacht abgefa- spintisiert, kann auch etwas umsetzen. ||| ckelt, daraufhin habe ich mein Bürgermeisteramt zurückgelegt. Heute bin ich Obmann des örtlichen Tourismusverbandes und setze mich für eine gerechtere Mittelvergabe im Großverband Osttirol ein. Denn die Politik hat sich in der Vergangenheit vieles ausgeJosef Schett: Schafbauer, Querdenker, mauschelt, so etwas stelle ich an den Pranger, denn Regionalentwickler, Unternehmer. ich hab einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Für mich sind die Zeiten am lustigsten, in denen überJosef Schett war von 1991 bis Er ist auf einem Osttiroler kommene Strukturen in Bewegung geraten. Bergbauernhof aufgewachsen, 1996 überparteilicher Bürgerin einem Tal mit 1100 Einwoh-

meister von Innervillgraten

Wie leben Sie heute?

nerinnen und Einwohnern,

und ist seit 2005 Tourismusob-

Immer noch auf dem 700 Jahre alten Bauernhof, auf dem ich geboren bin, im Großfamilienverband mit Großeltern, Frau, unseren beiden jüngsten Töchtern und 200 Schafen. Meine Mutter ist sehr krank, aber ich finde es in Ordnung, dass auch meine Kinder den langsamen körperlichen Verfall eines Menschen miterleben, das ist der Lauf der Dinge. Wenn bei uns im Tal die Alten sterben, werden sie einige Tage aufgebahrt. Ich habe den Tod meiner Großeltern und meiner Tante miterlebt. Ich finde das psychisch gesund, dass man Kinder und alte Menschen nicht in Ghettos steckt und der natürliche und undramatische Bezug zum Kreislauf des Lebens erhalten bleibt. Das ist die beste Lebensschule.

war zuerst Bankbeamter und

mann. Mit unkonventionellen

stellte bei der Hofübernahme

Ideen hat er immer wieder

1986 gegen den allgemeinen

Aufsehen erregt: Mit Rock-

Trend auf Schafzucht um.

konzerten auf der Alm stieß er

Heute beliefert er Gourmet-

auf Begeisterung, aber auch

restaurants in Tirol und ganz

auf Ablehnung im Dorf. Heute

Österreich mit Lammfleisch,

wendet er sich als Tourismus-

-schinken und -würsten und

obmann gegen Skilifte im Tal,

verarbeitet mit zwölf Beschäf-

gegen Kommerzialisierung und

tigten alles vom Schaf:

plädiert für regionales Selbst-

Aus den jährlich ca. 150.000 kg

bewusstsein und Naturver-

Schafschurwolle werden

bundenheit. Er lebt immer

Matratzen, Decken und Dämm- noch auf seinem Bergbauernstoffe gemacht.

hof im Großfamilienverband.


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ausblicke 2 |11 Erfolg und Gesellschaft

Gute Projekte und Räume für Entwicklung schaffen! Bin ich erfolgreich, wenn ich viele Projekte unterstützt und Fördermittel zugänglich gemacht habe? Selbstverständlich! Aus der Sicht der Projektträger ist dies die Aufgabe des Regionalmanagements schlechthin. „Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht“, sagte schon Albert Einstein. Bin ich erfolgreich, wenn alles, was ich anfange, auch gelingt? Ich glaube nicht. Für mich wäre das eher ein Hinweis auf fehlende Veränderungsbereitschaft. Regionalentwicklung nach dem Motto „Es muss was g’scheh’n, aba es derf nix passier’n“ bleibt oberflächlich. Für mich persönlich heißt Erfolg, die Waage zu halten zwischen guten kurzfristigen Projekten und dem Schaffen von Räumen, um sich als Region gemeinsam zu entwickeln − „ergebnisoffen“, wie es so schön heißt. Helene Brunner, Geschäftsführerin des Regionalmanagements Osttirol

Erfolg hat viele Facetten Leidenschaft und Kreativität, Beteiligung und Vernetzung, Werte und Visionen, Lernen und Vertrauen – Akteurinnen und Akteure österreichischer LeaderRegionen geben einen Einblick in ihre Vorstellungen von Erfolg.

Netzwerke, Vertrauen und Zuhören. Regionalentwicklung ist vor allem dann erfolgreich, wenn Menschen aus der Region sich aktiv an der Entwicklung beteiligen. Sie muss von der Basis gewollt sein und getragen werden – und das nicht nur finanziell, sondern vor allem auch inhaltlich. Der wahrscheinlich wichtigste Erfolgsfaktor ist aus meiner Sicht die regionale Netzwerkbildung: Menschen verschiedenster Bereiche müssen zusammengeführt werden, um Projektideen regional und überregional aufeinander abzustimmen, um Kräfte zu bündeln. Ob der Samstag-Nachtbus oder die Entwicklung des ersten Naturparks in Kärnten, des Naturparks Dobratsch – viele Arbeitsgruppen und geduldige, effektive Aufbauarbeit der Gemeinden gingen diesen Projekten voraus. Regionalverband und Regionalmanagement boten dafür die Plattform. Wichtig ist auch, dass es nicht immer die „großen Dinge“ sein müssen, die Erfolg bedeuten. Viele kleine Schritte, vertrauensbildende Maßnahmen, Zuhörenkönnen – das sind sehr oft die Bausteine auf dem Weg zu einem nachhaltigen Erfolg. Irene Primosch, Regionalmanagerin der Region Villach – Hermagor

Weitsicht, Engagement und Kreativität. Wie Henry Ford einmal treffend formuliert hat, besteht Erfolg darin, dass man genau die Fähigkeiten hat, die im Moment gefragt sind. Gerade in der Regionalentwicklung sind die zu bewältigenden Herausforderungen sehr vielfältig und können sich im Lauf der Zeit stark ändern. Um sich als Region erfolgreich zu positionieren, ist ein vielfältiger Mix aus Fähigkeiten nötig. Es bedarf unter anderem einer gewissen Weitsichtigkeit, um zukünftige Entwicklungen vorauszusehen und die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Man braucht Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen, um die selbst gesteckten Ziele nicht aus dem Auge zu verlieren, sowie Kreativität und Pioniergeist, um innovative Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Neben diesen Fähigkeiten ist jedoch vor allem eines entscheidend: Menschen, die neue Ideen haben, die sich mit Begeisterung und Engagement für die Region einsetzen und Neues schaffen. Christina Gassner, Leader-Managerin Mostviertel-Mitte


Erfolg und Gesellschaft ausblicke 2 |11

Werte, Würde und Visionen. Erfolg in der Regionalentwicklung ist, wenn man rückblickend (ca. 10 bis 15 Jahre später) feststellt, dass man zum richtigen Zeitpunkt die zukunftsbestimmenden Themen erkannt und diese mit den richtigen Instrumenten und mit großer Beteiligung der Bevölkerung in Angriff genommen hat. Der Erfolg zeigt sich, wenn Regionen durch einen Inwertsetzungsprozess wieder ihren Wert und ihre Würde gefunden haben. Erfolg ist, wenn es Regionen gelingt, ihre Kräfte zu bündeln, und sie sich zutrauen, mit den wiederentdeckten menschlichen, naturräumlichen und regionalwirtschaftlichen Potenzialen in 10 bis 15 Jahren einen Visionsraum aufzuspannen, der zeigt, wie die Menschen der Region in Zukunft leben, arbeiten und wirtschaften möchten. Ein Erfolg ist es auch, wenn die langfristige Umsetzung der Vision alle raumwirksamen Kräfte erfasst und dadurch die Selbstwirksamkeit des Lebensraums enorm steigt. Der Vulkanland-Weg versucht, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Josef Ober, Obmann Steirisches Vulkanland

Erfolg braucht Leidenschaft. Erfolg ist für mich das Ergebnis des Zusammenspiels von persönlichem Lebenskonzept und den Rahmenbedingungen privater und beruflicher Natur. Das setzt das reflektierte Kennen der eigenen Persönlichkeit und Geschichte, aber auch das Wissen um die außen geltenden Spielregeln voraus. Wenn die Bilanz und das Steuern dieses Zusammenspiels ein Nicken bzw. ein Lächeln hervorbringen, dann denke ich, kann man

Der Blick für große und kleine Zusammenhänge. Ich bin seit vier Jahren im Bereich der Regionalentwicklung tätig, vor allem in der Projektumsetzung. Seit Juni 2011 bin ich LAG-Managerin. Ich glaube, dass Erfolg in der Regionalentwicklung erst durch die in Projekten arbeitenden Akteurinnen und Akteure sichtbar wird, durch ihr Engagement, ihre Motivation und ihre Ideen. Meine Arbeit ist es, dies zu mobilisieren, die richtigen Leute zusammenzubringen und eine Zusammenarbeit zu ermöglichen und zu koordinieren. Voraussetzung für Erfolg in diesem Bereich, neben unablässiger Kommunikation, ist vermutlich, den Blick für große und kleine Zusammenhänge zu bewahren und Effizienz und Gelassenheit, wenn alles anders kommt. Marion Ebster, Leader-Managerin der LAG Regionalentwicklung Vorarlberg

ruhigen Gewissens von Erfolg im Allgemeinen sprechen. Große Erfolge in meinem Leben waren aber immer mit dem Motor Leidenschaft verbunden. Leidenschaft spornt an, macht stark, bringt Genialität hervor, sie bedeutet Hingabe und Aufopferung, natürlich auch Schmerz und Verzicht. Aber sie lässt uns − vor allem − besonders lebendig sein. Welcher Erfolg könnte besser sein als der, sich besonders lebendig zu fühlen? Heidi Drucker, Leader-Managerin Mittelburgenland plus

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Zusammenarbeit und Lernen. Der Erfolg von Regionalentwicklung wird natürlich erst nach einer Zeit des Aktivseins spürbar. In der Leader-Region Pramtal gibt es nach drei arbeitsintensiven Jahren bereits erste Erfolge. Zu Beginn der Arbeit in der Leader-Region war die Entwicklungsstrategie für die Region noch ein theoretisches Papier. Inzwischen ist es gelungen, in vielen Bereichen Akzente zu setzen. In allen erfolgreichen Initiativen und Projekten ist der Aspekt der Zusammenarbeit ein entscheidender Erfolgsfaktor. Diese Entwicklungen bewusst zu machen, daraus zu lernen und auf der geschaffenen Basis aufzubauen, das werden in unserer Region die weiteren Schritte zum Erfolg sein. Johannes Schaurecker, Leader-Manager Pramtal

Entwicklung aktiv gestalten. Unsere Region ist lebendig. An allen Ecken engagieren sich Menschen in verschiedensten Projekten. Wunderbare Aktionen werden ins Leben gerufen. Es ist normal, gute Ideen einfach umzusetzen, weil das Kirchturmdenken in den Hintergrund getreten ist. Es wird zusammengearbeitet. Es geht etwas weiter. Ganz nach dem Motto „Alles bleibt neu“ entwickelt sich die moderne Region ständig weiter, bewahrt aber seinen bodenständigen Charme. Einerseits haben wir das Glück, dort wohnen zu dürfen, wo andere Urlaub machen. Das schätzen wir und schützen unsere kostbaren Naturräume für Freizeit und Erholung. Andererseits muss die Region der Bevölkerung mehr als „nur“ Erholungsraum bieten. Deswegen werden in vielen wichtigen Bereichen wie Kultur, Verkehr, Arbeitsmarkt sowie Aus- und Weiterbildung Projekte umgesetzt. Das alles zu sehen und aktiv mitgestalten zu können ist für mich Erfolg. Gerold Daxecker, Leader-Manager des Regionalverbands Salzburger Seenland


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ausblicke 2 |11 Erfolg und Wirtschaft

Gibt es für die Landwirtschaft einen dritten Weg?

Wachsen oder weichen? Die Rahmenbedingungen für landwirtschaftliche Betriebe ändern sich zurzeit grundlegend. Und das nicht nur auf agrarpolitischer Ebene, auch die Agrarmärkte werden zusehends volatiler. Gleichzeitig hat die Gesellschaft oft widersprüchliche Erwartungen im Hinblick darauf, was Landwirtschaft leisten soll. Jochen Kantelhardt und Martin Kapfer

Landwirtinnen und Landwirte sollen preisgünstig qualitativ hochwertige Nahrungsmittel erzeugen und dabei zahlreiche Umwelt- und Tierschutzvorschriften beachten. Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen wird gleichzeitig die wirtschaftliche Lage vieler Betriebe unsicherer. Vor allem in marginalen Gebieten stellt sich die Frage, inwieweit mögliche Kürzungen staatlicher Gelder im Rahmen zukünftiger EU-Reformschritte durch höhere Agrarpreise kompensiert werden können. Vor diesem Hintergrund sehen sich viele Landwirtinnen und Landwirte mit der Frage konfrontiert, ob sie ihre Betriebe so weiterführen können wie bisher oder ob grundlegende strategische Veränderungen notwendig sind. Ein klassischer Weg, die Einkommenssituation zu sichern bzw. sogar zu verbessern, ist die Vergrößerung des Betriebs. Dadurch steigt in der

Regel nicht nur das Einkommen proportional zur Betriebsgröße; größere Betriebe können ihre Ressourcen wie etwa Maschinen auch besser auslasten. Investitionen in größere Ställe ermöglichen einen im Hinblick auf das einzelne Tier geringeren Arbeitsaufwand, sodass bei gegebener Arbeitskapazität mehr Tiere gehalten werden können. Aber nicht nur sich verändernde Rahmenbedingungen sind ein Anreiz für betriebliches Wachstum. Der rasante technische Fortschritt in der Landwirtschaft bewirkt, dass landwirtschaftliche Güter immer kostengünstiger produziert werden können und Betriebe wachsen müssen, wenn sie einen Einkommensrückgang vermeiden wollen. Ferner müssen landwirtschaftliche Betriebe wachsen, um an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben zu können.


Erfolg und Wirtschaft ausblicke 2 |11

Quantitatives Wachstum – also die Vergrößerung der landwirtschaftlichen Nutzfläche bzw. des Tierbestands – verbessert aber nicht notwendigerweise die wirtschaftliche Situation der Landwirtinnen und Landwirte. Es kann sogar Nachteile mit sich bringen. So liegen etwa mit wachsender Betriebsgröße die landwirtschaftlichen Flächen immer weiter von der Hofstätte entfernt, womit die Transportkosten steigen. Quantitatives Wachstum, das häufig mit einer Spezialisierung einhergeht, erhöht tendenziell das betriebliche Risiko. So stellt sich die Frage, ob quantitatives Wachstum die einzige Möglichkeit ist, das Einkommen zu sichern bzw. zu steigern. Und das gerade vor dem Hintergrund begrenzter landwirtschaftlicher Nutzflächen, die es mit sich bringen, dass Wachstum nur dann möglich ist, wenn benachbarte Betriebe „weichen“. Eine nähere Betrachtung zeigt, dass es zahlreiche alternative Wege gibt. Eine sehr wichtige Möglichkeit ist die Kooperation mit anderen Betrieben. Kooperationen können sowohl in der Außenwirtschaft (überbetriebliche Nutzung von Maschinen) als auch in der Innenwirtschaft (gemeinsame Nutzung von Stallanlagen) erfolgen. Auf diese Weise können auch kleinere Betriebe Größendegressionseffekte nutzen und sich technischer Entwicklungen bedienen, die sonst erst ab bestimmten Betriebsgrößen rentabel sind. Kooperationen sind vor allem auch dann anzustreben, wenn die Arbeitsbelastung im Betrieb die zumutbare Grenze erreicht hat bzw. wenn für die freiwerdende Arbeitskraft alternative Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Landwirtschaftliche Betriebe können auch wachsen, indem sie beispielsweise in Direktvermarktung bzw. in die Erzeugung besonderer Produkte und Dienstleistungen investieren. Solches Wachstum, welches hier als qualitatives Wachstum bezeichnet wird, hat schon heute in Österreich eine außerordentliche Bedeutung und kann auch künftig zur Sicherung bzw. Steigerung des betrieblichen Einkommens beitragen. Auch aus regionalpolitischen Gesichtspunkten sind diese Ansätze zu begrüßen, da sie die regionale Wertschöpfung erhöhen und dazu beitragen, Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu sichern bzw. zu schaffen. Dieser Weg setzt allerdings eine ausreichende Nachfrage nach regionalen Produkten und Dienstleistungen sowie ein großes persönliches

Engagement der BetriebsleiterInnen voraus. Ein regionsbezogenes Vorgehen ist betriebsspezifisch zu entwickeln und stellt sicherlich nicht für alle Betriebe eine Lösung dar. Der Verzicht auf betriebliches Wachstum und der Wechsel in den Nebenerwerb oder die gänzliche Aufgabe des Betriebs sind grundsätzlich nicht als „Scheitern“ anzusehen. So kann es zum Beispiel betriebswirtschaftlich richtig sein, eine arbeitsintensive Milchviehhaltung aufzugeben und eine außerlandwirtschaftliche Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dies gilt in erster Linie für Betriebe, bei denen die Hofübergabe bevorsteht und umfangreiche Neuinvestitionen erforderlich wären. Im Falle der Weiterbewirtschaftung könnte die Betriebsleiterfamilie in eine Arbeitsfalle geraten, sodass ihre Ansprüche an die Lebensqualität nicht erfüllt werden können. Möglicherweise erforderliche Investitionen können, besonders wenn sie über Fremdkapital finanziert werden, hohe finanzielle Risiken mit sich bringen und den Entscheidungsspielraum der BetriebsleiterInnen (zu) stark einengen. Betriebliches Wachstum ist vor allem für landwirtschaftliche Betriebe, die auch zukünftig im Haupterwerb geführt werden sollen, unabdingbar. Dabei ist Wachstum aber kein einmaliges Ereignis, sondern ein fortdauernder Prozess, der – unabhängig von seiner Art – hohe Anforderungen an die BetriebsleiterInnen stellt. Bei der Wahl der geeigneten Strategie sind neben betriebswirtschaftlichen Überlegungen auch soziale Aspekte wie Arbeitsbelastung und Akzeptanz durch die Familie sowie die Vorstellungen und die Fähigkeiten der BetriebsleiterInnen von wesentlicher Bedeutung. Gerade beim qualitativen Wachstum bedingen betriebliche Entwicklung und Regionalentwicklung einander: Zum einen ist es einfacher, es in Gebieten zu realisieren, in denen etwa bereits regionale Vermarktungsinitiativen bestehen. Andererseits sind solche Initiativen auf das Engagement der landwirtschaftlichen Betriebe angewiesen. Jede Region bietet Landwirtinnen und Landwirten also ganz spezifische Möglichkeiten, die bei der Wahl der richtigen Strategie in Betracht zu ziehen sind. |||

Jochen Kantelhardt und Martin Kapfer, Institut für Agrar- und Forstökonomie, Universität für Bodenkultur Wien

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ausblicke 2 |11 Erfolg und Wirtschaft

Das Haushaltseinkommen zählt Landwirtschaftliche Unternehmen erwirtschaften ihr Einkommen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb sowie durch außerbetriebliche Tätigkeiten. Wichtig ist, dass man mit dem Haushaltseinkommen alle Lebenshaltungskosten abdecken und Eigenkapital bilden kann. Ob das Einkommen mehr innerhalb oder außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erwirtschaftet wird, ist zweitrangig. Leopold Kirner Das Haushaltseinkommen von typischen Familienbetrieben in Österreich setzt sich laut Grünem Bericht im Wesentlichen aus drei Säulen zusammen: aus Einkünften aus der Land- und Forstwirtschaft, aus außerbetrieblichen Tätigkeiten und aus Sozialtransfers (inkl. der übrigen Einkünfte). Die Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft errechnen sich aus der Differenz von Ertrag und Aufwand; der Ertrag beinhaltet neben Erträgen aus der Urproduktion auch Erträge aus landwirtschaftlichen Nebentätigkeiten wie bäuerliche Direktvermarktung und Urlaub am Bauernhof sowie öffentliche Gelder. Werden zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft die Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger außerlandwirtschaftlicher Tätigkeit (= Nebenerwerb) hinzugezählt, ergibt dies das Erwerbseinkommen. Vermehrt man das Erwerbseinkommen um den Sozialtransfer und übrige Einkünfte (vorwiegend Kapitalerträge aus dem Privat- bzw. Gewerbebereich), erhält man das Haushaltseinkommen.

Damit muss die bäuerliche Familie ihren Lebensunterhalt (Privatverbrauch) sowie die Beiträge für die bäuerliche Sozialversicherung bestreiten. Im Jahr 2009 setzte sich das Haushaltseinkommen im bundesweiten Schnitt der Buchführungsbetriebe zu 48 % aus Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, zu 33 % aus außerbetrieblichen Tätigkeiten und zu 19% aus dem Sozialtransfer zusammen. Im Jahr davor betrug der Anteil aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb 58%, im Jahr 1995 waren es 64%. 2009 war zwar ein schlechtes Agrarjahr, aber es zeigt sich generell die Tendenz, dass in landwirtschaftlichen Haushalten andere Einkunftsarten relativ an Bedeutung gewonnen haben.

Die Relevanz der Eigenkapitalbildung Für die strategische Unternehmensführung zählen in erster Linie die Höhe des Haushaltseinkommens und die Fähigkeit, nach Abzug aller Lebenshaltungskosten ausreichend Eigenkapital zu bilden; die Zusammen-


Erfolg und Wirtschaft ausblicke 2 |11

setzung des Haushaltseinkommens ist zweitrangig und schließlich eine strategische Entscheidung. In kleineren land- und forstwirtschaftlichen Betrieben muss der Großteil des Haushaltseinkommens außerhalb des Betriebs erwirtschaftet werden, um allen privaten Verpflichtungen zu genügen; in größeren Betrieben ist es umgekehrt (siehe Grafik). Eine entsprechende Eigenkapitalbildung ist notwendig, um eine Teilnahme am technischen Fortschritt zu ermöglichen, die Inflation bei den Investitionsgütern abzudecken, Ersatz- und/oder Erweiterungsinvestitionen durchzuführen und die Auszahlung der weichenden Erben zu ermöglichen.

Wie kann das Haushaltseinkommen gesteigert werden? Um das Haushaltseinkommen zu steigern – was für eine nachhaltige Unternehmensführung auch geboten ist, da die Lebenshaltungskosten laufend steigern (im Schnitt der Buchführungsbetriebe um 2 bis 3 % jährlich) –, lässt sich an mehreren Schrauben drehen. Generell lässt sich das Haushaltseinkommen durch Optimierungen innerhalb und außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erhöhen; aber auch das Zusammenspiel von Arbeit und Kapital (Ökonomen sprechen von einer optimalen Allokation von Produktionsfaktoren) spielt eine grundlegende Rolle. Dabei gilt: Arbeitskräfte und Kapital sind so einzusetzen, dass das größtmögliche Haushaltseinkommen erzielt wird. Ob mehr oder weniger Arbeitszeit im landund forstwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt werden soll, hängt aus ökonomischer Sichtweise vor allem von den Opportunitätskosten für die eigene Arbeit, also von der Frage ab, wie gut die Arbeitszeit von Familienarbeitskräften außerhalb des land- und forst-

wirtschaftlichen Betriebs verwertet werden kann. Dazu ein Beispiel: Eine bäuerliche Familie überlegt, von der Milchkuhhaltung auf Mutterkuhhaltung umzusteigen, weil sie die Möglichkeit hätte, frei werdende Arbeitszeit außerbetrieblich zu nutzen. Mit Milchproduktion werden im Schnitt der kommenden Jahre Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in der Höhe von 25.500 Euro erwartet, bei einer Umstellung auf Mutterkuhhaltung veranschlagt die Familie 14.000 Euro, also um 11.500 Euro oder 45% weniger. Durch die Umstellung könnten 850 Arbeitskraftstunden eingespart werden, die für eine halbtägige unselbstständige Tätigkeit nutzbar wären. Diese außerbetriebliche Tätigkeit sollte Einkünfte von knapp 14 Euro netto pro Stunde erbringen, damit das Haushaltseinkommen zumindest gleich bleibt (Änderungen durch eine zusätzliche Sozialversicherung nicht berücksichtigt). Bei einem signifikant höheren Stundenlohn als 14 Euro wäre eine Umstellung ins Auge zu fassen, vor allem wenn auch familiäre Aspekte dafür sprechen.

Resümee Somit gilt: Um das Potenzial für ein hohes Haushaltseinkommen auszuschöpfen, sind neben der optimalen Betriebsführung Überlegungen zum Grenznutzen des Arbeitseinsatzes innerhalb und außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs relevant; hier spricht man auch von Haushaltsstrategien. Bei solch weitreichenden Entscheidungen der Unternehmensführung sind natürlich auch die persönlichen Neigungen und Fähigkeiten aller beteiligten Personen in Erwägung zu ziehen. ||| Leopold Kirner, Markt- und Ernährungswirtschaft, Bundesanstalt für Agrarwirtschaft

Höhe und Zusammensetzung des Haushaltseinkommens land- und forstwirtschaftlicher Betriebe in Euro im Schnitt der Jahre 2008/09

60.000

42.702 5.723

41.756 7.352

45.348 8.303

33.289 1.017

57.269 12.723 Sozialtransfer Außerbetriebliche Tätigkeit Einkünfte Land-/Forstwirtschaft

50.000 40.000 30.000

Eigenkapitalbildung Privatverbrauch Beiträge für die bäuerliche Sozialversicherung (SVB)

20.000 10.000 0 Alle Betriebe

Bergbauernbetriebe

Biobetriebe

Kleine Betriebe

Große Betriebe

Quelle: Eigene Darstellung nach LBG Österreich 2008 und 2009

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ausblicke 2 |11 Erfolg und Wirtschaft

Erfolgreiche Ideen für den ländlichen Raum Die Zukunft der Landwirtschaft kann erfolgreich gestaltet werden, wenn Trends und Marktnischen erkannt und neue Ideen aufgegriffen und umgesetzt werden. Eine Sammlung guter Beispiele unter www.agrarprojektpreis.at regt an, von erfolgreichen Projekten zu lernen. Elisabeth Lenz

Nockberge-Bauernhofeis

Zehn Jahre lang sind im Rahmen der Vergabe des Agrar.Projekt.Preises besonders gelungene und bewährte Projekte im ländlichen Raum gesucht, bewertet und prämiert worden. Insgesamt 750 Projekte zeigen Beispiele aus der Praxis, die wirtschaftlich nachhaltig, gut geplant und nachahmenswert sind. Praktiker und Multiplikatoren können aus einer sorgfältig aufbereiteten und vielfältigen Sammlung von Projekten neue Ideen schöpfen.

haben Johann und Rosa Schopf die Idee des Baumkronenwegs und der Baumhotels umgesetzt. In kürzester Zeit entwickelte sich das Projekt zum wichtigsten Impulsgeber in der benachteiligten Tourismusregion Sauwald. Mit dem Baumkronenweg, dem Waldgasthof „Oachkatzl“ und den Baumhotels wurde ein attraktiver Erlebnispark geschaffen, der sich zu einem Besuchermagneten entwickelt hat.

Biohofbäckerei Mauracher Nockberge-Bauernhofeis

Baumhotels im Naturerlebnispark Baumkronenweg

Biohofbäckerei Mauracher

Die Biohofbäckerei Mauracher von Josef und Elisabeth Eder hat sich trotz der dezentralen Lage im Mühlviertel zu einem Erfolg entwickelt und einen hohen Stellenwert in der Region erlangt. „Bio von der Ähre bis zum Brot“ ist das Leitbild der Hofbäckerei. Das Getreide stammt vom Hof bzw. aus der Region. Angebaut werden spezielle an die Region angepasste Getreidesorten wie Roggen, Dinkel und Einkorn. Die Energieversorgung wurde durch das Backofensystem mit Hackgutfeuerung ökologisch gelöst. Tradition und Innovation gehen am Mauracher Hof Hand in Hand. Seit Generationen wird die Backtradition weitergegeben. Täglich frisch, mit handwerklichem Können und einem Höchstmaß an Handarbeit wird eine große Vielfalt an Biobrot- und -gebäcksorten hergestellt. Fortschritt Baumhotels Der Baumkronenweg ist ein Erlebnispfad in einem und Entwicklung spiegeln sich in moderner Technolo8 Hektar großen Waldgebiet. Mitten im Herzen des gie und Produktentwicklung. Naturerlebnisparks Baumkronenweg liegen sechs Baumhäuser. Neben der atemberaubenden Aussicht Mehr Beispiele erfolgreicher Projekte sind unter auf den Wald aus der Vogelperspektive bieten die www.agrarprojektpreis.at nachzulesen. ||| Häuschen in 10 Meter Höhe jeden Komfort. Aus Interesse am Wald und dem Bedürfnis, die Bedeutung der Ressource Wald anderen Menschen näherzubringen, Elisabeth Lenz, Agrar.Projekt.Verein Das Nockberge-Bauernhofeis wird auf dem Bauernhof Huber inmitten der Nockberge nach feinster handwerklicher Tradition aus selbst erzeugtem Rahm und frischen Zutaten hergestellt. Die Produktion von Bauernhofeis entpuppte sich als Marktnische, da die Nachfrage nach natürlichen Produkten besonders in renommierten Betrieben immer größer wird. Durch die völlig neue Idee „Eisgenuss vom Bergbauernhof“ konnte mit einer fantastischen Marketingstrategie das Image der Region Nockberge gesteigert, ein höheres Einkommen aus der Landwirtschaft erzielt und eine größere Kundenzufriedenheit erreicht werden.


Erfolg und Wirtschaft ausblicke 2 |11

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Eine ganzheitliche Sicht der Berglandwirtschaft

Erfolg ist relativ Was ist Erfolg in der Landwirtschaft? Ist ein Betrieb erfolgreich, dessen Stalldurchschnitt die 10.000-kg-Marke streift? Sind Bäuerinnen und Bauern erfolgreich, die von der Direktvermarktung ein ausreichendes Einkommen erzielen können, aber dafür 70 oder mehr Stunden pro Woche arbeiten müssen? Hängt Erfolg in der Landwirtschaft von ökonomischen Eckdaten, Deckungsbeiträgen und Bilanzen ab? Ein Plädoyer für eine ganzheitliche Sichtweise. Irmi Salzer

Bäuerinnen und Bauern wollen und müssen von ihren Betrieben leben. Insofern ist Erfolg eng an Einkommen und Betriebsergebnis geknüpft. Wer von der „Substanz“ lebt und monatlich zittern muss, ob die Schulden bei der Bank bedient werden können, ist sicher nicht erfolgreich. Das, was am Ende des Monats am Konto übrigbleibt, kann jedoch nicht der einzige Parameter des Erfolgs sein. Es sind viele, auch nichtökonomische Faktoren, die den Erfolg eines Betriebs ausmachen.

tungen der Berglandwirtschaft sind immens. In dieser Literatur Hinsicht sind Bergbauernbetriebe in der Mehrzahl • BMLFUW: Grüner Bericht 2010, Wien 2010. also extrem erfolgreich. Eine ganzheitliche Definition von Erfolg muss aber auch die externen Kosten der Produktion mit in Betracht ziehen. Betriebswirtschaftlich erfolgreiche Betriebe können aus gesellschaftlicher Sicht sehr erfolglos sein, wenn die Allgemeinheit die Last von ressourcenzerstörenden Produktionsmethoden tragen muss.

Arbeitszeit und Arbeitsqualität

Soziale Erfolgskriterien

Laut Grünem Bericht 2010 arbeiten Bergbäuerinnen und -bauern der BHK-Gruppe 4 durchschnittlich 32 Stunden je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche und erzielen einen Gesamtdeckungsbeitrag (GDB) von 1196 € pro Hektar. Der Durchschnitt der Nichtbergbauernbetriebe wendete für einen GDB von 1416 € 14,3 Stunden pro Hektar auf. Betrachtet man diese Relation von Arbeitsaufwand und Einkommen sind Bergbäuerinnen und -bauern also vergleichsweise ziemlich „erfolglos“. Diese Kennzahlen sagen jedoch noch nichts über die Qualität der Arbeit aus. Es dürfte auch schwierig sein, objektiv zu „messen“, ob stundenlanges Traktorfahren oder schweißtreibende Heuarbeit eine höhere Arbeitsqualität bieten. Ganzheitlich betrachtet hängt Erfolg auch von subjektiven Faktoren wie Sinnstiftung und Arbeitszufriedenheit ab.

Bäuerliche Beratungseinrichtungen verweisen auf enorm steigende Zahlen von Hilfesuchenden, die unter Burn-out, Überlastung und psychischen Problemen leiden. Viele BäuerInnen bezeichnen Erfolgsdruck, Arbeitsbelastung und Stress als Ursachen ihrer Schwierigkeiten. Ganzheitlich gesehen muss Erfolg den Menschen, die Bäuerin und den Bauern sowie ihre Familien mit einbeziehen. Beeindruckende betriebswirtschaftliche Ergebnisse nützen wenig, wenn ein Mensch und seine Familie daran zerbrechen.

Und vieles mehr …

Ökonomie, Ökologie und Soziales sind in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise nicht zu trennen. Aus Sicht der Berglandwirtschaft sind herkömmliche Parameter zur Bemessung des Erfolgs nicht ausreichend. Erfolg ist beispielsweise auch, wenn der Ökologie und externe Kosten Strukturwandel im Berggebiet langsamer vonstatten Ob Steilflächenmahd oder Bewirtschaftung von geht als in Gunstlagen. Wenn die Kühe keinen Tierarzt Almen, Schutz von natürlichen Ressourcen oder Er- brauchen und die Gäste wiederkommen. Und vieles Irmi Salzer, ÖBV – Via Campesina Austria haltung der Kulturlandschaft – die ökologischen Leis- mehr … |||


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ausblicke 2 |11 Erfolg und Wirtschaft

Was ist Erfolg? Fünf Sichtweisen Menschen mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund beschreiben, was sie unter Erfolg verstehen und welche Erfahrungen sie damit haben.

Erfolgsfaktoren Christa Größ, BIO AUSTRIA, Leitung Landwirtschaft

Ob Spezialisierung in der Produktion oder Professionalisierung in der Direktvermarktung − erfolgreiche Biobetriebe findet man in jedem Zweig. Für den langfristigen Erfolg von Bauernhöfen gibt es jedoch keine Patentrezepte, da die Strukturen, familiären Voraussetzungen sowie die Zielsetzungen, Werte und Bedürfnisse zu unterschiedlich sind. Doch es gibt einige Faktoren, die für einen Erfolg entscheidend sind: Jede Bauernfamilie sollte sich gelegentlich – und vor allem vor einer Neuausrichtung − fragen, was ihr wirklich wichtig ist, wo ihre Stärken liegen, ob das, was sie macht, noch mit dem zusammenpasst, was sie eigentlich will und gut kann. BIO AUSTRIA bietet dafür die Beratung „Betriebliche Standortbestimmung“ an. Damit soll Bauernfamilien geholfen werden, einen detaillierten Überblick über die derzeitige Situation ihres Hofes zu bekommen sowie aktuelle Ziele und Handlungsfelder festzulegen.

Wichtig für den Erfolg ist auch die Klärung der Nachfolge. Oft kann man erst, wenn für die Bauernfamilie klar ist, wer den Hof wann unter welchen Bedingungen weiterführen wird, die betrieblichen Weichen stellen und eine Stagnationsphase vermeiden. Weitere zentrale Voraussetzungen für einen langfristigen Erfolg sind die Fähigkeit, konstruktiv mit Veränderungen umzugehen, Lern- und Innovationsfreude sowie Zuversicht. |||

Ist Erfolg erstrebenswert? Gunther Naynar, Bauer, Käser und Künstler in Göriach, Hiasnhof, Lungau

Was fällt mir als rasche Erklärung des Begriffs „Erfolg“ ein? Leistungen erbringen und dafür Anerkennung finden. Diese Definition geht davon aus, dass Erfolg im üblichen Sprachgebrauch immer die Wirkung einer Person und ihrer Leistungen nach außen, also die Einschätzung der näheren und weiteren Umgebung darstellt. Diese Einschätzung durch die Gesellschaft und deren Resonanz

ergeben sich aus einer komplexen Dynamik zumeist sehr emotionaler Faktoren; die „Sympathie“, die eine Person erregt, ihr selbstbewusstes Auftreten, ihre Präsenz in den Medien tragen entscheidend zu ihrem Erfolgsstatus bei. Das bedeutet aber auch, dass Erfolg nicht unbedingt ein Maß für den ethischen Wert der erbrachten Leistungen ist, zumal wenn diese keine Öffentlichkeitswirksamkeit und keinen Unterhaltungswert haben. So kann Erfolg nach außen manchmal im Widerspruch zu sozialer Gerechtigkeit und/oder einem zufriedenen Privatleben stehen. Großes soziales Engagement, im Stillen vollbracht, wird gar nicht wahrgenommen, wenn es nicht publikumswirksam präsentiert wird. Erfolgreich zu sein ist für mich kein eindeutig lobens- oder erstrebenswerter Zustand. Er wäre es nur dann, wenn der Erfolg mit einem zufriedenen Privatleben und sozialem Engagement einhergeht − unabhängig von vergänglichem Medienrummel. |||


Erfolg und Wirtschaft ausblicke 2 |11

Erfolg einmal anders betrachtet Susanne Fischer, Mitarbeiterin beim Bäuerlichen Sorgentelefon im Rahmen des Projekts „Lebensqualität Bauernhof“

Seit nunmehr acht Jahren arbeite ich beim Bäuerlichen Sorgentelefon als Beraterin. Auf den ersten Blick verbindet man den Anruf bei einem Sorgentelefon wohl kaum mit dem Thema Erfolg. Auf den zweiten Blick sieht es schon anders aus, denn wir helfen Menschen, ihren persönlichen Erfolgsweg zu finden und zu gehen. Bäuerinnen und Bauern aus allen Bundesländern wenden sich mit ganz individuellen Fragen, Themen und Wünschen an das Bäuerliche Sorgentelefon. Für mich ist ein Gespräch erfolgreich, wenn ich am Telefon einen Bezug herstellen kann und die Anruferin/den Anrufer mit ihren/seinen Anliegen, Wünschen und Nöten erfasse. Erfolg ist auch, wenn ich, ohne zu werten, möglichst objektiv und unvoreingenommen zuhören kann und durch Fragen und Gedankenaustausch ein konstruktives und bereicherndes Gespräch führe. Und beim Anrufenden mag sich als Erfolg das Gefühl einstellen, verstanden und durch das Erzählen etwas entlastet worden zu sein und, im besten Fall, mit neuen Sichtweisen und Ideen weitergehen zu können. |||

tet sie das Gemeindeleben tatkräftig mit. Warum ist die Landjugend seit fast 60 Jahren ein so aktiver und attraktiver Verein? Bei der Landjugend gab und gibt es natürlich wie überall Höhen und Tiefen. Um erfolgreich zu sein, ist es ganz wichtig, ein Ziel vor Augen zu haben. Bei Projekten, Veranstaltungen und der Umsetzung von Ideen hat die Landjugend immer ein Ziel vor Augen, das gemeinsam erreicht werden soll. Denn gemeinsam sind wir stark. Hat man ein Ziel erreicht, ist es auch wichtig, diesen Erfolg zu feiern und nach außen zu tragen, denn Erfolg ist etwas Schönes, das man sich aber erarbeiten muss. Die Angehörigen der Organisation bilden sich ständig weiter und versuchen, die Landjugend für die Zukunft stark zu machen. Am wichtigsten sind die Mitglieder in den Ortsgruppen, die das ganze Jahr über ehrenamtlich Gemeinschaft leben und erleben, sich Ziele stecken und diese anstreben. Für die Zukunft wünsche ich allen Jugendlichen viel Kraft und Elan, damit sie zukünftige Anforderungen annehmen und ihre Ideen, Projekte und Veranstaltungen mit viel Tatendrang umsetzen können. |||

Wer ist erfolgreich? Franz Raab, Kammerdirektor der Landwirtschaftskammer Niederösterreich

Was macht die Landjugend so erfolgreich? Tina Mösenbichler, Landjugend Österreich

Die Landjugend ist die größte Jugendorganisation im ländlichen Raum. Mit 90.000 Mitgliedern gestal-

Glaubt man Magazinen wie „Format“ und „Gewinn“, die in regelmäßigen Abständen die „10 erfolgreichsten UnternehmerInnen“ oder die „10 erfolgreichsten ManagerInnen“ präsentieren, fällt die Antwort leicht. Bäuerinnen und Bauern habe ich in

solchen Auflistungen bisher nicht entdeckt. Peinlich wird es, wenn derart gepriesene Unternehmen bald darauf wirtschaftliche Probleme bis hin zur Insolvenz haben. Sind kurzfristige Gewinnmaximierung und atemberaubend schnelles Wachstum vielleicht doch nicht der richtige Maßstab für den Erfolg eines Unternehmens? Voraussetzung für den Unternehmenserfolg ist natürlich eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung. Gewinn ist der faire und notwendige Lohn für Unternehmertum. Er sollte aber nachhaltig sein und nicht kurzfristig maximiert. In der österreichischen Land- und Forstwirtschaft gibt es eine Reihe von positiven Beispielen, die vor den Vorhang geholt werden sollten. Ich denke etwa an den Verein Waldland im Waldviertel, der den Sonderkulturenanbau und dessen Vermarktung auf eine hartnäckige und nachhaltige Weise entwickelt hat und für viele landwirtschaftliche Betriebe eine verlässliche Einkommensschiene darstellt. Oder an die Leader-Region Pielachtal, die sich das Ziel gesetzt hat, die Region attraktiv zu erhalten und Einkommensmöglichkeiten inner- und außerhalb der Landwirtschaft zu schaffen. Es gäbe noch viele andere Beispiele. Sie sind meist unspektakulär, aber dafür umso interessanter, da sie aus der Wirklichkeit stammen. Denn eines haben alle erfolgreichen Projekte gemeinsam: eine Idee und jemanden, egal ob er Gerhard Zinner oder Anton Gonaus heißt, der bereit ist, für die Umsetzung Verantwortung zu übernehmen in einer Zeit, in der es viel zu oft um Anspruchsdenken geht. |||

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Erfolg und Misserfolg aus theologisch-ethischer Perspektive

Ernten die dümmsten Bauern wirklich die dicksten Kartoffeln? „Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln“ – Nach diesem alten Sprichwort wäre jeder (land-)wirtschaftliche Erfolg ein Ausweis von Dummheit und Unfähigkeit. Ob das stimmt? Michael Rosenberger Obgleich vermutlich viele dieses Sprichwort schon verwendet haben – so ganz werden wir es wohl nicht glauben. Ehe ich im Folgenden einige grundsätzliche anthropologische und theologische Überlegungen zum Thema Erfolg präsentiere, möchte ich definieren, was ich unter Erfolg verstehe. Erfolg meint die Lösung einer selbst oder einer von anderen gestellten Aufgabe, das Erreichen eines gesetzten Zieles. Ob jemand etwas als Erfolg verbuchen kann, hängt daher immer von der Aufgabenstellung oder Zielsetzung ab. An Wahltagen kann man das schön beobachten: Da werden von Parteivorsitzenden und SpitzenkandidatInnen offensichtliche Misserfolge häufig zu Erfolgen umgedeutet – indem man nachträglich die Messlatte niedriger legt oder anders definiert (wenn z. B. eine vorher angestrebte Regierungsbeteiligung nicht gelang, man aber wenigstens erreichte, dass der schärfste Konkurrent ebenfalls nicht in die Regierung kam).

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ehrlich Lob und Anerkennung zu erhalten und entgegenzunehmen.

Genauso notwendig ist aber auch das Erfahren von Misserfolg. Auch er gehört unabdingbar zum Leben und lässt uns reifen und wachsen. Misserfolg brauchen wir, um f eigene Grenzen und Schwachstellen zu erkennen und mit ihnen umzugehen, f nicht übermütig zu werden, sondern bescheiden auf dem Boden zu bleiben, f verlieren zu lernen und Niederlagen als Chance zu mehr Mitmenschlichkeit zu erfahren, f anderen ehrlich Lob und Anerkennung für ihre Erfolge zu schenken. Erfolg wie Misserfolg dienen also der personalen Identitätsfindung und der inneren Reifung. Jeder Mensch probiert in seinen Zielsetzungen und deren Verfolgung aus, wer er selber ist, welche Fähigkeiten in ihm stecken, welche Grenzen ihn aber auch beErfolg, Misserfolg und Identität Warum braucht der Mensch Erfolg? Warum misst er schränken. seine Ergebnisse an vorhergehenden Zielsetzungen? Erfolg ist anthropologisch gesehen absolut notwen- Erfolg und Wettbewerb Erfolg kann, muss aber nicht im Vergleich mit anderen dig, um errungen werden: Ein Kind etwa empfindet ein selbst f eigene Fähigkeiten, Begabungen und Möglichkeiten zu erkennen und mit Freude zu verwirklichen, gemaltes Bild auch dann als Erfolg, wenn es das ganz für sich tut oder nur für die Mutter, die es dann lobt. f das eigene Denken und Handeln konzentriert und Ein Schüler empfindet natürliche Freude über eine erzielstrebig auf eine Aufgabe auszurichten, f in diesen Prozessen der Anstrengung und des folgreich gelöste Hausaufgabe – auch wenn der Tischnachbar sie gut gelöst hat. Erfolg braucht die Lernens durch ihre Bewältigung bestätigt und überprüfbare Messung an der Aufgabenstellung, das bestärkt zu werden,


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schon, aber nicht die Messung am Ergebnis von KonkurrentInnen. Dennoch kann Wettbewerb etwas Schönes sein: Wo Menschen sich gemeinsam mit derselben Zielsetzung anstrengen, spornt das ungemein an. Wenn man weiß, dass am Schluss die oder der Beste die größte Anerkennung erhält, motiviert das gegebenenfalls zu noch höheren Leistungen. Wo man ohne Wettbewerb vielleicht aufgeben würde, hört man im Wettbewerb eine innere Stimme, die einem sagt: „Komm, da geht noch etwas!“ Freilich ist damit zugleich die Gefahr des Überdrehens gegeben. Wettbewerb kann einen dazu verführen, die Signale des eigenen Leibs nicht zu würdigen und sich selbst oder seine Gesundheit zu zerstören. Er kann einen zu unfairen, unmoralischen Praktiken verleiten wie zum Doping im Sport oder zum Betrug in der Wirtschaft. Und er kann sogar dazu verleiten, die besten Freundschaften aufs Spiel zu setzen, nur um die oder der Erste oder Beste zu sein.

Erfolg als Mittel, nicht als Zweck Genau darin liegt vor allem in der Moderne die furchtbarste Gefahr: das gesamte eigene Denken und Handeln dem Erfolg unterzuordnen. Das Erfolgsdenken nimmt dann die Stelle Gottes ein und wäre das, was die Bibel einen Götzen nennt und vor dessen Verehrung sie eindringlich warnt. Genau das ruft der berühmte Satz Martin Bubers in Erinnerung: „Erfolg ist keiner der Namen Gottes.“ (Frankfurter Hefte 6, S. 195 f., 1951) Wohlgemerkt, er sagt nicht, Erfolg sei

keine der Gaben Gottes – wir dürfen eigene Erfolge gerne als Geschenk Gottes ansehen, denn das macht uns dankbar und bescheiden. Aber Erfolg ist keiner der Namen Gottes. Wer den Erfolg anbetet, betet nicht mehr Gott an, sondern einen Götzen. Wer dem Erfolg alles unterordnet und opfert, rennt in sein Verderben. Erfolg ist ein Mittel, kein Selbstzweck. Erfolg ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Erfolg. Umgekehrt ist aber auch Misserfolg zumindest ein Fingerzeig Gottes – wir können und sollen daraus lernen. Das erfordert Mut, den Misserfolg unvoreingenommen anzuschauen, die Augen nicht zu verschließen. Und es erfordert Offenheit, damit zu rechnen, dass auch im Scheitern die Chance zum Fortschritt liegt. Entscheidend ist daher, die richtigen Ziele zu definieren: Ziele, die (qualitativ) wirklich lebensdienlich sind für einen selber, für die Mitmenschen und für die Schöpfung, Ziele auch, die (quantitativ) weder zu niedrig gesteckt sind, sodass sie uns unterfordern, noch zu hoch, sodass sie uns überfordern. An ihnen sollten wir messen, was Erfolge und Misserfolge unseres Lebens sind, und beide sollten wir bescheiden annehmen als Teil unserer Identität. „Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln.“ Ganz so schlecht würde ich den Erfolg nicht machen. Das Sprichwort mag auch aus Neid erfunden worden sein. Und bei aller gesunden Distanz zu einer Überbewertung des Erfolgs: Es ist doch schön, wenn Michael Rosenberger, man am Abend sagen kann, dass einem an diesem Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz Tag manches gelungen ist! |||

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Die Kraft der Niederlage Erfolg ist das Goldene Kalb unserer Zeit, „Second place is the first loser“, wie T-Shirts von selbsternannten Winner-Typen schreiend verkünden. Toni Innauer

Was tun Menschen alles, um erfolgreich zu werden, zu bleiben oder zumindest erfolgreich zu scheinen? Das Verhaltensspektrum reicht nicht nur im Spitzensport von Fleiß, Kreativität und Leistung über Hasardieren und systematischen Betrug bis hin zum Gerangel um die raren Plätze im Scheinwerferlicht und das Verbiegen und Umdeuten von Ergebnissen über die Medien. Der Spitzensport mit seinen scheinbar bestechend einfachen Kriterien ist ein Spiegel der jeweiligen Gesellschaft, der die vorrangig gelebten und belohnten Verhaltensweisen und Werte abbildet. Sportlicher Wettkampf kann als eine bereichernde gesellschaftliche Nebensache im Sinn des Fairplay gepflegt werden. Wie in der Geschichte mehrfach erlebt, kann sportlicher Erfolg aber auch mit menschenverachtenden Mitteln als „Beweis“ für die Überlegenheit eines politischen Systems (z. B. der ehemaligen DDR) instrumentalisiert werden. Gegenwärtig locken der schnelle finanzielle Erfolg und Ruhmsucht viele AthletInnen auf gefährlichen Abwegen in den Dopingsumpf.

Wir leben in einer Erfolgsgesellschaft Warum ist Erfolg so attraktiv? Warum wird der Goldmedaillengewinner, der sich gegenüber dem Zweiten nur dank hochpräziser Messinstrumente, manchmal nur durch Scheingenauigkeit, durchgesetzt hat, auf Händen getragen und unter Umständen schon der Zweite als Verlierer gebrandmarkt? „Nicht das Leistungsprinzip verdirbt den Menschen, sondern umgekehrt“, meinte Hans Lenk, Olympiasieger im Rudern und Philosophieprofessor an der Universität Karlsruhe. Wir leben nicht in einer Leistungs-, sondern in einer Erfolgsgesellschaft. Weil einem Erfolg das Gefühl gibt, Kontrolle über das Leben zu haben, und man sich kurzfristig unverwundbar fühlt. Wir kennen es alle, das besungene Gefühl danebenzustehen, wenn die anderen überschäumend

jubeln und sich feiern lassen. „The winner takes it all, the loser standing small“, sangen ABBA. Einprägsame Erfahrungen zu diesem Phänomen durfte ich im Kessel des Bergisel-Stadions bei den Olympischen Spielen 1976 sammeln. Als 17-Jähriger fühlte ich mich nach dem ersten Durchgang beim Skispringen auf der Großschanze vor 60.000 Menschen mit fast 10 Punkten Vorsprung schon als sicherer Sieger. Die Vorfreude auf den erträumten Erfolg raubte mir in der Pause fast den Atem, den klaren Verstand und den Fokus auf das Wichtigste, den zweiten Sprung. Karl Schnabl verdrängte mich mit einem gewaltigen Satz und einem hauchdünnen Vorsprung auf den Silbermedaillenrang. Ganz (Sport-)Österreich feierte einen Doppelsieg, und ich konnte emotional nicht mit, hatte ich doch gerade den Olympiasieg vergeigt. Ich taumelte in einer Mischung aus Schock, durch den abrupten Spannungsabfall bedingter körperlicher Erschöpfung und jugendlicher Verzweiflung durch eine siegestrunkene Menschenmasse. Mit den zurückkehrenden Kräften erwachte auch der Zorn auf mich und alle, die sich über den Sieg meines Landsmanns freuten. Mit 35 Jahren Abstand könnte ich eine verklärte Geschichte mit Weichzeichner anbieten, aber es war, wie es war: ein Alptraum! Heute freue ich mich über die Silberne, damals sah ich nur das verlorene Paradies, die Niederlage schmerzte ungeheuerlich, vor allem weil ich mir ganz tief drinnen eingestehen musste, dass ich den Ausgang des Springens auch mir selber zuzuschreiben hatte. Noch lange danach war es mir nicht möglich, schmerzfrei zurückzudenken, weil es unabänderlich und sporthistorisch in Metall gestanzte Realität war. Diese Geschichte lehrte mich auf dramatische Weise, wie eng Sieg und Niederlage zusammenliegen können und wie leicht der Erfolg − es reichte, im Vorzimmer des Triumphs zu stehen − sogar einem wie mir den Kopf verdrehen kann.


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Der Olympiasieger Karl Schnabl und der zweitplatzierte Toni Innauer 1976 am Bergisel

Vor den Sieg haben die Götter den Schweiß gesetzt. Sportlicher Erfolg verlangt langfristige Vorbereitungen und die kristallklare Konzentration auf das Wesentliche und nicht passives Tagträumen und Hoffen und Bangen auf den großen Wurf wie auf einen Lottosechser. Die Essenz aus der olympischen Niederlage hat mir mithilfe großartiger Coachs wie Prof. Baldur Preiml und mit zeitlichem Abstand eine Neujustierung meiner Arbeitshaltung und Einstellung gebracht, zum Beispiel auch die Fähigkeit, die Leistung eines Konkurrenten ehrlich zu würdigen. Mein Interesse an (leistungs-)psychologischen Zusammenhängen wuchs enorm, beeinflusste die Wahl meines Studiums, meine spätere Berufswahl und meine Handschrift als Trainer und Sportmanager.

Bedrohliche Erfolgsgier Nach 35 Jahren im Metier breche ich eine Lanze für einen verantwortungsbewussten Spitzensport, der den kultivierten Wettbewerb vor allen politischen Vereinnahmungsversuchen, finanziellen Verlockungen

und der Gier Einzelner zu schützen vermag. So konnte etwa das Skispringen ein großartiges Experimentierfeld für Wettbewerbskultur, Eigenleistungserfahrungen, Lernprozesse und Persönlichkeitsentwicklung bleiben. In manchen Sportarten, aber auch in anderen Gesellschaftsbereichen fällt es schwer, die Sümpfe entarteten Wettbewerbs trockenzulegen. Die Angst vor der Niederlage und schrumpfendem Wachstum sowie Erfolgsgier haben sich etabliert und die Bereiche regelrecht versaut. „Das Dilemma ist, dass der langfristige Vorteil für alle nur durch einen kurzfristigen Verzicht auf den eigenen Vorteil erreicht werden kann. Häufig klappt das nicht. Die Regelbrecher setzen sich durch. Und weil sie damit erfolgreich sind, müssen alle die Regeln brechen, um noch mitzuhalten.“ Dieses Zitat aus Matthias Nöllkes Buch „Von Bienen und Leitwölfen. Strategien der Natur im Business nutzen“ beschreibt sehr gut, wie dumm die vernunftbegabte „Krone der Schöpfung“ agiert und wie kurzsichtige Erfolgsgier das Überleben der eigenen Art bedrohen kann. |||

Toni Innauer, ehemaliger Spitzensportler, freier Autor, Seminarleiter und Vortragender

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Agrar.Preis 2011


Am bundesweiten Wettbewerb „Agrar.Preis 2011“ haben viele tolle Betriebe teilgenommen. Im folgenden Kapitel werden die Siegerprojekte vorgestellt.


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Die besten landwirtschaftlichen Unternehmen Österreichs N ETZ werk LAND

Im Rahmen der Jahreskonferenz von Netzwerk Land im ABZ Lambach am 17. Oktober 2011 wurden die Gewinner des Agrar.Preises 2011 ausgezeichnet. Nicole Thurwachter

agrar.preis die besten 2011 unternehmen

Im Rahmen des diesjährigen Jahreswettbewerbs wurden gemeinsam mit den Landwirtschaftskammern und dem Lebensministerium die besten landwirtschaftlichen Unternehmen Österreichs gesucht: Ausgezeichnet werden sollten wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen. Da der Schwerpunkt auf der „Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft“ lag, kann der Wettbewerb als Begleitmaßnahme zur Initiative „Unternehmen Landwirtschaft 2020“ von Bundesminister Niki Berlakovich gesehen werden. Konkret sollte die Betriebs- bzw. die Arbeitswirtschaft unterschiedlicher landwirtschaftlicher Unternehmen dargestellt und damit vermittelt werden, was einen Zukunftsbetrieb ausmacht. Steigerung der Wertschöpfung, moderne Instrumente der Unternehmensplanung, neue Wettbewerbsstrategien sowie professionelles Controlling sind nur einige Aspekte, welche moderne und unternehmerorientierte Landwirtinnen und Landwirte neu definieren. Bedingt durch die Entwicklungsperspektiven, wie zum Beispiel das Auslaufen der Milchquote, den zunehmend härteren Wettbewerb innerhalb der EU sowie einen großteils bereits gesättigten Lebensmittelmarkt, brauchen landwirtschaftliche Betriebe eine unternehmerische Orientierung. So kommt es, dass verschiedenste landwirtschaftliche Produktionssparten auf ihre Rentabilität hin überdacht werden und das Bewusstsein für die

Entstehung von Kosten (z. B. durch Übermechanisierung oder hohe Investitionen) zunimmt. Der Agrar.Preis 2011 sollte solchen unternehmerorientierten Landwirtinnen und Landwirten Mut zusprechen, indem er sie durch die Auszeichnung ihres Handelns ins Rampenlicht rückt. Außerdem hoffen die Veranstalter, dass durch die Signalwirkung des Preises das in diesen landwirtschaftlichen Unternehmen erarbeitete Wissen und die gemachten Erfahrungen für Betriebe mit ähnlichen Bedingungen fruchtbar werden können.

Teilnahme- und Bewertungskriterien Am Agrar.Preis haben landwirtschaftliche Betriebe (Haupt- und/oder Nebenerwerb) mit untergeordneter Forstwirtschaft teilgenommen, deren landwirtschaftliche Einkünfte mehr als 10.000 Euro pro Jahr (Markteinkommen + öffentliche Zahlungen) betragen. Für Nebenerwerbsbetriebe unter dieser Grenze gab es die Möglichkeit, sich für den Sonderpreis „Besonders lohnender Nebenerwerb“ anzumelden. Zur Bewertung aller Betriebe – egal ob Hauptoder Nebenerwerb – wurden Daten zur Beschreibung der Betriebsstrategie, Informationen über die innerbetriebliche Organisation und Wirtschaftlichkeit sowie Angaben zu Lebensqualität und Nachhaltigkeit herangezogen.


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Die Siegerbetriebe Folgende Betriebe wurden im Rahmen der Jahreskonferenz von Netzwerk Land prämiert: Kriterium „Besonders gute Strategie“ Brigitte und Bertram Seeberger | Hörbranz | Vorarlberg Kriterium „Besonders wirtschaftlich“ Karl Totter | Mureck | Steiermark Kriterium „Besonders gute innerbetriebliche Organisation“ Irmgard und Franz Schneiderbauer Innviertler Gewürze | Lambrechten | Oberösterreich In jedem Fall wurden Betriebe mit einer herausragenden wirtschaftlichen Betriebsführung ausgezeichnet. Diese musste sich anhand von Betriebskonzepten und betrieblichen Ergebniszahlen nachvollziehen lassen. Die besten vier Betriebe erhielten ein Preisgeld in der Höhe von je 2000 Euro, eine Urkunde sowie die Möglichkeit, ihren Betrieb auf der Homepage von Netzwerk Land zu präsentieren.

Kriterium „Besondere Lebensqualität“ Regina und Johannes Leitner Obstbau Leitner | Großpesendorf | Steiermark

Kriterium „Besonders lohnender Nebenerwerb“ Tolle Projekte Insgesamt gab es 64 Einreichungen aus allen Bundes- Gerlinde und Leopold Hofstetter | ländern. Die meisten kamen aus Niederösterreich, Seitzersdorf-Wolfpassing | Oberösterreich und der Steiermark. Eine hochkarätige Niederösterreich Jury wählte die besten Betriebe aus. Diese setzte sich aus Vertretern der Landwirtschaftskammern, des Lebensministeriums, der LBG – Wirtschaftstreuhand sowie der Universität für Bodenkultur und des Verlags „Fortschrittlicher Landwirt“ zusammen.

Danke für die Unterstützung! Herzlicher Dank für die Unterstützung bei der erfolgreichen Umsetzung des Agrar.Preises 2011 gebührt den Kooperationspartnern der Landwirtschaftkammer Österreich und des Lebensministeriums, der LBG – Wirtschaftstreuhand, dem Verlag „Fortschrittlicher Landwirt“, der Raiffeisen Ware Austria AG sowie der Österreichischen Hagelversicherung.

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Kriterium

„Besonders gute Strategie“

Die Vorarlberger Gemeinde Hörbranz liegt in einem für die Milchwirtschaft klimatisch begünstigten Gebiet. Bereits seit 1997 ist das Betriebshauptprodukt der hier ansässigen Familie Seeberger Bioheumilch, die an die kleine Genossenschaft „Die Sieben“ geliefert, zu Bergkäse, Joghurt und Topfen verarbeitet und über den Bioladen in Hörbranz vertrieben wird. Daneben werden Nutz- und Brennholz vermarktet sowie Erträge aus dem landwirtschaftlichen Nebenerwerb (Einstellpferde) erwirtschaftet.

gibt es Bestandskontrollen und Nachsaaten, Bestandslücken werden laufend geschlossen. Das Heu wird in Kombination mit einer energiesparenden Unterdachabsaugung belüftet. Kraftfuttergaben werden entsprechend dem Laktationsstand der Tiere über Transponder verabreicht. Das Ziel ist eine hohe Grundfutterleistung mit langlebigen, gesunden Tieren. Durch gute Beobachtung in Kombination mit angepasster Fütterung kann eine hohe Fruchtbarkeit gehalten werden.

Langlebige und gesunde Tiere

Auch Freizeit und Familienleben genießen

Für die Familie Seeberger sind Aus- und laufende Weiterbildung ein sehr wichtiges Thema. Bertram Seeberger hat 1991 die Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister abgeschlossen, Brigitte Seeberger 2007. Beide sind bestrebt, sich ihren beruflichen und privaten Interessen entsprechend stets weiterzubilden und das Gelernte auch im Betrieb umzusetzen sowie anzuwenden. Ebenso versuchen sie, laufend ihre Produktion zu optimieren, um eine gute Milchleistung je Kuh mit niedrigen Kosten zu erreichen. Der Betrieb ist silagefrei, alle Flächen (mit einer Ausnahme) werden als Grünland bewirtschaftet. Der Boden ist also für diesen Biobetrieb von großer Bedeutung. Die Düngung erfolgt ausschließlich mit hofeigenem Wirtschaftsdünger. Je nach Notwendigkeit

„Was wir nicht ausgeben, müssen wir nicht verdienen!“, lautet das Motto der Familie Seeberger, die auch während des Jahres ihre Buchhaltungsergebnisse mit denen des Vorjahres und mit denen anderer Betriebe vergleicht. Brigitte und Bertram Seeberger sind auch im Arbeitskreis Unternehmensführung tätig. Ein Teil der Maschinen wird gemeinsam mit BerufskollegInnen angeschafft und gemeinschaftlich genutzt. Für die verschiedenen Arbeitsabläufe gibt es Wochen- und Tagespläne. Dank der guten Organisation können die Seebergers mit ihren drei Kindern auch Freizeit genießen und ihren Hobbys wie Wandern, Schifahren und Radfahren nachgehen. |||

Einreichender Betrieb Brigitte und Bertram Seeberger Hörbranz, Vorarlberg Betriebsdaten 47 ha Grünfläche, Ackerfläche und Wald f Zusätzlich Milchviehhaltung mit Nachzucht und Einstellpferde f Seit 1997 Bioheumilchbetrieb f


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Kriterium

Nachhaltiges und ganzheitliches Denken – mit diesen Begriffen wurde der junge Karl Totter bereits früh in der HBLA im steirischen Raumberg konfrontiert. Erst mit der Zeit hat er gelernt, was diese Begriffe wirklich bedeuten. Heute bezeichnet sich Karl Totter als nachhaltig und ganzheitlich denkender Mensch. Seit 1992 gibt es in seinem Betrieb keinen fossilen Treibstoff mehr, sondern ausschließlich Biodiesel vom eigenen Feld. Das große Ziel von Karl Totter ist es, seinen Betrieb bis 2012 energieautark zu machen. Neben der landwirtschaftlichen Tätigkeit arbeitet Totter noch Teilzeit als Geschäftsführer der SEBA (SonnenEnergieBürgerInnenAnlage) und als zweiter Geschäftsführer der beiden Firmen Nahwärme Mureck und Ökostrom Mureck. (Alle drei Firmen gehören zu den Bioenergiebetrieben Mureck.)

Effizienz und Kooperation Im Jahr 2007 stellte Karl Totter seinen Hof neben dem Ackerbau auf einen reinen Schweinemastbetrieb mit 900 Mastplätzen um, den er als Einmannbetrieb führt. In den letzten vier Jahren ist es ihm gelungen, die Tageszunahmen auf 920g bei 59% Muskelfleischanteil zu steigern und die Verluste auf unter 1 % zu reduzieren. Um das zu erreichen, sind Ferkelherkunft, Stallklima, konsequentes Management sowie gute Futterqualität von entscheidender Bedeutung. Als weiteres Einkommensstandbein wurde neben der Beteiligung an einem Biomasseheizwerk und einer Biogasanlage in Mureck im Jahr 2010 ein Biomassemikronetz realisiert, über das vier Wohnhäuser mit Wärme aus Waldhackgut versorgt werden. Um am Acker effizienter zu werden und vor allem Kosten zu sparen, verzichtet Totter − unter gewissen Voraussetzungen − auf eine Herbstackerung. Der Betrieb Karl Totters ist Mitglied der Traktorgemeinschaft Radkersburg. Der Anbau und die Ernte

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„Besonders wirtschaftlich“ Einreichender Betrieb Karl Totter Mureck, Steiermark Betriebsdaten 76 ha mit Ackerland (Getreide, Mais, Ölkürbis, Raps) und Wald f Schweinemast mit durchschnittlich 900 Mastplätzen der Kulturen werden durch den Maschinenring bzw. f Einmannbetrieb f

durch einen Lohnunternehmer erledigt. Neben seinen Aufgaben als Vorstandsmitglied der Traktorgemeinschaft Radkersburg, der Freiwilligen Feuerwehr Eichfeld und des Bauernbundes, Ortsgruppe Eichfeld, ist für den jungen Unternehmer die Funktion des Obmann-Stellvertreters der SEEG, der Südsteirischen Eiweiß- und Energieerzeugergenossenschaft, die spannendste und zeitaufwendigste Tätigkeit. Hier kann er seine Überzeugung, dass es in Zukunft nur mit Nutzung erneuerbarer Energiequellen gehen wird, sinnvoll einbringen.

Für eine lebenswerte Umwelt „Unser Handeln sollte so ausgerichtet sein, dass den Kindern und Kindeskindern eine lebenswerte Umwelt hinterlassen werden kann,“ meint Karl Totter, dem seine Familie sehr wichtig ist. Sonntag ist Familientag, an dem auch nicht gearbeitet wird. Die größte Leidenschaft der Familie ist das Schifahren. Zwei Wochen im Jahr gönnt sich die Familie einen gemeinsamen Urlaub. Auch spontane Kurzaufenthalte, manchmal auch ohne Kinder, gibt es immer wieder. Harmonische Beziehungen sind für das tägliche Leben besonders wichtig, und sie werden daher von der Familie auch ständig gepflegt. |||


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Kriterium

„Besonders gute innerbetriebliche Organisation“ Mit der Kraft der Sonne und im Einklang mit der Natur produziert die Familie Schneiderbauer im Innviertel mit Leidenschaft Gewürze auf höchstem Qualitätsniveau und beliefert die Großbäckerei Resch& Frisch mit Leinsamen, Blaumohn und einem veredelten Brotgewürz. Letztes Jahr erhielt der Betrieb Innviertler Gewürze Schneiderbauer die Auszeichnung „Bester Resch& Frisch-Lieferant 2010“. Um für Kleinbäckereien ebenfalls attraktiv zu sein, wurden in das Sortiment Produkte wie Sonnenblumenkerne, Sesam, Anis und Kürbiskerne aufgenommen. Darüber hinaus werden die Erzeugnisse des Gewürzspezialisten in Kleinverpackungen auch an Einzelhandelsgeschäfte wie Spar, Interspar, Eurospar, Merkur, Konsum und Unimarkt sowie an Hofläden, Bauernläden und Marktfahrer geliefert. Für diesen Vertriebszweig werden zudem Gewürzmischungen wie Grill-, Bratkartoffel- und Schweinsbratengewürz zubereitet. Auf dem Bauernhof der Familie Schneiderbauer wurde liebevoll ein Hofladen eingerichtet, der inzwischen an vier Tagen pro Woche geöffnet ist. Dort sind sowohl große Mengen (20-kg-Säcke) als auch Kleinverpackungen erhältlich. Neben den bereits angeführten Produkten werden im Hofladen auch Liköre, Nudeln, selbstgemachte Marmelade, Müsli und Dinkelkekse angeboten. Auch die Bauern der Region können in diesem Hofladen ihre Produkte (Honig, Nudeln, selbstgemachte Pantoffeln) verkaufen.

Zu 100 Prozent österreichisch Irmgard Schneiderbauer über ihren Erfolg: „Unser Unternehmen zeichnet sich durch die hervorragende Qualität und die Nachvollziehbarkeit von der Saat bis zum Konsumenten aus. Wir garantieren, dass nur

hundertprozentig österreichische, gentechnikfreie Produkte hergestellt werden.“ Der Grundsatz des Unternehmens lautet, dass alles, was in der Region produziert werden kann, auch in der Region produziert werden soll. Denn Produkte aus Österreich unterliegen nicht nur sehr strengen Auflagen und Kontrollen – sie schmecken auch besser. Und da es keine langen Transportwege gibt, werden auch CO2-Emissionen gespart. Da es in Österreich nur sehr wenige Unternehmen gibt, die österreichische Produkte wie Kümmel, Leinsamen, Blaumohn, Koriander und Fenchel vertreiben, hat der Betrieb Schneiderbauer einen großen Wettbewerbsvorteil. Die Familie Schneiderbauer setzt auch auf ein gutes Marketing. So wird derzeit das Produktdesign für KleinkundInnen neu überarbeitet, und der Betrieb Innviertler Gewürze Schneiderbauer ist schon jetzt via Facebook kundennahe in den Social Media vertreten. Die Entwicklung von der ehemals kleinen Landwirtschaft zum Gewürzspezialisten erfordert(e) natürlich sehr viel Engagement und Zielstrebigkeit. Die ständigen Veränderungen konnten und können nur bewältigt werden, wenn man als Person nicht nur funktioniert, sondern auch auf die Familie und die eigenen Bedürfnisse achtet. Die Familie Schneiderbauer hat es jedenfalls geschafft, den eigenen Betrieb wirtschaftlich erfolgreich zu führen und das Familienleben nicht zu kurz kommen zu lassen. |||

Einreichender Betrieb Irmgard und Franz Schneiderbauer Innviertler Gewürze Lambrechten, Oberösterreich Betriebsdaten Insgesamt 31 ha Fläche f Produktion von Kümmel, Leinsamen, Blaumohn, Koriander, Fenchel, Wintergerste, Winterweizen – je 4 ha f Spezialisierung auf Produktion und Vermarktung von Gewürzen f Ab-Hof-Verkauf f


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Kriterium

„Besondere Lebensqualität“ Die Familie Leitner hat sich aufgrund der sehr guten Lage ihres Anwesens für den Obstbau entschieden und sich auf die Produktion von Äpfeln und Holunder sowie auf die Forstwirtschaft spezialisiert. Dank der guten innerbetrieblichen Organisation ist es möglich, die Früchte erntefrisch an die Frau/an den Mann zu bringen, wodurch sich der Betrieb die Kosten für eine aufwendige Lagerung erspart. Die Tafeläpfel werden an die Firma Steirerfrucht, die Holunderbeeren an die Beerenobstgenossenschaft geliefert. Einen Teil des Pressobstes verarbeitet der Betrieb Obstbau Leitner zu Fruchtsäften. Diese werden selbst ab Hof vermarktet, ebenso Christbäume. Das Wertholz wird über die Waldwirtschaftsgemeinschaft verkauft. Aus sämtlichem Brennholz wird Hackgut gemacht. Die Familie Leitner betreibt zwei kleine Hackgutanlagen und beheizt damit Häuser mit insgesamt 30 Wohnungen sowie ihre eigenen Gebäude; weiters ist sie an einem größeren Heizwerk beteiligt.

Flexibel und wirtschaftlich arbeiten Ziel der Familie Leitner ist es, gewinnbringend, umweltfreundlich und nachhaltig zu wirtschaften. Der Betrieb ist GLOBAL-G.-A.-P.-zertifiziert (G. A. P. = Good Agricultural Practice) und darf seine Produkte auch mit dem PRO-PLANET-Label kennzeichnen. Bei Obstbau Leitner versucht man, Kosten zu sparen, indem man die Fixkosten so gering wie möglich hält. Alle ackerbaulichen Arbeiten werden über den Maschinenring vergeben. Dünger und Pflanzenschutzmittel werden möglichst früh und gemeinsam mit anderen Betrieben bestellt. Da die Apfelproduktion sehr viel Handarbeit er-

fordert, wird versucht, diese so effizient wie möglich zu gestalten. Sortenwahl und Größe der Anlagen werden laufend optimiert. Arbeits- und Erntebühnen verringern den Personalaufwand, da diese ferngesteuert werden können. Der Betrieb führt für die Statistik Austria freiwillig Buch und weiß so über den Unternehmenserfolg Bescheid. Die Zahlen dienen auch der jährlichen Vorausplanung. Alle Apfelanlagen sind mit Hagelnetzen ausgestattet. 12 ha verfügen über eine Frostschutzbewässerung, die bei Blütenfrost eingesetzt wird. Sie kann natürlich auch bei Trockenheit genutzt werden. Während der Ernte sind für Obstbau Leitner bis zu 20 Mitarbeiter aus Polen, Serbien und Slowenien im Einsatz. Sie werden durch geregelte Arbeitszeiten, freie Sonntage und schöne Wohnungen motiviert.

Erfahrungsaustausch pflegen Der Familie Leitner ist es wichtig, im Bereich Obstbau stets am neuesten Wissensstand zu sein. Dafür sind Weiterbildung und gute Kontakte zu diversen Beratungseinrichtungen notwendig. Jedes Jahr wird im Betrieb ein Praktikant einer österreichischen Fachschule ausgebildet. Auch aus Deutschland, Holland und Südtirol kommen Bewerber. Dadurch entstehen gute Verbindungen zu den jeweiligen Obstbaugebieten. Obstbau Leitner empfängt auch jedes Jahr eine Gruppe von Interessenten aus ganz Europa und macht auch gern Gegenbesuche. Erfahrungsaustausch ist der Familie Leitner ein großes Anliegen: „Wir wollen der Jugend ein Vorbild sein: moderne, flexible Bauern und Unternehmer mit einer positiven Einstellung zur Landwirtschaft.“ |||

Einreichender Betrieb Regina und Johannes Leitner Obstbau Leitner Großpesendorf, Steiermark Betriebsdaten 39 ha mit Apfel- und Holunderanbau, Wald und Christbaumzucht f Spezialisiert auf Äpfel und Holunder f Reiner Produktionsbetrieb mit Ab-Hof-Verkauf f


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Kriterium

„Besonders lohnender Nebenerwerb“ Viel Fleiß und viel Know-how

Einreichender Betrieb Gerlinde und Leopold Hofstetter SeitzersdorfWolfpassing, Niederösterreich Betriebsdaten 43 ha mit Ackerflächen und Wald im Nebenerwerb f Arbeitsintensive Tätigkeiten (z. B. Weinbau) großteils ausgelagert f Bewirtschaftung des Betriebes, solange keine Schulden gemacht werden müssen und der Arbeitsaufwand nicht steigt f

Die Familie Hofstetter betreibt ihren landwirtschaftlichen Betrieb erfolgreich im Nebenerwerb. Leopold Hofstetter arbeitet im Schichtdienst und hat deshalb während der Woche einige freie Tage, an denen er sich um die Landwirtschaft kümmern kann. Seine ebenfalls berufstätige Frau unterstützt ihn dabei. Rund zwei Drittel der Grundstücksflächen liegen in Grafenwörth-Feuersbrunn, rund 30 km vom Wohnort der Familie in Seitzersdorf-Wolfpassing entfernt. Die langen Fahrtwege erschweren eine andere Betriebsausrichtung. Rund ein Drittel der Grundstücksflächen liegt im Bereich des Wohnorts. Die arbeitsintensiven Weingartenflächen wurden, bis auf 1,2 ha für den Eigenverbrauch, verpachtet. Als Feldfrüchte werden schon seit Jahrzehnten Weizen, Gerste, Mais und Zuckerrüben angebaut, alternativ dazu Körnerraps (Rapso) und Sonnenblumen. Seit Kurzem werden auch Dinkel und Kümmel kultiviert, da diese hervorragend zur Fruchtfolge und Arbeitstechnik passen. Außerdem ist der Preis für entspelzten Dinkel und Kümmel besser als für die üblichen Marktfrüchte. Der Betrieb wird auch in Zukunft den Anbau neuer Produkte ausprobieren, um sich nicht völlig den großen Preisschwankungen des Marktes auszuliefern.

Die Familie Hofstetter erhält ihren langsam größer werdenden Betrieb mit viel Fleiß. Ziel ist es, ihn für die nächsten Generationen zu sichern. Leopold Hofstetter: „Wenn ein Wirtschaften aufgrund der Einkommenssituation (öffentliche Gelder, agrarisches Einkommen) ohne Kredite nicht mehr möglich ist, muss der Betrieb aufgegeben werden.“ Fixkosten zu sparen ist für jeden erfolgreichen Betrieb das Um und Auf. Die Familie Hofstetter borgt daher auch Maschinen aus und nimmt Leistungen des Maschinenrings in Anspruch. Betriebsmittel wie Dünger und Pflanzenschutzmittel werden nur bei Bedarf eingesetzt. Gedüngt wird nur nach Bodenuntersuchungen, und Pflanzenschutzmittel werden je nach Bodenstruktur, Humusgehalt und Wetterverhältnissen verwendet. Um möglichst effizient zu wirtschaften, achtet die Familie Hofstetter auf gezielte Fruchtfolgen, dem Standort angepasstes Saatgut und eine adäquate Bodenbearbeitung. Gerlinde und Leopold Hofstetter besuchen auch Aus- und Fortbildungsveranstaltungen, um neue Erkenntnisse im Bereich Ackerbau zu gewinnen bzw. mit Kolleginnen und Kollegen Erfahrungen auszutauschen. Im August sowie im Oktober und November kommt es zu Arbeitsspitzen, für die manchmal auch Urlaub genommen werden muss. An Sonntagen wird, wenn möglich, nicht für die Landwirtschaft gearbeitet. In der Freizeit gehen Gerlinde und Leopold Hofstetter ihren Hobbys Rennrad- und Mountainbikefahren, Schifahren, Lesen, Wandern und Tanzen nach. Leopold Hofstetter kocht sehr gerne und ist Jäger (Hundeführer und Jagdhornbläser) bei der örtlichen Jagdgesellschaft. |||


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Nebenerwerb als Hobby oder Profitcenter Christian Jochum

Mehr als die Hälfte der österreichischen Landwirtschaftsbetriebe wird laut Statistik im Nebenerwerb geführt. Um den Verbrauch des Haushalts zu decken, brauchen diese Betriebe ein außerlandwirtschaftliches Einkommen. Urlaub am Bauernhof, Maschinenringtätigkeiten und die Direktvermarktung zählen noch zur Landwirtschaft. Die Unterschiede zwischen den Regionen, Betriebsformen, Erschwerniszonen usw. sind minimal, nur eines ist klar belegbar: In kleinen Betrieben (mit 16 ha im Durchschnitt) trägt der Nebenerwerb im Schnitt 55% zum Haushaltseinkommen bei, in großen (45 ha Durchschnittsfläche) nur 11%. Und es gibt viel mehr kleine Betriebe, die auf ein Einkommen von außen angewiesen sind. Übrigens: 90 % der außerlandwirtschaftlichen Tätigkeiten erfolgen unselbstständig.

Veränderungen der Rahmenbedingungen (Markt, Agrarpolitik, Lebensphasen) verlangen nach Anpassungen des Mix. Es gibt auch Fälle, in denen nach zwei Generationen Nebenerwerb die Hofübernehmer mit guten Ideen erfolgreich auf Vollerwerb umstellen konnten.

Alles muss zum Einkommen beitragen, keine Quersubvention

Die Zeiten, in denen das Urlaubsgeld zum Ankauf des Ladewagens beitrug und im Urlaub und an Wochenenden in der Landwirtschaft durchgearbeitet wurde, sind (hoffentlich) vorbei. Die Landwirtschaft muss sich ebenso rechnen wie die außerlandwirtschaftliche Tätigkeit. Dies erfordert Anpassungen, z.B. Reduktion auf weniger oder nicht so arbeitsintensive Sparten (Mutterkuh statt Milch), Auslagerung von Arbeitsspitzen oder Weglassen „nichtprofitabler“ Tätigkeiten. Jeder darf natürlich ein Hobby haben und etwas Der Mix ist nicht fix, aber tun, was sich nicht rechnet (z. B. Obstbäume ziehen, entscheidend Zweck der Bemühungen ist der bestmögliche Einsatz obwohl man die Ernte nicht verwertet). Man sollte der vorhandenen Arbeitskräfte und des landwirt- sich aber zumindest über die ökonomischen Hinterschaftlichen Kapitals zur Erzielung des maximalen gründe im Klaren sein. Haushaltseinkommens. In welcher Kombination dieser Einsatz erfolgt (Mann/Frau bzw. Jung/Alt pendelt Österreich lebt vom Nebenerwerb aus, Teilzeitlösungen, intensive/extensive Bewirt- Auch wenn Österreichs Bäuerinnen und Bauern nur schaftung), hängt von zahlreichen Umständen und 30 % ihres Gesamteinkommens außerhalb der LandFaktoren ab, ergibt sich primär jedoch aus den indivi- wirtschaft verdienen, hängen Schönheit und Vielfalt duellen Wünschen und Gegebenheiten: eingeheira- der Land(wirt)schaft an den kleinen Nebenerwerbstete PartnerInnen, die einen Beruf haben, Lebens- betrieben. Wenn die Landwirtschaft sinnvoll mit phasen (z. B. Kindererziehung, Altenbetreuung), per- einem Job außer Haus gekoppelt ist, garantiert das sönliche Interessen und Ausbildungen, Distanz zur auch für die Zukunft das beste Potenzial für WeiterArbeitsstätte, Gestaltbarkeit der Arbeitszeit innerhalb entwicklung. Leben heißt Veränderung. ||| bzw. außerhalb der Landwirtschaft, Perspektiven für Christian Jochum, Leiter von Netzwerk Land die Betriebsentwicklung etc.

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Netzwerk Land


Netzwerk Land war auch im Jahr 2011 erfolgreich unterwegs. In Seminaren wurden aktuelle Themen aufgegriffen, Verbesserungsvorschl채ge erarbeitet und Erfahrungen ausgetauscht.


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Netzwerken 2011 Agrar.Preis und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft Eine Jury hat die 64 aufbereiteten Betriebsbeispiele des Jahreswettbewerbs 2011 professionell bewertet. Die fünf besten agrarischen Unternehmen 2011 wurden auf der Jahreskonferenz am 17. Oktober in Lambach vorgestellt. Ein roter Faden zieht sich vom „Agrar.Preis – Die besten Unternehmen 2011“ über die Initiative „Unternehmen Landwirtschaft 2020“ des Lebensministeriums bis zur viel strapazierten Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft für die zukünftige Gemeinsame Agrarpolitik. So wurden u.a. zwei Seminare zum Thema Wertschöpfungskette organisiert, und zwar einmal für die großen Strukturen und einmal für die „Kleinen“, aber jeweils mit dem Schwerpunkt Lebensmittelqualität.

Christian Jochum

sich jetzt schon damit auseinander. Dem Wald ist im November die länderübergreifende Tagung „Waldumweltmaßnahmen“ in Passau gewidmet. Die englische Fassung der 2010 aufgelegten ÖPUL-Broschüre enthält u.a. Übersichtstabellen und Beispiele und bietet ausländischen Besucherinnen und Besuchern einen guten Einblick in das österreichische Agrarumweltprogramm.

Leader: Intervisionsgruppen und Exkursionen zur Professionalisierung

Die österreichische Leader-Umsetzung liegt bezüglich der verausgabten Mittel im europäischen Spitzenfeld, hinsichtlich der internen Entscheidungsstrukturen und der Ansprache der Förderungen im Mittelfeld. Der Bedarf der LAG-ManagerInnen, sich untereinander auszutauschen, aber auch der Bedarf, die im Rahmen der Zwischenevaluierung aufgezeigten Defizite bei Abläufen und Zuständigkeiten in der Verwaltung zu Internationales Jahr der Wälder Durch die zahlreichen Aktivitäten zu diesem Thema verbessern, ist nach wie vor hoch. wurden und werden Fäden zu anderen nationalen und internationalen Netzwerken geknüpft. Zwei Veran- Arbeitsgruppe Chancengleichheit – staltungen von Netzwerk Land (NWL) seien beson- vom Konzept zur Umsetzung ders erwähnt: das „Wildökologische Forum“ Ende Heuer im Herbst werden die letztes Jahr entwickelten Mai in Salzburg, bei dem es um die Konflikte zwischen Fachtrainings für Chancengleichheit durchgeführt; die Grundeigentümern, Naturschutz und Jagd ging, und bereits abgehaltenen Regionalkonferenzen für Frauen das Seminar „Wald und Gesundheit“, in dem die hei- erfreuten sich regen Zuspruchs. Für 2012 wird noch in lenden Funktionen dieses Lebensraums behandelt diesem Jahr das Konzept für einen einschlägigen Wettbewerb ausgearbeitet. werden.

Das „Greening“ und die Zukunft des ÖPUL

Das europäische Netz und bilaterale Kontakte

Die Diskussionen über viele Themen in den verschiedenen NWL-Veranstaltungen betreffen nicht nur die laufende Periode der ländlichen Entwicklung, sondern sind bereits Vorarbeiten bzw. Vorbereitungen für das nächste Programm. Die Themen „Landschaftselemente“ und „Vernetzung von Schutzgebieten“ etwa werden in Zukunft noch wichtiger sein – NWL setzt

Europäische Netzwerkarbeit sowie der Aufbau und die Pflege bilateraler Kontakte runden den NWLTätigkeitsbereich ab. Die nationalen Netzwerke ziehen auch an den Fäden für die Zukunft der ländlichen Räume Europas. ||| Christian Jochum, Leiter von Netzwerk Land


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Bewährte Methoden, engagierte Diskussionen, neue Themen

Michael Proschek-Hauptmann

Die Arbeit am Schwerpunktprogramm „ÖPUL / Umwelt“ von Netzwerk Land wurde im Jahr 2011 mit einer Evaluierungstagung begonnen, auf der erörtert wurde, was bisher erreicht wurde, welche inhaltlichen Punkte offengeblieben und welche weiteren Arbeitsschritte zu setzen sind. Neue Themenfelder wurden angeschnitten; so wurde etwa der Wunsch nach einem Seminar zum Thema Wasser laut, dem noch 2011 im Rahmen der Netzwerk-Land-Seminarreihe nachgekommen werden soll. Heuer wurden bereits einige Seminare abgehalten, deren Ziel es war, die bestehenden Agrarumweltmaßnahmen zu analysieren, Vorschläge für Verbesserungen zu entwickeln und die Vorgaben so weit zu optimieren, dass alle beteiligten Akteurinnen und Akteure Verständnis für die Maßnahmen aufbringen können und somit die Akzeptanz der Maßnahmen gesteigert wird. Die Wahl der Seminarthemen orientierte sich vor allem an den Ergebnissen der bisher im Rahmen des Schwerpunkts „ÖPUL /Umwelt“ durchgeführten Veranstaltungen. So fand Ende Juni die Fortsetzung des 2009 abgehaltenen Seminars „Naturschutz in Land- und Forstwirtschaft“ statt, in dem basierend auf einem Projekt im Ginautal bei Wagrain über Möglichkeiten und Zielführung eines sektorübergreifenden Naturschutzes diskutiert wurde. Im September wurden abschließend die Biodiversitätsauflagen für Grünland und Acker thematisiert, über die bereits 2009 und 2010 intensiv diskutiert wurde. Es wurden Vorschläge erarbeitet, die sich in einem künftigen Programm im Zusammenhang einer horizontalen Biodiversitätsauflage wiederfinden könnten. Auch das Thema Landschaftselemente, das bereits 2010 auf dem Programm stand, wurde erneut aufgegriffen. Von Praktikern, Expertinnen und Experten begleitet diskutierten fast 50 Personen mit großem Interesse und Einsatz zwei Tage lang, worin die ökolo-

gische Bedeutung von Landschaftselementen liegt und wie in der nächsten Förderperiode damit umgegangen werden könnte; darüber hinaus halfen die Teilnehmenden bei der Entwicklung eines Informationspapiers über Landschaftselemente für Landwirtinnen und Landwirte sowie für ÖPUL-BeraterInnen mit. Die jährlich in Kooperation mit dem Lehrgang „Management of Protected Areas“ der Universität Klagenfurt stattfindende Schutzgebietstagung widmete sich Ende Juni Methoden einer besseren Kooperation zwischen Schutzgebietsbetreuerinnen und -betreuern. Auf einer noch heuer stattfindenden Tagung anlässlich des Internationalen Jahres der Wälder werden die bestehenden Waldumweltmaßnahmen im Programm für ländliche Entwicklung in Österreich und Deutschland analysiert und die derzeitige Gestaltung und Zielführung der Maßnahmen sowie ihre aktuelle Umsetzung diskutiert werden (siehe NWL-Veranstaltungen, S. 64). Nicht zuletzt konnte die Plattform „Netzwerk Naturschutz und Ländliche Entwicklung“, die aus Vertreterinnen und Vertretern der für Naturschutz zuständigen Behörden sowie begleitenden Fachbüros besteht, heuer erfolgreich in den Umweltbereich von Netzwerk Land integriert werden. Das „Netzwerk Naturschutz und Ländliche Entwicklung“, das weiterhin die Naturschutzmaßnahmen des Programms der ländlichen Entwicklung inhaltlich weiterentwickeln sowie reibungslose administrative Abläufe in allen relevanten naturschutzorientierten Maßnahmen gewährleisten wird, erhält von Netzwerk Land organisatorische Unterstützung; im Gegenzug wird es Netzwerk Land mit zahlreichen interessanten Inhalte bereichern. ||| Michael Proschek-Hauptmann, Netzwerk Land, Umweltdachverband

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Leader-Vernetzung

Neue Angebote und ein Blick in die Leader-Zukunft Netzwerk Land unterstützt im laufenden Arbeitsjahr Vernetzung und Erfahrungsaustausch von Leader-Regionen mit zwei neuen Angeboten: dem Aufbau von sogenannten Intervisionsgruppen und der Leader-Exkursion, die in Zukunft jährlich durchgeführt werden soll. Luis Fidlschuster

Intervision und Exkursion Intervision ist eine Form der kollegialen Beratung: Leader-ManagerInnen beraten einander und reflektieren gemeinsam aktuelle Themen und Problemstellungen in ihrer Region. Leader-Regionen, die eine gemeinsame Intervisionsgruppe bilden wollen, bekommen von Netzwerk Land für das erste Treffen einen Moderator zur Verfügung gestellt, der die TeilnehmerInnen in die Methode der Intervision einführt. Nach dieser Starthilfe arbeitet die Intervisionsgruppe selbständig weiter. Bis dato wurden drei derartige Intervisionsgruppen mit Unterstützung von Netzwerk Land aufgebaut, an denen insgesamt 16 LAGs beteiligt sind. Im Herbst 2011 werden zwei weitere Intervisionsgruppen starten; die kollegiale Beratung wird also in Zukunft von rund 25 LAGs praktiziert werden. Die erste Leader-Exkursion führte ins Mostviertel. Gastgeber waren die Leader-Regionen Mostviertel Mitte und Moststraße. Besichtigt wurden Projekte unter anderem in den Bereichen regionale Produkte und Markenentwicklung, Tourismusmarketing, erneuerbare Energie und Jugend.

Chancengleichheit und Kooperation

Luis Fidlschuster, Netzwerk Land, ÖAR-Regionalberatung

Spezielle Unterstützung für interessierte Leader-Regionen gibt es 2011 auch in Sachen Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in Form von „Regions-Workshops“. Nach Ausschreibung dieser Workshops haben 12 Regionen ihr Interesse bekundet. Bisher fand ein gemeinsamer Workshop für die LAGs Weinviertel – Manhartsberg und KamptalWagram sowie für die Regionen Pramtal, Sauwald

und Donau-Böhmerwald statt. Im Herbst 2011 stehen vier weitere Workshops mit insgesamt sechs LeaderRegionen auf dem Programm. Die für die Umsetzung von Leader besonders wichtige Zielgruppe der Gemeinden wurde mit der Konferenz „Gemeindeübergreifende Zusammenarbeit“ angesprochen. Im Rahmen dieser Veranstaltung, die mit dem Regionalmanagement Österreich und dem Österreichischen Gemeindebund organisiert wurde, konnten rund 70 TeilnehmerInnen von den Erfahrungen aus 24 kommunalen Kooperationsprojekten profitieren.

Transnationale Zusammenarbeit und Leader-Zukunft Nach wie vor sehr aktiv ist Leader Österreich in der transnationalen Kooperation (Transnational Cooperation = TNC). Mit der Beteiligung von 28 LAGs an TNCProjekten liegt Österreich im EU-Ranking an zweiter Stelle hinter Deutschland. Und: Auf der internationalen Leader-Konferenz LINC (eine Initiative von Österreich, Deutschland, Estland und Finnland), die dieses Jahr in der Sächsischen Schweiz stattfand, hatten 200 TeilnehmerInnen aus 13 Mitgliedstaaten die Gelegenheit, Kooperationen anzubahnen. Im Rahmen von LINC wurden von Rob Peters (GD AGRI) auch interessante Informationen zur Zukunft von Leader geboten. So sollen die Entwicklungsstrategie der Leader-Regionen und die Innovationsorientierung wieder an Bedeutung gewinnen. Die „Governance-Funktion“ von LAGs soll klarer geregelt und aufgewertet sowie der Freiraum für LAGs bei der Umsetzung ihrer Strategien wieder größer werden. |||


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Eine wettbewerbsfähige Land- und Forstwirtschaft für die Zukunft Die Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft zählte vor dem Hintergrund der Diskussionen über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU auch 2011 zu den Arbeitsschwerpunkten von Netzwerk Land, was in den Veranstaltungen und in der Medienarbeit sowie auf der Jahreskonferenz seinen Niederschlag fand. Christian Jochum und Michaela Rüel

Im April 2011 wurde der Agrar.Preis ausgeschrieben. Im Rahmen dieses Wettbewerbs wurden die besten landwirtschaftlichen Unternehmen 2011 gesucht (siehe Seite 38 ff.).

Christian Jochum und Michaela Rüel, Netzwerk Land, Agrar.Projekt.Verein

für Agrarwirtschaft und der CATT Innovation Management GmbH. Das in das EU-SEE-Projekt TECH.FOOD eingebettete Seminar beschäftigte sich mit Verbrauchererwartungen im Bereich „Regionalität“, informierte über den aktuellen Diskussionsstand, gab einen Ausblick auf das EU-Qualitätspaket und zeigte praktische Gesichtspunkte der Qualitätssicherung für KMU auf. Die mehr als 100 Teilnehmenden gingen in Arbeitsgruppen der Frage nach, welche Chancen und Perspektiven sich auf diesem Gebiet für Österreich ergeben.

Im Rahmen des Seminars „Kleiner Bauernhof – na und? Erfolg ist relativ“, das in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Niederösterreich organisiert worden war, wurden im Oktober praktische Beispiele der Einkommenskombination vorgestellt. Ziel war es, sinnvolle Perspektiven für jene Betriebe aufzuzeigen, die aufgrund ihrer Flächenausstattung oder sonstigen betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen keine Wachstumsperspektiven haben. Im Bereich der Forstwirtschaft kam es zu einer Kooperation mit dem Wildökologischen Forum AlpenQualität und Qualitätssicherung sind strategische raum zum Thema „Bauer, Wanderer, Gams und Wolf Schlüsselelemente der österreichischen Land- und – Zukunft der Mehrfachnutzung des Alpenraums“: Lebensmittelwirtschaft. Im Jahresprogramm wurden Man diskutierte die Konfliktfelder unterschiedlicher diese aktuellen Themen daher in Abstimmung mit der Nutzungsinteressen und sprach über FreizeitaktivitäInitiative „Unternehmen Landwirtschaft 2020“ aufge- ten im Alpenraum. griffen: Einen gelungenen Abschluss des Jahresschwerf Das Seminar „Innovation + Qualität = Wertschöppunktes „Wettbewerbsfähigkeit“ setzte die Netzwerkfung“ im Mai 2011 wurde gemeinsam mit dem Land-Jahreskonferenz 2011 in Lambach mit Vorträgen Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelu. a. zu den Themen „Was ist Erfolg?“, „Erfolg durch industrie organisiert. Etwa 70 Personen nahmen das Angebot an, mit hochkarätigen Vortragenden Effizienz“ und „Erfolg durch Kooperation“. Darüber hinaus gab es Einblicke in die Zukunft der ländlichen die Themen Eigenmarken, Handelskonzentration Entwicklung und in die innovative Welt der Leaderund Wertschöpfung zu diskutieren. Projekte. Die Agrar.Preis-Siegerehrung bildete den f Im Juni 2011 fand das Seminar „Lokale/regionale/ traditionelle Lebensmittel und Qualitätssicherung krönenden Abschluss der Konferenz. ||| − Ein Widerspruch?“ statt. Organisiert wurde die Einen Rückblick auf NWL-Veranstaltungen bietet Veranstaltung gemeinsam mit der Bundesanstalt www.netzwerk-land.at/netzwerk/veranstaltungsrueckblick.


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Der Österreichische Alpenverein als „Anwalt der Alpen“ Der Österreichische Alpenverein (OeAV) mit Sitz in Innsbruck ist eine der größten NGOs Österreichs. Mit 400.000 Mitgliedern in knapp 200 Sektionen und als größter sanfter Beherberger in den Ostalpen zählt der OeAV zu den Hauptakteuren für eine zukunftsfähige und nachhaltige Alpenentwicklung. Peter Haßlacher

Das Tun des OeAV fußt auf dem Vereinszweck, „Bergsteigen, alpine Sportarten und das Wandern zu fördern und zu pflegen“ sowie „die Schönheit und Ursprünglichkeit der Bergwelt zu erhalten, die Kenntnisse über die Gebirge zu erweitern und zu verbreiten und dadurch auch die Liebe zur Heimat zu pflegen sowie die Wissenschaft und Forschung in diesem Bereich zu fördern“. Der Alpenverein ist auch dem alpiDas Teams der Fachabteilung nen Natur- und Umweltschutz verpflichtet. Raumplanung-Naturschutz Der OeAV wurde 1862, also vor knapp 150 Jahdes Österreichischen ren, in Wien gegründet. Im Jahr 1927 wurde der NaAlpenvereins – von rechts turschutz in den Satzungen verankert. 1978 verabnach links: Liliana Dagostin (Umweltrecht), Christina schiedete die Hauptversammlung das erste „GrundSchwann (OeAV-Projekt satzprogramm für Naturschutz und Umweltplanung im Bergsteigerdörfer), Alpenraum“. 1980 kam es zur Einrichtung der FachabWilli Seifert (Besucherlenkung, Schutzgebiete), teilung Raumplanung − Naturschutz, die seither von Michaela Lüftner (Sekretariat), Peter Haßlacher geleitet wird; sein Team besteht derPeter Haßlacher (Leitung, zeit aus sechs Angestellten. Alpine Raumordnung) Der Verein sowie seine Landesverbände und Sektionen werden ehrenamtlich geführt. Die örtliche Verwurzelung über die Sektionen verleiht dem OeAV bei seinen Naturschutz- und Raumplanungsaktivitäten Bodenständigkeit, kommunale Erfahrung sowie hohe Kompetenz und damit politische Relevanz. Die Weiterbildung erfolgt durch ein vom Bundesausschuss 2010 beschlossenes Ausbildungskonzept im Rahmen der Alpenvereinsakademie. Damit werden die FunktionärInnen für ihre Arbeit in den Sektionsarbeitsgebieten und am Standort der Sektionen gestärkt. Einen besonderen Schwerpunkt stellt die Einforderung, Mitgestaltung und Verankerung einer ausge-

wogenen alpinen Raumordnung dar. Sie soll beim stets weiter voranschreitenden Aus- und Neubau technischer Infrastrukturen im Tourismus sowie im Energie- und Verkehrsbereich unter Beachtung des schmalen Dauersiedlungsraums in den Alpen Maßstäbe setzen, räumliche Limits vorgeben und durch das Vorrangprinzip die Entwicklung von Allerweltslandschaften vermeiden helfen. Der OeAV, selbst größter Grundeigentümer im Nationalpark Hohe Tauern, unterstützt Schutzgebietsbetreuungen und setzt Maßnahmen zur Besucherlenkung und -information in Schutzgebieten und seinen Arbeitsgebieten. Als anerkannte Umweltorganisation bezieht der OeAV in Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren Partei und hat einen Schwerpunkt im Umweltrecht. Ein besonderes Anliegen ist dem Alpenverein die Umsetzung der Alpenkonvention. Das vom Lebensministerium und von der EU unterstützte OeAV-Projekt „Bergsteigerdörfer“ entspricht dieser Zielsetzung und unterstreicht das intensive Interesse des OeAV an der Entwicklung des ländlichen Raumes. Der OeAV ist Mitglied des Umweltdachverbands, der CIPRA Österreich (Commission Internationale pour la Protection des Alpes; der OeAV stellt mit Peter Haßlacher derzeit den Vorsitzenden), des Club Arc Alpin (CAA) und des Verbands Alpiner Vereine Österreichs (VAVÖ). ||| Peter Haßlacher, Österreichischer Alpenverein, Leiter der Fachabteilung Raumplanung − Naturschutz

www.alpenverein.at www.bergsteigerdoerfer.at


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Regionalmanagement Österreich

Erfolg durch Vernetzung Der 2001 gegründete Verein Regionalmanagement Österreich setzt sich für die Unterstützung und Weiterentwicklung der Regionalmanagements in Österreich ein. Karl G. Becker

Vertreterinnen und Vertreter der drei Netzwerke mit der auf der Euregia 2010 unterzeichneten Charta

Der Verein umfasst heute beinahe alle Regionalmanagementeinrichtungen Österreichs und hat 24 ordentliche und fünf außerordentliche Mitglieder. Die Geschäfte des Vereins werden von einem Obmann gemeinsam mit dem Vorstand mit Unterstützung einer Assistentin des Vereins geführt. Der Beirat des Vereins besteht aus Vertretern der federführend finanzierenden Landesstellen. Als Netzwerk der österreichischen Regionalentwicklungseinrichtungen stehen vor allem Unterstützung und Vernetzung im Mittelpunkt seiner Tätigkeiten. So bietet der Verein seinen Mitgliedern verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten an. Im Rahmen der Höherqualifizierungsreihe 2009−2010 wurden Workshops zu verschiedenen Themen wie Konfliktmanagement und der Rolle von Führungskräften organisiert. In Kooperation mit dem Bundeskanzleramt, dem vorwiegenden Fördergeber des Vereins, entstanden der Bericht über innovative Regionen in Österreich sowie die Broschüre „Die Kraft der Regionen. Was 15 Jahre Regionalentwicklung bewirkt haben“. Dass Regionalmanagement in Österreich anerkannt ist, hat bereits MR DI Wolf Huber von der für Raumordnung und Regionalpolitik verantwortlichen Abteilung im

Bundeskanzleramt anlässlich der Euregia 2009 betont. Auf diesem von den drei Netzwerken Regionalmanagement Österreich, regiosuisse (Schweiz) und Regionen im Dialog (Deutschland) 2009 ausgerichteten Kongress entstand auch die Idee einer länderübergreifenden Charta. Diese gibt unter anderem die Weiterentwicklung des Prinzips „Regional Governance“ als Richtlinie vor und umreißt Regionalentwicklung im Spannungsfeld zwischen Innovation und Konsolidierung durch Kooperation als essenzielle Dimension. Die Charta wurde auf der Euregia 2010 im Anschluss an das transnationale Forum von den Vertreterinnen und Vertretern der drei Netzwerke unterzeichnet. Der Verein ist auch ein essenzieller Partner der EU-Gemeinderäte-Initiative des Außenministeriums, da er die Informationen über das Netzwerk an die Mitglieder verteilt. Im Jahr 2011 stehen unter anderem die Bereiche Jugend und Regionalentwicklung, gemeindeübergreifende Zusammenarbeit sowie Migration/Integration im Vordergrund. Im Herbst feiert der Verein auf seiner Jahrestagung sein 10-jähriges Bestehen. |||

Der Verein Regionalmanagement Österreich stellt sich vor Karl G. Becker, Mostviertler und Regionalmanager mit Leib und Seele, ist Obmann des Vereins Regionalmanagement Österreich, Regionalmanager für das Mostviertel sowie Obmann des Regionalmanagements Mostviertel. Ihm zur Seite steht als Assistentin die diplomierte Übersetzerin Mag. Evelyn Lukas. Sie ist für die Abwicklung „hinter den Kulissen“ − für das Projektmanagement und die Organisation − verantwortlich. www.rm-austria.at

Karl G. Becker, Regionalmanagement Österreich


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Hohe Berge, helle Köpfe In der Leader-Region Ennstal knüpft man an Traditionen an, um innovative Ideen umzusetzen. Teresa Arrieta Hoch ragen die Berge des Ennstals auf: Der Dachstein ist der höchste Berg der Steiermark, der Grimming steht imposant mitten in der Landschaft, südlich wird die Region von den Niederen Tauern gesäumt. Über die Talböden verstreut finden sich die typischen Heustadel, die teilweise noch heute genutzt werden. Viel Grün, viel Wald, kleine Dörfer, reichlich Wintertourismus. Die Leader-Region obersteirisches Ennstal besteht aus 26 Gemeinden im Bezirk Liezen. Die Ennstaler sind selbstbewusst, dynamisch und traditionsverbunden. Doch nicht nur ihr Stolz, sondern auch ihre Herzlichkeit und Offenheit fallen auf. Jeder Gast wird mit „Griaß di!“ empfangen, das Du-Wort ist selbstverständlich. Die Ennstaler richten den Blick in die Zukunft. „Bei uns gibt es sehr viele kreative Leut’, die innovative Projekte mit Engagement umsetzen“, erklärt Leader-Managerin Barbara Schiefer.

Schafhirte: ein neuer alter Beruf

Die Schäfer verbringen mehrere Wochen allein auf den Almen, begleiten die Herde bei jedem Wetter und brauchen viel Gespür, um die Tiere je nach Witterung rechtzeitig in höhere oder tiefere Lagen zu führen. Heute werden jeden Sommer rund 950 Schafe auf die Almen des Hauser Kaibling getrieben. „Es ist eine Freude zu beobachten, wie glücklich die Tiere im Freien sind“, so Schmiedhofer. „Sie wählen ihr Futter selbst, ernähren sich von den würzigsten Gräsern und Kräutern, und ich kann mich wunderbar entspannen, wenn ich ein paar Tage dort oben verbringe.“ Die Schafe begrasen auch jene Almen, die im Winter als Skipisten dienen. Sie ersetzen teure Mähmaschinen und verhindern die Verbuschung der Grünflächen. Das Schafprojekt belebt den Sommertourismus: „Wandernde Familien mit Kindern sind von den großen Schafherden mit Hund und Schäfer begeistert und stellen dem Hirten viele Fragen“. Die Gastwirtschaften am Hauser Kaibling haben den neuen Trend aufgenommen und bieten nun unter dem Titel „Schaferlebnis“ köstliche Lammgerichte und Wollprodukte an. Auch ein neuer Wanderpfad mit Informationen über den ökologischen Nutzen der Tiere wurde geschaffen. Das Projekt „Ennstal Lamm“ erlebte heuer bereits den vierten Almsommer und wurde mit dem NWL-Kulturlandschaftspreis 2010 ausgezeichnet.

Eine Erfolgsgeschichte ist etwa das von Leader geförderte Projekt „Ennstal Lamm“, das der Schafbauer Walter Schmiedhofer ins Leben gerufen hat. Vor drei Jahren gab es in der Region nur mehr drei Schafhalter, die im Sommer ihre Tiere auf die Alm trieben. „Früher waren wir an die dreißig“, erinnert sich Schmiedhofer. Mit finanzieller Unterstützung von Leader und den Hauser-Kaibling-Bergbahnen gelang es ihm, Bauern zur Schafzucht zu motivieren und einen uralten Lodenwalken mit Gefühl und Muße Beruf wiederzubeleben: den des Schafhirten. Für die- Vom Traditionsbewusstsein der Ennstaler zeugt auch sen meditativen Beruf interessieren sich immer mehr ein weiteres preisgekröntes Leader-Projekt: die Meisterstraße Ennstal als Teil der Meisterstraße SteierStädter.


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mark. Acht Handwerksbetriebe präsentieren ihre authentische Kunst, darunter eine Lederschneiderei, eine Hafnerei und die Lodenwalke Ramsau. Ihr Besitzer Jörg Steiner betreibt dieses „ehrliche Handwerk“, wie er es nennt, bereits in der fünften Generation. Der Betrieb ist mit 577 Jahren so alt wie die Kulturtechnik selbst. Noch heute findet die Lodenherstellung von der Zubereitung der Rohwolle über das Spinnen bis hin zum Weben und Walken unter einem Dach statt. „Wolle braucht Weile “, so die Devise. Beim Walken wird das Wolltuch in lauwarmem Wasser durch Druck und Reibung verfilzt; anschließend wird die Stoffbahn im Freien zum Trocknen aufgehängt. „Aufs Fühlen kommt es an“, erklärt der Walkermeister. Die rechte Dichte muss während des Vorgangs ständig per Hand überprüft werden. Dank dieses kreativen Betriebs hat im Ennstal ein regelrechtes Loden-Revival eingesetzt. Die Lodenwalke Ramsau bietet auch sportlich-modische Kleidung aus Wollstoffen an: etwa eine Snowboardhose aus Loden, die beim „Meisterstücke-Wettbewerb“ den ersten Preis errang und sich auch bei Jugendlichen größter Beliebtheit erfreut. „Wir holen traditionelle Schnitte in die moderne Zeit, das macht unseren Erfolg aus“, verrät Jörg Steiner.

Steirerkas und Regional-Wiki Alte Tradition neu interpretiert: Diesem Grundsatz folgt auch das Leader-Projekt „Steirerkas-Roas mit Almdiplom“, eine Kooperation von Almbauern, die den würzigen Steirerkas auf den Almen des Naturparks Sölktäler noch selbst herstellen. Steirerkas wird aufs Brot gebröselt oder als Fülle in gebackenen Roggenkrapfen genossen. Einheimische und TouristInnen werden zur Erlangung des Almdiploms von einem ausgebildeten Almführer durch ein lustiges und lehrreiches Kasprogramm geführt: Die Anforderungen reichen vom Melken einer „Gummiliesl“ übers Almblumen-Erkennen bis zum Gstanzldichten. „Über den Spaß vermitteln wir unseren Gästen viel Hintergrundwissen über die Region“, erklärt Projektleiter Volkhard Maier. Dank des erfolgreichen Käseprodukts wird die Region demnächst mit dem begehrten Titel „Genussregion“ geadelt. Nicht minder innovativ ist auch das von Leader geförderte Projekt „Ennstal-Wiki“ (www.ennstalwiki.at) – ein Online-Nachschlagewerk, das Informationen über

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die Geschichte, Geographie, Kultur und Politik der Region bietet. Alle Ennstaler sind zur Mitarbeit aufgerufen und können Artikel ins Netz stellen. Diese offene Internetplattform ist erst seit einigen Monaten online und umfasst schon über 1888 Beiträge. „Wissen wird mehr, wenn man es teilt“, meint Projektinitiator Martin Huber. In einer Zeit, in der das Heimatgefühl verloren geht, erhalten die Einheimischen die Möglichkeit, mehr Bewusstsein für die eigene Geschichte und Gegenwart zu entwickeln. Die Projekte stiften Identität und spannen einen Bogen zwischen Vergangenheit und Zukunft – dieses Anliegen ist im Ennstal auf Schritt und Tritt spürbar. ||| Teresa Arrieta, freie Journalistin, Ö1-Sendungsgestalterin und Filmemacherin

Optimistisch und zukunftsorientiert Im Gespräch mit Barbara Schiefer, Leader-Managerin in der Region Ennstal Frau Schiefer, Sie sind seit 2008 Leader-Managerin im Ennstal. Wie definieren Sie Ihren Job? Am wichtigsten sind mir der gute Kontakt zu den Menschen und eine offene Gesprächsbasis. Die Begleitung von Projekten von der Idee bis zur Umsetzung macht mir viel Spaß; aber auch ausreichend Hilfestellung bei der Bewältigung von bürokratischen Abläufen ist wichtig. Besonders liebe ich an meiner Arbeit, dass ich mit sehr unterschiedlichen kreativen und engagierten Leuten zu tun habe. Sind die Menschen leicht zur Mitarbeit zu motivieren? Die Menschen im Ennstal haben viele Ideen und setzen diese rasch um. Es ist keine resignierende Region, ganz im Gegenteil: Die Ennstaler sind optimistisch und zukunftsorientiert. Mich begeistert diese intelligente Mischung zwischen Tradition und Innovation, welche die Menschen hier verkörpern und auch leben.

www.leader-ennstal.at


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Semmering, Schneeberg, Rax

Zwischen Tradition und Aufbruch Die Leader-Region Niederösterreich Süd war früher Urlaubsziel vieler Künstler. Stil und ein ganz spezielles Flair prägen diese Region der Kontraste bis heute. Teresa Arrieta Ein geschichtsträchtiges Gebiet: Heimito von Doderer, Viktor Frankl, Ludwig Wittgenstein und Arthur Schnitzler suchten rund um Reichenau an der Rax Erholung. Ferdinand Raimund fuhr am liebsten ins heute auch „Biedermeiertal“ genannte Piestingtal zur Sommerfrische; er wurde dort auch begraben. Bereits im 19. Jahrhundert erlangte der Luftkurort Semmering als Ausflugsziel des Wiener Bürgertums Berühmtheit. Davon zeugen noch heute prachtvolle Villen, Pavillons und das von Adolf Loos erbaute Landhaus Khuner am Kreuzberg. Beeindruckend ist auch die 1854 eröffnete Semmeringbahn mit einem Scheitelpunkt von fast 900 m Seehöhe. Sie überwindet steile Felswände, quert Brücken und Viadukte, passiert insgesamt 18 Tunnel und gewährt atemberaubende Ausblicke. Der Dichter Peter Rosegger beschrieb die Lokomotive der Bahn als „kohlschwarzes Wesen“, an dem „ganze Häuser dranhängen“. Die Semmeringbahn wurde als bedeutendes Bauwerk 1998 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Rax und Schneeberg gelten noch heute als Wiener Hausberge und sind beliebte Destinationen für Winter- und SommertouristInnen. Die Hohe Wand wird von Paragleitern und Drachenfliegern geschätzt. Kulturevents von den Reichenauer Festspielen bis zu den Raimundfestspielen in Gutenstein ziehen viel Publikum an, Wanderer bewundern das Wildwasser der Myrafälle. Die Region ist außerdem das „Wasserschloss von Wien“ und versorgt über die erste Wiener Hochquellenwasserleitung einen Teil der Bundeshauptstadt mit reinem Gebirgswasser.

Altes Handwerk und neue Energiekonzepte In der Leader-Region ist aber auch die bäuerliche Kultur präsent. Das Waldbauernmuseum Gutenstein zeugt von der bis heute gepflegten Kunst des Pechens (immaterielles UNESCO-Kulturerbe), der Harzgewinnung durch Einschneiden von Föhrenrinde. Und das Holzfällersportteam Piestingtal ist Weltmeister im Mannschaftsbewerb der Forstarbeiter. „Die Menschen bei uns sind reserviert, aber wenn man ihnen Anregungen gibt, entwickeln sie rasch Begeisterungsfähigkeit“, weiß Leader-Manager Martin Rohl. Sein Gebiet umfasst die Kleinregionen Semmering-Rax, Schneebergland und Schwarzatal. Es erstreckt sich vom Semmering bis nach Bad Fischau – Brunn bzw. Schwarzau im Gebirge und Rohr. Martin Rohl ist seit drei Jahren Geschäftsführer der Leader-Region Niederösterreich Süd, die er derzeit auf dem Weg zur Energiemodellregion begleitet. Sämtliche 34 Gemeinden haben ein gemeinsames Energiekonzept erstellt. Ziele sind u.a. der vermehrte Einsatz erneuerbarer Energieträger, mehr Energieeffizienz und Bewusstseinsbildung. 15 Landwirte haben im Schneebergland eine mobile Ölpresse angeschafft und die Traktoren auf Pflanzenölbetrieb umgestellt. Außerdem werden Ternitz, Neunkirchen und Wimpassing neuerdings mit Fernwärme versorgt. Bald soll es auch einen Zusammenschluss der Energieerzeuger der Region (Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik) als Ökostromanbieter geben. „Mit dem regionalen Energiekonzept wurde ein Fahrplan für die nächsten zehn Jahre geschaffen“, freut sich Martin Rohl.


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Süße Säfte, scharfe Brände

Visionen als Antrieb

Ökologie wird auch in der Fruchtwelt Mohr-Sederl groß geschrieben. Der Saftbauer Andreas MohrSederl aus Zweiersdorf stellt seit mehreren Jahren mit Leader-Unterstützung Fruchtsäfte erster Qualität her. Verwendet werden nur Früchte heimischer Obstbaubetriebe. Durch schonendes Erhitzen bleiben Vitamine und Geschmack erhalten. Die köstlichen Säfte in den kreativen Sorten Alpenkracher, Apfel-Weichsel etc. sind auch in wieder befüllbaren Designerkartons mit Zapfhahn zu erstehen und sogar in Deutschland heiß begehrt. Zum Betrieb gehören ein Mostheuriger und eine „Fine Distillery“, in der mehrfach ausgezeichnete Brände und Cuvées hergestellt werden. „Authentizität ist das Wichtigste“, erklärt MohrSederl seinen Erfolg. „Meine Produkte und das Marketing müssen mit mir glaubwürdig zusammenpassen.“ Als Vereinsobmann der Genussstraße Schneebergland ist er bestrebt, die hochqualitativen Lebensmittelhandwerker seiner Region zusammenzuführen. „Ich liebe die landschaftliche Vielfalt meiner Heimat und die gute Infrastruktur und spüre die Aufbruchsstimmung.“ In seiner Heimatgemeinde Höflein an der Hohen Wand leben auch viele klassische Musiker, „eine gute Mischung von Bodenständigkeit und Eleganz“.

Im Gespräch mit Martin Rohl, Leader-Manager der Region Niederösterreich Süd

Paradiesische Ausblicke In schwindelerregende Höhen führt das nächste Leader-Projekt: „Schaublicke“ nennt sich der neue Themen-Rundwanderweg, der auch mit Kinderwägen und Rollstühlen befahren werden kann. Sportliche Menschen besteigen den Schneeberg zu Fuß, weniger Ehrgeizige bevorzugen die in Puchberg abfahrende Salamanderbahn, um dem Gipfel nahe zu kommen. Oben ermöglichen neu montierte Fernrohre den Blick auf herrliche Alpenpanoramen. „An klaren Tagen sieht man bis zum Neusiedler See“, erzählt Michaela Jagersberger, Mitarbeiterin der Schneebergbahn. Das überdachte „Kaleidoskop“-Haus bietet eine Multimediaschau mit neuester Technologie.

Lernen, wie die Wirtschaft tickt Nicht weit entfernt fand 2010 ein Leader-Projekt statt, das sich den Karrieren von Jugendlichen widmete: Im sechsmonatigen Kurs „Jugend für das Schneebergland“ erhielten junge NiederösterreicherInnen ein

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Herr Rohl, worin sehen Sie als Leader-Manager Ihre Aufgabe? Mein Ziel ist es, in der Bevölkerung eine noch stärkere Verbundenheit mit der eigenen Geschichte und noch mehr Identität zu schaffen. Derzeit gibt es zahlreiche Initiativen. Beginnend mit Leader über die Dorferneuerung bis hin zum Regionalmanagement. Das muss erst einmal ins Bewusstsein integriert werden. Wie motivieren Sie die Menschen zu neuen Projekten? Ich bemühe mich, mit möglichst unterschiedlichen Leuten ins Gespräch zu kommen und zu erspüren, was die Menschen wirklich bewegt. In der Bevölkerung gibt es immer einige regionale Leitfiguren, die dann zu MultiplikatorInnen werden. Es beginnt mit unverfänglichen Gesprächen, mit einem Abtasten. Daraus entwickelt sich dann etwas. Wann ist ein Regionalentwicklungsprojekt erfolgreich? Wenn die Betreiber es wirklich ernst meinen. Die Idee muss geerdet sein. Nicht das Geld darf im Vordergrund stehen, die Menschen muss eine Vision antreiben. www.leader-noe-sued.at

umfassendes Projektmanagement-Training. Sie drehten im Auftrag eines Nahrungsmittelberater-Unternehmers einen Werbefilm und gestalteten den multimedialen Internetauftritt einer Wohnstätte für behinderte Menschen. Die Aufgaben reichten von der Projektkalkulation über die Sponsorensuche bis hin zur praktischen Umsetzung mit Profis aus der Filmund Vertriebsbranche. „Die Teilnehmenden haben begeistert mitgemacht und gelernt, wie die Wirtschaft tickt“, fasst Trainer Günter Schwarz seine Erfahrungen zusammen. Ziel des Projekts war, dass die Jugend sich intensiver ins Gemeindeleben einbringt, Teresa Arrieta, freie Journamehr Selbstbewusstsein gewinnt und Visionen für die listin, Ö1-Sendungsgestalterin und Filmemacherin eigene berufliche Zukunft entwickelt. |||


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Vernetzung und ländliche Entwicklung in Slowenien Auch wenn die Möglichkeiten für die Landwirtschaft in Slowenien begrenzt sind, trägt sie entscheidend zur Aufrechterhaltung der Besiedlung sowie zur Bewahrung der Kulturlandschaft und des ökologischen Gleichgewichts bei. Matej Štepec

In Slowenien treffen mediterrane, alpine, pannonische und dinarische Landschaften aufeinander. Dies spiegelt sich in einer abwechslungsreichen Vielfalt von Kulturlandschaften, Architektur und lokalem kulturellem Erbe sowie reichen Ökosystemen wider. In der Struktur der Bodennutzung überwiegen Wälder, die 59,8% des Staatsgebiets bedecken, womit der 3. Platz in der EU belegt wird. 32% des Staatsgebiets werden landwirtschaftlich genutzt. Der Grünlandanteil in der landwirtschaftlichen Bodennutzung liegt weit über dem EU-Durchschnitt, was hauptsächlich auf die Reliefvielfalt, Feuchtigkeit des Klimas, höhere durchschnittliche Meereshöhe und Karsterscheinungen im Großteil des Landes zurückzuführen ist. Landbau wird in Tälern und Becken und in der pannonischen Ebene im Nordosten, dem wichtigsten Landbaugebiet Sloweniens, betrieben. Als Wein- und Obstbaugebiet hat Slowenien pro Einwohner eine vergleichbare Fläche mit Dauerkulturen wie die EU. Aufgrund der teils submediterranen, teils subpannonischen geografischen Lage ist die Fläche für den Anbau von Weinreben sowie Obst- und Olivenbäumen relativ groß. Der Großteil der landwirtschaftlichen Flächen (72,5%) befindet sich in benachteiligten Gebieten. Die landwirtschaftliche Tätigkeit ist

zwar trotz ungünstiger Bedingungen nicht völlig unmöglich, doch die Produktionskapazität der Betriebe ist stark eingeschränkt, die Auswahl der Kulturpflanzen begrenzt. Die daraus resultierenden Anpassungen in Produktion und Technologie verteuern die Produktion. Betriebe in diesen Gebieten sind weniger wettbewerbsfähig und aufgrund spezifischer natürlicher Bedingungen auch weniger anpassungsfähig. Dennoch spielt die Landwirtschaft in diesen Gebieten für die Aufrechterhaltung der Besiedlung und die Bewahrung der Kulturlandschaft sowie für das ökologische Gleichgewicht eine wichtige Rolle. Das Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums der Republik Slowenien 2007–2013 strebt eine wettbewerbsfähige Anpassung des Agrar-, Forst- und Lebensmittelsektors an die Erfordernisse des Gemeinsamen Marktes, die Förderung der Lebensmittelsicherheit und -qualität, die Entwicklung alternativer Einkommensquellen sowie die Erhaltung und nachhaltige Entwicklung multifunktioneller Wälder an. Die Erhaltung und Entwicklung des ländlichen Raums, seines natürlichen und kulturellen Erbes sowie von Werten und Traditionen sind die Grundlage für Tourismus, Kleinunternehmertum und Dienstleistungen. Sie sichern auch die gleichmäßige Besied-


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lung sowie eine nachhaltige und ausgeglichene Ent- jährlicher Umsetzungsplan, der vom Lenkungsausschuss für das Netzwerk für den ländlichen Raum wicklung aller Regionen im Land. erstellt wird. In diesem Lenkungsausschuss wirken Beitrag des Netzwerks für den 16 VertreterInnen verschiedener Regierungsinstituländlichen Raum tionen sowie privater Einrichtungen und NGOs mit. Das slowenische Netzwerk für den ländlichen Raum Dies sind unter anderem die Agentur der Republik Slohat die Aufgabe, zur besseren Aufklärung der Öffent- wenien für Agrarmärkte und Entwicklung des ländlilichkeit und potenzieller Begünstigter über die Ziele chen Raums (ARSAMELR, Zahlstelle), die Land- und und Maßnahmen der Politik zur Entwicklung des länd- Forstwirtschaftskammer Sloweniens (LFWKS), die lichen Raums auf nationaler und auf EU-Ebene beizu- Vereinigung der slowenischen Gemeinden, der Vertragen. Außerdem soll es Einzelpersonen und Organi- band für die Entwicklung des slowenischen ländlisationen miteinander vernetzen und zur Teilnahme am chen Raums, die Vereinigung der ländlichen Frauen ländlichen Entwicklungsprogramm ermutigen. Sloweniens, der Bund der ländlichen Jugend Sloweniens, das Institut für Naturschutz, das Institut für die Das Netzwerk konzentriert sich vor allem auf die Ab- Erhaltung des slowenischen kulturellen Erbes, die sicherung Biotechnische Fakultät, das Landwirtschaftsinstitut f des Informationsflusses zwischen lokaler, Sloweniens, die Gewerkschaft der Landwirte Slowenationaler und EU-Ebene über Möglichkeiten niens, das Ökosoziale Forum und LAGs. und Umsetzung der Politik zur Entwicklung An der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit des ländlichen Raums, sind viele Einrichtungen beteiligt. Das Netzwerk kooperiert eng mit der PR-Abteilung des Ministeriums f des Informations- und Wissensaustausches und mit Informationsstellen der ARSAMELR, der zwischen Netzwerkmitgliedern, LFWKS und des Forstdienstes. Eine wichtige Rolle bei f interregionaler und grenzüberschreitender der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit spielen Zusammenarbeit, f der Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten auch die 33 slowenischen LAGs. der Begünstigten für eine hochwertige UmsetPrioritäten des Netzwerks 2011 zung der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums. Für 2011 wurden vom Lenkungsausschuss folgende Prioritäten in der Netzwerkarbeit festgelegt: Folgende Maßnahmen sollen gewährleisten, dass die f Verbesserung der Umsetzung der Maßnahmen Ziele des nationalen Netzwerks erreicht werden: im Rahmen des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums, f Förderung der Kommunikation auf allen Ebenen, f Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen den f Vorstellung und Verbreitung neuer AkteurInnen, Ausschreibungen, f Ausbildung potenzieller Begünstigter. f Förderung von Leader-Kooperationsprojekten und Verbreitung bewährter Praktiken. Das nationale Netzwerk für den ländlichen Raum agiert im Rahmen des Ministeriums für Land- und Die selbständige Republik Slowenien besteht seit Forstwirtschaft und Ernährungswesen. Die Durchfüh- zwanzig Jahren, und genau so lange wird schon inrung einzelner Aufgaben wird aber verschiedenen tensiv an einer zeitgemäßen, integrierten Entwicklung kompetenten Organisationen und Einzelpersonen des ländlichen Raums gearbeitet. Anlässlich des heuübertragen – gemäß dem Verfahren zur Vergabe rigen Jubiläums ist eine erste große Versammlung vorgesehen, um auf das Erreichte zurückzublicken öffentlicher Aufträge. und die Akteurinnen und Akteure dazu anzuregen, Lenkungsausschuss erstellt über die Prioritäten der slowenischen ländlichen GeArbeitsprogramm biete im nächsten Programmplanungszeitraum ab Basis für die Arbeit des nationalen Netzwerks ist ein 2014 nachzudenken. |||

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Kontakt www.mkgp.gov.si/si/ delovna_podrocja/ program_razvoja_ podezelja_2007_2013/ mreza-podezelje.mkgp@ gov.si

Matej Štepec, Berater im Ministerium für Land- und Forstwirtschaft und Ernährungswesen, Slowenien


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ausblicke 2 |11 Internationale Termine

Internationale Termine Frankreich European Mountain ICT Forum 9.–10. November 2011 > Seynod Europa hat zahlreiche und vielfältige bewohnte Bergregionen, in denen sich – unter günstigen Voraussetzungen – für die BewohnerInnen interessante neue wirtschaftliche Aktivitäten entwickeln können. Das heuer erstmals stattfindende European Mountain ICT Forum in den französischen Alpen, an dem 250 RepräsentantInnen und EntscheidungsträgerInnen aller europäischen Berggebiete teilnehmen werden, will zur digitalen Integration der Bergregionen und ihrer Bevölkerung beitragen. Thema der Veranstaltung sind innovative, durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien möglich gewordene Strategien, die eine verstärkte Entwicklung der Bergregionen Europas in den Bereichen Infrastruktur, Raumplanung, Gesundheit, Tourismus, Risikomanagement und Biodiversität gewährleisten können. Nähere Informationen: http://en-emict-forum.typepad.com/emict/ Italien Communicating Rural Development to Citizens 17.–18. November 2011 > Mailand Das Projekt „Communicating Rural Development to Citizens“ zielt darauf ab, auf der Grundlage einer Sammlung von Beispielen der optimalen Kommunikation von Erfahrungen im Bereich der ländlichen Entwicklung Anhaltspunkte für sinnvolle Investitionen von Mitteln der Europäischen Union zu erarbeiten. Das Spektrum der Beispiele umfasst nationale wie internationale Lösungen. Die in Mailand im November stattfindende Veranstaltung präsentiert den derzeitigen Stand der Arbeit. Nähere Informationen: www.reterurale.it/flex/cm/pages/ServeBLOB.php/ L/IT/IDPagina /5595

Deutschland Kongress Nawaro-Kommunal „Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen – Rohstoffsicherung und Benefit für Kommunen“ 22.–23. November 2011 > Berlin Neben Umweltaspekten bei der Beschaffung von Rohstoffprodukten und deren Bewertung geht es bei diesem Kongress um die praktische Berechnung von Lebenszykluskosten, Zertifizierungen, die Gestaltung von Beschaffungsrichtlinien und deren Einbindung in kommunale Klimakonzepte. Im Rahmen einer Produktschau wird Vertretern von Kommunen, aber auch Architekten und Fachjournalisten eine große Bandbreite von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen für verschiedene kommunale Handlungsfelder vorgestellt. Nähere Informationen: www.fnr.de/kongress-nawaro-kommunal2011/ Deutschland Internationale Grüne Woche Berlin 20.–29. Januar 2012 > Berlin Diese Messe ist eine in ihrer Ausrichtung einzigartige internationale Ausstellung der Ernährungs- und Landwirtschaft sowie des Gartenbaus. Nahrungsund Genussmittelproduzenten aus aller Welt nutzen die IGW in Form von Ländergemeinschaftsschauen und Produktpräsentationen als Absatz- und Testmarkt sowie zur Imagefestigung. Obst und Gemüse, Fisch, Fleisch sowie Molkereiprodukte nehmen in diesem Zusammenhang einen zentralen Stellenwert ein. Dem Wertewandel entsprechend bieten Agrardirektvermarkter und der BIO MARKT mit Produkten aus kontrolliert biologischem Anbau ein aktuelles Spektrum von Nahrungs- und Genussmitteln. In den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau werden neben zahlreichen kommerziellen Beteiligungen wie etwa im Sektor nachwachsende Rohstoffe auch halbkommerzielle Initiativen wie etwa auf dem Gebiet des Einsatzes von Bioenergie vorgestellt. Nähere Informationen: www.gruenewoche.de


Literatur- und Webtipps ausblicke 2 |11

Literaturtipps

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Strategien gegen den Bodenverlust, Umweltbundesamt-Studie zur Bodenversiegelung in der EU, 2011 Das Umweltbundesamt hat im Auftrag der Europäischen Kommission eine aktuelle Studie zur Bodenversiegelung erstellt. Der Bericht enthält Empfehlungen, um den fortschreitenden Flächenverbrauch in der EU zu reduzieren und die Auswirkungen einzudämmen. Jährlich werden in den EU-Mitgliedstaaten weitere rund 1000 km² Boden (eine Fläche so groß wie Berlin) durch Straßen und Bauwerke bedeckt. Dadurch wird fruchtbarer Lebensraum dezimiert, Grundwasservorkommen sind gefährdet. Nähere Informationen: www.umweltbundesamt.at//news110608/ Axel Brüggemann, Landfrust. Ein Blick in die deutsche Provinz. Schluss mit der Romantisierung des Landlebens!, Rowohlt 2011, ISBN 978-3-463-40592-6 Immer mehr Städter ziehen inzwischen aufs Land – oder träumen vom Häuschen im Grünen. Doch ist dort wirklich das Idyll zu finden, nach dem sich alle sehnen? Axel Brüggemann, der selbst aus Berlin zurück in sein norddeutsches Heimatdorf zog, geht dieser Frage nach und reist durch die deutsche Provinz. Und er stellt fest, dass das Landleben, wie man es sich als Städter vorstellt, mittlerweile kaum noch existiert. Ausgeprägter Gemeinschaftssinn der Dorfbevölkerung, nachbarschaftliche Hilfe und ein ruhiges Leben im Einklang mit der Natur sind nur noch selten zu finden. Stattdessen werden in der Provinz Schulen und Arbeitsplätze rar, und die jungen Menschen verlassen das Land in Richtung Stadt. Axel Brüggemann rückt einige Klischees über das Glück zwischen Kuhstall und TanteEmma-Laden zurecht, erzählt anekdotenreich und unterhaltsam vom Leben in seinem Dorf und wirft einen mal kritischen, mal liebevollen Blick auf die deutsche Provinz. Denn eines ist ganz sicher: Das Leben auf dem Land lohnt sich doch. Roland Deiser, Designing the Smart Organization: How Breakthrough Corporate Learning Initiatives Drive Strategic Change and Innovation, Wiley 2009, ISBN 978-0470-49067-9 Der sich verschärfende Wettbewerb auf dem internationalen Markt und die unbeständige und sich unablässig verändernde wirtschaftliche Landschaft haben Corporate Learning als für einen nachhaltigen Erfolg wesentliche Geschäftsstrategie in den Vordergrund treten lassen. Das Buch stellt einen innovativen Ansatz vor, der in jeder Organisation zu bemerkenswerten Ergebnissen zu führen verspricht. Der Autor wirft traditionelle Vorstellungen über Bord und gelangt zu einer Neubestimmung von Corporate Learning als zentralem Motor nachhaltiger „strategischer Kompetenz“ von Unternehmen.

Webtipp

Feld & Hof – die Agrarplattform Auf der unabhängigen Agrarplattform www.feldundhof.at können vollständig kostenlos, unverbindlich und anonym Anfragen und Angebote rund um agrarnahe Produkte (Brennstoffe, Holz, Tiere, Tiernahrung etc.) inseriert werden. Die Plattform unterstützt das Suchen und Finden in der Landwirtschaft sowohl für Landwirte als auch für gewerbliche Anbieter. Die Plattform spart Zeit und Geld für Feld und Hof.


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ausblicke 2 |11 NWL-Veranstaltungen

NWL-Veranstaltungen Waldumweltmaßnahmen: Umsetzung in Österreich und Deutschland 14.–15. November 2011 > Passau Wälder sind nicht nur Lieferant von wertvollen Rohstoffen wie Holz und haben somit wirtschaftlichen Nutzen, sondern stellen auch wichtige Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten dar. Zudem schützen gesunde und standortgemäß bewirtschaftete Wälder vor Naturgefahren und dienen als Erholungsraum. Erhalt und nachhaltige Verbesserung des ökologischen Zustands der Wälder sind daher unabdingbar. Im Rahmen des im November stattfindenden Fachsymposiums „Waldumweltmaßnahmen: Umsetzung in Österreich und Deutschland“, das in Kooperation mit der Deutschen Vernetzungsstelle durchgeführt wird, sollen die gegenwärtigen Schritte unter die Lupe genommen und im internationalen Kontext betrachtet werden. Zur Sprache kommt neben der derzeitigen Gestaltung und Umsetzung der Maßnahmen, ob und inwiefern die Interventionen zielführend sind. Auch mögliche Adaptionen der bestehenden Maßnahmen werden zur Diskussion stehen. Direkt im Anschluss an die Tagung besteht die Möglichkeit, an einer Exkursion in den Neuburger Wald, keine 5 km von der Stadtmitte Passaus entfernt, teilzunehmen. Forstdirektor Michael Held vom Forstamt Neureichenau wird vor Ort auf den Konflikt zwischen nachhaltiger Waldnutzung, Naherholung und Naturschutz eingehen. www.netzwerk-land.at/umwelt/veranstaltungen/ waldumweltmassnahmentagung

Schutz von Oberflächengewässern im Programm für ländliche Entwicklung 14. Dezember 2011 > Wien In diesem Seminar werden Informationen zu den für Oberflächenwasserschutz relevanten Maßnahmen im Programm für ländliche Entwicklung 2007–2013 zusammengetragen. Vor- und Nachteile der bestehenden Maßnahmen werden analysiert und Empfehlungen für deren Weiterentwicklung abgegeben. Zudem soll eruiert werden, welche Verbindungen es zwischen dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGB) und dem sogenannten Grünen Pakt für die Entwicklung des ländlichen Raums gibt, welche Rolle die darin vorgesehenen Maßnahmen bei der Umsetzung des NGBs spielen und welche Perspektiven sich für den Wasserschutz im Rahmen der verschiedenen politischen Instrumente auftun. www.netzwerk-land.at/umwelt/veranstaltungen/ oberflaechengewaesser2011


Impressum ausblicke – Magazin für ländliche Entwicklung ist die zweimal jährlich erscheinende Zeitschrift von Netzwerk Land. Inhalt: Informationen zu Themen der ländlichen Entwicklung und Neuigkeiten von Netzwerk Land und Partnernetzwerken. Netzwerk Land ist die vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eingerichtete Servicestelle zur Begleitung und Vernetzung des Österreichischen Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013. Mit der Durchführung des Vernetzungsauftrages wurde eine Bietergemeinschaft aus den Partnerorganisationen Agrar.Projekt.Verein, Umweltdachverband und ÖAR-Regionalberatung betraut. © Netzwerk Land, Oktober 2011 Die Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Medieninhaber und Herausgeber Agrar.Projekt.Verein im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Dresdner Straße 70, A-1200 Wien, Tel. 01/332 13 38-14, office@netzwerk-land.at Redaktion Hemma Burger-Scheidlin (Umweltdachverband) Luis Fidlschuster (ÖAR-Regionalberatung) Christian Jochum (Agrar.Projekt.Verein) Michael Proschek-Hauptmann (Umweltdachverband) Michaela Rüel (Agrar.Projekt.Verein) Lektorat Wolfgang Astelbauer, Karin Astelbauer-Unger Grafische Konzeption neuwirth+steinborn Gestaltung und Layout Andrea Neuwirth, Büro für visuelle Gestaltung www.andreaneuwirth.at Mitarbeit: Gabriel Fischer Druck Remaprint, Wien Papier Dieses Magazin ist auf Claro bulk 135 g/m2 und Munken Pure Rough 300 g/m2 , PEFC-zertifizierten Papieren, gedruckt.

Abbildungsnachweis Seite 1: BMLFUW/Newman; Seite 2: © Robert Kneschke – Fotolia.com; Seite 3: © Ruggiero.S – Fotolia.com; Seite 4+5: Hanspeter-Bolliger/pixelio.de; Seite 6: © FotoGentile; Seite 7: © Stephanie Frey – Fotolia.com; Seite 8 (links): Reiner Schedl/ pixelio.de; Seite 8+9: Rainer Sturm/pixelio.de; Seite 10+11: Thommy Weiss/pixelio.de; Seite 12: Kuratorium Wald; Seite 13, 48+49, 51, 52: Netzwerk Land; Seite 14: Klaus Wanninger; Seite 15: Ernst Modritsch; Seite 17: NPHT/Rieder; Seite 18, 20: ÖAR-Regionalberatung GmbH; Seite 19: ecoplus; Seite 21: Land Vorarlberg/Johannes Rinderer; Seite 22+23: Villgrater Natur; Seite 24 (oben): Diana Mohr/pixelio.de; Seite 26: Walter Schreiner; Seite 30 (v. o. n. u.): Hans-Peter Huber, Verein Baumkronenweg, Mauracher Hof; Seite 31: Manfred Siegele; Seite 32: Gunther Naynar; Seite 35: © Jana Behr – Fotolia.com; Seite 37 (oben): Frischauf-Bild/Innsbruck; Seite 38+39: Bernhard Brand; Seite 41 (1. Bild links), 42: Dieter Mathis; Seite 41 (2. Bild links, alle Bilder rechts), 43, 44, 45, 46: Gerald Lechner; Seite 47: © agrarfoto.com; Seite 50: © U. Hardberck – Fotolia.com; Seite 53: Uli Matschenko/ GenussKrone; Seite 55 (Porträt): Steve Haider; Seite 56+57: ikarus.cc; Seite 57: Herbert Raffalt; Seite 58+59: Franz Zwickl; Seite 59 (Porträt): Hans Ringhofer; Seite 62+63 (oben): © UMA – Fotolia.com; Seite 63 (unten): © dinostock – Fotolia.com; Seite 64: © Diane Webb – Fotolia.com. Umschlagvorderseite: © iStockphoto.com/Gorfer Umschlaginnenseite: Medienleiter/Markus Leiter/pixelio.de Umschlagrückseite: © Vladimir Nikulin/123RF

Alle übrigen Bilder wurden von den AutorInnen zur Verfügung gestellt.


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