


deEnsembleleistungderWalküren rührte sicher auch daher, dass für denkurzfristigenAusfallderHelmwige ganz schnell Ersatz in Person der Bayreuth-erfahrenen Christiane Kohl zur Stelle war.
Die inszenatorische Deutung von Alexander Müller-Elmau zeigt zunächst wenig Hoffnung auf Erlösung. Hunding haust in dreckigem Ambiente, verarmt und mit geschwärzten Oberarmen muss Sieglinde ihn vor dunklem Mond im ausweglos-geschlossenen, viereckigen Bühnenraum in einer sozial abgehängten Trash-Welt erdulden. Erst der zweite Akt offenbart eine Drehscheibe, der Mond teilt sich, und etwas Licht und Zuversicht nimmt sich des Raumes an, der schließlich mit dem Feuerzauber des Finales im dritten Akt in rötlich-waberndem Nebel doch noch zu etwas wie Zukunft werden könnte. Eine herkömmliche, aber doch zutreffende Lesart, die nur durch die von Anfang bis Ende der Handlung folgenden Statisten etwas ermüdend geriet. Das Publikum spendierte begeisterten Applaus. S.
OLDENBURG Elias
4. Dezember
Barnstorfhe: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es denn.“ Drei Jahre blieb der Regen aus und damit auch die Ernte und dasTrinkwasser.EswarseineMahnung an ein Königshaus und ein Volk, das sich vom wahren Gott Jahwe abgewandt hatte. Wie aktuell sind diese Worte auch für uns heute – und waren es schon für den Komponisten. Er war von der Gestalt des Elias fasziniert und wünschte sich auch für die eigene Zeit einen solchen Propheten, „stark, eifrig, auch wohl bös und zornig und finster“. Er wollte sich mit seinem Werk nicht „zu sehr ausderHaltungdes(alttestamentlichen) Ganzen entfernen“, gestaltete aber ganz selbstverständlich einen Ausblick, der das Kommen des Messias prophezeit. Zehn Jahre hat sich Mendelssohn mit dem Stoff über die Geschichte des biblischenProphetenbeschäftigt.1846 uraufgeführt zählt sein Oratorium bis heute zu seinen bekanntesten Werken.
Prophet Elias im gleichnamigen Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy: „So wahr der Herr, der Gott Israels lebet, vor dem ich ste-
Diese „geistliche Oper“ mit ihrer packenden Dramatik, mit klanggewaltigen Chören, Lyrik und Innigkeit inspirierte Regisseur Anthony Pilavachi zu einer großartigen Inszenierung, in die heutige Zeit versetzt. Der Text „Save Planet Earth – There is no Plan B“ prangtaufdemgroßenLogoander Bühnenrückwandwandhinterdem PodestderKlimakonferenz,aufder Elias,voreinergroßenDürrewarnt. NiemandwilldieWarnungwahrhaben.DasKönigspaar(feinerMezzo Melanie Lang, solider Tenor Vol-
ker Röhnert) verlässt den Raum, mit ihnen die Politiker. Elias: enttäuschtundsprachlos.SeinFreund Obadjahbleibtbeiihmundtröstet. Schon da zeigt sich die enorme Bühnenpräsenz von Bass-Bariton KihunYoon, für den die Titel-Partie fast zu hoch angelegt ist. Durch seine opernhafte Gestaltungskraft ist das aber schnell ausgeglichen und vergessen und man lässt sich hineinziehenindieTiefederHandlung. Makellos textverständlich führterseineviriltragendeStimme souverän durch das Stück und berührt. Erschütternd seine Arie am Schluss: „Es ist genug! So nimm nun, Herr, meine Seele!“. Gleich im ersten Teil trifft Elias auf Klimaflüchtlinge, darunter die Witwe (dargestellt von Sopranistin Martyna Cymerman, die später auch als ein Marylin-Monroe-Verschnitt auf der Bühne steht, um Elias zu verspotten), die einen Teddy in den Armen hält, den sie mit ihrem verstorbenen Kind verwechselt. Nach drei Jahren Dürre, für den Zuschauer stets präsent durch dasminimalistischgehalteneBühnenbild (Markus Erik Meyer) als Hintergrund mit angedeutet aufgeworfenen Erdschollen, kommt es zur direkten Konfrontation zwischen dem Propheten und dem Herrscherpaar. Dessen Anhänger versuchen verzweifelt, mit ekstatischausuferndenRitualendenRegenherbeizurufen.Vergeblich.Die Worte von Elias bringen nun das erhoffteZeichen.Endlichregnetes wieder. Auf der Bühne geht echtes Nass auf die Menschen nieder. Sie

tanzen und erfreuen sich am Wasser, das Leben bedeutet.
Im zweiten Teil des Werkes werden Elias und Obadjah (Mark Serdiuk mit leicht wendiger Tenorstimme) ins Königshaus eingeladen, tappen aber in eine Falle. Die Machthabenden wollen ungestört ihr Luxusleben führen. Da stören zwei vermeintliche Aufrührer, die allesbesserwissen,undsiewerden verhaftet. Durch eine geschickt dezent unaufdringliche Lichtsetzung (Arne Waldl), die die Illusion einer tiefen Kerkerzelle erzeugt, sieht man Elias in seiner Verzweiflung, leidend, hadernd. Da wird der gefolterteFreundObadjahzuihmgebracht, der in seinen Armen stirbt. Am Schluss der Aufführung steht Greta Thunberg (Ida Grotke) auf dem Podium und hält ihre bekannte Rede vor dem UN-Klimagipfel, bevor sie mit Klebeband zum Schweigen gebracht wird.
Pilavachi hat eine handwerklich blitzsaubereRegiearbeitvorgelegt, die trotz der schweren Thematik nielangweiligwirkt.Dagibtesauch mal putzige Teufelchen und Engel zu sehen, die per Fahrrad über die Bühne rauschen. Und auch ein opulentesBankettbeimKönig,unterhaltsame Episoden halt. Neben den fünf Solostimmen und vielen kleineren (bis zu acht im Doppelquartett und eine Knabenstimme, hier Carla Götz) liegt nicht zuletzt das große Verdienst am Gelingen der Aufführung an den bestens aufgestellten Chören: Erweiterter Opernchor und Damen des Extrachores – im Verbund mit dem Oldenburgischen Staatsorchester unter der musikalisch kraftvoll engagiert energetischen Leitung von ThomasBönisch.DazuStatisterie. Tosender Applaus belohnte am Ende alle Mitwirkenden im ausverkauften Haus.
ERFURT Eleni
3. Dezember
G. HelbigEine berührende Uraufführung brachte das Theater Erfurt vor nahezu ausverkauftem Haus. Das lyrische Drama »Eleni« basiert auf dem gleichnamigen Tatsachenbericht(1993)desSohnesderHauptprotagonistin, Nikolaos Gatzoyiannis, heute Nicholas Gage, der
auch im Publikum der Aufführung beiwohnte.
Die Handlung spielt im griechischen Bürgerkrieg von 1940 bis 1949, aus dem die Mutter Eleni Gatzoyiannis,derenManninAmerika lebt und arbeitet, weshalb sie spöttisch „Amerikana“ genannt wurde, ihre fünf Kinder rettete. Der Krieg ging mit großer Hungersnot undZwangsrekrutierungenderRebellenarmee von 15-jährigen Kindern, darunter ihre Tochter Kanda, einher. Die Rebellen verpflichteten die Mütter, ihre Kinder zuerst „freiwillig“ in kommunistische Bruderstaaten evakuieren zu lassen, jedochbelauschteihrSohnNicholas, dass die Kinder bald mit Gewalt fortgebracht werden sollen. Eleni und ihr Cousin Lukas bereiten die Fluchtvor,wasihrspäteralsWiderstandgegendieTruppenausgelegt wurde.DasichamFluchttagRebellenbeiElenieinquartieren,kannsie nicht mitflüchten, so entkommen Lukas und die Kinder allein durch dieMinenfelder.Eleniwirdverhört, gestehtnachlangerFolterihreMitwisserschaft und wird zum Tode verurteilt.
Der australische Komponist Nestor Taylor (geb. 1963), der aus einer griechischen Familie stammt, zauberte ein Musikwerk aus eklektizistischen Elementen, Folklorismus, kirchlichen Chorälen, skandierten Klagegesängen in komplexer Polyphonie sowie gegen Ende der Oper Einflüssen von Aleatorik und Minimal Music,
brillant musiziert vom Philharmonischen Orchester Erfurt unter dem Griechen Myron Michailidis GleichdieOuvertürebestachdurch ihren besinnlich-schwelgenden Charakter und zeigte deutliche Anklänge an die Musik Giuseppe Verdis. Für den erwachsenen, in Amerika sozialisierten Nicholas, hat Taylor gar die Arie „America“ im Stile eines amerikanischen Broadway-Musicals komponiert. Neo-romantischer Grundklang, Elemente griechischer Tradition und Surrealismus wechseln sich ab.Leitmotive,Instrumentalfarben und Tonarten charakterisieren die einzelnen Protagonisten, so wurde Eleni durch Einsatz des Englischhorns, der Tonart f-Moll und das Schicksalsmotiv verklanglicht. Eine teils starke Rhythmisierung, Anklänge an Filmmusik und viele massive Chorszenen, bravourös gesungen vom dunkel gekleideten Opernchor des Theaters Erfurt (Choreinstudierung: Markus Baisch) als Bevölkerung und Soldaten und dem Kinder- und Jugendchor (Choreinstudierung: CordulaFischer) prägen das Werk. Überhaupt besticht es durch eine VielzahleingängigerMelodien,die zumeistvongriechischenMotiven durchzogenwerden,unterbrochen vongesprochenenRezitativen.Besonders schön anzuhören war ein Duett zwischen Mutter Eleni und Tochter Kanda, durch glänzende Melodien und die wunderbar harmonierendenStimmenvonJessica
Zeitgeschichte: Die Oper »Eleni« erzählt in Erfurt eine tragische Geschichte aus dem griechischen Bürgerkrieg zwischen 1940 und 1949.


gab mit leichtem Sopran einen bravourösen Einstand als Kanda. Astrid Thelemann zeigte mit eindringlichem Mezzosopran eine berührende schwangere Frau, die Nákova, die ihre Kinder zur Evakuierung preisgibt. Der Südafrikaner Siyabulela Ntlale spielte die kleine Partie des kriegsversehrten Vangelis ausdrucksstark und bestens akzentuiert. Der Georgier Kakhaber Shavidze gab gekonnt einen hartherzigen Richter, und die Ukrainerin Valeria Mudra ließ als fanatische Rebellin Mila ihren hellen Sopranerstrahlen.Kammersänger MatéSolyom-Nágy gab den fanatischen Anführer der Rebellen. Ihm gelang es, trotz kurzer Stellen an denen er zu schreien hatte, wieder zu gesanglicher Ausgeglichenheit zurückzufinden.
Rose Cambio und Candela Gotelli. Das Libretto verfasste der schottische Musiker und Autor Fergus Currie (geb. 1961) in englischer Sprache.
Die Bühne von Eric Chevalier prägteeinbraunerSchreibtischmit Schreibmaschine,andemwährend derganzenBühnenhandlung Brett Sprague als erwachsener Nicholas und quasi außenstehender Erzähler dem Geschehen beiwohnte. Ein mehrgeschossiges Haus mit erleuchteten Fenstern, später eine Landschaft mit an Bäumen erhängten Menschen, und nach der PauseeingroßerSchneemannund schneeballwerfende Kinder prägen das Bild. Auf einer Schaukel schwebte Eleni, alles überragend. Das Gefängnis, in dem sie verhört wird, deutete eine Gitterwand an, mehrere Schüsse dröhnten, die auf ihre Hinrichtung verwiesen, wonach der Schlussvorhang fiel. Dem Regisseur GuyMontavon gelang mit einfachsten Mitteln eine berührende Atmosphäre, wobei er derzeitlichenEbenederHandlung treubliebundderMusikgebührenden Raum ließ.
Jessica Rose Cambio als Eleni bestach durch ihren kräftigen Sopran und zeigte auch in dramatischen Ausbrüchen eine eindrucksvolle und intensive Darstellung. Dem amerikanischen Tenor Brett Sprague gelang der teilweise recht musicalhafte Gesang leicht und fließend. Erfurts neues Ensemblemitglied Candela Gotelli
Die fast zweistündige Oper bildet ein berührendes Zeugnis der Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts, das aber thematisch stets Gegenwartsbezug haben kann. EindrücklicheBildervollIntensität, eineOperdiedurchausdieChance erhalten sollte, öfter auf Spielplänen zu erscheinen. Das Publikum zeigte sich äußerst begeistert.