ke:onda 03 02/2009

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Ausgabe 02/2009

Die Jugendzeitung der Naturfreundejugend Deutschlands.

DAS KANN DOCH NICHT WAHR SEIN MEDIEN UNTER DER LUPE

03

Bewegt:

B e Beleuchtet:

Fr Fr Freistil:

Die Naturfreundejugend Berlin stellt sich vor Seite 16

JJournalistIn o – ein Beruf? ggefährlicher e

FFlashmobs: Einmal etwas ganz Unsinniges machen Seite 20 U

Seite 17


ZEITUNG

Zeit zu vertreien und natür-

Woher weiß ativ ist? Wie Medien wicheiß ich, was d nicht übern wenig wie e „Medien“ Ergebnisse.

Berlin, November 2009 Bundeskanzlerin Angela Me rkel und Außenminister Guido Westerwelle haben heute den geschlossenen Rückzug ihrer beider Pa rteien aus der Regierung bekannt geben. „Deutsch land braucht in dieser Zeit neue sozialverträgliche un d nachhaltige Konzepte, die wir den Bürgern und Bürgerinnen nicht bieten können“, erläuterte die scheidende Bundeskanzlerin ihre Entscheidung. Jugendverbände wie die Naturfreundejugend De utschlands begrüßten die Entwicklung. Sie seien gew illt, ihre Ideen zu einer nachhaltigen Umgestaltun g einzubringen.

Ihr glaubt uns nicht? Dabei steht es doch in der [ke:onda] und alles, was in der [ke:onda] steht, muss stimmen! Schließlich sind wir ein seriöses Jugendmagazin. Und wenn schon über 11 Millionen LeserInnen der BILD-Zeitung glauben, könnt ihr doch auch einer Mitteilung in der [ke:onda] Glauben schenken.

EDITORIAL

Die [ke:onda] ist mit Sicherheit nur ein Medium unter vielen, mit denen iihr täglich Kontakt habt: Fernsehen, Zeitung, Magazine, Inter Internet… Was würden wir heutzutage auch ohne sie machen?! Ne Neben dem Sammeln von aktuellen Infos heißt es Kontakte über St StudiVZ oder Facebook zu pflegen und natürlich durchs Internet zu surfen. Doch woher wissen wir eigentlich, welche Infos st stimmen und welche nicht? Wie weit geht die Pressefreiheit? Und U was hat eigentlich ein Profil bei StudiVZ mit einer Bewerbun Bewerbung z.B. für eine Ausbildungsstelle zu tun? [ke:onda] versucht in der dritten Ausgabe ein wenig Licht in den Mediendschungel zu bringen. Außerdem beschäftigt sich Ron, die Socke, mit dem so genannten Bologna-Prozess, in der Rubrik Freistil erfahrt ihr alles zum Phänomen „Flashmob“ und bei „Bewegt“ stellen wir euch den Landesverband Berlin vor. Natürlich gibt’s uns auch dieses Mal nicht nur als Magazin auf Papier, sondern auch im Internet. Unter www.keonda.de findet ihr aktuelle Artikel, könnt Kommentare hinterlassen und natürlich uns kontaktieren! Über jede Form von Mitarbeit freuen wir uns!

IMPRESSUM ke:onda – Die Jugendzeitung der Naturfreundejugend Deutschlands Herausgegeben durch das Kinder- und Jugendwerk der Naturfreunde, Verein zur Förderung der Naturfreundejugend Deutschlands e.V., Adresse siehe unten Redaktionsanschrift und Verlag: Naturfreundejugend Deutschlands // Haus Humboldtstein // 53424 Remagen Telefon 02228-9415-0 // Telefax 02228-9415-22 keonda@naturfreundejugend.de // www.keonda.de

Fotos: S. 1 paulnie (pc) ; S. 3 Medien: paulnie (pc); ktsdesign (fo) / Ron: ivan kmit (fo) / Bewegt: NFJD / Beleuchtet: NFJD; IEtnEo (f) / Freistil: m.a.r.c. (f); S.4 ktsdesign (fo); dieprojektoren – dbjr-Foto-DVD; S. 5 spectral (fo), delater (fo); S.6 Luminis (fo); Alia Pagin; S. 8 What What (f); S. 9 design on arrival (fo); S. 10 Sean Gladwell (fo); S. 11 freerainer; julien tromeur (fo); .marqs; S. 12 NFJD; ktsdesign (fo); Hendrik Schwartz (fo); BA_MA_Niklas Plessing; Michael Chamberlin (fo); S. 14 Alan Earley (fo); NFJD; vadiko (fo); S.15 NFJD; DeVice; S. 16 NFJD; S. 17 Reporter ohne Grenzen; S. 18/19 NFJD; photallery; S. 20 IEtnEO (f); S. 21 Carpe Diem; Akasha (fo); NFJD; S. 22 demarco (fo); m.a.rc. (f); S. 23 NFJD; Falko Matte (fo); Irina Fischer pc: photocase.com / fo: fotolia.com / f: flickr

Mitglieder der Naturfreundejugend Deutschlands erhalten ke:onda kostenlos. ke:onda kann auch als Abo für 5 € pro Jahr inkl. Versandkosten bestellt werden. Gestaltung: DIE PROJEKTOREN – agentur für gestaltung und präsentation Druck: Lokay Druck Redaktion: Yannic Arnold, Nina Bartz, Julia Böhm, Cornelius Dahm, Martin Dahm, Frederik Düpmeier, Jan Düpmeier, Jasmin Khalil (V.i.S.d.P.), Lina Mom© Naturfreundejugend Deutschlands 2009 bauer, Simon Pautmeier Gefördert aus Mitteln des Kinder- und Jugendplanes des Bundes Mitarbeit an dieser Ausgabe: Kristine Arndt, Sascha Böhm, Naturfreundejugend Berlin, Leonard Kleinschmidt, Larissa Peters, Tobias Thiele

Gedruckt mit Farben aus nachwachsenden Rohstoffen auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Umweltengel. Alle beim Druckvorgang entstandenen CO2-Emmissionen wurden neutralisiert.


ZUR SACH SACHE HE

TITELTHEMA: Medien unter der Lupe ................................................................ 04 Meine Daten gehören mir? ..................................................................................... 05 Ein Interview mit der Medienpädagogin Alia Pagin ........................................... 06 Mittendrin statt nur dabei: Die Katastrophe als Live-Act ................................. 08 Your-Self? Klischees und Rollenbilder in den Medien ....................................... 10

RON: Post aus dem Netz ........................................................................................ 12 Ron erklärt die Welt ................................................................................................. 13

BEWEGT: Arbeit auf Bundesebene ....................................................................... 14 Heldin der Arbeit ...................................................................................................... 15 Die Naturfreundejugend Berlin stellt sich vor ..................................................... 16

BELEUCHTET: JournalistIn – ein gefährlicher Beruf? ..................................... 17 Freiwilligeneinsatz in Südafrika ............................................................................. 18

FREISTIL: Flashmobs .............................................................................................. 20 Buchtipp: Carpe Diem .............................................................................................. 21 Weltweite Weltsichten ............................................................................................ 21

ANSICHTSSACHE: Lange Shoppingnacht ......................................................... 22 Tobias Thema ............................................................................................................. 23


TITELTHEMA: ENGAGEMENT LOHNT SICH

„BIST DU SCHON DRIN?“ Die meisten werden wohl wissen, woher dieser Satz geklaut ist. Doch wir wollen uns nicht nur mit StudiVZ beschäftigen, sondern mit jeder Art von Medien: Mit Fernsehen, Zeitung, Internet, Radio etc.

Medien werden genutzt, um sich die Zeit zu vertreiben, Spaß zu haben, Kontakte zu halten und natürlich, um sich zu informieren. Hmmm, hier fängt es aber schon an. Woher weiß ich, ob eine Meldung wirklich informativ ist? Wie siebe ich heutzutage aus der Fülle an Medien wichtige Informationen heraus? Woher weiß ich, was wirklich wahr, richtig recherchiert und nicht übertrieben ist. Hier stehe ich wirklich ein wenig wie der Ochs vorm Berg. Wenn ich bei google „Medien“ eingebe, erhalte ich stolze 65.300.000 Ergebnisse. Selbst der Begriff „Dummheit“ liefert 1.740.000 Ergebnisse. Was sich hinter all diesen Einträgen verbirgt, möchte man gar nicht erst wissen... Dennoch: Die kompletten Ergebnisse zu sieben ist schwierig und vor allem hat niemand die Zeit und Lust alles zu lesen und zu vergleichen. Zumindest habe ich sie nicht. Das Resultat: Man lässt sortieren. Denn diese Aufgabe übernehmen die Zeitungsverlage, google, das Fernsehen usw. Eigentlich toll, oder?

Nun ja, wie man es nimmt. Weiß ich denn wirklich, wie die Reihenfolge der Seiten bei google zustande kommt oder warum den Nachrichtendiensten das Dienstauto von Ulla Schmidt wichtiger ist als Armut und Krieg in Afrika? Medien haben Macht. Unterschwellig können sie lenken, manipulieren und sensibilisieren. Natürlich kann niemand alle Informationen selber heraussuchen und man ist froh, wenn andere dies für einen tun. Doch der eine oder andere Blick in unterschiedliche Quellen schadet nicht – im Gegenteil. Vor allem aber sollte man sich einen kritischen Blick bewahren und nicht alles für bare Münze nehmen. In diesem Sinne: Viel Spaß beim weiteren Lesen mit den Texten rund um das Thema Medien. Und immer dran denken: Auch unsere Texte dürfen und sollen z.B. in Leserbriefen hinterfragt und kommentiert werden. Lina Mombauer


TITELTHEMA: MEDIEN UNTER DER LUPE

MEINE DATEN GEHÖREN MIR!? Jeder kennt sie, die meisten von uns nutzen sie. Sie sind inzwischen zu einem alltäglichen Kommunikationsmittel geworden. Die Rede ist von sogenannten sozialen Netzwerken. Täglich surfen Menschen zum Teil stundenlang in sozialen Netzwerken. Auch wenn die älteren Generationen schon ihren Spaß an solchen Netzwerken gefunden haben, werden diese am intensivsten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen genutzt. Somit ist es kein Wunder, dass SchülerVZ mit monatlich ca. fünf Milliarden Seitenaufrufen die meist geöffnete Seite im deutschsprachigen Raum ist. Dabei reicht den NutzerInnen aber oft nicht nur die Mitgliedschaft in einem Netzwerk. Von eher lokalen Netzwerken über Schülernetzwerke, nationale Netzwerke, internationale Netzwerke bis hin zu speziellen Netzwerken, wie z.B. für Leute, die Musik lieben – jede/r UserIn ist meist in zwei oder mehr Netzwerken vertreten.

treiber, Information und Aufklärung zu betreiben und, wenn es zu spät ist, ausreichend Support und Datenschutz zu bieten – Datenschutz in dem Sinne, dass das Internet vergisst, damit sich Daten und Bilder von Betroffenen weder einen Tag noch 20 Jahre später finden lassen.

Die Idee ist ausgezeichnet: Menschen können sich weltweit vernetzen, somit Kontakt halten und Interessengemeinschaften bilden. Niemand braucht mehr viel Arbeit in private Homepages zu stecken, sondern kann FreundInnen und Bekannte einfach und schnell an Bildern und Geschehnissen vom letzten Wochenende teilhaben lassen. Längst in Vergessenheit geratene KlassenkameradInnen und FreundInnen lassen sich wiederfinden und Freundschaften lassen sich selbst über große Entfernungen neu beleben und beibehalten.

Trotz dieser Probleme haben sehr viele NutzerInnen das Bedürfnis, sich mit FreundInnen über ein soziales Netzwerk auszutauschen. Dagegen kann ja auch niemand etwas einwenden, aber damit es nicht irgendwann eine böse Überraschung bei einem Bewerbungsgespräch oder beim nächsten Log-in gibt, empfiehlt es sich als einfachster Schutz, die Sichtbarkeit seines gesamten Profils nur für seine Kontakte einzustellen.

Aber wie es fast immer mit neuen Entdeckungen ist, bringen diese auch Probleme mit sich. Probleme, die speziell das Internet mit sich bringt: Der mangelnde Datenschutz, die Gefahr von „CyberMobbing“, die Blamage durch Bilder und Videos und die fehlende Möglichkeit, Inhalte wieder vollständig zu entfernen. Es heißt ja schließlich nicht ohne Grund, dass das Internet nichts und niemals vergisst. Aber wer ist Schuld an diesen Problemen in den Netzwerken? Sind es nur die Betreiber oder auch die UserInnen? Müssen Betreiber die Verantwortung tragen, wenn in ihrem Netzwerk „Cyber-Mobbing“ betrieben wird, oder wenn Bilder reingestellt werden, mit denen andere Menschen beleidigt oder blamiert werden? Natürlich ist meistens das unüberlegte Verhalten der NutzerInnen ein großes Problem, aber genau da beginnt die Aufgabe der Netzwerkbe-

Auch wenn die ersten Netzwerke anfangen, entsprechende Sicherheitsmaßnahmen einzuführen und versuchen die NutzerInnen über Gefahren aufzuklären, bieten die meisten Netzwerke eher zu wenig Schutz. Profile lassen sich nicht löschen, sondern nur deaktivieren, der Anmeldeprozess ist oft nicht verschlüsselt und gelöschte Netzwerkinhalte lassen sich weiterhin über Suchmaschinen finden. Das Schlimmste daran ist aber, dass die meisten UserInnen sich dessen nicht bewusst sind.

Der beste Schutz ist und bleibt aber immer noch, nachzudenken, bevor man Kommentare und Bilder ins Internet stellt, da die vollständige Entfernung oft unmöglich ist, nachdem diese sich verbreitet haben. Simon Pautmeier


„Was macht man in deinem Beruf als Medienpädagogin? Da kann ich nur von mir sprechen. Als freiberufliche Medienpädagogin mache ich unter anderem Radioprojekte mit Kindern und Jugendlichen, aber auch viele Schulungen: zur Internetnutzung bei Kindern und Jugendlichen und zu Medienkritik und Medienethik. Grundsätzlich geht es darum ein kritisches Bewusstsein für alle Medien zu schaffen. Medienpädagogik richtet sich übrigens nicht nur an Kinder und Jugendliche, viele Erwachsene sind ebenfalls sehr unkritisch in ihrem Medienkonsum! Nutzen denn Erwachsene die gleichen Medien wie Kinder und Jugendliche? Oder wird das Internet eher von jungen Menschen benutzt, während die Tageszeitungen ein „Überbleibsel vergangener Tage“ sind? Viele Erwachsene nutzen auch das Internet und einige Jugendliche lesen auch Tageszeitung. Man darf aber nicht vergessen, dass die Teenager von heute mit dem Internet aufgewachsen sind. Da gibt es tatsächlich einen Generationsunterschied. Letztendlich nehmen wir alle einen Großteil der Welt über die Medien wahr und legen uns über die Berichterstattung unser eigenes Bild zurecht. Nutzt man beispielsweise nur Boulevardmedien, wird man eine andere Wahrnehmung der Welt und der Gesellschaft, in der man lebt, haben, als wenn man sich nur der seriösen Medien bedient.

„NICHT JEDER VERSTEHT DAS GLEICHE“ Ein Interview mit der Medienpädagogin Alia Pagin Aber woher weiß ich, ob eine bestimmte Information oder Informationsquelle seriös ist? Nicht immer ist es leicht zwischen seriösen und unseriösen Quellen zu unterscheiden. Richtig! Bei den klassischen Massenmedien TV, Presse und Radio ist es etwas einfacher als im Internet, denn es gibt klare Definitionen von seriösem und Boulevardjournalismus: der Boulevard emotionalisiert und personalisiert sehr stark, es geht um Glück und Unglück,


TITELTHEMA: MEDIEN UNTER DER LUPE

um Tragik und Komik. Oft werden Meinungen mit der eigentlichen Nachricht vermischt und Wertungen vorgenommen. Es wird scheinbar für ein Kollektiv gesprochen. Seriöse Medien weisen eine Meinung zu einem Thema deutlich als solche aus. Ein großer Vorteil des Internets kann bei der Informationsbeschaffung schnell zu einem Nachteil werden: jeder kann sich an diesem Medium beteiligen. Daher gibt es auch eine Menge Unsinn im Netz, der unkritische Nutzer aufs Glatteis führen kann. Die meisten Vorteile von Internet und Fernsehen kennen wir: extrem schnelle Kommunikation und Informationsbeschaffung, Nachrichten aus aller Welt, Unterhaltung, Onlineshopping, Onlinebanking usw. Was sind die größten Nachteile und Gefahren, abgesehen von den Fehlinformationen, die jeder beliebig verstreuen kann? Beim Internet stellt sich jetzt heraus, dass viele Nutzer – und das gilt für Kinder wie für Jugendliche und Erwachsene – sich nicht darüber klar sind, dass sie Spuren in der virtuellen Welt hinterlassen, die sich nicht einfach mit einem Klick löschen lassen. Vieles davon ist sehr persönlich. Zudem gibt es auch im Netz Probleme, mit denen wir in der realen Welt umgehen müssen. Nutzer werden bedroht oder erpresst, es wird Rufmord begangen und sich lustig gemacht. Auch Belästigungen, beispielsweise sexueller Art, kommen vor. Rechtsextremistische, rassistische und antisemitische Inhalte werden ebenso propagiert wie Frauenfeindlichkeit und religiöser Fundamentalismus. Das gab es zwar schon immer, aber über das Internet hat jetzt jeder Zugang dazu. Zum anderen bleiben die Informationen ewig zugänglich. Ein Beispiel: Schulhofprügeleien gab es schon immer, aber das Ganze zu filmen und dann online zu stellen ist eine zusätzliche Erniedrigung für das Opfer und die verbreitet sich dann unkontrolliert. In der Fachsprache spricht man von einer „Endlosviktimisierung“. Manche gehen ja noch weiter und behaupten Medien, wie PC-Spiele, sind Ursachen für „school shooting“. Denkst du ein „Killerspiel“ ist so gefährlich für Jugendliche, dass es zu Mord führen kann? Ich denke das ist Unsinn. Diese Erklärung ist zu einfach und bedient Klischees. Wenn es so wäre, müsste man nur alle Horrorfilme und Computerspiele abschaffen und so etwas würde nie wieder passieren.

Ist es trotzdem sinnvoll manche Medien, wie zum Beispiel illegale Seiten im Internet oder sehr gewaltverherrlichende PCSpiele staatlich zu zensieren? Sinnvoll ist ein Jugendschutz auf jeden Fall! Auch eine Indizierung von Medien, also Inhalte, die verboten sind und auf dem Index stehen, halte ich für sinnvoll. Aber gerade im Netz wird eine solche Zensur schwierig, da man die Inhalte über einen Server in einem anderen Land mit anderen Gesetzen einstellen kann. Gerade weil das Internet ein so neues Medium ist, müssen wir lernen damit umzugehen, das gilt auch für die Justiz und die Politik. Eine Gefahr für das demokratische Grundsystem sehe ich darin nicht, bei der Meinungsfreiheit wird es dann schon schwieriger. Aus diesem Grund ist die seit Jahren erhobene Forderung, ein Fach „Medien“ an Schulen einzuführen, berechtigt. Andere Länder sind dem schon längst nachgekommen. Kannst du zu guter Letzt noch eine besondere Anekdote aus dem Bereich Medien zum Besten geben? Eine die ich immer gerne erzähle, um zu veranschaulichen, dass die Kinder bei einem praktischen Medienprojekt auch lernen, dass nicht alle Menschen dasselbe unter einem Begriff verstehen ist Folgende: Eine Gruppe von Kindern im Alter von 6 bis10 Jahren geht auf die Straße, um eine Umfrage zum Thema: „Kinderarmut“ zu machen. Sie fragen: „Was bedeutet für Sie Kinderarmut?“. Der Mann ist sehr nett und antwortet: „Kinderarmut bedeutet, dass immer weniger Kinder in Deutschland auf die Welt kommen.“ Ich blicke zu meinem Techniker, denn ich weiß die zweite Frage lautet: „Was tun Sie gegen Kinderarmut?“ und befürchte das Schlimmste. Der 6-jährige flötet die Frage fröhlich ins Mikrofon und der Befragte antwortet: „Ich werde mir eine Frau suchen und mit ihr ganz viele Kinder machen!“. Die Kinder kommentierten diese Antwort mit den Worten: „Nicht jeder versteht das Gleiche unter einem Begriff.“ Auch eine wichtige Erkenntnis. Das Interview führte Sascha Böhm


TITELTHEMA: MEDIEN UNTER DER LUPE

MITTENDRIN STATT NUR DABEI: DIE KATASTROPHE ALS LIVE-ACT Katastrophen, Unfälle und menschliche Tragödien gehören zu unserem Alltag. Fernsehen, Radio, Zeitungen und Internet berichten darüber. Was mittlerweile erschreckender ist als die Katastrophe selbst, ist die Berichterstattung über solche Ereignisse. Denn die Art der Veröffentlichung erreicht langsam eine neue Qualität in Sachen moralisches Versagen.

Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information. Die Presse übernimmt wichtige Aufgaben und darf in einer Demokratie weder fehlen noch durch eine staatliche Zensur eingeschränkt werden. Doch genau deswegen sollten die Medienmacher über wenigstens ausreichende moralische und ethische Vorstellungen verfügen, um zu entscheiden, wie weit sie für eine gute Story wirklich gehen wollen. Ein gutes Beispiel hierfür war die Berichterstattung über den Amoklauf von Winnenden im März 2009. Eine Sternstunde für jeden Journalisten: Live-Schaltungen zum Tatort, Interviews mit ExpertInnen, Einsatzkräften, Angehörigen, Augenzeugen und unter Schock stehenden Jugendlichen. Hinzu kamen schematische Darstellungen des Tatortes und Fotos des Täters und der Opfer. Als Dreingabe wurden Bilder von Überwachungskameras geliefert, damit sich jeder ein genaues Bild von der Katastrophe machen konnte: „Mittendrin statt nur dabei!“ Bei derartigen, sich über Stunden hinziehenden Geschehnissen, wie Amokläufen, Terroranschlägen oder Naturkatastrophen, übertrumpfen sich die sensationsgierigen Presseteams regelmäßig. Wer kommt näher an den Tatort ran? Wer kann die verstörtesten Opfer

und wer die verzweifeltsten Angehörigen vor Mikrofon und Kamera zerren? Wer schafft die meisten Live-Schaltungen zu betroffen dreinguckenden und in Wirklichkeit nur auf ihren großen Moment wartenden AußenreporterInnen, die einem alle wieder und wieder die aktuellsten Neuigkeiten mitteilen, egal ob es etwas Neues zu berichten gibt oder die Infos von der letzten Live-Schaltung noch einmal wiederholt werden. Die Medien als Buhmänner? Dieses Urteil ist zu einseitig. Egal ob Zeitung oder Fernsehen, letztlich sind auch Medien nichts anderes als Unternehmen, die Gewinn erwirtschaften müssen. Der Gewinn berechnet sich in diesem Fall durch Auflagenzahlen bzw. Werbeeinnahmen, die wiederum von der Zuschauerzahl abhängen. Kurz: Es wird produziert, was Quote bringt. Wenn niemand Interesse am „Public viewing“ – im wahrsten Sinne des Wortes – zeigen würde, würde auch niemand darüber berichten. Wer mit dem Finger nur auf die Medien zeigt, macht es sich zu einfach. Letztendlich sind die Medienberichte nur ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Und unsere Gesellschaft ist sensationsgeil. Anders kann man es nicht nennen, wenn die Polizei Probleme hat, die


TITELTHEMA: MEDIEN UNTER DER LUPE wir selber nicht betroffen sind? Darüber kann man sich streiten. Aber eins steht fest: Wir haben es selber in der Hand, was wir GafferInnen auf der anderen Seite des Absperrbandes zu halten. Ein Stau entsteht bei einem Unfall meist nur dadurch, dass andere VerkehrsteilnehmerInnen im Schneckentempo am Ort des Geschehens vorbeizuckeln, um sich ja nichts entgehen zu lassen. Genau aus denselben Gründen entstehen pietätlose Berichte: Die Menschen wollen nichts vom Elend verpassen. Doch woher kommt diese Sensationslust? Sind es unsere niederen Instinkte, die wir befriedigen müssen? Ist es unsere emotionale Seite, die angesprochen werden will? Ist es das Elend der Anderen, an dem wir unser eigenes Wohlbefinden festmachen können? Ist es das Gänsehaut-Gefühl, das wir verspüren wollen, immer mit dem Wissen, dass

in den Nachrichten zu sehen bekommen: Bevor wir uns über die respektlosen und aufdringlichen JournalistInnen aufregen, sollten wir konsequent sein und abschalten. Das bedeutet nicht, dass wir kein Interesse am Schicksal unserer Mitmenschen haben sollen. Als interessierter Mensch möchte man über Probleme und Geschehnisse informiert werden, aber bitte ohne News-Ticker, Live-Schaltung, Experteninterview und einer schematischen oder computeranimierten So-könnte-es-gewesen-sein-Darstellung oder sonstigen journalistischen Mitteln, die die Katastrophe zum ShowEvent werden lassen. Yannic Arnold

LINKS www.de.indymedia.org Weil der Journalismus nicht so frei ist, wie er gerne tut, gründeten AktivistInnen 1999 das alternative Mediennetzwerk Indymedia. Dort gibt es offene, nichtkommerzielle Berichterstattung sowie Hintergrundinformationen zu aktuellen sozialen und politischen Themen. Von Indymedia gibt es mittlerweile über 100 lokale Media Center in über 30 verschiedenen Ländern.

www.medien-selber-machen.de Medien selber machen ist eine tolle Sache. Wie das geht, kann man hier in verschiedenen Workshops und Seminaren lernen: Ob schreiben, layouten oder Radio machen, ob Grundlagen oder Aufbauseminar. Teilnehmen können Jugendliche zwischen 14 und 26 Jahren. Der Teilnahmebeitrag liegt in einem festgelegten Rahmen nach Selbsteinschätzung. Es können auch Stipendien beantragt werden.

www.wikipedia.de Kaum mehr wegzudenken aus dem Netz ist die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia. Jeder Internetbenutzer kann Artikel dort nicht nur lesen, sondern auch bearbeiten. Ein offener aber nicht unbedingt konfliktfreier Bearbeitungsprozess führt zu immer wieder veränder- und diskutierbaren Artikeln. Bestand hat, was von der Gemeinschaft der Mitarbeitenden akzeptiert wird.

Imitieren und verfremden, nachahmen und fälschen, das Erfinden falscher Tatsachen zur Schaffung wahrer Ereignisse: das sind nur einige der Techniken der sogenannten Kommunikationsguerilla. Die schöne, bunte Welt der Werbung entzaubern, auf Missstände aufmerksam machen, die Lügen von Konzernen entlarven – hier liegen ihre Aktionsfelder. Die so geschaffenen Bilder und Nachrichten verwirren und regen zum Nachdenken an. Mehr zur Theorie und schöne bunte Bilder gibt es bei www.contrast.org/KG/ und bei www.adbusters.org.


YOUR-SELF? Klischees und Rollenbilder in den Medien

Vor einiger Zeit warf die Wochenzeitung „Die Zeit“ die Frage auf „Was ist männlich?“ und beschrieb die Krise eines Rollenbildes in der Gesellschaft. Überrascht von soviel wissenschaftlicher und niveauvoller „Diskriminierung“ war ich dennoch unzufrieden. Die Autorin stellte nämlich leider nur Alarmsignale für die Krise und eine mögliche Alternative dar, räumte aber mit den stumpfen Geschlechter-Stereotypen nicht gründlich auf. Es wäre doch viel mehr gewonnen, wenn wir endlich anfangen würden nicht mehr in den Kategorien „weiblich“ oder „männlich“ zu denken. Überhaupt wäre die Welt sicher etwas friedlicher, wenn mehr Menschen sie selbst wären und nicht immer das sein wollten, wofür andere sie halten. Aber irgendwie scheint das nicht zu funktionieren, irgendwie passen große Gesellschaften und Menschen, die autonom denken und fühlen, nicht zusammen. Um die Frage zu klären, wer man ist, scheinen erschreckend viele Menschen davon abhängig zu sein, das Fremde zu definieren und anschließend abzuschätzen, in welchen Grenzen sie sich bewegen. Patriotismus und Feindbilder haben in Wahlkampf- und WM-Jahren dementsprechend Konjunktur. Das

ist nicht weiter problematisch, wenn jedem einzelnen klar ist, wessen Geistes Kinder derlei Klischees sind. Leider ist das häufig nicht der Fall. Gerade weil Klischees nicht hinterfragt werden, lassen sie sich missbrauchen. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Medien, lassen sich politisch oder ökonomisch motivierte Klischees immer effektiver in das richtige gesellschaftliche Milieu platzieren – mit allen erwünschten, aber zum Teil auch gemeinwohlfeindlichen Konsequenzen. Natürlich sind Menschen Rudeltiere und es gibt tatsächlich Situationen, in denen es im weitesten Sinne als effizient bezeichnet werden könnte, eine vorherrschende Meinung einfach anzunehmen. Man sollte jedoch heutzutage davon ausgehen, dass es eher gefährlich ist, und zudem sehr unkreativ, sein Verhalten auf diese Art von seiner Außenwelt abhängig zu machen. Vor über 60 Jahren erklärte die Menschenrechtskonvention mit Artikel 1: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ und schloss mit den sogenannten Grundpflichten (Artikel 29), die AMNESTY INTERNATIONAL unter dem Slogan „Ich bin verantwortlich“ zusammenfasste.


TITELTHEMA: MEDIEN UNTER DER LUPE

Diese Verantwortung beinhaltet auch das Ideal, sich nur den Regeln und Gesetzmäßigkeiten zu unterwerfen, die der Gemeinschaft nützen und der Freiheit aller dienen. Betrachten wir die insbesondere durch die Medien verbreiteten Klischees über Bevölkerungsschichten und -gruppen, über Regionen und über Geschlechterrollen, wird eines schnell offensichtlich: Der Schwerpunkt ihres Gebrauchs liegt nicht auf einer zweckdienlichen Verallgemeinerung, sondern auf einer bis zur Feindseligkeit kultivierbaren Dis-

kriminierung. So werden Klischees zu Machtinstrumenten. Es gab (und gibt) Gesellschaften, die es auf diese Außengelenktheit ihrer BürgerInnen über die Propaganda von stark etablierten Rollenbildern anlegten. Auch einer Marktwirtschaft kommen etablierte Klischees nur zugute, weil jede gesellschaftliche Rolle ihre Produkte hat. Halten wir beim Einschalten der Nachrichten oder beim Ertragen der Werbung also immer eine Frage bereit: „Wem nützt es?“ Martin Dahm

FILMTIPP Filmtipp: Free Rainer – dein Fernseher lügt! „Mit dem Fernsehen haben wir das stabilste System aller Zeiten ermöglicht. Die Leute sind weg von der Straße, sie kommen auf keine dummen Gedanken mehr. Wir machen die Welt nicht kaputt – wir bewahren sie!“ (Zitat aus Free Rainer) „Gewohnheit ist die Macht der Erde!“ Und genau das macht sich die Fernsehindustrie zunutze. Immer stumpfsinnigere Shows, immer weniger Inhalte, aber dafür unaufhaltsam steigende Quoten. Sobald die ZuschauerInnen an eine Art von Fernsehen gewöhnt sind, wollen sie gar nichts anderes mehr sehen. Das ist auch die Welt Rainers (gespielt von Moritz Bleibtreu):

Als TV-Produzent entwickelt er koksend die sinnfreisten TVShows ohne mögliche Auswirkungen zu hinterfragen. Als die Sh junge Pegah (Elsa Sophie Gambard) versucht ihn aus Rache durch einen Autounfall umzubringen, überlebt er nur knapp. Nachdenklich geworden, versucht er seine Shows zu ändern… und wird abgesetzt. Zusammen mit Pegah beginnt sein Feldzug gegen die quotenbessene Unterhaltungsindustrie, um eine geistig befreite Gesellschaft zu erreichen. Regisseur Hans Weingartner (Die fetten Jahre sind vorbei…) schafft mit „Free Rainer – dein Fernseher lügt!“ einen nachdenklich machenden Film, der sowohl dramatische als auch lustige Szenen zu bieten hat. Am Ende ist man fast ein wenig traurig, dass alles nur ein Film ist. Doch wer weiß… Nina Bartz

Auf DVD, Regie: Hans Weingartner, Free Rainer, Deutschland 2007, 124 Min, ab 12 Jahren


Grüss

POST VON RON

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us de RON grü m Net ßt euch h z eute aus einmal h dem Netz ier Urlau . Als ich b machte vor 25 Ja herum: A , war es b hren sch lle paar M eschaulic on inuten ga h sehen, m ruhig um b es mal eistens E mich e in -M p a ails von F ar Bits un fliegen h orschern d Bytes zu ingegen oder Staa im Sekun ist kaum tschefs. H d e n ta kt Daten mehr ausz eute pakete a uhalten! wurde un n mir vorb Als das In d sich die ei. Es te rn et für jed ersten Se Drama lo en zugän iten entw s. Egal ob glich ic k e B lt il e der von d n, ging d Firmenun as ganze er letzten terlagen; Party ode man glau ten Jahre r wichtig bt kaum n angesa e was sich mmelt ha bekomme hier in de t, und wa . Zu den n letzs ic h v ie h ier alles zu len alten kommen Informati Gesicht täglich v onen, die iele neue lich pein hier lage D a te liche Bild n dazu, a rn, er und Vid ber vor a dies nich llem ung eos. Dass t so woll la ubd ie e meisten n, steht a die Erste Mensche ußer Frag n erkenn n e . D e ie n , Frage ist welche p gestellt h ersönlich nur, wan aben und n en Daten sie anfan Sie ins In gen es zu ternet bereuen.

Euer

Ron

P.S.: Wen n du mal mit einer unterweg meiner za s bist, sc hlreichen h ie ß ein Foto verwand vollen Ort von ihr o ten Sock , wie diese der ihm a en m u n nächste A d schick n einem es mir. V eindruck usgabe ... ielleicht skommt e s ja in die

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RON ERKLÄRT DIE WELT...

ODER DEUTSCHLAND SCHAFFT DEN SUPER-STUDENTEN Es wurde aber auch höchste Zeit: So konnte das lotterhafte Studentenleben nicht weiter gehen. Außer Party, langem Ausschlafen und Pflichtauslegung nach eigenem Empfinden haben Studentinnen und Studenten in den letzten Jahrzehnten nichts gelernt. Ein Wunder, dass wir erst jetzt einen Mangel an gut ausgebildeten AkademikerInnen haben. Gut, dass die deutsche Politik diesen Makel erkannt und hart durchgegriffen hat. Schon der erschwerte Zugang zu einem Studium dient der Auslese von besonders gut geeigneten jungen Menschen. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder studieren könnte?! Dank Studiengebühren werden die richtigen KandidatInnen für ein Studium herausgefiltert: wohlhabend, risikobereit oder multi-tasking-fähig. Pflichtveranstaltungen, Lernen, Klausurvorbereitungen, Geld verdienen… – das muss man erst einmal schaffen. Das Gute dabei: StudentInnen konzentrieren sich auf das Wesentliche im Leben und vergeuden nicht ihre wertvolle Zeit mit politischer Mitbestimmung, Rumgammeln oder anderweitiger Freizeitgestaltung. Oder mit den Worten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF): „Das Bachelor/Master-System eröffnet den Studierenden neue Möglichkeiten für eine Kombination attraktiver Qualifikationen sowie für eine flexiblere Verbindung von Lernen, beruflichen Tätigkeiten und privater Lebensplanung.“ – Ein weiterer Schritt hin zum Superstudenten.

Das Konzept des Lebenslangen Lernens wird von der Politik immer wieder hochgehalten. So steht auf der Internetseite des BMBF: „Einbettung in das Konzept des Lebenslangen Lernens durch Schaffung von flexiblen Lernangeboten im Hochschulbereich oder durch Verfahren für die Anerkennung früher, auch außerhalb der Hochschule erworbener Kenntnisse.“ Schade nur, dass diese Flexibilität des eigenen Studiums von den Richtlinien des Bologna-Prozesses diktiert wird: Abmeldung von Klausuren oder mehrmaliges Verschieben einer Klausur – unmöglich; Wahl von eigenen Schwerpunkten – in den meisten Studienrichtungen eine Traumvorstellung; eigene Studienplanung – nicht erwünscht! Der Student von heute soll lernen, was es heißt, zielstrebig und zügig durchs Leben zu gehen. Über allem schweben die neuen Richtlinien des Bologna-Prozesses, die niemand kennt und von denen doch jeder wissen muss. Vergessen wir nicht die Klausuren. Durchfallquoten von über 50% sind keine Seltenheit. Rückschläge im Leben sind nun einmal wichtig. Wo kann man besser lernen, mit ihnen umzugehen als in einer Lernphase. Und der positive Nebeneffekt: Unwillige und lernfaule StudentInnen werden aussortiert, überfüllte Studiengänge verkleinert und es bleibt nur noch die Crème de la Crème! Am Ende steht er da, auferstanden aus den Trümmern des Bologna-Prozesses – der Super-Student: noch jung, aber schon verbraucht, studiert, aber ohne Lebenserfahrung. Richtlinientreu und zielstrebig, aber nicht in der Lage quer zu denken. Doch was wollen wir eigentlich mehr?! Nina Bartz Der Bologna-Prozess hat die Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulwesens zum Ziel. Darunter fällt z.B. die Umstellung von Diplom auf das Bachelor/Master-System.


BEWEGT: ARBEIT AUF BUNDESEBENE In welchen Bereichen auch DU tatkräftig mitwirken kannst

Reiseproviant-Kochbuch

zwei Buchdeckel geschafft: Ab Das Projekt Reiseproviant hat es zwischen bei uns bestellen. Es enthält jede Januar 2010 könnt ihr das neue Kochbuch gut für kleine und große Gruppen Menge Rezepte aus aller Welt, die sich eise zur Großgruppenküche untereignen sowie wichtige Infos und Hinw re und informative Einblicke in die wegs. Auf ca. 130 Seiten eröffnet es lecke Lust über den Tellerrand zu schauen. Esskultur rund um die Welt und macht und hat eine praktische Ringheftung. Das Kochbuch ist durchgehend farbig ndejugend bei Der Preis liegt für Mitglieder der Naturfreu rfreundejugend.de natu info@ an: en llung 4 Euro zzgl. Porto. Beste

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Kindergipfel 2010 : „Wir fairändern“ Die Vorbereitun

gen für den Kindergip fel 2010 sind angel aufen. Vom 13. bis zum 16. Mai 2010 treffen sich in Marbu rg 100 Kinder und Jug um ihre Forderungen endliche und Wünsche für ein e gerechtere Welt zu ren. Im September 20 dis kutie09 hatte der Kinder rat, das ist die Planu des Kindergipfels, sei ng sgr uppe n erstes Vorbereitun gstreffen in Köln. Im engagieren sich 17 Kin der rat Kinder zwischen 12 und 15 Jahren, die amtlichen und Haup von Ehrentamtlichen der Natur freundejugend Deuts begleitet werden. Be chlands i diesem Treffen wu rde das Motto für den Kin gipfel 2010 beschlos dersen: „Eine Welt, ein e Zukunft, unsere Ch fairändern“. Außerde an ce – wir m wurden Themen für acht Workshops entw diese sind: Klimawa ickelt, ndel, Flüchtlingspoli tik in der EU, Gesun Wirtschaft, Kinderarb dheit, faire eit, Gleichberechtig un g, Gewalt und Überw Für die Unterstützu achung. ng und Betreuung der Teilnehmenden suche TeamerInnen. Bei Int n wi r noch eresse wendet euch an Tobias Thiele: tobias@naturfreun dejugend.de


Leckeres Leckeres

Rätsel Hier ist aber etwas ganz schön durcheinander geraten. Du kannst eines von drei Reiseproviant-Kochbüchern gewinnen, wenn du das richtig geschriebene Rezept bis zum 28. Februar 2010 an die ke:onda-Redaktion schickst. Viel Spaß dabei und guten Appetit wünscht die Redaktion!

EIN SÜSSES ZEPTER Nagorensorbet für vier Nosperen

www.rabenschnabel.de

Zutaten: 6 fistage Nagoren 1-2 Felsölfes Ruckze Zunächst werden die Nagoren pressgesaut. Der Fats kommt in eine Plüschlasskiste und wird für mindestens drei Dunsten ins Gafferreich gestellt. Während dieser Tize kannst Du das Nagorensorbet ab und zu hurmühren, so wird es schön rockel. Nach den drei Dunsten nimmt Du es heraus und lässt es zwei Mutinen gnal antauen. Dann nerzkleierst Du es mit einem pfumsten Sersem. Jetzt wird es mit einem Xreim sachte lachseggen bis es schön seichmeggid ist. Nun brauchst Du es nur noch mit einem Föfell in vier Lächschen zu eilverten. Gifter!

LESE

RBRI

HELDIN DER ARBEIT Maria Schranner ist 25 Jahre jung und seit 11 Jahren bei der Naturfreundejugend aktiv. Bei einem Sommerferienprogramm in der Ortsgruppe Freising begeisterte sie sich für die Naturfreunde und ist mittlerweile seit bald 2½ Jahren als 1. Vorsitzende in der Landesleitung in Bayern aktiv. Sie studiert Soziale Arbeit in Eichstätt im Altmühltal und wohnt Teilzeit in einer Mädels-WG, denn zu Hause ist es doch auch ganz schön... Wer bist du, beschreibe dich in drei Sätzen Ich bin ein ehrgeiziger, hilfsbereiter, diskussionsfreudiger und nachdenklicher Mensch, der gerne mal die Nacht zum Tag macht. Wenn ich für meine Grundsätze kämpfe, bringen mich meine Neugierde, ein gewisses Maß an Perfektionismus und sogar eine Prise Sarkasmus weiter (aber manchmal auch in Teufels Küche...). Meine Bodenhaftung bekomme ich von meiner Mama, mit der mich ein wunderbares Verhältnis verbindet. Mit wem würdest du gerne einmal frühstücken und warum? Mit Angelika Kallwass, deren Persönlichkeit, Menschlichkeit und Konfliktlösungsstrategien ich bewundernswert finde. Dein Rezept gegen Stress und zuviel Arbeit Bei ´nem leckeren Cocktail und tollem Essen (man sieht´s...), Spaß mit Freunden haben, die schönen Seiten des Lebens genießen und danach richtig ausschlafen. Ohne was kannst du nicht leben? Am Wichtigsten sind da natürlich meine Familie, meine Freunde und all die Menschen, Erfahrungen und Erlebnisse bei der Naturfreundejugend.

EFE

Eure Meinung ist uns wichtig! Egal, ob ihr einen Kommentar zum Titelthema, Lob oder Kritik für die Redaktion oder was euch sonst gerade beschäftigt loswerden wollt. Schickt uns eure Leserbriefe! ke:onda Redaktion

c/o Naturfreundejugend

Was willst du der Welt mit auf den Weg geben? Ein schönes Zitat von den Ärzten, das mich immer wieder daran erinnert, warum ich mich z.B. bei der NFJ engagiere: „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wär’ nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.“ Vervollständige den Satz: Für mich ist die Naturfreundejugend… ein wunderbarer Verband, in dem so viele verschiedene und interessante Aspekte meiner eigenen Grundsätze vereint werden und nebenbei noch Freunde für´s Leben gefunden werden können.

Deutschlands

Haus Humboldtstein 53424 Remagen

keonda@naturfreundejugend.de

In welchem Geschäft würdest du deine Kreditkarte überziehen? Bei Stage Entertainment, denn ich lieeeebe Musicals und kann davon gar nicht genug bekommen. :)


BEWEGT: NATURFREUNDEJUGEND BERLIN

DIE NATURFREUNDEJUGEND BERLIN STELLT SICH VOR Die Naturfreundejugend Berlin ist ein herrschaftskritischer Jugendverband, in dem Jugendliche selbst organisiert Politik machen und Wochenendseminare, Veranstaltungen sowie öffentliche Aktionen organisieren. Neben all diesen Aktivitäten veranstalten wir auch viele Reisen für Kinder und Jugendliche. Unter der Idee der Herrschaftskritik verstehen wir die unterschiedlichsten antiautoritären, emanzipatorischen und links-undogmatischen Positionen. Ein wichtiges Ziel ist für uns, kritisches Denken und politisches Handeln zu fördern. Praktisches Mitmachen, Selbstbestimmung und die Möglichkeit, Seminare und Reisen selbst zu organisieren, lassen diesen Anspruch Wirklichkeit werden. In unseren Aktivitäten analysieren wir die gegenwärtige Gesellschaft und üben Kritik an den momentanen Herrschaftsverhältnissen. Hierbei geht es uns auch darum, das direkte Umfeld, die Schule, die Universität, den Ausbildungs- und Arbeitsbereich sowie Stadtteile als Orte der politischen Aktivität zu erkennen. Politik ist bei der Naturfreundejugend Berlin also nicht eine Sache von Parteien und Parlamenten. Vielmehr verstehen wir sie als ein Mittel zur Beeinflussung der eigenen Lebenssituation, der Selbstermächtigung und Emanzipation. Dies schließt eine selbstkritische Sicht auf Gruppendynamiken bei uns im Verband mit ein. Respekt, solidarisches Verhalten, Teamarbeit und gegenseitige Unterstützung spielen ebenso eine Rolle wie verantwortungsvoller Umgang mit übernommenen Aufgaben und Zuverlässigkeit bei der gemeinsamen politischen Arbeit. Kern unserer politischen Arbeit sind die Arbeitskreise (AKs) im Verband. Momentan gibt es bei uns drei: Der AK „NoFortressEurope“ setzt sich mit Rassismus und Migration auseinander – momentan konzentriert er sich auf den Zusammenhang von Sexismus und rassistischer Diskriminierung in Deutschland. Im AK Feminismus beschäftigen sich die Mitglieder mit Kritik am Kapitalismus aus feministischer Perspektive. Der AK „Stalin hat uns das Herz gebrochen“ legt seinen Schwerpunkt auf die Auseinandersetzung mit Antisemitismus in der DDR. Konkret erinnert er an die Verfolgung von jüdischen Kommunist_innen im Realsozialismus. Dabei ist es dem AK jedoch wichtig, eine linke Perspektive auf die Geschichte zu haben.

Alles in allem organisieren die AKs Seminare, Veranstaltungsreihen und Aktionen. Bei der Naturfreundejugend Berlin ist es immer möglich, dazu zu stoßen und sich selbst einzubringen. Die AKs sind meist auch die erste Anlaufstelle für Interessierte am Verband. Momentan gibt es außerdem eine antinationale Kampagne bei der Naturfreundejugend Berlin: „Pink Rabbit gegen Deutschland“. Das Jahr 2009 hält viele Jubiläen bereit, bei denen Deutschland als Nation abgefeiert wird. Das Pink Rabbit taucht überall dort auf, wo eine unkritische Auseinandersetzung mit Deutschland stattfindet, um die Beschwörung von nationalen Mythen empfindlich zu stören. Die oftmals witzigen Aktionen werden per Fotoapparat und Videokamera festgehalten und im Internet verbreitet. Neben den Arbeitskreisen bilden die Wochenendseminare das Herzstück unseres Verbandes. Auch sie finden zu vielen verschiedenen Themen statt: in den nächsten Monaten gibt es Seminare zu antisexistischer verbaler Selbstverteidigung, Psychiatriekritik, Intersexualität, materialistischem Feminismus u.v.a.m. Sie dienen der Weiterbildung und Verbreitung von Wissen ebenso wie zur Diskussion von Positionen und Schwerpunkten innerhalb des Verbandes. Auf den Mitgliederversammlungen und den monatlichen Plena der Naturfreundejugend Berlin werden Projekte und Arbeitsvorhaben intensiv diskutiert und beschlossen. Regelmäßige Kneipenabende und E-Mail-Newsletter ermöglichen allen Mitgliedern und Interessierten einen guten Überblick über die aktuellen Aktivitäten. Naturfreundejugend Berlin

www.naturfreundejugend-berlin.de www.pink-rabbit.org


BELEUCHTET Pressefreiheit weltweit 2008

JOURNALISTIN – EIN GEFÄHRLICHER BERUF? Warum es sich für die Pressefreiheit zu kämpfen lohnt Stuntman, HochseilartistIn, PolizistIn – das sind gemeinhin anerkannte gefährliche Berufe. Aber warum sollten sich JournalistInnen in gefährliche Situationen begeben? Die Fernsehnachrichten werden doch in sicheren Studios produziert und es ist ja auch nicht so schlimm, mal etwas nicht zu wissen. Nur um uns ZuschauerInnen mit Neuigkeiten zu berieseln, ist es wirklich nicht nötig sich in Gefahr zu bringen. Tatsächlich sind diese Neuigkeiten aber nicht immer leicht und ungefährlich zu bekommen. Und für uns BürgerInnen in einer Demokratie sind frei zugängliche Informationen unerlässlich. Warum? Mit der Pressefreiheit steht und fällt eine freie Gesellschaft. Ist eine unabhängige Berichterstattung nicht möglich, ist die Tür geöffnet für Korruption und Willkür des Staatsapparates. Anders gesagt, die Regierung kann machen, was sie will, weil es ja niemand erfahren muss. Deshalb ist die Pressefreiheit das erste Opfer auf dem Weg in eine Diktatur. Staatliche Zensur verhindert, dass ungeliebte Informationen die Menschen erreichen. Freie JournalistInnen werden verfolgt und zum Verstummen gebracht. Schon seit Jahrhunderten läuft es nach diesem Muster. Im Mittelalter hatte die Kirche einen großen Zensurapparat, die Inquisition. Gedankengut, dass nicht mit der damaligen Weltanschauung übereinstimmte, wurde verbannt und die, die es verbreiteten, gnadenlos verfolgt. Unter Hitler gab es in Deutschland ein eigenes Propagandaministerium, das mit seinem Informationsmonopol das Bewusstsein der Menschen kontrollieren sollte. Neue Medien wie der Rundfunk wurden mit dem Volksempfänger zu diesem Zweck großflächig unter die Leute gebracht und missbraucht. In der neueren Zeit haben die Morde an russischen

Quelle: www.friedenspädagogik.de

JournalistInnen, wie Anna Politkowskaja, für viel Aufsehen in unseren unabhängigen Medien gesorgt. Und allein im Irak sind seit Kriegsausbruch 2003, 158 JournalistInnen ums Leben gekommen. Die klassischen Medien, wie Fernsehen, Radio und Zeitung, lassen sich dabei relativ leicht zensieren, im Gegensatz zum immer wichtiger werdenden Internet. Kritische Stimmen können im Netz nicht unterdrückt werden. Viele IranerInnen konnten so bei den Protesten gegen die Präsidentenwahl im Jahr 2009 mit ihren FreundInnen und Verwandten in Kontakt bleiben und unabhängige Informationen erhalten. Damit diese Funktion des weltweiten Netzes uneingeschränkt erhalten bleibt, fordern viele, dass das Internet in keiner Weise zensiert werden darf. Nur so könne Meinungsfreiheit garantiert werden. Um die Pressefreiheit zu sichern, hat sich auch eine Organisation gegründet, die sich ähnlich wie „Ärzte ohne Grenzen“ in Krisengebieten engagiert, und versucht, Diktatoren und Menschenrechtsverletzern das Leben schwer zu machen: „Reporter ohne Grenzen“. Presse- und Meinungsfreiheit ist also für ein freies Leben wichtig. Dies bedeutet aber trotzdem nicht, dass die Medien einfach alles machen dürfen. Persönlichkeitsrechte – auch von Prominenten – müssen beachtet werden. In Deutschland haben wir durch den Mix von privaten und öffentlich rechtlichen Medien eine gute Grundlage für freie Meinungsbildung. Nutzen wir sie und unseren Verstand, um kritisch zu hinterfragen und gut informiert zu urteilen! Frederik Düpmeier


BELEUCHTET: UNTERWEGS

M

olweni! Ndingu Leo, Ndingu wase ajmanje – Seid gegrüßt! Mein Name ist Leo, ich komme aus Deutschland. Aber im Spätsommer 2008 war ich zwei Monate lang weit entfernt von hier – nicht nur geografisch. Es war wie in einer anderen Welt. Mit der Freiwilligendienstorganisation Atlantic Volunteers ging es hinein ins Herz von Afrika, ins Vorzeigeland Südafrika, ins Township nach Kayamandi. Die Armut vor den Toren des Geldes Das Leben der schwarzen SüdafrikanerInnen wird immer noch beherrscht von den Zuständen der Apartheid – bis 1991 gab es in Südafrika die „Rassentrennung“. Viele sind gezwungen, ihr Leben aus dem Abfall der Weißen zu bestreiten. Viele leben in Siedlungen vor den Städten der Weißen – den Townships. Sie stellen Sammelpunkte für unzählige SchwarzafrikanerInnen dar, die verzweifelt in totaler Armut und unter lebensbedrohlichen hygienischen Bedingungen auf engstem Raum gegen Unterdrückung und AIDS kämpfen (ca. 18% der 15- bis 49-Jährigen sind infiziert, die hohe Dunkelziffer nicht berücksichtigt, Tendenz steigend). Dennoch wetterte Ex-Präsident Mbeki bisweilen offen gegen Kondome, da deren Gebrauch die Männer erniedrige, so meinte er. Das Geld ist und bleibt in den Städten der Weißen. Wenn jemand in den Townships Geld hat, macht diese Information schnell die Runde. Kriminalität wird zum dringlichen Ausweg aus dem Hunger. Die Polizei hat zwar auch in den Townships Dienststellen, taucht aber nur auf, um von Zeit zu Zeit in mörderischem Tempo durch die Straßen zu rasen. Das Gesetz liegt in der Hand der Stärkeren. Die sanitären Anlagen in Kayamandi hat der Staat vor Jahren spendiert: Wie in anderen Townships sind sie eng, stinken und fachen den Krankheitsherd immer wieder an.

AFRIKA VERLÄSST MAN NIE! Entwicklungshilfe in einem Township in Südafrika


Die Arbeit mit der Armut Trotz dieser Lebensbedingungen begegnete man uns überall mit Höflichkeit und Gastfreundschaft. Die Leute wussten, wer wir waren und was wir leisteten. Ich arbeitete im Greater Stellenbosch Development Trust in den Bereichen Lehrerausbildung, Computerkurse, Patenschaftsvermittlung und Administration. Je nach eigenen Fähigkeiten stehen den Freiwilligen Tür und Tor offen. Eine europäische Schullaufbahn ermöglicht bereits die werdenden LehrerInnen auf besserem Niveau auszubilden als gewöhnlich. Auch das Aufwachsen mit Computern reicht aus, um den Menschen in den Townships Computerkurse mit Inhalten wie „Der E-Mail-Anhang – ein Mysterium?“ oder „Was ist das Internet?“ zu geben. Dem eigenen Engagement waren keine Grenzen gesetzt. Daneben unterhält der Trust ein großes Patenschaftsprojekt mit vielen Pateneltern aus Deutschland. Durch meine Muttersprache konnte ich die Organisation mit der Formulierung von Kontaktschreiben sowie der Gestaltung der Internetseite unterstützen.

Nach der Arbeit ging es auf die Straßen: Fußballspielen mit Bällen aus Plastiktüten, Trommelkurse oder ich besuchte eine der vielen Shabeens (Bars in den Hütten). Oft saß ich abends noch mit der Gastfamilie zusammen (die Grenzen einer Familie sind hier sehr offen, da können spontan auch schon mal 15 statt vier Leute am Tisch sitzen...) und unterhielt mich, um dann erschöpft in mein Bett zu fallen und den Unterricht am nächsten Tag zu planen. Die Arbeit in Kayamandi bietet vor allem kreativen und engagierten Menschen viele Möglichkeiten eigene Projekte aufzustellen. Wir haben zum Beispiel ein Fußballturnier organisiert, gesponserte Preise aufgetrieben und den Gastfamilien bei den ersten Schritten in den lokalen Tourismus geholfen, damit diese zukünftig selbstbestimmter wirtschaften können. Hier läuft alles über „Vitamin B“ und wer den Mund aufmacht, kann das Gefühl mit nach Hause nehmen, nicht nur ein Tourist gewesen zu sein, der kommt, ein bisschen Geld da lässt und wieder weg fliegt, sondern etwas nachhaltig verändert zu haben. Und dann kann man sagen (dieser Satz klingt und ist abgedroschen, aber er stimmt einfach): „Afrika verlässt man nie!“ Leonard Kleinschmidt

Mehr Infos: Freiwilligendienstorganisation Atlantic Volunteers: www.atlanticvolunteers.org Entwicklungshilfeprojekt Greater Stellenbosch Development Trust: www.ikhayatrust.org.za/dev/about.html


Einmal etwas ganz Unsinniges machen Vielleicht hast du schon mal von so etwas gehört: Es tauchen plötzlich Hunderte von Menschen auf einem Platz auf, machen etwas Seltsames und verschwinden wieder. Dies passiert meist unter den verdutzen Blicken der PassantInnen. Das Wort Flashmob setzt sich aus den englischen Wörtern „flash“ (Blitz) und „mob“ (Menschenmasse) zusammen. Es steht für eine kurze, anscheinend sinnfreie Aktion mit meist vielen Menschen. Bekannte Flashmobs sind der Freezemob, ein Mob, bei dem alle Beteiligten erstarren, ein sogenannter Bang, bei dem alle so tun, als würden sie sich erschießen, oder ein Picknick in der Fußgängerzone. Außerdem gibt es noch den Silly Walk – alle laufen verrückt durch die Gegend – oder den „Wo ist Peter“-Mob, bei dem alle eine fiktive Person namens Peter suchen. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten. Die Regeln sind ganz einfach. Im Internet werden in den Foren die Themen diskutiert und über den nächsten Flashmob abgestimmt. Nachdem dann Zeit, Ort und Art des Flashmobs bestimmt wurden, versucht jeder möglichst viele Leute für die Aktion zu gewinnen. Da man sich durch das Internet verabredet, weiß niemand so genau, wie viele Leute zur Aktion kommen werden. Erst bei der Aktion selber wird einem bewusst, wie viele mitmachen. Auch kennt man die meisten der Mobber nicht, da sich sofort nach dem Mob alles verläuft. Dies macht den Flashmob so besonders.

Es gibt auch politische Flashmobs – z.B. fanden einige während des Bundestagswahlkampfes statt – bei denen politische Veranstaltungen gestört werden. Im Flashmob-Forum werden solche politischen Mobs oder Mobs, die für etwas werben, als Smartmob oder als Critical Mass bezeichnet und nicht, wie in der Presse, als Flashmobs. Laut Wikipedia war der erste Flashmobber Bill Wasik mit seiner Gruppe. Diese hat in New York im Jahr 2003 mit mehr als hundert Leuten in einem Kaufhaus erklärt, einen „Liebesteppich“ kaufen zu wollen. Auch führten sie eine spontane Klatsch-Aktion durch, bei der alle einfach plötzlich anfingen zu klatschen. Im Jahre 2001 gab es schon die Gruppe Improv Everywhere, die sich aber nicht als Flashmob-Gruppe ausgibt. Doch viele von den Ideen der Gruppe werden auch in Flashmobs eingesetzt, so auch der Freezemob. Bei jedem Flashmob wird auch viel gefilmt. So kann man sich immer auf Youtube den letzten Flashmob anschauen und die häufig emotionalen Reaktionen der PassantInnen sehen. Jan Düpmeier

www.flash-mob.de


FREISTIL

CARPE DIEM Stell dir vor du hast die Chance einen Sommer in Südostasien verbringen zu können? Für viele wäre das ein Grund zur Freude, für Vassar Spore ist allein der Gedanke ein Alptraum. Die 16-Jährige hat ihren Sommer, nein eigentlich ihr ganzes Leben perfekt durchgeplant. Planung ist sowieso das wesentliche Element in Vassars Leben. Doch diese Sicherheit gerät auf einmal ins Wanken, als die künstlerisch tätige Großmutter aus Malaysia Vassar zu einer Reise durch Südostasien einlädt. Obwohl weder die Eltern noch Vassar diese unerwartete Planänderung befürworten, setzt sich die Großmutter durch. Ob sie Vassars Eltern erpresst? Mit zehn Koffern, aufblasbarer Toilette, Mundschutz und weiteren Utensilien ist Vassar fest entschlossen, Hocktoiletten, Bakterien und auch den Irritationen durch die Großmutter zu widerstehen und tritt die Reise an. Doch es kommt, wie es kommen muss: Bereits bei der Ankunft entstehen unvorhersehbare Situationen. Egal ob es um Landessitten, Großmutter Gerds Planlosigkeit,

verpasste Flugzeuge oder den Vassar aufgedrängten “Babysitter” Hanks geht, stets zerplatzen Vassars Planungen und Vorsätze wie Seifenblasen und lassen sie rat- und hilflos zurück – oft genug in absurden Gefahrensituationen. Dieses Aufeinanderprallen von Mentalitäten schildert Cornwell sowohl tempo- und gagreich, als auch nachvollziehbar und mitfühlend. Auch wenn die Richtung stets klar ist, wird es doch nie langweilig. Dabei wechselt kurzzeitig die Erzählebene, wenn Vassar E-Mails an ihre Freundinnen zu Hause schreibt, die Eltern beruhigen muss, ihre Erlebnisse in Form eines als Prüfungsarbeit angelegten Romans kleidet oder versucht in bewährter Weise ihre Ziele für den nächsten Tag zu formulieren. Besonders hervorzuheben ist die lebendige und authentische Sprache und die eigenen Erfahrungen der Autorin mit Malaysia, Kambodscha und Laos, die sie immer wieder durchblicken lässt. Auch wenn es hin und wieder kitschig zugeht und sich ein Schmunzeln nicht vermeiden lässt, die Botschaft kommt an: Nicht alles ist planbar! Lebt den Augenblick! Kristine Dorit Arndt

Cornwell, Automn: Carpe diem, Carlsen Verlag 2008, 384 S.,14,90 Euro

WELTWEITE WELTSICHTEN Wrisha Giri (17 Jahre), Schülerin aus Kathmandu/Nepal Wrish

Kurz und knapp: Ich über mich Ich heiße Wrishika oder kurz: Wrisha. Ich bin 17 Jahre alt. Was wünscht du dir für deine Zukunft? Ich hoffe, dass ich trotz der momentanen Situation hier in Nepal nach der Schule studieren kann. Am liebsten würde ich für das Studium nach London gehen, da ich die Stadt liebe.

Wie sieht für dich die perfekte Welt aus? In einer perfekten Welt gibt es keine Diskriminierungen. Wenn du die Macht hättest, was wäre deine erste Amtshandlung? Wenn ich die Macht hätte, würde ich all diejenigen, die für Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen verantwortlich sind, ins Gefängnis stecken.


ANSICHTSSACHE

Wer hat sich das nur wieder ausgedacht! In der Stadt ist heut‘ lange Shoppingnacht Die Angebote mit jeder Stunde billiger Der Kunde mit jeder Stunde müder, williger • Selbst Kinder müssen noch nicht in die Betten, Könn’ mit ihr‘m Taschengeld die Wirtschaft retten Mit ihrer Selbstfindung noch voll verpeilt, Doch als Zielgruppe schon voll durchgestylt • Die gestressten Väter wollen neue Massagesessel Lüsterne Mütter suchen Peitschen, Fetisch und Fessel Vorher die Kinder mit falscher Hoffnung versorgt, Und bei ´ner guten Bad Bank nochmal Geld geborgt • Oben die Bonzen reiben sich schon gierig die Hände, Wollen ihre leeren und füllen deine vier Wände „Kommet ihr Kinder, kommet ihr auch, In meine Welt aus Schall und Rauch“ • So tun sie‘s denn auch, kommen mit `nem Wagen Wer will sich schon mit den Tüten plagen? Egal, ob sie zwei Straßen weiter wohnen, Lieber den Rücken als die Umwelt schonen • Auf den Straßen und in den Passagen Kriegen die Ohren Werbemassagen Da jagste nach Schnäppchen bis um halb eins Und kaufst jeden Dreck, sonst hat du ja keins

Der Wühltisch wird zum Schlachtfeld degradiert, Bis im Handgemenge der falsche Anstand krepiert Hysterisches Reißen und Jagen, ein Hin und Her, Als gäb‘s morgen die bräsige Welt nicht mehr • Was sich hier abspielt unter´m Sternenpanorama Ist in Menschengesichtern ein echtes Drama Leere Seelen schmücken sich von außen bunt und behände, Doch ihre Augen sprechen der Sehnsucht nach Liebe Bände • Wer noch glaubt an die Freiheit vor den Kassen, Wird heute von jeder Anstalt laufen gelassen Solch Menschen sind praktisch und nicht verboten, Man schimpft sie auch „nützliche Idioten“ • Freiheit und Besitz sind sich Rabenschwestern, Sie sitzen eitel und fett in verschiedenen Nestern Willste frei sein und reich mit gutem Gewissen, Wirst du dafür kaum was besitzen müssen • Wir können weiter jeden Scheißdreck kaufen, Der Gier der Reichen aalglatt huldigen, Um sie dieser Gier dann zu beschuldigen, Weiterhin vom Regen in die Traufe laufen • Doch wer frei sein will, dem sei gesagt, Dass er auf sich selbst zu hören hat! Martin Dahm


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TOBIAS‘ THEMA

ATOMMÜLL-HIEROGLYPHEN ODER WIE ATO ERKLÄREN WIR ES UNSEREN NACHFAHREN? Seit der Bundeskonferenz 2009 kämpfen NaturfreundInnen wieder verstärkt gemeinsam mit anderen Verbänden für einen schnellen Atomausstieg. Bisheriger Höhepunkt der wiedererstarkten AntiAtom-Bewegung war die große Demo am 5. September in Berlin mit 50.000 TeilnehmerInnen. Seit dem schwarz-gelben Wahlsieg vergeht kaum ein Tag ohne Aktion. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung um den Atomausstieg wird an Schärfe gewinnen, wenn die neue Regierung ernst macht mit den angekündigten Laufzeitverlängerungen für alte Atommeiler. Denn längere Laufzeiten bedeuten mehr Atommüll, der für Hunderttausende von Jahren strahlt. In wenigen Jahrzehnten haben die Betreiber der Atomkraftwerke Abfälle angehäuft, die noch die nächsten Generationen vor schwere Aufgaben stellen. In Deutschland gibt es bislang kein Endlager dafür. Auch weltweit wurde kein sicherer Ort für die dauerhafte Lagerung hochradioaktiver Abfälle gefunden. Ein geeignetes Endlager müsste Erdbeben, Klimawandel, historische Umwälzungen und alles, was sonst noch kommen mag, unbeschadet überdauern.

COMIC

Schwer zu beantworten ist die Frage, wie wir menschliche Gesellschaften, die vielleicht irgendwann diesen Planeten bewohnen, vor den unterirdischen Lagerstätten warnen können. Wörter und Zeichen verändern sich, der Atommüll bleibt gefährlich. Welches

Symbol kann die unsichtbare Gefahr darstellen, die von den radioaktiven Stoffen ausgeht? Was passiert, wenn ForscherInnen einer zukünftigen Zivilisation bei ihren Bohrungen plötzlich auf Kammern voller verrotteter Castor-Behälter stoßen? Ihnen mag es ähnlich ergehen, wie den ArchäologInnen, als sie die Pyramiden der alten Ägypter betraten und die Botschaften der Hieroglyphen nicht entziffern konnten. In Europa und den USA sind SprachforscherInnen, EthnologInnen und HistorikerInnen auf der Suche nach einer Lösung für dieses Problem. In der Wüste von New Mexico stellen ForscherInnen riesige Steinblöcke auf, in die sie Symbole eingravieren wollen, um vor den militärischen Atommülllagern zu warnen. Französische Behörden experimentieren mit Papier, das - gespickt mit warnenden Symbolen - tausend Jahre halten soll. Die Internationale Atomenergiebehörde hat erkannt, dass das klassische schwarzgelbe Warnzeichen eher als Propeller interpretiert wird und ein neues offizielles Gefahrenzeichen eingeführt: Es ist rot und wurde um einen Totenkopf und einen rennenden Mann ergänzt. Wer Atomanlagen weiter betreiben will, müsste eigentlich ein Warnzeichen präsentieren, dass auch in einer Millionen Jahren noch verstanden wird. Da ist es doch wesentlich einfacher, in Erneuerbare Energien zu investieren...

Tobias Thiele Bildungsreferent der Naturfreundejugend Deutschlands


Essen über den Tellerrand hin

aus

www.reiseproviant.info

Über den Tellerrand schauen auf www.reiseproviant.info: Rezepte aus aller Welt für kleine und große Gruppen, Tipps zum Kochen unterwegs, Infos zum nachhaltigen Einkauf und zum interkulturellen Lernen.


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