Messerstecherei Die Alarmierung von NEF und RTW erfolgt mit dem Einsatzstichwort: „Messerstecherei mit einem Schwerverletzten“. In einem Einkaufszentrum wird der Verletzte am Boden liegend vorgefunden. Um ihn herum befinden sich etwa 10 Polizeibeamte, die sich um Aufklärung, Spurensicherung und Zeugenbefragung kümmern. Ein Polizist erklärt, es seien bislang keine Zeugen des Kampfes gefunden worden, die Tatwaffe (ein großes Küchenmesser aus den Beständen des Marktes) liegt unweit des Verletzten am Boden. Der Verletzte, ein Mann etwa Mitte 30, ist wach, offenbar auch bewusstseinsklar und reagiert zunächst adäquat auf die Ansprache des Notarztes. Bei der initialen Untersuchung finden sich drei je etwa 3 Zentimeter breite Stichwunden im Bereich des unteren Abdomens. Das Messer ist auf einer Strecke von mindestens 10 Zentimetern blutverschmiert, sodass von einer Eindringtiefe in eben dieser Länge auszugehen ist. Weitere Verletzungen finden sich nicht, insbesondere keine Abwehrverletzungen an den Händen sowie keine weiteren Kampfspuren. Die Kleidung des Verletzten ist nicht beschädigt. Der Patient zeigt stabile Vitalparameter (RR 120/70 mmHg, HF 90/min, SpO2 98 %). Er macht zunächst keine Angaben zum Ereignis oder Tathergang, wiederholt nur mehrfach, er sei in Gefahr, in Lebensgefahr. Im Verlauf der Untersuchung wird er unruhiger und besteht darauf, dass nicht nur das Team des Rettungsdienstes bei ihm sei, sondern verlangt die Anwesenheit eines uniformierten Polizisten. Es entsteht eine sehr angespannte und unruhige Situation, als der Patient erklärt, dass er als Zivilbeamter des BKA im Einsatz sei und eigentlich von Polizeiärzten versorgt werden müsse, nicht aber vom zivilen Rettungsdienst. Er müsse sofort in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden und verlange unverzüglich nach Polizeischutz. Dieser müsse ihn auch vor den Maßnahmen des Rettungsdienstes schützen. Dabei erregt sich der Patient mehr und mehr: Aus den mit sterilen Kompressen oberflächlich abgedeckten Bauchstichwunden fließen vermehrt Blut und Blutkoagel. Die erneute Kontrolle der Vitalparameter zeigt eine Verschlechterung (RR 100/60 mmHg, HF 110/min, SpO2 93 %), sodass der Verdacht auf einen beginnenden Schock besteht. Die Anlage der Infusion und die Insufflation von O2 mit 4 l/min wird vom Patienten zunächst verweigert und erst durch die Intervention eines der Polizeibeamten, der dem Patienten versichert, die Handlungen des Rettungsdienstes genau zu überwachen, ermöglicht. Zunächst erfolgt eine Infusion mit Ringer-Lactat 500 ml, zudem werden eine sedierende Medikation und weitere Maßnahmen vorbereitet. Der Patient wird zur weiteren Versorgung und dem Transport in die Klinik vorbereitet. Bei dieser Aktion beginnt er, um Hilfe zu rufen, nach dem Zeugenschutzprogramm verlangend zu schreien und die Polizei aufzufordern, ihm als „Undercover-Agent“ des BKA endlich zu helfen. Er versucht trotz der Verletzung, sich von der Trage zu rollen und muss zunächst von mehreren Polizeibeamten festgehalten werden. Eine Medikation mit Diazepam 10 mg i. v. und Promethazin 25 mg i.v. wird verabreicht, zunächst aber ohne erkennbaren Erfolg.
167